Protocol of the Session on January 25, 2001

Zweitens erhalten Personen, die auf Hilfe zum Lebensunterhalt angewiesen sind - Sie selbst wiesen auf das..Futtergeld". wie Sie es nannten. hin -, wegen der Hundehaltungskosten je Hund pro Tag einen Zuschuss. Darin sind nicht nur Futterkosten. sondern auch solche Mehrkosten durch das Halten von Hunden, wie eben beschrieben. einkalkuliert.

Drittens sind Kosten für die Führungszeugnisse und für andere Dokumente für sozial Schwache immer eine zusätzliche Belastung. Wenn man diese Belastungen beseitigen will, muss eine generelle Kostenfreiheit eingeführt werden. Mit der Hundehalterverordnung kann man das nicht erreichen. Offensichtlich soll jedoch genau dieser Anschein erweckt werden.

An dieser Aktion der DVU wird sich in diesem Landtag wohl niemand beteiligen. auch wir nicht. Wir lehnen den Antrag ab.

(Beifall bei der PDS)

Wir wären damit bei der Landesregierung, die jedoch keinen Redebedarf signalisiert. Ich schließe die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung.

Die DVU beantragt die Überweisung ihres Antrages - Drucksache 3/2257 - an den Ausschuss für Inneres, der federführend sein soll, und an den Ausschuss für Arbeit, Soziales. Gesundheit und Frauen. Wer dem Überweisungsansinnen folgt. möge die Hand aufheben. - Gegenstimmen'? - Stimmenthaltungen' Damit ist dic Überweisung abgelehnt.

Wir kommen zum Antrag in der Sache. Wer dem Antrag folgt. möge die Hand aufheben. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 8 und bevor ich den Tagesordnungspunkt 9 aufrufe: Ein herzliches Willkommen den Gästen aus dem benachbarten Bundesland Berlin! Sie kommen aus der Kopernikus-Oberschule in Steglitz.

(Allgemeiner Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Abschaffung der „Kampfhundesteuern" im Land Brandenburg

Antrag der Fraktion der DVU

Drucksache 3/2258

lch eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der beantragenden Fraktion. Frau Hesselbarth, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kommunen brauchen ständig Geld - besonders die Kommunen im Land Brandenburg, welche aufgrund immer geringer werdender Zuweisungen des Landes nach dem GFG, verbunden mit der eigenen immer geringer werdenden Steuerkraft, welche aus der wirtschaftlichen Situation resultiert. vielfach vor dem finanziellen Ende stehen. Deshalb versuchen die Kommunen mit allen Mitteln, dieses Geld aus ihren Bürgern und neuerdings insbesondere aus den Hundehaltern buchstäblich herauszupressen. Sie erheben zum Beispiel Hundesteuern oder - noch ertragsversprechender - Kampfhundesteuern.

Kombiniert mit der uns von unserem Innenminister bescherten neuen Hundehalterverordnun g will man unter dem Vorwand, die Bürger schützen zu müssen, die Kampfhundebesitzer abkassieren. Parallel dazu schikaniert man die betroffenen Hundehalter mit Maulkorb- und Leinenzwängen für ihre Hunde und all den anderen Zwängen, welche sieh aus der neuen Hundehalterverordnung ergeben.

Als Kampfhunde diffamiert werden die Hunderassen dabei erst durch eine willkürliche Aufzählung in einer entsprechenden Verordnung der Gemeinde. Diese orientiert sich natürlich an der

Aufzählung in der neuen Hundehalterverordnung des Innenministeriums. Ansonsten gibt es jedoch keine wissenschaftlich begründete oder rechtlich verbindliche Zuordnungsmöglichkeit eines Hundes oder seiner Rasse zu den Kampfhunden.

Hier. meine Damen und Herren. ist der Willkür bereits Tür und Tor geöffnet. Schließlich wird ein Hund erst durch die Ahnentafel zum Rassehund. Der Beweis. dass ein Hund entgegen der Behauptung seines Besitzers, der Hund sei ein Mischlin g, zu einer Rasse gehört, ist fast ausgeschlossen oder nur mit extrem hohem Aufwand - zum Beispiel durch DNS-Vergleiche - zu erbringen. Es gibt bis heute keine gesetzliche Regelung. die festlegt, welcher Hund ein Rassehund ist. Es ist der Besitzer eines Hundes selbst. der seinen Hund bei der Anmeldung im Ordnungsamt als Rassehund zu erkennen gibt. Eine Überprüfung der Rasse findet mangels Durchführbarkeit. die einerseits in den fließenden Grenzen zwischen Rassen und andererseits in der Trägheit und Konfliktscheu von Beamten begründet ist, nicht statt.

Meine Danien und Herren aller hier im Landtag vertretenen Fraktionen! Allein aufgrund dieses Definitionsproblems müsste die Erhebung so genannter Kampfhundesteuern schon scheitern: denn sämtliche Satzungen über Kampfhundesteuem zielen ebenso wie die neue Hundehalterverordnung auf die Rasse des Hundes ab. Als zweites Argument möchte ich anbringen, dass in den Urteilen deutscher Gerichte allgemein anerkannt wird. dass der Hundehalter einen Hund zum Kampfhund macht und nicht der Hund als ein solcher geboren wird.

In den alljährlich vom Deutschen Städtetag erstellten Beißstatistiken liegen Mischlingshunde ganz weit vorn, während beispielsweise Rottweil er oder Pitbulls gerade einmal als zu einem Fünftel bzw. einem Zehntel so bissig eingestuft werden wie die Mischlin ge. Weiterhin ergeben die Statistiken. dass zum Beispiel Bullterrier nicht bissiger sind als Dackel und dass beispielsweise so genannte Kampfhunderassen wie der Mastiff in der Statistik überhaupt nicht vorkommen.

(Zuruf von der SPD: Weg mit den Dackeln!)

Ein britischer Verhaltensforscher schrieb:

Jeder Form von aggressivem Verhalten geht grundsätzlich ein Lernprozess voraus. Nur Veranlagung oder eine mehr oder weniger große Aktivität sind angeboren."

(Unruhe im Saal - Glocke des Präsidenten)

_Erst die Lebensverhältnisse entscheiden über die Entwicklung. die daher voll in die Verantwortlichkeit des Menschen gehört.

Viel sinnvoller als eine Kampfhundesteuer wäre daher eine verminderte Steuer für ausgebildete Hunde. Damit würde für die Hundehalter ein größerer Anreiz geschaffen, ihre Hunde artgerecht aufzuziehen. Innerhalb der großen Hundezüchterverbände gibt es Prüfungsordnungen. die Unterordnungsprüfungen beinhalten, die jeder Hund - egal, welcher Rasse - bewältigen kann. Bis vor einigen Jahren gab es solche verminderten Hundesteuern auch noch in einigen Gemeinden. Leider ist die Regelung dahin gehend geändert worden, dass nur noch die Haltung

von Rettungs- und Blindenhunden steuerermäßigt oder steuerbefreit ist. Das ist sehr zu bedauern: denn nur wenige Personen können mit ihrem Hund eine solche Ausbildung absolvieren.

Dabei wäre das Ausmaß an Hundeunfällen mit Sicherheit geringer. wenn eine sachgemäße Ausbildung stattfände. Doch anstatt die artgerechte Haltung und Ausbildung von Hunden - ganz gleich, welcher Rasse - steuerlich zu belohnen. versucht man die Halter von Hunden. welche man willkürlich als Kampfhunde apostrophiert. mit Sondersteuern zu schikanieren und zu schröpfen. Dagegen wendet sich die DVU-Fraktion ganz entschieden.

Schließlich bewirkt eine so genannte Kampfhundesteuer. dass solche Hunde nur noch von be güterten Besitzern gehalten werden können. was eine eindeutige soziale Ungleichbehandlung darstellt. Wir sagen klipp und klar, dass die Erhebung von Steuern - und dies ist einer der Grundsätze des deutschen und internationalen Steuerrechts - den Kriterien der Gleichbehandlung und Verhältnismäßigkeit genügen muss. Die von manchen Kommunen des Landes Brandenburg erhobene so genannte Kampfhundesteuer in Höhe eines Vielfachen der Hundesteuer für andere Hunderassen benachteiligt nicht nur die Besitzer dieser Hunderassen. welche aufgrund der Zusatzkosten gemäß der Hundehalterverordnung ohnehin finanziell schlechter gestellt sind als andere Hundehalter. sondern widerspricht sowohl eklatant dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes und der brandenburgischen Landesverfassung als auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als einem der wichtigsten Prinzipien des Verwaltungsrechts. So werden in einigen Kommunen Brandenburgs für so genannte Kampfhunde achtmal so hohe Hundesteuerbeträge erhoben wie für andere Hunde.

(Klein [SPD]: Wir bedauern das nicht!)

Dabei wird immer auf verschiedene Entscheidungen deutscher Gerichte verwiesen, beispielsweise auf Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes, welches in Einzelfällen die Erhebung dieser Sondersteuern für rechtmäßig erachtet.

Es gibt aber auch andere Urteile. So entschied zum Beispiel das Verwaltungsgericht Mainz mit Urteil vom 3(1.11.1999. dass ein Hundesteuerbescheid für zwei so genannte Kampfhunde einer Hundehalterin aufgehoben werden müsse. weil die einschlägige Regelung in der Hundesteuersatzung der Stadt, die für diese Hunde einen erhöhten Steuerbetrag von jeweils 1200 DM jährlich vorsah. rechtswidrig sei. Das Gericht bezog sich in seinem Urteil darauf. dass bestimmte Hunderassen auf unsicherer wissenschaftlicher Grundlage in der Hundes.teuersatzung als gefährlich eingestuft wurden. zum Beispiel der Pitbull oder der Staffordshire Bullterrier, andere Hunderassen. zum Beispiel die Dogge. der Boxer oder der Schäferhund. dagegen nicht. Das sei jedoch mit dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes nicht vereinbar.

Das Verwaltungsgericht Mannheim seinerseits entschied in einem Urteil im März 2000, dass eine Regelung in einer Polizeiverordnung. wonach alle Hunde bestimmter Rassen abschließend und im Einzelfall nicht widerlegbar als gefährlich eingestuft werden dürfen, was für die Hundehalter mit nachteiligen Folgerungen verknüpft ist, ebenfalls gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Artikel 3 des Grundgesetzes verstößt, wenn demgegenüber Hunde anderer Rassen nur widerlegbar im Einzelfall als gefährlich gelten. Da auch Hunde, die nicht in einer

I.andta2 Brandonburke - 3. Pb'allIperiode - llenurprotokoll 3,30 - 25. Januar 2001 1841

solchen Bestimmung ausdrücklich aufgeführt sind. im Einzelfall höchst gefährlich sein können. liegt eine Ungleichbehandlung vor, die in der Sache selbst nicht begründet ist, so das Verwaltungsgericht Mannheim weiter. Weitere Urteile ließen sich anführen. meine Damen und Herren.

Erstens: Die brandenburgische Landesregierung bzw. der Innenminister hat die brandenburgische Hundehalterverordnung novelliert. um die brandenburgischen Mitbürgerinnen und Mitbürger vor gefährlichen Hunden zu schützen.

(Beifall bei CDU und SPD) Im Gegensatz zu Ihnen, Herr Minister Schönbohm. mit Ihrer rechtlich höchst angreifbaren Hundehalterverordnung. und den Kommunen des Landes Brandenburg. welche in willkürlicher Weise laut Gemeindesatzung so genannte Kampfhundesteuern erheben, ist unsere Fraktion mit dem hier vorliegenden Antrag auf der wissenschaftlich und rechtlich abgesicherten Seite. Dies scheint im Übrigen auch die Stadt Cottbus erkannt zu haben. allerdings erst, nachdem ich dort als engagierte Hundefreundin und nicht zuletzt als Vorsitzende der DVU-Fraktion an einer Demonstration gegen die Hundehalterverordnung teilnahm: denn die dort bereits geplante Einführung der Kampfhundesteuer wurde im Stadtrat erst einmal nicht verabschiedet, sondern zur Überarbeitung wieder in die Ausschüsse verwiesen. Bleibt zu hoffen, dass sich die Vorlage dort buchstäblich im Sande verläuft. Das hatte auch seinen Grund, denn ich erinnere daran, dass es auch in Brandenburg etliche Vorfälle gegeben hat, bei denen Frauen und Männer, insbesondere aber auch Kinder durch Angriffe von gefährlichen Hunden zu Schaden gekommen sind. Nach dem Vorfall in Hamburg haben wir getan. was notwendig war: Die erste brandenburgische Hundehalterverordnung wurde novelliert und den neuen Gegebenheiten angepasst. Ich meine. wir haben das mit Augenmaß getan. Zweitens: Brandenburgische Kommunen haben nicht deshalb höhere Steuern für so genannte gefährliche Hunde eingeführt. um Mitbürgerinnen und Mitbürger abzuzocken. sondern uni mittelfristig zu erreichen. dass es in ihren Kommunen solche Hunde nicht mehr gibt. (Beifall hei CDU und SPD) Wir stellen zum Schluss nochmals fest. dass kommunale Satzungen. welche Regelungen über eine so genannte Kampfhundesteuer in Höhe eines Vielfachen der normalen Hundesteuer für bestimmte Hunderassen enthalten. nach § 2 Abs. 2 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg, nach dem Satzungen über die Erhöhung von Steuern der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde, also des Landes, bedürfen. nicht mehr genehmigungsfähig sind. Darüber hinaus bedarf die Genehmigung einer Satzung, mit der eine bisher im Land nicht erhobene Steuer erstmalig oder erneut eingeführt werden soll. zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Ministeriums des Innern und des Ministeriums der Finanzen laut § 2 Abs. 3 des Kom rn u na labga beneesetzes.

Frau Abgeordnete, bitte kommen Sie zum Schluss Ihres Beitrages!

- Ich komme zum Schluss. - Auch eine solche Zustimmung ist jedoch nach unserer Meinung mit dem Grundgesetz wie mit der Landesverfassung im Falte von Kampthundesteuersatzun2en unvereinbar. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort geht an die Koalitionsfraktionen. Herr Abgeordneter Hoineyer, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da es die DVUFraktion jetzt scheinbar zur Regel macht. zu jeder Plenarsitzung mit entsprechenden Anträgen die Hundeproblematik im Landtag vorzubringen, folgen jetzt noch einmal einige grundsätzliche Ausführungen.

Drittens: Ich möchte auch ganz deutlich darauf hinweisen. dass dies höchstrichterlich abgesegnet ist. Insoweit verweise ich auf ein Urteil vorn Januar 2000. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit der Besteuerungspraxis befasst und diese für rechtens erklärt. denn. so das Gericht. die Gemeinden dürften gewisse Zwecke durch Abgaben lenken und steuern. wenn es sachlich begründet und nicht willkürlich ist. Dies sah das Gericht im Fall der Kampfhunde als gegeben an. Damit haben wir eine höchstrichterliche Entscheidung. Was andere Gerichte in Deutschland entscheiden - mehrere Juristen. mehrere Meinungen -, ist dann nicht mehr relevant.

Frau Hesseihanh. in diesem Fall empfehle ich Ihnen. zuerst ordentlich zu recherchieren. dann einen Antrag zu stellen und ihn anschließend hier vorzubnngen. Wir lehnen Ihren Antrag ab.

(Beifall bei CDU und SPD)

Herr Abgeordneter. es wurde eine Frage angemeldet. Stehen Sie zur Verfügung? - Bitte sehr!

Habe ich Sie richtig verstanden, dass die Kommunen demzufolge auch keine großen Hunde mehr haben wollen? Ihren Ausführungen habe ich dies so entnommen.

Sie haben mich richtig verstanden, Frau Kollegin Hesselbarth. Brandenburgische Kommunen und wohl auch andere in Deutschland wollen_ dass gefährliche Hunde in ihren Orten nicht mehr in dem Maße vorkommen wie bisher. - Ich danke Ihnen.

(Vereinzelt Beifall bei CDU und SPD - Frau Hesselbarth [DVU]: Große Hunde. Herr Hornever!)

Das Wort geht an die PDS-Fraktion. Herr Abgeordneter Ludwig. bitte sehr!