Protocol of the Session on May 17, 2001

(Beifall bei der CDU - Zuruf der Abgeordneten Frau Dr. Enkelmann [PDS])

- Wenn Sie, Frau Enkelmann, sich ernsthaft mit dieser Thematik befassen würden, dann wüssten Sie, dass Jugendfreizeiteinrichtungen und Jugendsozialarbeiter mit der Bekämpfung des Rechtsextremismus eindeutig überfordert sind,

(Zurufe von der PDS)

zumal politische Einstellungen vorrangig im Elternhaus geprägt werden.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von der PDS)

- Frau Kaiser-Nicht, wer von uns beiden vielleicht etwas mehr Erfahrungen im Umgang mit Jugendlichen hat, über diese Frage möchte ich mich jetzt nicht auslassen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD - Zurufe von der PDS)

Sie kritisieren weiterhin die Ausgaben für den Flughafen, wohl wissend, welche Bedeutung der Ausbau des Flughafens Schönefeld für die wirtschaftliche Entwicklung von Brandenburg hat. Dass hier in der Vergangenheit Fehler gemacht worden sind, ändert aber nichts an der Tatsache, dass wir nur dann eine Chance haben, 2007 einen Flughafen Berlin Brandenburg International mit all den positiven Auswirkungen für den Arbeitsmarkt zu bekommen, wenn wir jetzt alles dafür Notwendige tun; dazu gehört auch die notwendige Finanzierung.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Um auch in Zukunft den finanziellen Spielraum für diese und andere wichtige Landesaufgaben zu sichern, bedarf es weiterer Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung und zur Ausgabensenkung; denn die Einnahmesituation wird sich auch in Zukunft nicht verbessern.

(Zurufe von der PDS)

Wo Sie, Herr Prof. Bisky, die Begeisterung über die Haushaltssituation bei der Regierung oder den Regierungsfraktionen ermittelt haben, ist ein Geheimnis für mich, ich vermute, nicht nur für mich. Ihre Rede spricht für Ihre lyrische Begabung, nicht aber für Ihre mathematischen oder volkswirtschaftlichen Kenntnisse, von den bildungspolitischen Kenntnissen ganz zu schweigen.

(Oh! bei der PDS - Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein Blick auf die Schätzung der finanziellen Auswirkungen des Steuersenkungsgesetzes auf die Steuereinnahmen des Landes macht deutlich, dass die Steuerrechtsänderungen den Landeshaushalt erheblich belasten. Die Entwicklung der finanzpolitischen Rahmenbedingungen ist mit weiteren Risiken behaftet. Ich nenne nur Rentenreform, Erhöhung des Kindergeldes, Solidarpakt II und Neuregelung des Länderfinanzausgleichs.

Auch die gestern im Landtag diskutierte Personalbedarfsplanung der Landesregierung bringt keine durchgreifende finanzielle Entlastung, sondern kompensiert nur die Tarifsteigerung.

(Zuruf von der CDU: So ist es!)

Die sich dadurch ausweitenden Finanzlücken zwischen Einnahmen und aktuellem Bedarf sind nicht durch einzelne Sparmaßnahmen, sondern nur durch strukturelle Einschnitte und Veränderungen der Ausgabenstruktur zu schließen.

Eine Ausgabenanalyse der Finanzministerin zeigt, dass mehr als 4 Milliarden DM Landesausgaben nicht durch gesetzliche Regelungen auf Landes- und Bundesebene oder andere rechtliche Bindungen bestimmt sind, sondern Grundlage politischer Entscheidungen sind. Das heißt nicht, dass diese Aufgaben für die Zukunftssicherung des Landes nicht wichtig wären. Aber wenn wir zur Finanzierung dieser Ausgaben neue Schulden machen müssen, sind wir verpflichtet, jede einzelne Ausgabenposition auf den Prüfstand zu stellen. Dieser Kraftakt war im Zusammenhang mit dem Nachtragshaushalt nicht zu leisten, wird uns aber beim nächsten Haushalt nicht erspart bleiben.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD - Zurufe von der PDS)

Um zu ausgewogenen und sachgerechten Entscheidungen zu kommen, muss ein Prioritätenraster über alle Ausgaben gelegt werden. Dabei ist wichtig festzustellen: Welche Ausgaben sind zur Erfüllung der Kernaufgaben des Staates unerlässlich? Welche Förderprogramme, welche Maßnahmen dienen vor allem der nachhaltigen Entwicklung des Landes, insbesondere der Schaffung dauerhafter Arbeitsplätze? Wie effizient werden die Landesmittel in verschiedenen Förderprogrammen eingesetzt? An den Anfang der zu führenden Diskussion muss verstärkt die Frage nach den originären Aufgaben des Staates treten.

Das Land Brandenburg ist nicht nur eine geographische, soziale und geschichtliche Größe, das Land Brandenburg ist ein Instrumentarium, das sich die Menschen gemeinsam geschaffen haben, um gemeinsame Aufgaben bewältigen zu können.

Das Land Brandenburg verfügt über einen erheblichen Umfang

an Unternehmen und Unternehmensbeteiligungen, über 30 unmittelbare und mittelbare Beteiligungen. Hier besteht ein beträchtliches Privatisierungspotenzial. Die Frage nach dem Landesinteresse wird für jede einzelne Beteiligung konkret zu erörtern sein.

Auch Wohnungen und Grundstücke, die nicht mehr für Landeszwecke benötigt werden, sind entbehrlich und damit zu veräußern. Auch Möglichkeiten, Investitionen durch private Investoren oder Finanzierungsgesellschaften finanzieren zu lassen, sind dabei zu prüfen. Dies geschieht vor allem, um trotz der vorhandenen Finanzprobleme bestimmte Maßnahmen realisieren zu können. Sie bieten sich aber nur dann an, wenn die erhofften Vorteile eindeutig und durchschlagend sind, sodass Privatfinanzierung im konkreten Einzelfall tatsächlich vertreten werden kann.

Einer Ausweitung der öffentlichen Ausgaben müssen wir entgegenwirken. Es geht also nicht vordergründig um neue Einschnitte in Leistungsgesetze, sondern eher darum, die Organisationsstruktur in den verschiedenen Bereichen auf das notwendige Maß zurückzuführen,

(Beifall bei der CDU)

Aufgaben auf das originäre Landesinteresse hin zu überprüfen und der privaten Initiative Raum zu geben.

Offensichtlich brauchen wir einen bestimmten äußeren Druck, wenn gewisse Beharrungskräfte überwunden werden sollen. Es ist im Übrigen meine tiefe Überzeugung, dass wir nur in der jetzigen politischen Konstellation auf diesem Weg zu wirklichen Ergebnissen kommen werden.

(Zuruf von der PDS: Das glaube ich nicht!)

Ich glaube, es ist eine gute Voraussetzung für die vor uns liegende Beratung kommender Haushalte,

(Zuruf von der PDS: Eher das Gegenteil!)

dass in beiden die Regierung tragenden Fraktionen der Wille zur Sparsamkeit, aber auch zur Überprüfung der Aufgabenorganisation, Ämterstruktur usw. vorhanden ist. Beide haben den Willen zur Kooperation sichtbar gemacht und sind entschlossen, zuerst darauf zu sehen, was dem Land und seinen Bewohnern nützt. Nur so wächst auch Vertrauen.

Darum ist diese Koalition gut für Brandenburg und darum werden meine Fraktion und ich daran wirken, dass sie fortgesetzt werden kann.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Wir stehen aber in der Pflicht, den Brandenburgern deutlich zu erklären, warum wir Veränderungen vornehmen müssen und dass bei all unseren Bemühungen eines an erster Stelle steht: dem Gesamtinteresse des Landes zu dienen. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort geht an die Abgeordnete Frau Hesselbarth.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich dachte ich, wir würden heute über den Haushalt sprechen. Herrn Fritschs Rede war nicht sehr viel darüber zu entnehmen, aber ich werde das einfach einmal für Sie in Angriff nehmen.

(Beifall bei der DVU - Oh! bei der SPD)

Unternehmen klagen über schleppende Bearbeitung von Förderanträgen, die Justiz klagt über tiefe Einschnitte in die Urteilsund Klagefähigkeit. Der Wissenschafts- und Forschungsstandort Brandenburg ist aufgrund der viel zu geringen Mittel für die Hochschulen des Landes gefährdet. Es herrscht ein bildungspolitischer Missstand und daran ändern die lächerlichen 12 Millionen DM Mehrausgaben für Herrn Reiches so genannte Bildungsoffensive wenig. Die Situation auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt in Brandenburg kommt einer sozialen Katastrophe gleich und über die innere Sicherheit kann man sicherlich streiten, Herr Schönbohm. Daran ändern weder die 4 Millionen DM Mehrausgaben für Schutzwesten für Polizeibeamte etwas noch die mühsam zusammengekratzten 7 Millionen DM, um es Herrn Ziels wandernden Patienten im Maßregelvollzug doch nicht mehr ganz so leicht zu machen.

(Beifall bei der DVU)

Bei alledem klaffen im Haushalt Deckungslücken von de facto weit über 300 Millionen DM, von denen Frau Ziegler 200 Millionen DM durch eine rigorose Haushaltssperre glaubt decken zu können. Das wird aber ebenso wenig klappen wie im Vorjahr, als der Haushalt mit einer Zusatzverschuldung von 326,9 Millionen DM abschloss.

Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, ich prophezeie Ihnen heute wieder, dass der Haushalt 2001 mit einer deutlich höheren Neuverschuldung respektive einem Vorgriff auf kommende Haushaltsjahre abschließen wird, anstatt mit der beschlossenen Neuverschuldung von 570 Millionen DM. Und ich prophezeie Ihnen ebenfalls, dass die von Ihnen in der mittelfristigen Finanzplanung angepeilte Absenkung der Nettoneuverschuldung auf null in den kommenden Jahren völlig illusionär sein wird.

Bereits am gestrigen Tage habe ich Ihnen anschaulich vor Augen geführt, dass trotz des in diesem Nachtragshaushalt eingeplanten Geldsegens aus Brüssel in Höhe von 307 Millionen DM - davon 110 Millionen DM für das Wirtschaftsressort - die Kofinanzierung der Fördermittel aus Brüssel und Berlin aus Landesmitteln hinten und vorn nicht gedeckt ist, was aller Voraussicht nach auch in diesem Jahr zu weiterem Planungsstillstand und zu einem weiteren Abwärtstrend innerhalb der Wirtschaft des Landes Brandenburg führen wird.

Was für den Bereich der Wirtschaft gilt, gilt ebenso für den Bereich der Landwirtschaft, obwohl auch hier ein Plus von 90 Millionen DM aus Brüssel fließen soll. Glauben Sie wirklich, meine Damen und Herren und insbesondere Sie, Herr Minister Birthler, mit den lächerlichen 4 Millionen DM, die Sie in diesen Nachtragshaushalt für die staatlichen Veterinär- und Lebensmitteluntersuchungsämter eingestellt haben, die Auswirkungen der BSE-Krise finanzieren zu können? Die DVU-Fraktion glaubt das jedenfalls nicht.

Doch wenn Sie realistisch sind, wie konnten Sie dann gestern unseren Änderungsantrag zur Aufstockung der Mittel um eine Million DM für den Erwerb von Laborausstattungen ablehnen? - Natürlich nur aus rein parteipolitischen Gründen, weil der Antrag von uns kam. Oder haben Sie wirklich noch nicht gemerkt, dass die Ostgrenzen Brandenburgs für Lebensmittelexporte praktisch dicht sind?

Dazu passt es dann auch, Frau Ziegler, um ein Beispiel zu nennen, wenn Sie sich die Elbdeich-Rückverlagerung zwischen Lenzen und Wustrow in der Prignitz zu 100 % aus Bundes- und EU-Mitteln finanzieren lassen wollen, obwohl das eine Landesaufgabe ist. Doch es fehlt am Geld.

Zurück zu den Zahlen. Bereits während der Verabschiedung des Doppelhaushaltes im Sommer letzten Jahres haben wir Ihnen vorausgesagt, dass die von Ihnen geplanten Haushaltsmittel hinten und vorn nicht ausreichen würden, die als globale Minderausgabe apostrophierte Deckungslücke an haushaltspolitischer Unsolidität nicht mehr zu überbieten sei und daher früher oder später ein Nachtragshaushalt kommen würde. Sie bestritten dies damals; heute wird die 3. Lesung durchgeführt.

Um von Ihrer eigenen Schuld abzulenken, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, begründeten Sie diesen Nachtragshaushalt selbstverständlich mit so genannten Unwägbarkeiten, zum Beispiel unvorhergesehenen Zusatzaufgaben, welche Ihnen von außen oktroyiert wurden, von sage und schreibe 389 Millionen DM. So wollten Sie unter anderem den aufgrund von bundesgesetzlichen Regelungen, zum Beispiel aufgrund höchstrichterlicher Urteile, entstandenen Mehrbedarf nach dem SED-Unrechtsbereinigungsgesetz, nach der Novellierung des Wohngeldgesetzes, aufgrund der Novellierung des Berufsausbildungsförderungsgesetzes, aufgrund eines höchtrichterlichen Urteils für die Schülerbeförderung im Rahmen des übrigen ÖPNV oder aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts für Erstattungen an den Bund für Zusatzversorgungssysteme nach DDR-Recht ebenso wenig vorhergesehen haben wie zum Beispiel die Mehrausgaben für Gefangenenentlohnung, den Mehrbedarf von Herrn Reiche für die so genannte Bildungsreform, Herrn Ziels 7 Millionen DM, damit der Maßregelvollzug sicherer wird, oder die 4 Millionen DM zur Beschaffung von Schutzwesten für die Landespolizei. Die Liste ließe sich unendlich fortsetzen. Meine Damen und Herren, dies können Sie erzählen, wem Sie wollen, aber nicht uns.

Erinnert sei auch daran, dass Sie die Folgen der so genannten Unternehmenssteuerreform des Bundes, der Sie bekanntlich im Bundesrat selbst zugestimmt haben, nicht abschätzen wollten. Bei alledem, meine Damen und Herren, sind auch die auf kommende Haushalte zukommenden und die bereits in diesem Haushalt durchschlagenden Unwägbarkeiten überhaupt noch nicht berücksichtigt. Hinzu kommt nämlich auch noch der Kuhhandel bezüglich der Rentenreform, der Sie bekanntlich auch zugestimmt haben.

Trotz allen Schönredens seitens des Finanzministeriums ist heute nicht abschätzbar, wie die Verhandlungen zum Länderfinanzausgleich und zum Solidarpakt II letztlich ausgehen werden. Es ist jedoch damit zu rechnen, dass die bisherigen Nehmerländer gegenüber der jetzigen Situation deutliche Einbußen erleiden werden. Und dass die Ziel-1-Förderung für Brandenburg ab 2006 ausläuft, ist Ihnen allen hoffentlich auch klar.