Protocol of the Session on December 13, 2000

Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und erteile zuerst der Fraktion der PDS das Wort. Herr Abgeordneter Dr. Trurischke, bitte!

I 620 1_andtag prandenboru - 3. Wahlperiode - Plenarprotokoll 3,27 - 13. Dezember 2000

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir werden heute das Brandenburgische Musikschulgesetz verabschieden. wenn nichts dazwischenkommt. Aus Zeitgründen spare ich mir alle Rhetorik. wie wichtig uns Musikschulen sind und was sie leisten. Ich denke, die Tatsache, dass wir das Gesetz heute verabschieden werden, zeigt, dass wir uns in dieser Frage inzwischen so ziemlich einig sind.

Ich will lediglich auf drei Fragen eingehen: Ist dieses Gesetz tatsächlich ein Erfolg? Wessen Erfolg ist gegebenenfalls der Erfolg? Welche Erwartungen gibt es künftig an die Umsetzung dieses Gesetzes?

Zur ersten Frage: Ist dieses Gesetz ein Erfolg und - wenn ja warum? Ganz klar, ich halte dieses Gesetz für einen Erfolg.

(Zustimmendes Klopfen des Abeeordneten Muschalla [SPD])

Zum ersten Mal in der Bundesrepublik werden die Belange der Musikschulen in einem eigenständigen Gesetz geregelt. Das hat Signalwirkung über das Land Brandenburg hinaus. Noch wichtiger aber ist mir die Signalwirkung, die dieses Gesetz im Lande selbst hat.

Mit der Verabschiedung dieses Gesetzes setzt der Landtag ein ganz klares Zeichen dafür, dass er die Musikschulen will, dass er deren Arbeit kennt und deren Leistungen schätzt. Und er stellt sogar noch etwas mehr Geld bereit.

Für wesentlich halte ich auch, dass jetzt Qualitätsstandards für die Musikschulen klar definiert und mit der Verleihung eines entsprechenden Titels auch öffentlich sichtbar sind. Dabei will ich nur auf die Zahl der Fachbereiche, die Mindeststundenzahl und auf den hauptamtlichen Leiter verweisen. Schließlich bieten zahlreiche andere rechtliche Regelungen mehr Sicherheit für Lehrer. Schüler, Eltern, aber auch für die Träger der Musikschulen.

Musikschulverbandes, Herr Falk - ich begrüße Sie genau dafür besonders gewürdi gt wurde.

(Einzelbeifall hei der CDU)

Damit zur letzten Frage: Wird dieses Gesetz die Erwartungen tatsächlich erfüllen? Darüber wird natürlich im Endeffekt die Geschichte entscheiden müssen.

Einige kritische Anmerkun gen will ich dennoch machen. Da ist erstens vor allem festzustellen. dass auch mit diesem Gesetz die Schließung von Musikschulen nicht ausgeschlossen ist.

Meine Damen und Herren von der Landesregierung. von der SPD und der CDU, Sie hatten einfach nicht den Mut, die Forderung der Musikschulen zur Pfliehtaufgabe zu machen.

Ein Zweites: Die Qualitätsstandards dieses Gesetzes liegen noch unter denen, die die Musikschulen bereits jetzt haben. Das heißt also. auch mit diesem Gesetz kann die Qualität an den Musikschulen weiter absinken. Für besonders bedenklich halte ich die anhaltende Tendenz zum Abbau hauptamtlicher Stellen.

Schließlich bietet dieses Gesetz auch keinen Schutz gegen eine drastische Erhöhung der Elternanteile und damit keinen Schutz gegen soziale Ausgrenzung. Dafür sind einige der Formulierungen viel zu verschwommen. Was ist ein..unangemessener Anteil" der Eltern, den Sie vermeiden wollen? Auch der Landeszuschuss, der zwar höher ist. bleibt letztlich wesentlich zu gering.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die PDS-Fraktion wird ungeachtet ihrer Bedenken und ungeachtet weiter gehender Vorschläge mehrheitlich diesem Gesetz zustimmen. Ich habe überhaupt nichts dagegen. dass wir seit der 1. Legislaturperiode wieder einmal ein wichtiges Gesetz im Kulturbereich mit den Stimmen aller demokratischen Parteien annehmen. Ich will aber auch ankündigen, dass wir die weitere Entwicklung aufmerksam beobachten und gegebenenfalls Novellierungsvorschläge machen werden. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS) Damit komme ich zur zweiten Frage: Wenn es denn ein Erfolg ist, wessen Erfolg ist es? Natürlich - das gebe ich gern zu - ist es auch ein Erfolg der Landesregierung und der Koalition. denn wenn Sie nicht gewesen wären, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, gäbe es dieses Gesetz nicht. So sind nun einmal die Spielregeln. Ich will auch ausdrücklich den Ex-Kulturminister Herrn Hackcl erwähnen, der sich dafür engagiert hat. (Beifall bei der CDU)

lch nehme auch für meine Fraktion in Anspruch - ich denke, Sie werden das nicht bestreiten -. dass wir am Zustandekommen dieses Gesetzes einen wesentlichen Anteil haben. Der entscheidende Anteil aber gehört weder Ihnen noch uns. Er gehört denen. die die Volksinitiative für Musikschulen getragen haben: den Eltern, den Schülern, den Leitern der Musikschulen.

(Beifall bei der PDS und vereinzelt bei der CDU)

Der eigentliche Erfolg ist der Erfolg der Volksinitiative und des Volksbegehrens. Es ist schon richtig, dass bei der Verleihung des Brandenburgischen Kunstpreises der Geschäftsführer des

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Dr. Trunschke, und gebe das Wort an die Fraktion der SPD, an die Frau Abeeordnete Konzack.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist Weihnachtszeit und da bereitet man sich ja auch gern eine Freude. Der Landtag bereitet sich die Freude. nun tatsächlich nach einem hin und wieder beschwerlichen Weg das Brandenburgische Musikschulgesetz zu verabschieden. Man muss einfach einmal hervorheben - Herr Trunschke hat es eben gesagt -: Brandenburg wäre damit das erste Bundesland, das die Arbeit seiner öffentlich geförderten Musikschulen auf eine eigene gesetzliche Grundlage stellt.

Den hohen Standard. den unsere Musikschulen haben und von dem sich wahrscheinlich viele unter Ihnen schon überzeugen konnten - es ist immer erfrischend, junge Musiker zu erleben -,

zu sichern muss unter anderem die Aufgabe der Brandenburger Kulturpolitik sein. Die SPD verfolgte dieses Ziel schon unter ihrem Kulturminister Steffen Reiche.

Einen erheblichen Anteil daran - ich gebe Ihnen vollkommen Recht, Herr Dr. Trunschke -, ein Musikschulgesetz in Brandenburg zu verabschieden, hatte zweifelsfrei die Volksinitiative. Ihr Gesetzentwurf war Ausdruck lebendiger Demokratie. Er enthielt wertvolle Vorschläge für die folgende parlamentarische Arbeit. Ertrug wohl auch dazu bei, dass durch den ehemaligen Minister Hem) Dr. Hackel ein Entwurf in den Landtag eingebracht wurde.

Das Gesetz soll vor allein die Überzeugung zum Ausdruck bringen, dass die öffentlich geförderten Musikschulen eine eigenständige Bedeutung in der Bildungs- und Kulturlandschaft unseres Landes haben.

Neben der Ausbildung des musischen Nachwuchses übernehmen sie zusätzlich wichtige gesellschaftspolitische Aufgaben. indem sie vor allem Jugendlichen die Möglichkeit geben, zusammen zu leben, zu arbeiten und zu musizieren. Ich denke. damit unterstreicht man auch den Willen. die Jugendlichen sinnvoll zu beschäftigen.

Ein weiteres Anliegen ist die Sicherung des bisherigen hohen Qualitätsniveaus der Musikschulen. und zwar durch die Norrnierimg der Standards, die Herstellung von Planungssicherheit sie ist mit diesen 6,5 Millionen DM erstmals gegeben - und die Einführung eines Namenschutzverfahrens.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Ihnen vorliegende Beschlussempfehlung ist das Ergebnis der Anhörung, gründlicher Ausschussberatungen und intensiver Diskussionen innerhalb der Koalitionsfraktionen. Es war wohltuend, wie kulturvoll auf diesem Gebiet innerhalb der Fraktionen zusammengearbeitet wurde. Wir unterbreiteten wichtige Änderungsanträge zu dem Gesetz, die dem Ziel der Qualitätssicherung dienen. So konnten wir 150 Unterrichtsstunden im Gesetz verankern. Wir konnten als Kulturpolitiker - dies muss ich noch einmal sagen - die Überlegung der Landesregierung und auch die Forderung der Vertreter der kommunalen Spitzenverbände nicht nachvollziehen. nur 50 Wochenstunden mit der Begründung festzulegen. dass unter anderem Auswirkungen des Geburtenrückganges zu berücksichtigen seien. Meines Wissens sind die Schülerzahlen an den Musikschulen trotz des schon spürbaren Geburtenknicks keineswegs zurückgegangen. Ganz im Gegenteil, es gibt Wartelisten.

Wichtig war uns auch, dass mindestens fünf Fachbereiche im Angebot sein müssen. Wir haben also erreicht, dass die Zahl der Fachbereiche von drei auf fünf erhöht wurde. Deshalb können wir schon sehr zufrieden aus dieser Diskussion gehen.

Zu erwähnen wäre noch, dass wir die Förderungsvoraussetzungen für Musikschulen im Aufbau auf einen Zeitraum von drei Jahren begrenzt haben, weil wir meinen, dass sich innerhalb von drei Jahren entschieden haben muss, ob eine Musikschule die Förderungsbedingungen erfüllt. Der Zeitraum muss nicht unnütz verlängert werden.

möchte. Aber Sie wissen auch, wie ausführlich das Konnexitätsprinzip hierbei diskutiert worden ist. Wir müssen, wenn wir ein solches Gesetz verabschieden, alle mit ins Boot bekommen. Wir haben mit diesem Gesetz auch die kritischen Finanzpolitiker der Koalition mit ins Boot bekommen und können dankbar sein. dass dieses Gesetz in der vorliegenden Form zur Verabschiedung gelangt.

Es gab seitens der SPD-Fraktion auch das Bedürfnis, im Gesetz festzuschreiben, dass die Entgelte für Musikschulen sozial verträglich gestaffelt werden sollen. Leider ist unser Koalitionspartner da nicht mitgegangen. Wir meinen aber, dass § 6 doch einiges in dieser Richtung ausdrückt.

Die rote Lampe leuchtet: ich komme zum Schluss. - Ich bitte Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft. Forschung und Kultur zuzustimmen. und möchte nur noch kurz einen Ausspruch Friedrich Nietzsches zitieren:

„Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum."

Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU sowie vereinzelt bei der PDS)

Das Wort geht jetzt an die Fraktion der DVU, an Herrn Abgeordneten Firneburg.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein Jahr geht schnell vorbei. Fast auf den Tag genau behandelten wir dieses Thema bereits im letzten Jahr im Parlament. Nun sagt ein Sprichwort. dass gut Ding Weile haben will. Da das zu verabschiedende Musikschulgesetz allerdings von Personen mit zugenähten Hosentaschen entworfen wurde, bezweifle ich, dass es sich bei diesem Gesetz uni ein gut Ding handelt. Ich werde Ihnen anhand des zu beschließenden Gesetzes auch gleich beweisen, warum ich dies so sehe.

Zunächst beginnt der Inhalt des Gesetzes noch recht harmlos.

Immerhin haben die Koalitionäre nach der Anhörung geballten Sachverstandes erkannt, dass die ursprünglich im Gesetzentwurf vorgesehene Mindestzahl von wöchentlich 50 Unterrichtsstunden ein Witz ist. Bereits jetzt unterrichten fast alle Musikschulen im Land ihre Schüler in mehr als 190 Wochenstunden. Da bereits heute die finanziellen Bäume der Musikschulen nicht in den Himmel wachsen, können wir davon ausgehen, dass dies die Mindeststundenzahl für qualitativ hochwertigen Unterricht darstellt. Diesen fordert der Gesetzgeber ja im Rahmen seiner „Anerkannten Musikschulen im Land Brandenburg". Wie gesagt wurden anfangs mindestens 50 Stunden gefordert und 6,5 Millionen DM angeboten. Nun fordert man 150 Stunden und bietet immer noch dieselbe Summe. Wie ernst können wir die Erhöhung der Mindeststundenzahl zur Qualitätssicherung nehmen, wenn für die geforderten Mehrstunden nicht mehr Zuschüsse gezählt werden? Natürlich - Herr Dr. Trunschke, wir haben viel darüber diskutiert - ist ganz klar, dass man es zur Pflichtaufgabe machen Das gleiche Spiel findet man im § 3 Abs. 7. Dort fordert der

Gesetzgeber die zweifellos richtige Festanstellung des Musikschulleiters, um sich allerdings wenige Zeilen weiter - unter 5 Abs. l Satz 3 - der daraus erwachsenden finanziellen Forderung zu entziehen. Darin heißt es nämlich süffisant:

"Ändern sich nach dem Haushaltsjahr 2001 die Personalkosten für die fest angestellten Lehrkräfte an Musikschulen aufgrund einer tarifvertraglichen Anpassung der Gehälter, kann sich der anteilige Zuschuss nur in dem Umfang erhöhen, in dem entsprechende Haushaltsmittel zur Verfügung stehen."

Mit anderen Worten: April, April! in Sachen Zuschusserhöhung. Denn das, was wir von Anfang an als ungedeckten Scheck in Sachen Doppelhaushalt bezeichneten und was die neue Finanzministerin als Konkursverwalterin der Exministerin erst kürzlich bestätigen musste, gilt nach wie vor: Es gibt keine einzige Mark mehr. Ganz im Gegenteil! Die Benennung der vorn Sachverstand geforderten Drittelfinanzierung zwischen Land. Kommunen und Erziehungsberechtigten wurde tunlichst vermieden. Nun sage ich Ihnen bereits heute das Ergebnis dieses Gesetzes voraus:

I. Der vorn Land gezahlte Zuschuss von 6,5 Millionen DM wird nicht um eine einzige Mark erhöht. Vielmehr werden das Gesetz geändert und die Summe verringert.

2. Die Kommunen senken ihre freiwilligen Zuschüsse notgedrungen von Jahr zu Jahr - falls sie diese Zahlungen nicht ganz einstellen.

3. Die Erziehungsberechtigten der Musikschüler tragen die aus den zuvor genannten stetig größer werdenden Deckungslücken resultierenden finanziellen Mehrbelastungen.

Daraus folgt - 4. - ganz zwangsläufig. dass sich die Zahl der Musikschüler immer weiter verringert. und zwar noch stärker. als dies durch die sinkenden Geburtenraten ohnehin schon der Fall wäre. Damit haben wir dann endlich auch im Bereich der kindlichen Musikausbildung die Kollaps-Spirale festgeschrieben.

Wir als Fraktion der Deutschen Volksunion enthalten uns der Stimme, da wir einerseits die Notwendigkeit eines Gesetzes sehen, andererseits aus den vorgenannten Gründen dem hier vorliegenden Gesetzentwurf nicht zustimmen können. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.