Protocol of the Session on June 21, 2001

Das Wort geht an die Landesregierung. - Sie verzichtet. Wir sind damit am Ende der Aussprache und ich schließe die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung. Die DVU-Fraktion beantragt die Überweisung ihres Antrages in Drucksache 3/2894 an den Hauptausschuss. Wer diesem Überweisungsansinnen folgt, möge die Hand aufheben. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Überweisung mehrheitlich abgelehnt. Wir kommen zur Abstimmung in der Sache. Wer dem Antrag folgt, möge die Hand aufheben. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 14 und rufe Tagesordungspunkt 15 auf:

Änderung der Hundehalterverordnung des Landes Brandenburg

Antrag der Fraktion der DVU

Drucksache 3/2895

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der beantragenden Fraktion. Frau Hesselbarth, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Versprochen ist versprochen: Unser Protest gegen die diskriminierende Brandenburger Hundehalterverordnung geht weiter! Denn wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht!

(Beifall bei der DVU - Lachen bei SPD, CDU und PDS)

Eine Frage an alle Abgeordneten und an die Vertreter der Lan

desregierung: Sind alle Menschen gleich? Zumindest reden Sie doch immer so, wie zumindest in der gestrigen Aktuellen Stunde zu hören war. Handeln Sie auch so? Ich werde Ihnen diese Frage beantworten: Nein! Intoleranter und diskriminierender, als Sie es unseren Bürgern gegenüber tun, kann man sich gar nicht mehr verhalten!

(Unruhe bei SPD, CDU und PDS)

Mit Ihrer ewigen Rechtsextremismuskeule lenken Sie doch nur von den wirklichen Problemen im Land Brandenburg ab, weil Sie es nicht in den Griff bekommen, diese zu lösen!

(Beifall bei der DVU)

Schade, die Bank ist ziemlich leer, ich hätte es ihnen gern persönlich gesagt: Ich habe es noch nie erlebt, dass ein Handwerker mit Springerstiefeln an den Füßen auf der Baustelle gearbeitet hat. Das geschieht immer mit Arbeitsschuhen. Sollen Handwerker jetzt eventuell mit Sandaletten zur Arbeit gehen?

Aber kommen wir zurück zu den von mir so geliebten Vierbeinern.

(Lachen bei SPD, CDU und PDS)

Sie kennen die höchstrichterlichen Urteile der Länder SchleswigHolstein und Sachsen? Nein? Diese erfüllen mich mit Genugtuung! Die dortigen Hundehalterverordnungen sind als gesetz- und verfassungswidrig beanstandet worden. Es gibt einzelne gefährliche Hunde, aber es gibt keine gefährlichen Hunderassen.

(Fortgesetzte Unruhe)

- Ich kann mich nicht entsinnen, dass ich mich Ihnen gegenüber schon einmal so verhalten hätte. Vielleicht kann der Präsident einmal eingreifen. Ich lasse Sie auch in Ruhe ausreden.

(Beifall bei der DVU)

Ich zitiere aus der Urteilsbegründung des 4. Senats des Oberverwaltungsgerichts Schleswig-Holstein:

„Der 4. OVG-Senat sieht in dieser Ungleichbehandlung einerseits unwiderlegliche Gefährlichkeitsvermutung mit allen belastenden Rechtsfolgen bei Zugehörigkeit zu den in § 1 Abs. 3 aufgezählten Rassen ohne Prüfung, ob die angenommene Gefährlichkeit im Einzelfall tatsächlich gegeben ist, andererseits bei allen anderen Hunden Auslösung der belastenden Rechtsfolgen nur dann, wenn die Gefährlichkeit konkret und im Einzelfall individuell unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 von der Ordnungsbehörde festgestellt worden ist - einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Artikels 3 Abs. 1 Grundgesetz.”

Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse ist also nicht automatisch gleichbedeutend mit der Gefährlichkeit eines Hundes! Die Hundehalterverordnungen der Länder Schleswig-Holstein und Niedersachsen waren bezüglich der rassespezifischen Merkmale wesentlich liberaler, welche höchstrichterlich als grundgesetzwidrig eingestuft wurden. Daher müsste das für die Brandenburger „Hundeverbotsordnung” erst recht gelten. Wollen Sie wirklich, Herr Minister Schönbohm, erst den Richter

spruch des OVG Frankfurt (Oder), bei dem Klagen gegen die derzeitige Brandenburger Hundehalterverordnung, welche sich unter anderem gegen die Rasselisten sowie gegen den Maulkorbzwang richten, vorliegen, abwarten und danach politisch Ihr Gesicht verlieren? Wäre es nicht sinnvoller, bereits hier und heute unseren vorliegenden Antrag zu befürworten?

Denken Sie auch daran, dass weitere Klagen in NordrheinWestfalen und Hessen vorliegen und darüber hinaus die FDPFraktion im nordrhein-westfälischen Landtag einen ähnlichen Antrag stellt, wie wir hier!

Herr Minister Schönbohm, was ist das konkrete Ergebnis Ihrer Hundehalterverordnung? Eine ungeheure Diskriminierung der von Ihrem Haus als gefährlich eingestuften Hunde und ihrer Halter im Land Brandenburg - und sonst gar nichts!

In Cottbus sind bereits 30 Hundehalter vor der brandenburgischen Hundehalterverordnung buchstäblich geflohen. So kann man auch zum Wohnungsleerstand beitragen.

(Heiterkeit)

Die wahren Übeltäter haben Sie damit überhaupt nicht erreicht.

Und was ist mit den vielen älteren Leuten mit altem Hund im Land Brandenburg, die den Anforderungen einer Sachkundeprüfung nicht gewachsen sein werden bzw. deren älterer Hund die „Kunststücke” des Wesenstests nicht mehr schafft? Sollen alle diese Hunde eingezogen und eingeschläfert werden?

Inzwischen, Herr Minister, wächst der Unmut über die Rasselisten in deutschen Hundehalterverordnungen - insbesondere in der brandenburgischen - sogar schon im Ausland.

Speziell in Großbritannien sind die auch im § 8 Abs. 2 der Brandenburger Hundehalterverordnung genannten Hunderassen Bullterrier und Staffordshire Bullterrier einige der beliebtesten Hunderassen überhaupt.

Der prominente Lord Hottersley, Ex-Minister und lange Jahre Vize-Chef der Labour-Partei, äußerte nun öffentlich seine Empörung über die deutschen Gesetze:

„Was dieses Verbot angeht, so sind die Deutschen, die ich normalerweise bewundere, Idioten.”

Er züchtet übrigens Staffordshire.

Eine Frage hätte ich noch, bevor ich zum Ende komme. Gibt es Menschen, die nicht mehr mit dem Bus oder der Bahn fahren dürfen? - Ja, denn das ist beschlossen. Und dafür ist Minister Meyer mit verantwortlich.

(Heiterkeit bei der SPD)

So viel zum Thema Toleranz.

Eine Antwort auf eine meiner Fragen ist er mir übrigens bis heute schuldig geblieben. Wie sollen Bürger, die auf dem Lande wohnen und keinen PKW besitzen, mit ihrem Hund zum Tierarzt gelangen? Ich hoffe, ich bekomme darauf irgendwann einmal eine Antwort.

Meine Damen und Herren, hassen Sie Vorurteile? Glauben Sie auch nicht alles, was in der Zeitung steht? Verstehen Sie Demokratie als eine Sache des Volkes? - Dann stimmen Sie dem vorliegenden Antrag zu, und zwar in namentlicher Abstimmung.

(Zuruf des Abgeordneten Schippel [SPD] - Weitere Zurufe von der SPD)

- Übrigens, Herr Schippel, hier sind bereits einige gesammelte Werke - das ist erst der Anfang - gegen die brandenburgische Hundehalterverordnung.

Ein Versprechen gebe ich heute hier auch noch ab - ich halte meine Versprechen immer: Sollten Sie weiter an Ihren Diskriminierungsmaßnahmen gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern draußen im Land Brandenburg festhalten, wird die DVUFraktion Klage dagegen einreichen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Hesselbarth. - Das Wort geht jetzt an den Abgeordneten Homeyer. Er spricht für die Koalitionsfraktionen. Bitte schön, Herr Homeyer.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum wiederholten Male beschäftigt sich der brandenburgische Landtag aufgrund des Wunsches der DVU-Fraktion mit der brandenburgischen Hundehalterverordnung. Die DVU fordert dazu auf, die novellierte und - ich erinnere daran - seit dem 1. August 2000 geltende Hundehalterverordnung des Landes Brandenburg zurückzunehmen und zu überarbeiten. Sie kritisiert, dass diese Verordnung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletze, der Plakettenzwang entbehrlich und überhaupt die ganze Verordnung zu bürokratisch sei.

Meine Damen und Herren, wir alle wissen hoffentlich noch sehr gut, aus welchen Gründen wir uns genötigt sahen, die Hundehalterverordnung so zu novellieren, dass ein höchstmöglicher Schutz der Menschen im Land Brandenburg gewährleistet wird, wobei selbstverständlich das Prinzip der Verhältnismäßigkeit nicht verletzt wurde.

Diese Ziele erfüllt die derzeit geltende Hundehalterverordnung. Da die novellierte Hundehalterverordnung erst seit dem 1. August des vergangenen Jahres in Kraft ist, liegen uns zwar noch keine ausreichend fundierten statistischen Erhebungen vor,

(Frau Hesselbarth [DVU]: Unglaublich!)

doch ist zu konstatieren, dass die Zahl der Angriffe durch die so genannten gefährlichen Hunde reduziert werden konnte. Frau Hesselbarth, ich garantiere Ihnen, dass, wenn erste verlässliche Zahlen vorliegen, wir gemeinsam festhalten können, dass die Zahl der Übergriffe bzw. der Bisse von gefährlichen Hunden gegenüber brandenburgischen Bürgern zurückgegangen sein wird.