Protocol of the Session on April 4, 2001

(Sarrach [PDS]: Weil es in die falsche Richtung geht!)

Nur einige Punkte dazu: In dieser Diskussionsgrundlage werfen Sie uns eine zentralistische Sicht vor. Genau das ist es nicht, was wir wollen. Ich glaube, das wird in den Leitlinien und vor allem im Gemeindereformgesetz auch hinreichend deutlich.

(Zuruf von der PDS)

Sie erklären in Ihrem Diskussionspapier wörtlich:

„Im Mittelpunkt einer Gemeindegebietsreform muss der Bürger stehen.”

Ja, das ist genau unsere Position, nur setzen wir sie um, während Sie darüber diskutieren.

(Widerspruch bei der PDS)

Genau deswegen, weil es uns um die Zukunft unseres Landes, unserer Kommunen und natürlich unserer Bürger geht, führen wir die Gemeindegebietsreform durch.

(Beifall bei der CDU)

Und nun der Gipfel des Standpunkts der PDS-Fraktion. Sie schreiben:

„Bis 2004 soll sich der Landtag damit nicht befassen.”

Auf der einen Seite wird uns hier also vorgeworfen, wir würden uns zu wenig damit befassen, wir bräuchten einen Ausschuss, der am besten jeden Monat berichtet, auf der anderen Seite erklären Sie selbst, bis 2004 sollen wir, soll die Landesregierung sozusagen die Hände in den Schoß legen und nichts tun.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Am Ende bitte.

(Zuruf von der PDS: Feige!)

Zum Antrag der PDS-Fraktion selbst: Der Landtag hat die Landesregierung bei der Verabschiedung der Leitlinien beauftragt, „vor Ablauf der Phase der Freiwilligkeit” - heißt es wörtlich „Bericht zu erstatten”. Ich bin mir - so kennt man unsere Landesregierung - schon ziemlich sicher, dass das dann auch passiert. Falls es jemandem entgangen sein sollte, möchte ich daran erinnern, dass die Phase der Freiwilligkeit am 31. März des nächsten Jahres endet. Es ist also noch viel Zeit. Das Gemeindereformgesetz haben wir erst Ende Februar verabschiedet. Wir sind sozusagen in der heißen Phase der Freiwilligkeit und das bedeutet auch, dass es einer Befassung jetzt im Landtag - quartalsweise oder wie auch immer - weder im Innenausschuss noch im Plenum zu dieser Frage bedarf. Aus meiner Sicht ist diese Berichterstattung weder notwendig noch sinnvoll.

Ich habe folgende Aufforderung an die Fraktion der PDS: Sie können rütteln, so viel Sie wollen, es kommt darauf an, ob wir wackeln. Und ich sage Ihnen: Wir werden in der Frage der Gemeindegebietsreform nicht wackeln.

(Beifall bei der CDU sowie Bravo! bei der PDS)

Ich möchte Sie, weil mehrfach hier im Plenum, aber auch bei Veranstaltungen vor Ort angesprochen wurde, dass die Frage der Gemeindegebietsreform keine parteipolitische Frage ist, bitten, wenigstens mehrheitlich das Rütteln zu unterlassen. Tun Sie mit! Bringen Sie sich mit Vorschlägen vor Ort in die Umsetzung der Gemeindegebietsreform ein! Es gehört auch zur Verantwortung der Opposition, bei diesem wichtigen Reformvorhaben der Landesregierung nicht abseits zu stehen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Petke. Da Sie noch Rede

zeit übrig haben, gestatte ich eine Nachfrage. Ansonsten hätte ich dies nicht getan. Bitte schön, Herr Abgeordneter Sarrach.

Ich danke, Herr Präsident, weil ich auf diesem Wege Ihrer Oberflächlichkeit, Herr Kollege Petke, entgegenwirke.

(Widerspruch beim Abgeordneten Dr. Ehler [CDU])

Haben Sie zur Kenntnis genommen, dass es in der Drucksache 3/2250 - Gesetzentwurf der Fraktion der PDS - über ein Gesetz über die Grundsätze der Gemeindegebietsreform im Land Brandenburg in einem Paragraphen heißt, dass sich der Gesetzgeber in der jetzigen Wahlperiode, der 3. Wahlperiode des Landtages, selbst bindet, keine Zwangszusammenschlüsse durch Gesetz vorzunehmen, und dass dies in der Broschüre, aus der Sie gerade zitiert haben, gemeint ist?

Herr Kollege Sarrach, ich habe insbesondere diesen Gesetzentwurf zur Kenntnis genommen und ihn auch bei der viel zitierten Anhörung im Innenausschuss als einen Gesetzentwurf empfunden, der weder rechtlich, fachlich noch politisch den geringsten Anforderungen entspricht. Sie sind Jurist. Sie müssen mir ein Gesetz auf Landesebene zeigen, wo sich ein Landtag in einem Paragraphen eines Gesetzes selbst bindet, nichts zu tun, und das bis 2004, bis zum regulären Ende der Legislaturperiode!

Mir ist trotz der Diskussion - wir haben uns natürlich viele Gedanken darüber gemacht, was die Opposition eigentlich will bis heute keine Erkenntnis gekommen, was Sie mit dieser Aussage, mit dieser Selbstbindung zum Nichtstun, eigentlich bewirken wollen.

(Zurufe von der PDS)

Ich danke dem Abgeordneten Petke. - Das Wort geht an die Landesregierung. Herr Minister Schönbohm, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Sarrach, ich muss einleitend zunächst Folgendes sagen. Ich war schon überrascht davon, mit welcher Frechheit Sie hier Noten vergeben. Heute Morgen haben Sie gesagt, Sie waren nur Kandidat der SED. Ich habe bei mir gedacht: Nur Lehramtskandidat und übt schon Notenvergeben, bevor er weiß, worum es geht. Ich möchte einfach ganz kollegial empfehlen zu überlegen, ob Sie diesen Kurs weiterfahren wollen. Das ist auf Dauer so nicht akzeptabel.

(Vietze [PDS]: Dann sollten Sie aber auch nicht ehemali- gen General...)

- Nein, Herr Vietze, auch nicht ehemaligen - was immer!

(Gelächter und Beifall bei der CDU)

Ich möchte nur ganz kollegial empfehlen, dass wir nicht andere benoten, sondern uns an der Sache messen sollten. Damit möchte ich zur Sache kommen:

Wenn es heißt, dass dies das wichtigste Projekt der Landesregierung ist, dann kann ich bestätigen: Ja, es ist das wichtigste Projekt der Landesregierung. Nun will ich Ihnen aber auch sagen: Wichtige Projekte erledigen Sie nicht durch Schreiben, sondern durch Handeln. Wir sind im Augenblick landauf, landab dabei zu handeln. Dabei können Sie sich einbringen. Aber Sie bringen sich nicht ein, sondern wollen sagen, warum etwas nicht geht, was bereits auf dem Weg ist.

(Widerspruch bei der PDS)

Von daher gesehen vermute ich, dass Sie gar nicht begriffen haben, was eigentlich passiert. Im Lande läuft eine breite Diskussion zu der Frage: Was ist für unsere Gemeinden das Beste? Bringen Sie sich doch in diese Diskussion ein! Dann können wir feststellen, welche Lösung die richtige ist.

(Zuruf des Abgeordneten Sarrach [PDS])

Sie, Herr Abgeordneter Sarrach, sagen gleichzeitig, wir wollten etwas kommandieren. Genau das wollen wir nicht. Sie wollen etwas bürokratisieren durch Berichterstattung.

(Beifall bei der CDU)

Wir wollen etwas dynamisieren, indem wir die Diskussion vorantreiben. Das ist der entscheidende Unterschied. Vielleicht hängt das auch damit zusammen, dass wir grundlegend unterschiedliche Auffassungen zu dieser Frage haben.

(Beifall bei der PDS)

Meine Bitte an Sie lautet also, Ihre Position zu erklären. Aber mir scheint, sie ist ganz einfach: Es soll alles verändert werden und keiner darf es merken. Wenn sich etwas verändert, dann aber nur zu unseren Bedingungen. - So funktioniert das aber nicht.

Darum werde ich empfehlen - das wird Sie nicht sonderlich überraschen -, dem Antrag nicht zuzustimmen. Schließlich fordert der Landtag unter Ziffer 2 Buchstabe d der Entschließung die Landesregierung ausdrücklich auf, „mit ausreichendem zeitlichen Abstand vor Ablauf der Freiwilligkeitsphase über den Stand der Umsetzung der Leitlinien in den Kommunen zu unterrichten”. Das war Ihre Aufforderung, der wir auch nachkommen werden.

Wir teilen die Auffassung des Landtages, dass vor dem Ablauf der Freiwilligkeitsphase am 31. März 2002 das Parlament darüber informiert werden muss, in welchem Umfang die Gemeindestrukturreform freiwillig erfolgen wird und in welchem Maß möglicherweise der Gesetzgeber tätig werden muss. Dieser Bericht ist für den Herbst dieses Jahres vorgesehen. Wenn diese Ergebnisse vorliegen, dann verfügen wir über eine Basis, um eine Diskussion im Einzelnen führen zu können.

Herr Sarrach, Sie sagten, Sie wollten sich auch um unbequeme Dinge kümmern. Wir werden Sie daran messen. Wir werden sehen, ob Sie dazu auch dann stehen, wenn es in jedem Ihrer Wahlkreise unbequem wird.

Sie haben sich weiterhin auf die Funktionalreform und die Kommunalreform bezogen. Den Unterschied möchte ich Ihnen erklären. Die Kommunalreform lebt von der Freiwilligkeit und entwickelt eine Dynamik. Bei der Funktionalreform geht es um die Frage, wie Aufgabenhierarchien und inhaltliche Zuordnungen von Aufgaben verändert werden. Darüber kann man natürlich im Parlament ausführlich sprechen. Aber wollen Sie über die Frage sprechen, wie sich die Situation im Amt X, Y oder Z entwickelt? Von daher ist der Vergleich zwischen Kommunalreform und Funktionalreform vollkommen unangemessen.

Wenn Sie im Parlament über die Verwaltungsreform diskutieren wollen, so steht dem zunächst einmal nichts im Wege, denn ich glaube, es gibt sehr viele Punkte, die diesbezüglich zu erörtern sind. So geht es zum Beispiel um die Frage: Wie können wir gemeinsam dazu beitragen, die Verwaltungsreform voranzubringen? Schließlich ist insoweit auch der Gesetzgeber gefordert, nämlich in der Art und Weise, wie detailliert die Gesetze ausgeformt werden oder wie bürokratisch wir unser Land gestalten wollen. Darüber können wir kräftig streiten.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Nach Ihren Ausführungen ist für mich eines deutlich geworden: Sie glauben, dass ein Problem gelöst ist, wenn man sich im Parlament einmal damit beschäftigt hat. Dies ist jedoch nicht der Fall. Das Problem wird dann gelöst, wenn wir die Menschen im Land davon überzeugen, dass der von uns beschrittene Weg richtig ist. Bringen Sie sich bitte in dieses Vorhaben ein! Dann werden wir auch etwas bewegen.

Deshalb ist Ihr Ansatz, dass die Berichterstattung vierteljährlich erfolgen soll, für mich ein Ausdruck von Aktionismus. Er soll die Möglichkeit schaffen, immer wieder bürokratische Hindernisse aufzubauen. Ich sagte bereits, dass die Kommunalreform ein dynamischer Prozess ist, wobei ich durchaus betone, dass damit schwierige Entscheidungen verbunden sind.