Protocol of the Session on May 17, 2001

fizite in der Personalausstattung bis hin zu Deckungslücken bei den Betriebskosten sind inzwischen für alle Hochschulen des Landes zum Problem geworden und können teilweise nur durch die für Gründungszeiten typische Opferbereitschaft kompensiert werden. Besonders im wissenschaftlichen und im Ausbildungsbereich gilt die These, dass halbe Investitionen doppelte Verluste sind.

Die ersten Professoren haben die Universität Potsdam und somit das Land Brandenburg schon verlassen. Ein Grund dafür war die anhaltende Unterfinanzierung der größten Hochschule unseres Landes. Diese erwartet in diesem Jahr ein Defizit von 6 Millionen DM. Verantwortlich dafür ist die Entscheidungsschwäche der Landesregierung.

Meine Damen und Herren von der Landesregierung, schaffen Sie endlich Planungssicherheit für die Hochschulen und Forschungszentren im Land Brandenburg!

Lassen Sie mich nun noch zu einem konkreten Problem kommen, welches unserer Fraktion dringlich erscheint. Ich meine den Neubau der Universitätsbibliothek für die BTU Cottbus. Seit der Planung der Technischen Universität in Cottbus steht der Bibliotheksbau auf dem Programm. Der Wissenschaftsausschuss unterstützte den auf 40 Millionen DM veranschlagten Neubau. Die Planungen sind seit einiger Zeit abgeschlossen, aber mit dem Bau wurde noch nicht begonnen.

Im Bereich der Informationstechnologie fehlen Fachkräfte ebenso wie im Bereich der Ingenieurwissenschaften, aber zum Beispiel auch im Bereich der Sprachwissenschaften. Die Technische Universität Cottbus ist auf solche Studiengänge spezialisiert. Aus diesem Grunde muss mit dem Bau einer modernen Bibliothek an dieser Hochschule endlich begonnen werden. Bis jetzt ist noch nicht einmal der erste Spatenstich getan. Dies führt natürlich zu einem erheblichen Mangel an Studienqualität.

Die Stabilisierung und Weiterentwicklung der Hochschulen Brandenburgs ist eine für die Zukunft unseres Landes wichtige Aufgabe. Aus diesem Grunde stimmen wir als Fraktion der DVU dem Antrag der CDU und der SPD zu. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke dem Abgeordneten Firneburg und gebe das Wort an die Landesregierung. Frau Ministerin Wanka!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung begrüßt den gemeinsamen Antrag zur Stabilisierung und Weiterentwicklung der Hochschulen im Land und findet es auch sinnvoll, dass darin gefordert wird, dass die Bildungsoffensive die Hochschulbildung einschließen muss. Denn es ist unlogisch, eine Bildungsoffensive zu starten und zu haben, die nicht auch dazu führt, dass mehr junge Bürgerinnen und Bürger des Landes an die Hochschulen gehen. Die Anzahl der Studienberechtigten je Altersjahrgang und die Bruttostudierendenquote hat sich in den letzten Jahren abgesenkt.

Es kommt also darauf an - Frau Müller sagte es schon -, Jugend ins Land zu ziehen und sie zu motivieren, hier zu bleiben, sie hier zu behalten. Das heißt: Junge Brandenburger können gerne anderswo studieren, aber es sollten insgesamt mehr junge Leute kommen als gehen. Sachsen beispielsweise besitzt, was den Zuzug von Studierenden angeht, eine positive Bilanz. In Brandenburg ist die Realität eine andere. Gegenwärtig können wir sehr viele junge Leute nicht zum Studium bei uns zulassen. Wir verzeichnen eine steigende Studierendennachfrage, der aber nicht nachgekommen werden kann, weil die Hälfte unserer Studiengänge zulassungsbeschränkt ist.

Dabei besteht in Brandenburg in den nächsten Jahren - es geht ja um die nächsten Jahre - eine besondere Chance. Hinsichtlich der Entwicklung der Zahl der Studienberechtigten weisen alle neuen und auch alle alten Bundesländer eine ähnliche Kurve auf. Diese Kurve steigt etwa bis zum Jahr 2007 beziehungsweise bis zum Jahr 2009 an, um anschließend wieder etwas abzufallen. Brandenburg hat von allen neuen Bundesländern den steilsten Anstieg zu verzeichnen, besitzt den stärksten Zuwachs mit einem Maximum bereits im Jahre 2007, und die Abflachung der Kurve ist anschließend sehr viel geringer. Dazu kommen Berlin als Magnet auch für ausländische Studierende und die lange Ostgrenze. Die Chancen sind also sehr gut.

Weil der Hochschulentwicklungsplan in diesem Jahr ausläuft, musste er nunmehr fortgeschrieben werden. Dazu habe ich einen Versuch gestartet, Herr Bisky. Ich habe eine Vorlage zu der Frage erstellt, in welchem Maße die Hochschulen aufwachsen sollten. Dies ist kein SOS und betrifft nicht die momentane Hochschulfinanzierung. Vielmehr ist dies ein Vorschlag, und zwar unter Beachtung des Ziels der Haushaltskonsolidierung. Es gibt eben divergierende Ziele; nicht alles, was wünschenswert ist, ist auch machbar. Daher würde ich auch nicht die Forderung aufstellen, unseren Hochschulhaushalt in ähnliche Relationen zu bringen wie den Sachsens oder Mecklenburg-Vorpommerns. Das ist nicht realistisch für Brandenburg. Das muss man klipp und klar so sagen.

Da dies immer wieder zitiert wird, noch eine Bemerkung zum letzten Platz Brandenburgs im Ländervergleich, was die Kosten pro Einwohner für Hochschulen angeht. Dieser letzte Platz ist zunächst einmal Fakt. Wir nehmen ihn ein und wir kommen von ihm, auch wenn wir unsere Position etwas ausbauen, nicht so schnell herunter. Das muss man sagen, wenn man die Abstände zu den anderen sieht. Aber das bedeutet doch nur, dass damit die Summe festgelegt ist, die das Land insgesamt für Hochschulen ausgibt. Man kann also sagen, was dem Land die Hochschulen wert sind. Dies sagt aber nichts darüber aus, wie gut die Hochschulen finanziert werden. Dafür muss man sich die Kosten pro Student anschauen. Diesbezüglich stimmt die Relation. In Mecklenburg-Vorpommern ist die entsprechende Summe allerdings viel höher. Wenn Sie jetzt aber - das kann man machen - die Universitätsklinika herausrechnen Sie wissen, dass dort große Probleme bestehen: Greifswald, Rostock -, dann sieht dies schon freundlicher aus. Damit ist nichts gegen die Forderung gesagt, dass wir im Ländermaßstab mehr für die Hochschulen ausgeben sollten. Aber man schließe bitte nicht aus dem niedrigen Anteil pro Einwohner auf eine niedrige Qualität pro Student. Das ist logisch falsch.

(Zuruf von der PDS)

- Ich sage es ja nur.

(Lachen bei der PDS)

Das Kabinett wird also über einen Aufwuchs entscheiden. Damit meine ich nicht mehr Geld, sondern die Absicht, mehr Studenten auszubilden. Bei dieser Entscheidung muss zwischen der Haushaltskonsolidierung und den Notwendigkeiten im Hochschulbereich abgewogen werden.

Aber in dem Antrag werden auch qualitative Entwicklungen nachgefragt. Dazu möchte ich gerne drei Bemerkungen machen.

Erstens: Ich denke, es geht immer noch um eine Optimierung des Angebotes, das die Hochschulen vorhalten. Es gibt Verwerfungen im Fächerspektrum. Unsere Fächerstruktur ist nicht in Ordnung. Sie weist einen überproportionalen Anteil der Rechtswissenschaften und der Wirtschaftswissenschaften, aber einen ganz geringen Anteil der Naturwissenschaften aus. Herr Trunschke, es geht darum, dass einzelne Studiengänge geschlossen beziehungsweise reduziert werden müssen. Das ist eigentlich klar.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Trunschke [PDS])

- Ja, das versuchen Sie. - Sie dürfen nicht nur die Pläne der Hochschulen lesen. Man muss sie auch gegeneinander halten. Einige sind sehr gut und einige sind sehr zu hinterfragen. Außerdem ist für ein Land und für ein Ministerium die Gesamtschau wichtig. Ich denke, insoweit besteht großer Handlungsbedarf, und zwar nicht nur, was die Art der Fächer angeht, sondern auch bezüglich der Art der Studiengänge: viel zu wenig duale Angebote, eine viel zu geringe Abstimmung mit Berlin. In einzelnen Fächern versuchen wir das jetzt mit Kommissionen: Jura, VWL etc.

Aber insgesamt muss die Hochschulplanung für Berlin-Brandenburg als Ganzes betrachtet werden. Berlin hat zum Beispiel ein großes Problem im Fachhochschulbereich. Man muss bei der Planung berücksichtigen, was das für ein gemeinsames Land bedeuten würde.

Das war der erste Punkt - also Änderung der Situation im Hochschulwesen, was die Fächerstrukturen usw. anbetrifft.

Den zweiten Punkt würde ich überschreiben mit „Grundlegende Veränderung der Art und Weise, wie der Staat oder das Parlament auf die Hochschulen einwirkt”. Das, was in Deutschland viele Jahre funktioniert hat, funktioniert nicht mehr, weil die Rahmenbedingungen grundsätzlich andere sind. Die ursprüngliche Planung über Verordnungen und Gesetze ging immer von gewissen finanziellen Sicherheiten und von Langfristigkeit der Entwicklungen auch im wirtschaftlichen Bereich aus. Da das nicht mehr funktioniert, muss es geändert werden.

Ich würde mich in der nächsten Zeit auf zwei Punkte konzentrieren. Der erste ist die auch im Antrag angesprochene Form der Finanzierung der Hochschulen nach Leistung. Damit meine ich nicht nur Globalhaushalte. Die haben wir, aber selbst die stellen zu wenig Forderungen an die Hochschulen. Es gehören auch transparente Forderungen an die Hochschulen dazu.

Deswegen setzen wir in diesem Jahr mit Bundesmitteln einen

Schwerpunkt: Kosten-Leistungs-Rechnung, damit die Hochschulen deutlich machen können, was sie für das Geld, das wir ihnen geben, leisten und ob wirklich Stromgeld oder etwas anderes fehlt. Das Entscheidende, wofür in Brandenburg bis jetzt gar kein Ansatz vorhanden ist, besteht darin, die Hochschulen selbst nach dem zu finanzieren, was sie leisten.

Dazu gab es in verschiedenen Ländern Versuche unterschiedlicher Art. Es liegt mir sehr am Herzen, dass wir hier ganz konsequent vorgehen und vielleicht - das habe ich mir vorgenommen - in den nächsten Jahren eine Spitzenposition in Deutschland einnehmen können. Das ist ohne zusätzliches Geld machbar. Es geht sogar darum, dass das Geld dann effektiver und vor allem nachhaltiger von den Hochschulen eingesetzt wird.

Ein zweiter Punkt, der zum Komplex Steuerung, Einflussnahme des Staates auf die Hochschulen zu nennen und zu verändern ist, ist die Art und Weise, wie der Staat mit den Hochschulen verhandelt, in sie hineinregiert.

Es geht einfach nicht anders - wenn die Hochschulen gut sein sollen, müssen sie relativ frei sein, müssen sie Bewegungsfreiheit haben. Das heißt, der Staat muss viele seiner Kompetenzen auf die Hochschulen verlagern, und zwar unter Beachtung gewisser Randbedingungen und Randregeln. Denn nur die Hochschulen selbst sind in der Lage, schnell und flexibel zu agieren.

Das heißt also Deregulierung, Verlagerung von Kompetenzen. Ich mache im Moment alles, was sich unterhalb der Novellierung eines Gesetzes machen lässt. Ich habe eine neue Lehrverpflichtungsverordnung mit vielen Punkten zu Forschungsfreistellung usw. vorgelegt. Wir haben mit dem Finanzministerium eine ganz andere Art und Weise vorverhandelt, die Professorenvertretung in der Hochschule selbst zu regulieren. Alles das läuft. Eine neue Hochschulvergabeverordnung ist gerade in Kraft gesetzt worden, die, denke ich, innovativ ist.

Was wir aber angehen müssen, ist eine Novellierung des Hochschulgesetzes. Das steht auch im Koalitionsvertrag. Dinge, die man nur so regeln kann, sind im Moment nicht regelbar, bedeuten aber für mich einen Schwerpunkt in dieser Legislaturperiode.

Der dritte Punkt nach Optimierung und Einfluss des Staates ist der Punkt Wirtschaftswissenschaft. Nur ganz kurz dazu, weil ich dazu schon mehrfach etwas gesagt habe. Das bezieht sich auch auf die dualen Studiengänge usw. Für mich ist, weil ich da einen großen Mangel sehe, der Transfer in die kleinen und kleinsten Betriebe in Brandenburg wichtig. Das funktioniert nicht ausreichend. Das ist auch nicht mit dem Titel Verbundforschung getan. Das kann nämlich auch sehr schnell verplempert werden. Es ist auch nicht damit getan, dass man Transferstellen zuteilt. Das haben wir gemacht; das funktioniert nicht.

Hier muss man eine neue Philosophie entwickeln, die auch Anreize setzt und die Wirtschaft und Wissenschaft zusammenführt, um beide Seiten im Boot zu haben. Es geht auch hier - da gebe ich Ihnen Recht - um die Veränderung der Rahmenbedingungen. Die Forschungs-GmbH kann nicht das Letzte für Brandenburg sein. Sie ist viel zu konventionell.

Diesen dritten Punkt kann ich jetzt nicht weiter ausführen, weil die Lampe blinkt. Ich würde zusammenfassend sagen: Die Prämisse ist immer, wenn es um Brandenburg, um Finanzierung geht, der erste Arbeitsmarkt. Wenn wir ihn mit Wirtschafts

strukturen haben wollen, die zukunftsweisend sind, gehört dazu eine vernünftige Hochschullandschaft. Wenn es dafür eine Akzeptanz gibt, freue ich mich auch in diesem Sinne über den Antrag. - Danke.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei SPD und PDS)

Ich danke auch. - Wir sind damit am Ende der Rednerliste und ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung.

Die PDS-Fraktion beantragt die Überweisung des Antrages 3/2752 an den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur. Wer diesem Überweisungsanliegen folgt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Überweisung abgelehnt.

Somit kommen wir zur Abstimmung des Antrages in der Sache. Wer dem Antrag der Koalitionsfraktionen, Drucksache 3/2752, folgt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich angenommen und ich schließe den Tagesordnungspunkt 9.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Entschädigung für deutsche Zwangsarbeiter

Antrag der Fraktion der DVU

Drucksache 3/2744

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der beantragenden Fraktion. Herr Abgeordneter Schuldt, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Während und nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges wurden Millionen Deutsche von den ehemaligen alliierten Siegermächten des Zweiten Weltkrieges unrechtmäßig zu Zwangsarbeit verpflichtet. Viele der damaligen Zwangsarbeiter, soweit sie überlebten, erlitten schwerste körperliche und seelische Schäden, an denen sie teilweise noch heute leiden. Aber bis heute wurde keiner der damaligen deutschen Zwangsarbeiter von den Siegermächten des Zweiten Weltkrieges oder von den deutschen Staaten der Nachkriegszeit finanziell für die von ihm geleistete Zwangsarbeit entschädigt, es sei denn, man hält 30 bzw. 60 Mark pro Arbeitsmonat Zwangsarbeit, zum Beispiel in einem russischen Bergwerk, für angemessen.

Die Besiegten waren gezwungen, sich untereinander zu entschädigen. Man nannte es Lastenausgleich. Die am Boden liegenden Deutschen mussten nicht nur sich selbst Wiedergutmachung leisten, sondern zugleich auch die Ansprüche der Sieger befriedigen. Diese Doppelbelastung war einzigartig und sie wurde von einem amputierten und zerstückelten Land getragen.

Dies festzustellen soll keine Jammerei darstellen. Die Kriegsfolgeleistungen

(Schippel [SPD]: Sie sollten mal über Kriegsursachen reden!)

sind für den Besiegten stets schlimmer als für den Sieger. Aber wenn man den Deutschen fast 60 Jahre nach Kriegsende noch immer Rechnungen präsentiert und historische Schuld für erheblich erklärt, dann ist es höchste Zeit, auch einmal die eigenen Leiden und Leistungen aufzuzeigen.

Man mag dies „Aufrechnung” nennen. Es ist auf alle Fälle ein Beitrag zur historischen Wahrheit.