Protocol of the Session on March 1, 2001

Ich danke dem Abgeordneten Claus. - Das Wort geht an die Fraktion der CDU, Herrn Abgeordneten Dombrowski.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dem vorliegenden Antrag der PDS-Fraktion wird ein politisch sehr sensibler Bereich erfasst. Das 1988 endgültig abgeschaltete Kernkraftwerk Rheinsberg soll abgerissen werden, so wie Sie es in Ihrem Antrag formulieren. Tatsache ist, dass erstmals in Deutschland ein Kernkraftwerk abgerissen wird. Dieser Abriss ist nicht mit dem Abriss irgendeines Hauses oder einer Werkhalle gleichzusetzen. Immerhin geht es darum, einen Kernreaktor so zu zerlegen, dass daraus während des Rückbaus keinerlei Gefährdungen entstehen können.

Jeder Teilschritt des Rückbaus wird in einem gesonderten Genehmigungsverfahren sehr genau geprüft und in einem Verfahren der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Insofern kann man eigentlich nicht von einem Abriss sprechen, sondern eher von einem sehr wohl geordneten und sicherheitstechnisch nicht nur einmal geprüften Rückbau. Dieser Rückbau passt von der Sache her in das Konzept der Bundesregierung zum Ausstieg aus der Atomenergie. Dennoch wird das ganze Verfahren in der Öffentlichkeit sehr konträr diskutiert und die Atomenergiegegner haben schon wieder beträchtlichen Widerstand gegen die bevorstehenden Castor-Transporte angekündigt.

In Rheinsberg ist man so weit, dass die ausgebrannten Brennstäbe in den Castor-Behältern, speziellen Sicherheitsbehältern für den Transport und die Zwischenlagerung, „verpackt” sind, um in das Zwischenlager nach Greifswald/Lubmin transportiert zu werden. Mit diesem Transport von einmal vier Behältern würde Rheinsberg frei sein von Brennelementen und sich kein strahlungsintensives Material mehr in Rheinsberg befinden. Der geordnete weitere Rückbau der Anlagen des ehemaligen Kernkraftwerkes kann erst nach dem Abtransport der Castor-Behälter weitergeführt werden. Insofern verteuert jeder Tag, den diese Behälter länger in Rheinsberg stehen, den Rückbau.

Die Alternative zum Abtransport der Castor-Behälter nach Greifswald würde heißen, ein solches Zwischenlager in Rheinsberg zu schaffen - eine Maßnahme, die nicht nur weitere Millionensummen verschlingen, sondern zudem den Rückbau weiter verzögern und verschleppen würde.

Planungs- und genehmigungsrechtlich liegt das Vorhaben voll in der Verantwortung der Bundesregierung. Es ist insofern zu begrüßen, dass nunmehr, wie der Pressemeldung vom gestrigen Tag zu entnehmen war, der Transport der Castor-Behälter in Abstimmung mit der Bundesregierung im Mai nach Greifswald erfolgen soll.

Ich komme zum Antrag der PDS-Fraktion. Ihrer Forderung nach Öffentlichkeit, nach Transparenz des Verfahrens ist die Landes

regierung in den zurückliegenden Jahren mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln und Möglichkeiten nachgekommen. Sicherheitskonzepte wurden der Öffentlichkeit vorgestellt.

Wenn der Kollege Thiel hier noch mehr Öffentlichkeit fordert, insbesondere durch den Landtag, dann bin ich mir ganz sicher, dass die PDS ihren Beitrag zur Herstellung der Öffentlichkeit leisten wird, denn im „Neuen Deutschland” vom 27. Februar hat Ihre Bundespartei ja angekündigt, ihre Mitglieder aufzurufen, sich an gewaltfreien Aktionen gegen die Castor-Transporte zu beteiligen. Auch wenn sich Ihre Fraktion hier im Landtag in der Weise geäußert hat, dass sie Verständnis für diese Aktionen hat und sie akzeptiert, sollten Sie, wenn Sie Öffentlichkeit einfordern, auch einmal erklären, was Sie überhaupt am Standort wollen. Wenn es bei den friedlichen Demonstrationen und Aktionen, die mit Unterstützung Ihrer Partei in Rheinsberg und Umgebung stattfinden, zu Auseinandersetzungen kommt, dann bin ich sehr gespannt, wo Sie dann sein werden und was Sie dazu zu sagen haben. Wir werden dann nachschauen, was Sie, Herr Kollege Thiel, heute zu Protokoll gegeben haben und ob das damit noch in Einklang zu bringen ist.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Prof. Dr. Bisky [PDS])

Meine Damen und Herren, jeder Wunsch von Institutionen, Bürgerinitiativen und Vereinen nach Transparenz ist erfüllt worden. Die PDS-Fraktion hat selbst davon Gebrauch gemacht und das Kernkraftwerk Rheinsberg besucht - nebenbei bemerkt: nicht nur Sie, sondern auch Abgeordnete anderer Fraktionen. Insofern kann man wirklich nur von einem Spiel mit offenen Karten sprechen - und das von Anfang an.

Ebenso ist das Zwischenlager Greifswald besucht und allen, die sich dafür interessierten, zugänglich gemacht worden. In jedem Jahr gibt es einen Pressetermin in Rheinsberg, bei dem Journalisten Gelegenheit haben, sich über den Fortschritt der Arbeiten zu informieren. Damit wird über die Medien natürlich ein breiter Kreis von Interessierten erreicht.

Das Zwischenlager Greifswald/Lubmin ist das einzige in den neuen Ländern und speziell für die Kernkraftwerke Rheinsberg und Greifswald errichtet worden. Die CDU-Fraktion ist nicht der Auffassung, dass uns die Debatte im Landtag im Abstand von zwei bis drei Monaten über den Rückbau weiterhilft. Vielmehr sind wir der Auffassung, dass im Ausschuss für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung die Probleme eingehender diskutiert und hinterfragt werden können. Daher haben wir den Entschließungsantrag eingebracht. Ich bitte Sie, ihn zu unterstützen. - Danke.

(Beifall bei der CDU)

Ich danke dem Abgeordneten Dombrowski und gebe das Wort an die Landesregierung, Herrn Minister Birthler.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat sich, wie Sie sicher noch aufgrund unseres gemeinsamen

Vor-Ort-Termins im März letzten Jahres wissen, sehr frühzeitig für einen kontinuierlichen Rückbau des stillgelegten KKW Rheinsberg ausgesprochen. Dabei bleibt es. Für die Landesregierung und mein Haus ist es selbstverständlich, dass der Rückbau und das behördliche Handeln durch größtmögliche Transparenz gekennzeichnet werden.

Aufgrund der regelmäßigen Gespräche mit Kommunalvertretern der Region weiß ich, dass sowohl hinsichtlich des Rückbaus des KKW Rheinsberg als auch bezüglich des bevorstehenden Abtransports der beladenen Castor-Behälter überwiegend Zustimmung seitens der Bevölkerung vorhanden ist.

Gerade unsere gemeinsame Diskussion vor Ort hat Ihnen sicherlich gezeigt, dass wir nicht nur über Transparenz reden, sondern diese auch aktiv betreiben.

So wurde beispielsweise den im Landtag vertretenen Parteien mehrfach angeboten, sich in Begleitung der Fachleute meines Ressorts vor Ort über den Rückbaustand und über die Entsorgung der abgebrannten Brennelemente sowie Rückbauabfälle zu informieren. Eine kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit ist für das politische Handeln insbesondere unter Berücksichtigung des allgemein sehr kontrovers diskutierten Themas „Kernenergienutzung” eine wichtige Prämisse der Landesregierung.

Deshalb haben Vertreter meines Hauses mehrfach persönlich an Diskussionsforen in der Region zum Thema „Rückbau und Entsorgung des stillgelegten Kernkraftwerkes Rheinsberg” teilgenommen.

Weiterhin fanden Abstimmungen in Bezug auf die Öffentlichkeitsarbeit der Betreiberin des KKW Rheinsberg, der Energiewerke Nord, statt. Bei dieser Frage gibt es einen einheitlichen Standpunkt von der Betreiberin und der atomrechtlichen Aufsichts- und Genehmigungsbehörde. Als Beispiel sei hier nur genannt, dass sich im Jahr 2000 insgesamt 758 Personen im Rahmen von diversen Veranstaltungen bzw. Anlagenbesichtigungen über den Rückbau des KKW Rheinsberg informieren konnten. Das Spektrum der Besucher reichte von Fachleuten, interessierten Bürgern, Schüler- und Lehrlingsgruppen bis hin zu Journalisten.

Die Betreiberin hat in Abstimmung mit den Fachleuten meines Hauses unter anderem den Bürgermeistern der Region sowie den Vertretern der Umweltgruppe Menz die Besichtigung des Zwischenlagers Nord und der Modelldemontage für Reaktordruckbehälter im KKW Greifswald ermöglicht. Die rege Teilnahme zeigte, dass Interesse vorliegt.

Mein Haus als oberste atomrechtliche Landesbehörde ist stets bemüht, vorhandenem Informationsbegehren entgegenzukommen. So werden z. B. alle Genehmigungsbescheide der Umweltgruppe Menz zur Kenntnis gegeben. Ich kann an dieser Stelle das Angebot nur wiederholen: Wer Interesse hat, kann von den zuständigen Fachleuten die entsprechenden Informationen erhalten.

Der Rückbau des KKW Rheinsberg ist seitens der Betreiberin so geplant, dass im Jahr 2009 die Entlassung aus dem Atomgesetz erfolgen soll. Der gegenwärtige Verfahrens- und Arbeitsstand lässt erkennen, dass dieses Betreiberziel durchaus erreichbar ist. Voraussetzung ist jedoch, dass der von Ihnen angesprochene Castor-Transport so bald wie möglich erfolgen kann. Sollte der

Transport verzögert oder verhindert werden, wäre der technische Ablauf des Rückbaus maßgeblich negativ beeinflusst.

Aufgrund der Existenz der abgebrannten Brennelemente am Standort können umfangreiche Systeme und Komponenten nicht demontiert werden. Die Genehmigungs- und Aufsichtsverfahren werden in ihrem Umfang und in ihrer zeitlichen Abfolge ebenfalls nachhaltig beeinflusst.

Nach Vorliegen der Transport- und der Lagergenehmigung kann voraussichtlich noch im ersten Halbjahr dieses Jahres der Abtransport der vier Castor-Behälter des KKW Rheinsberg erfolgen. Auch im Zusammenhang mit diesem Transport werden sich die Mitarbeiter meines Hauses um eine intensive Öffentlichkeitsarbeit bemühen und alle Fragen aus der Region beantworten. - Vielen Dank.

(Vereinzelt Beifall)

Ich danke Ihnen, Herr Minister Birthler.

Wir sind am Ende der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt angekommen. Wir kommen zur Abstimmung. Ich rufe zuerst zur Abstimmung die Drucksache 3/2413 der Fraktion der PDS auf. Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich rufe den Entschließungsantrag der Fraktionen von SPD und CDU in Drucksache 3/2473 auf. Wer diesem Entschließungsantrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Entschließungsantrag einstimmig angenommen worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 10 und rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Made in Brandenburg - Förderung von Gemeinschaftsmarken und Produzentengemeinschaften gewerblicher Produkte und Dienstleistungen

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion der CDU

Drucksache 3/2415

Es wurde vereinbart, hierzu keine Debatte zu führen. Somit kann ich sofort zur Abstimmung über diesen Antrag kommen.

Wer dem Antrag in Drucksache 3/2415 der Fraktionen von SPD und CDU seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit haben Sie diesen Antrag einstimmig angenommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 11 und rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

Beendigung der militärischen Nutzung des Truppenübungsplatzes Kyritz-Ruppiner Heide

Antrag der Fraktion der PDS

Drucksache 3/2421

Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt mit dem Beitrag der einreichenden Fraktion. Herr Domres, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der PDS-Fraktion, die militärische Nutzung des Truppenübungsplatzes Kyritz-Ruppiner Heide zu beenden, eröffnet dem Landtag die Möglichkeit, sich auch in dieser Legislaturperiode klar und unmissverständlich für die zivile Nutzung auszusprechen. In der ersten und in der zweiten Wahlperiode gab es zu diesem Thema eine Reihe von Anträgen, Entschließungen und Berichten. Ich bin sehr froh darüber, dass einige der damaligen Einreicherinnen und Einreicher noch heute Mitglieder des Brandenburger Landtages sind.

Bedanken möchte ich mich stellvertretend für diejenigen, die außerhalb des Parlamentes damals und heute gegen die weitere militärische Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide protestierten bzw. protestieren, so bei Frau Dettmann, Herrn Klein, Frau Müller, Herrn Kuhnert, Herrn Meyer und natürlich bei den Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion für die damalige parlamentarische Unterstützung der außerparlamentarischen Arbeit vieler Menschen und Gruppierungen.

(Beifall bei der PDS)

Bei diesem Thema gibt es offensichtlich viele Gemeinsamkeiten zwischen SPD und PDS im Land Brandenburg. Dabei verweise ich auf Anträge, die von Abgeordneten verschiedener Fraktionen fraktionsübergreifend eingebracht wurden. In den Drucksachen 1/1207 und 1/1939 beispielsweise wurde die Landesregierung gebeten, durch Initiativen im Bundesrat sowie durch Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten und durch Unterstützung der betroffenen Kreise und Gemeinden nachhaltig dazu beizutragen, dass die militärische Nutzung des Truppenübungsplatzes bei Wittstock durch die Bundewehr unterbleibt. Nichts anderes möchte die PDS-Fraktion mit dem heutigen Antrag erreichen. Nichts anderes wünschen sich viele Menschen in den Anrainergemeinden seit Jahren.

(Sarrach [PDS]: Sehr richtig!)

Es gibt ausreichend gute Gründe, sich mit unserem Antrag wiederholt für die zivile Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide auszusprechen. Einige der Gründe werde ich im Folgenden nennen.

Erstens setzen sich Bügerinnen und Bürger seit mehr als zehn Jahren dafür ein, das ehemalige Bombodrom nachhaltig und zukunftsorientiert zu nutzen. Das Jahr des Ehrenamtes, meine Damen und Herren, wäre ein guter Zeitpunkt, um ein derartiges bürgerschaftliches Engagement zu belohnen, indem wir dieses Anliegen unterstützen.

(Unruhe bei der CDU - Glocke des Präsidenten)