Protocol of the Session on November 15, 2000

Warum hat der Vertreter des Wirtschaftsministeriums die dort gewonnenen Errahmngen nicht in die Beantwortung einfließen lassen? In der Medien-. Informations- und Kommunikationstechnologie liegt die Zukunft. besonders für Arbeitnehmer. auch der über 50-Jährigen. aber nur dann, wenn wir endlich mit dem Jugendwahn aufhören und auf das Erfahrens-. Handlungs- und Informationswissen erfahrener Mitbürger zurückgreifen.

Dies müssen auch die Regierung und die Arbeitsämter endlich begreifen und müssen gezielt ausbilden. z. B. zum Handling mit Hard- und Software. Wirtschaftlich können wir uns dies sowieso schon lange nicht mehr leisten. Ältere erfahrene Mitbürger hei der Beratung und auch im so genannten Callcenterbereich einzusetzen ist weltweiter Trend. In Brandenburg müssen wir uns diesem weltweiten Trend noch bereitwilliger stellen. um

möglichst an der Spitze mitzulaufen. Wir schlagen hier eine Image-Initiative vor.

Ein wichtiger Aspekt ist der Zugang zu den neuen Medien. Nur mit der Herstellung eines chancengleichen Zugangs zu diesen Technologien kann verhindert werden. dass eine soziale Kluft zwischen Nutzern und Nichtnutzern entsteht. Deshalb müssen in Brandenburg die Rahmenbedingungen verbessert werden. Hierzu sind z. B. eine regulierte Marktstruktur und ein innovationsfreundliches Meinungsumfeld notwendig. Neue Dienstleistungen. neue Produkte in der M1K-Branche verbessern die Wettbewerbsfähi gkeit vieler Wirtschaftszweige und kurbeln das Wirtschaftswachstum an.

Für die heimischen Unternehmen besteht die Chance. nach dem E-Commerce durch E-Business schnell handeln zu können, die Wirtschaftskette zu analysieren. sich auf wirtschaftliche oder beratende Stärke zu konzentrieren, aber auch Beziehungen zu pflegen und starke Marken zu schaffen, natürlich auch go global.

Aus diesem Grund ist es geradezu erschreckend, wie wenig Mittel Brandenburg im Vergleich zu anderen Bundesländern in die Informations- und Kommunikationstechnik investiert hat. Zum Beispiel hat das Land Sachsen - es wurde heute schon einmal genannt - im Jahr 1998 125 Millionen DM bereit gestellt. Brandenburg dagegen nur 79 Millionen DM. Im Jahr 1999 investierte Sachsen 142 Millionen DM. Brandenburg dagegen nur 43 Millionen DM.

Meine Damen und Herren. wenn wir sa gen. wie wichti g die Medien-. 1nformations- und Kommunikationsbranche ist. dann fragen wir Sie: Warum wurden im Ausbildungsprogramm Ost im Jahr 1999 im IT-Bereich nur 60 Plätze sowie in Medienberufen nur 53 Plätze gefördert? - Wollen wir uns in dieser zukunftsträchtigen Branche auf Inder verlassen, wie es die Damen und Herren von der CDU doch offerierten. nur weil uns der eigene Nachwuchs in diesen Berufszweigen fehlt?

Meine Damen und Herren. halten wir uns immer vor Augen. dass Informationskompetenz eine gesamt gesellschaftliche Aufgabe ist. Herr Minister Fürniß, die ersten Schritte haben Sie unternommen. lassen Sie uns jetzt nicht anhalten und nicht nur darüber reden, sondern gemeinsam ins Ziel laufen. Wenn das Ziel - das hat Kollege Müller hier richtig gesagt - vernünftig definiert ist. dann sind wir gern Joggingpartner, wie man so schön sagt.- Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke Ihnen. Herr Abgeordneter Schuldt. - Das Wort geht jetzt an die Landesregierung. Herm Minister Dr. Fürniß.

Minister für %Ninschaft Dr. Fürniß:

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich nehme das Stichwort gern auf. Lassen Sie uns einmal miteinander ein bisschen durch die E-Welt joggen. Ich habe das Manuskript, das sicherlich gut ist und das man zu Protokoll geben kann. einfach weggelegt. weil es mir wichtiger ist. nicht das zu wiederholen. was in dieser Antwort bereits steht. Natürlich kann man da mit dem

147-1 Landtee Brandenbarl: - 3. Wahlperiode - Plenatpromkoll 3 25 - t 5. November 2000

einen oder anderen nicht zufrieden sein. Zu einem beachtlichen Teil ist es auch eine Zustandsbeschreibung bis Ende 1999. So war gefragt worden und so haben wir die Fragen auch beantwortet.

Mir kommt es darauf an. auf ein paar Dinge einzugehen, auch unter nachdenklichen Aspekten. Bevor wir über eine Wessenseeseilschaft reden, müssen wir erst einmal verstehen. was die Informationsgesellschaft ist. Denn Wissen ist das Ergebnis von verarbeiteter Information. In Bezug auf die Informationsgesellschaft sind wir uns alle relativ klar. soweit es um die Fragen von Hardware und Software geht. Ich hin nicht sicher oh alle die Beerirre_ die sie häufig verwenden. auch wirklich verstehen.

lch habe eben gehört. wie das ist: Man ist auf dem Vv'e g von ECommerce zum F-Business. Genau umgekehrt müsste es eigentlich sein. Der E-Commerce ist ein Teil des E-Business und wir sind noch weit davon entfernt. dass dies die große Plattform der Welt ist.

Ich würde auch darum bitten - wer hat es vorhin gesagt'? Frau Osten hat es gesagt -. dass wir nicht darüber reden, was sein könnte und was sein soll. sondern darüber, was nächstes Jahr sein wird. Ich wäre als Wirtschaftsminister schon sehr zufrieden. wenn wir...

1 Frau Osten [PDS]: Beim Gemeindefinanzieningsgesetzl)

- Jetzt habe ich unterstellt, dass der Satz generell richtig ist. Schränken Sie ihn doch nicht selber wieder ein!

(Vereinzelt Beifall hei der PDS)

Ich will darauf aufmerksam machen, meine Damen und Herren. dass es nicht eine Frage der Begeistenmg der Landesregierung ist,

(Zuruf von der PDS: Aber auch!)

ob wir uns mit diesem Thema beschäftigen. sondern dass es eine Frage der Pflicht der Landesregierung ist, hei diesem Thema über Rahmenbedingungen für die Entwicklung in eine Wissensgesellschaft nachzudenken und solche zur Verfügung zu stellen. die mehr sind als nur die Debatte über Hardware und die Debatte über Software.

Eine Wissensgesellschaft. wie ich sie verstehe, muss sich auch mit kulturellen Aspekten. mit ethischen Fragestellungen und mit der Frage auseinander setzen: Wie halten wir es mit der individuellen persönlichen Kommunikation. wenn wir immer nur sagen. wir brauchen überall virtuelle Strukturen?

(Zurufe von der PDS )

- Wenn Sie meinen, was ich sage, ist nicht richtig, dann setzen wir uns gerne damit auseinander.

(Zuruf von der PDS)

- Wir halten also im Protokoll fest: Sie geben mir Recht. Das ist schon einmal gut.

Die Wissensgesellschaft scheint im Parlament nicht so arg ero

ße Aufmerksamkeit zu haben. wie sie sich dann später in den jeweili gen Debatten widerspiegelt.

Meine Damen und Herren. noch einmal: Die Wissensgesellschaft wird kommen. ob der Landtag von Brandenburg es will oder nicht.

(Beifall bei CDU und SPD)

Sie wird kommen. ob wir Kleine oder Große Anfragen oder oh wir Oppositionsanträge formulieren. Sie wird kommen. und zwar wird sie so kommen. dass sich die Frage für uns stellt: Können wir mitgehen'? Schaffen wir den Anschluss?

Dann sind wir beim zentralen Thema: Wissensgesellschaft ist eine lernende. eine Bildungsgcsellschaft. Wenn u ir es nicht schaffen, die Strukturen in der Bildung zu schaffen. dann brauchen wir über die nächsten Schritte überhaupt nicht miteinander zu diskutieren.

(Beifall bei CDU und PDS)

Zweite Anmerkung: Wissensgesellschaft, wie ich sie definiert habe. hat etwas damit zu tun. dass wir auch aufhören, über die Technikfolgen Akademien einzurichten, bevor wir die Techniken kapiert haben. Anders gesagt: Technikfeindlichkeit ist keine gute Voraussetzung für eine Informations- und Wissensgesellschaft. Dann sollten wir auch sagen: Der Weg von der Industriegesellschaft in die Informations gesellschaft und von dort m die Wissensgesellschaft ist ein Weg. der nur gangbar ist. wenn wir gleichzeitig auch die Weichen stellen für die Chancen der neuen Technologien - Biotechnologie. Informationstechnologie: in allen Bereichen müssen wir das tun. Wenn wir das nicht tun. dann werden wir auch gedanklich das nicht packen. was das Dritte ist.

Das Dritte ist nämlich. dass wir den Weg zur Wissensgesellschaft. wenn wir es in politische Kategorien umsetzen, als eine regionale Strukturpolitik verstehen. eine Vernetzung von Politiken, die nur dann möglich sind, wenn wir sie nicht nur virtuell schaffen. sondern wenn wir sie auch mit den Menschen schaffen. die damit zu tun haben.

Die Wirtschaft. meine Damen und Herren. wird gar keine andere Chance haben, denn derjenige. der die Möglichkeiten nicht nutzt, wird vom Markt verschwinden. Das ist eine Zwangsläufigkeit. Das ist übrigens schon immer so gewesen. in allen Entwicklungsstadien von Wirtschaft und Industrie. Wer sich nicht der neuen Technologien. der neuen Chancen bedient hat. der hat nie den Anschluss gepackt. Insofern ist Wissensgesellschaft keine Erfindung von heute, sondern sie ist etwas. was eigentlich schon immer da war. Die Gesellschaften. die ihr Wissen schneller umgesetzt haben. waren diejenigen, die den Vorsprung hatten. Diejenigen. die es nicht geschafft haben. haben eben den Anschluss nicht mehr gepackt. Insofern diskutieren wir nicht über etwas Neues zu Beginn des 21. Jahrhunderts, sondern wir diskutieren über eine permanente Verantwortung. die wir in der Politik und in der Wirtschaft haben. um das entsprechend umzusetzen.

Was wir in Brandenburg jetzt und heute leisten müssen, ist, die Konversion der Medien zu schaffen. Das heißt also. wir müssen es schaffen. auf der Hardware-Seite die Medien. die da sind - sei

Landtag Brandenhure - 3, Wahlperiode - Pienarprotokoll 3 25 - 15. Nm einher 20011 1475

es das Telefon. sei es der Computer oder seien es die anderen Einrichtungen -. technisch so zusammenzupacken. dass sie hohe Effizienzen ergeben. Dafür wird es in der Wirtschaft und in der Forschung die notwendigen Voraussetzungen gehen. Was wir leisten müssen. ist, die Inhalte damit zu verknüpfen. Denn am Ende. meine Damen und Herren, reden wir über Inhalte. Die Wissensgesellschaft Ist eine Inhaltsgesellschaft und keine Frage des schnellsten Computers. Das, was Sie zu dem Chip gesagt haben, ist richtig. Aber das entscheidet nicht die Frage. ob wir die Wissensgesellschaft so bekommen. wie ich sie mir vorstelle. sondern die Frage: Welche Inhalte zeichnen diese Wissensgesellschaft aus?

Sie wissen, wie viel Unnötiges im Internet heute zu finden ist. Die Frage ist nicht. ob deswegen das Internet gut oder schlecht ist, sondern die Frage ist: Was machen die Menschen net den Medien. wie nutzen sie sie? Wir müssen zum Beispiel unseren Schülern beibringen. die Informationen zu hierarchisieren nach Nutzen und nach Werten, nach Orientierungen. Das sind die Fragestellungen. die sich für mich in der Wissensgesellschaft ergeben. Deswegen ist die Frage. ob wir auf dem Weg dorthin sind. eine Frage. ob alle die. die erziehen und bilden. auf diesem Weg sind.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Minister?

!Minister Dr. Fililift:

Mit großem Vergnügen.

(Beifall hei CDU und SPD)

Bitte schön. Herr Abgeordneter Dr. Trunschke!

Erstens: Würden Sie mir zugestehen, dass eine zehnminiinge Redezeit natürlich nicht ausreicht. alle Lücken in der Antwort der Landesregierung aufzulisten?

Zweitens: Würden Sie mir zustimmen. dass genau das, was Sie jetzt angesprochen haben. nämlich die Inhalte. die man bedienen will, überhaupt nicht in der Großen Anfrage t orkommen?

Minister Dr. Fürn iI3:

Es ist zum Teil richtig. und zwar deswegen. weil ich es nicht als Aufgabe der Landesregierung betrachte. die Inhalte auf diesem Weg in die Wissensgesellschaft vorzugeben. Wenn das die Gesellschaft nicht packt. dann wird es die Politik erst recht nicht schaffen.