Ich frage mich schon: Wem nützt es. das Exportverbot für britisches Rindfleisch aufzuheben. die Etikettierung unkenntlich zu gestalten. die Testverfahren nicht einzuführen. Futtermittel nicht zu kontrollieren und mit Millionenbeträgen große Fleischbetriebe zu subventionieren?
Von einem gerechten Preisverhältnis zwischen den Aufkaufpreisen, die der Landwirt erhält. und den Verkaufspreisen. die der Verbraucher zu entrichten hat, kann schon lange keine Rede mehr sein. Dazwischen liegen die eigentlichen Verdiener. Eine Rückwirkung des Kaufverhaltens der Kunden auf die Erzeugung, durch den Bauern kann es somit faktisch nicht geben.
Dies hat auch der Agrarbericht 2000 des Landes Brandenburg deutlich gemacht. In diesem wird festgestellt, dass die Nettowertschöpfung in der Landwirtschaft im mehrjährigen Durchschnitt auf niedrigem Niveau stagniert, und das trotz eines Wachstums der Pflanzenerträge und der Tierleistung sowie einer Steigening der Arbeitsproduktivität. Die Erzeugerpreise für landwirtschaftliche Produkte werden zum einen von Institutionen der EU, zum anderen von hoch monopolisierten, international verflochtenen Handelsketten bestimmt. Das treibt Bäuerinnen und Bauern Europas in einen gnadenlosen Konkurrenzkampf mit der Folge eines extremen Erzeugerpreisdumpings und allen damit verbundenen Nachteilen.
Das wirkt natürlich unabhängig von der Größe des Landwirtschaftsbetriebes. Ich unterstütze die Auffassung von Herrn Dr. Wiebke, dass damit die Produktionsweise markant gekennzeichnet ist. Dadurch werden, obwohl Verarbeitungs-. Lagerhaltungs-, vor allem aber Handelsmonopole steigende Profite realisieren. Verbraucherpreise für Nahrungsmittel niedrig gehalten.
Einem weiteren Preisverfall für Agrarprodukte muss deshalb Einhalt geboten werden. Auch das ist eine Antwort auf BSE. aber auch eine Antwort, uni Ausgleichszahlungen begrenzen und schrittweise abbauen zu können, ohne damit die Existenz tausender landwirtschaftlicher Unternehmen zu gefährden. In der Kombination von marktorientierten. begründeten Erzeugerpreisen, Leistungspreisen für ökologische und landeskulturelle Dienste und direkten Subventionen in ungünstigen Gebieten müssen die landwirtschaftlichen Untemehmen in die Lage versetzt werden, ihre Produktion nachhaltig zu sichern.
Wir halten für dringend erforderlich, erstens die Kontroll- und Mitwirkungsrechte von Verbraucher- und Erzeugerorganisationen bei der Gestaltung der Vertragsbeziehungen in der Agrarwirtschaft auszubauen: zweitens eine für den Verbraucher offene Deklaration über die gesamte Nahningskette von der Aufzucht von Kühen. Schweinen oder Schafen über ihre Fütterung bis zum Schlachthof: drittens eine neue Diskussion über den Anbau pflanzlicher Eiweißfuttermittel in Brandenburg, auch auf Stilllegungsflächen. um den Eiweißbedarf bei der Aufzucht von Schweinen ohne Tiermehl vegetarisch zu ersetzen; viertens die Verhandlungsbasis der Landwirte gegenüber der Nahningsgüterindustrie und dem Handel durch die gesetzliche und steuerliche Förderung von Absatzorganisationen zu stärken: fünftens ein verstärktes Marketing für regionale Produkte - hier unterstützen wir die Entscheidung von Herrn Birthler zur weiteren finanziellen Sicherstellung von „Pro agro" -: sechstens Stärkung der Umweltauflagen und Harmonisierung der Standards und Wettbewerbsbedingungen der EU einschließlich ihrer Kontrolle sowie die Verteuerung von europaweiten Schlachtviehtransporten.
Werden Sie dieser Verantwortung gerecht, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank. bzw. - besser -: Werden wir dieser Verantwortung in Regierung und Opposition gerecht! Ich bin mir sicher: Regionale Kreisläufe werden dann entstehen. wenn es nicht mehr lohnt. Lebensmittel zu manipulieren und durch halb Europa zu chauffieren.
Der durch Tiermehlverbot und flächendeckende Schnelltests eingeschlagene Weg ist gut und richtig; an den noch ungeklärten Problemen müssen wir mit Hochdruck arbeiten und natürlich auch forschen. Die Rechtssicherheit für Produzent und Konsument ist zu gewährleisten. Die im Übergangszeitraum von Erlöseinbrüchen wegen des reduzierten Schlachtrinderabsatzes sinkenden Erzeugerpreise, Mehrkosten im Futterregime und zusätzliche Kosten bei der Entsorgung der betroffenen landwirtschaftlichen Betriebe sind zu entschädigen. Bei der Tiermehl- und Tierkörperbeseitigung sind die Fragen der Kostenverteilung mit dem Bund zu klären.
Ich denke, verehrte Kolleginnen und Kollegen, erst wenn Legislative und Exekutive diese Hausaufgaben erfüllt haben, sollten wir uns zu Rinderroulade einen „Guten Appetit' wünschen.
Ich danke Ihnen, Frau Abeeordnete Wehlan. - Jetzt gebe ich das Wort an die Fraktion der CDU. an Herm Abgeordneten Nieschke.
Herr Präsident' Meine Damen und Herren! Ich habe mir schon gedacht: Wenn ich als Dritter zu dieser Problematik rede, dann sind eine ganze Menge Fach- und auch emotionale Fragen bereits gesagt worden.
Fachmann voll einverstanden sein und freue mich, dass er diese Rede hier gehalten hat. Frau Wehlan. recht vielen Dank - vor Weihnachten ein Lob und dann von Ihnen, von solch einer hübschen Frau. da kann man gar nicht genug bekommen. Das geht runter wie Öl.
Nun habe ich mir überlegt: Was sagst du denn dazu? Bei dieser Problematik müssen wir natürlich - das wurde bereits angedeutet - ehrlich miteinander umgehen. Ich möchte nicht wiederholen, was Karsten Wiebke gesagt hat.
Worin besteht die gesamte Problematik und was müssen wir den Bürgern sagen? Ich habe in einem Interview die Frage gestellt bekommen: Wann wird denn der erste Öko-Bauer in den Landesbauernverband eintreten? Ich sagte: Nun wird's verrückt. Ich komme aus einer Mutterrinder-GmbH, einem ökologisch wirtschaftenden Betrieb. Er produziert für „Biopark". Leider werden die Produkte dort abgesetzt. wo es viel Geld gibt - in Hamburg. Trotzdem muss ich sagen - das müssen auch unsere Bürger wissen: Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es auch bei den ökologisch produzierenden Betrieben nicht. Deshalb geht die Fragestellung - groß. klein. Agrarfabriken - völlig am Thema vorbei.
- Edwin Zimmermann klatscht. Da muss ich einmal sagen, er nicht nur er - hat damals Dresche gekriegt, als wir die Rinder schlachteten. Wir hatten eine ganze Reihe Austritte aus dem Bauernverband, weil wir das damals durchgezogen haben. Das war keine einfache Lösung, sondern eine bittere, die wir damals schufen. Heute sagt man, dass sie gut und richtig war.
Trotz des bisher einzigen BSE-Falles in Deutschland hat sich am guten Gesundheitsstatus der Rinderbestände nichts geändert, auch nicht in Brandenburg. Die Reaktion der Politik durch alle Parteien. auch in den Ländern und den öffentlichen Medien. war und ist überzogen. Ich bin zufrieden, dass es wenigstens noch einige Journalisten gab. die eine realistische Darstellung dieses Problems rüberzubringen versucht haben.
Als Politiker sollten wir aber eindeutig sagen: Das, was sich einige in Deutschland anmaßen. das geht so nicht. Auch was man mit den Bürgern einer kleinen sächsischen Stadt gemacht hat, geht nicht. So können wir miteinander nicht mehr umgehen.
Ich bestreite nicht den Imageschaden für die deutsche Land- und Emährungswirtschaft, denn dieser ist nicht zu leugnen. Ich möchte aber auch sagen, welche Möglichkeiten wir haben, um aus diesem Stimmungstief herauszukommen. Dafür sind neben kurzfristiger Krisenbewältigung auch längerfristige, vertrauensbildende Maßnahmen - auch bei uns in Brandenburg - notwendig. Wenn wir hier von Brandenburg reden, so möchte ich sagen, dass wir in der Europäischen Union sind. Alles, was wir machen, muss europaweit eingebunden werden. Ansonsten ist es zwecklos.
Ich kann mit dem Vortrag von Dr. Karsten Wiebke auch als Die I3SE-Tests müssen europaweit kräftig ausgedehnt werden.
Es muss Geld in die Forschung hinein, damit wir am lebenden Tier den Test durchführen können, um eine realistische Sicherheit zu bekommen.
Ich sage es ganz offen und ehrlich: Was gegenwärtig passiert, dass Viehtransporte aus Deutschland heraus - wir haben uns ja ab 0 I.01. wegen fehlender Tests zu etwas verpflichtet - über die Grenze erfolgen - das geschieht zurzeit Tag und Nacht -, das ist natürlich keine vertrauensbildende Maßnahme.
Wir benötigen auch eine Klärung des Besatzdichtefaktors, wie viel Tiere pro Hektar gehalten werden. Hier in Ostdeutschland haben wir fast das Zehnfache weni ger als in vielen Regionen Deutschlands. Was der Bundeskanzler hinsichtlich der A grarfahriken sagte - diese Jacke brauchen wir uns nicht anzuziehen.
Unser Landwirtschaftsminister soll dafür sorgen, dass das Marklentlastungsprogramin für Rindfleisch dringend umgesetzt wird. Auch im EU-Haushalt ist Spielraum vorhanden. Absatz fördernde Maßnahmen sind wichtig. Der Export nach Italien kommt wieder in Gang. Der Export nach Russland scheint sich
Aber was müssen wir als Bauern machen? Wir müssen eine seitominuslose Schwachstellenanalvse erstellen. Das geht an die Funermittelindustrie. Es muss eine Selbstverpflichtung der Futiernuttel industrie kommen. damit Kreuzkontaminationen. die Verrnischung von Futtermitteln, hundertprozentig verhindert
51 erden können. Diese Gewährleistung hatten wir bisher nicht. Das muss hei der Produktion, der Lagerung und beim Transport passieren.
Wir müssen auch einen Vorstoß gegenüber den Vereinigten Staaten machen, damit wir gentechnikfreie Eiweißprodukte importieren können, und das zumindest ab dem Erntejahr 2001. Wir sollten auf Fütterungsantibiotika verzichten. Als Bauern sollten wir die H abnesverfahren überdenken.
Wir sollten eine stärkere Durchsetzung der Flächenbindun g. den Arzneimitteleinsatz sowie die Begrenzung der Größe der einzelnen Stallanlagen fordern. Wir sollten über neue Stallformen nachdenken und ein transparentes und vollständiges Kennzeichnungssystem haben. Für die Schlachthof- und Fleischwarenindustrie - das ärgert mich bereits seit Jahren - sollte der Lebendviehtransport nur noch bis zum nächstgelegenen Schlachthof und nicht quer durch Europa in quälerischer Form erfolgen.
Weiterhin geht es um eine lückenlose Etikettierung und um die Reduzierung von Zusatzstoffen bei der Herstellun g von Wurstund von Fleischwaren.
Der Lebensmitteleinzelhandel sollte eine Selbstverpflichtung zur Einhaltung von bestimmten Preisuntergrenzen. zur Stärkung von Marktstrategien und zur Herkunftssicherung eingehen und nicht. wie es hier schon gesagt wurde, mit niedrigen Preisen locken. Ich habe in Berlin erlebt, dass ein Hähnchen nur 1,99 DM kostete - damit ist natürlich nichts bezahlt.
Minister und mit dem Bundesminister überlegen, wie wir arbeitsteilig zwischen Ministerium und Land- und Ernähningswirtschaft bereits zur kommenden Grünen Woche in die Öffentlichkeit tragen können, dass Produkte der deutschen Landwirtschaft. wie es Herr Dr. Wiebke sa gte, einem strengen Test unterliegen und eine relativ hohe Sicherheit bieten - eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nie. - Danke schön.
Ich danke dem Abgeordneten Nieschke. - Das Wort geht jetzt an die Fraktion der DVU. an den Abgeordneten Claus.
Zuvor möchte ich Gäste im Landtag begrüßen, und zwar Schüler einer 10. Klasse aus Altlandsberg. Herzlich willkommen!
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Eine der vielen Problematiken in Europa wurde gerade wieder ins Rampenlicht der Öffentlichkeit gedickt und somit von der Fraktion der SPD zum Thema ihrer Aktuellen Stunde auserkoren. Das ist auch richtig so. Doch dürfte nicht erst seit dem ersten BSE-positiv getesteten deutschen Rind klar sein. dass es im Bereich der heutigen Landwirtschaft nicht mehr weitergehen kann wie bisher.
Was jahrzehntelang gerade vor dem Aussterben der bäuerlichen Landwirtschaft und der damit verbundenen Risiken für Umwelt und Gesundheit der Verbraucher wamende Stimmen nicht vermochten, wird nun durch die dramatische Berichterstattung über BSE im Zeitraffer nachgeholt. Dadurch wird vielen Verbrauchern drastisch vor Augen geführt, welche Risiken sich für ihre Gesundheit ergeben können. aber nicht müssen. Logisch sind einige überzogene Reaktionen jedoch nicht. Denn erstens tauchten die ersten BSE-Fälle bereits vor 15 Jahren in England auf und zweitens sollte jedem klar sein, dass wir uns aufgrund der verflochtenen EU-Wirtschaftsstrukturen nicht ernsthaft einbilden können, ewig von einer in einem anderen Mitgliedsland ausgebrochenen Krankheit verschont zu bleiben.
Doch, meine Damen und Herren, glauben Sie nicht, dass nach dem Thema Rindfleisch Schluss sein wird. Die Medien könnten jederzeit nahtlos auf andere Bereiche der Nahrun gsmittelproduktion umschwenken. Wer sagt uns denn. dass wir nicht in zehn Jahren z. B. durch genveränderte Futterpflanzen ein weiteres Gesundheitsproblem haben werden?
Zurück zum Thema: Jetzt suchen Politiker und Bauern krampfhaft nach Auswegen und nach Futterersatz für die Tiere. da die Verfütterung von Tiermehl richtigerweise weitgehend verboten wurde. Bei den Brandenburger Bauern werden die Erlösausfalle - nur bezogen auf den Rinderverkauf - etwa 74 Millionen DM betragen. Weitere 6,7 Millionen DM werden für die Preiserhöhung bei der Futterbeschaffung veranschlagt sowie 7,5 Millionen DM für die Haltung nicht verkaufter Rinder. Es werden weitere 24.5 Millionen DM für die Tierkörperbeseitigung und
Sie sehen also, meine Damen und Herren. welch immensen Schaden das Thema BSE im Land Brandenburg verursacht hat. Die Landesregierung und das Ministerium des Herrn Birthler haben sofort reagiert und einige Maßnahmen ergriffen. So werden zwei weitere Labore für den BSE-Schnelltest eingerichtet, die einen Anschaffungspreis von ca. einer Million DM haben. Somit besitzt das Land Brandenburg vier Labore, sodass an allen geschlachteten Tieren ein BSE-Test durchgeführt werden kann.