Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Problem VEAG stand in dieser erst kurzen Dauer der Legislaturperiode bereits dreimal auf der Tagesordnung des Landtages: im März 2000 aufgrund eines Antrages der Regierungsfraktionen und eines Entschließungsantrages der PDS. entstanden im Ergebnis einer von der PDS damals geforderten Sondersitzung des Wirtschaftsausschusses, sowie int April auf Antrag meiner Fraktion, wobei das Anliegen damals ohne Debatte in den Wirtschaftsausschuss überwiesen wurde.
Heute sprechen wir über dieses Problem aufgrund des vorliegenden Berichtes des Wirtschaftsausschusses. Dieser empfiehlt dem Landtag mehrheitlich die Ablehnung des PDS-Antrages. Mehrheitlich deshalb, weil die Vertreter meiner Fraktion im Wirtschaftsausschuss gegen diese Empfehlung gestimmt hatten - ohne dabei in irgendeiner Weise die bisherigen Aktivitäten des Wirtschaftsministeriums in Sachen VEAG kleinreden zu wollen.
Meine Damen und Herren, zur Erinnerung: Im März dieses Jahres setzten sich die Koalitionsfraktionen in ihrem Antrag im Wesentlichen für die Umsetzung des so genannten Stabilisierungsmodells der derzeitigen VEAG-Anteilseigner ein. Das fand auch den Zuspruch meiner Fraktion. Jedoch hielten wir es schon zum damaligen Zeitpunkt für zu kurz gegriffen - Stichpunkte: bevorstehende Fusion der Anteilseigner, mögliche kartellrechtliche Auflagen seitens des Bundes und der Europäischen Union. Wir unternahmen deshalb mittels eines Entschließungsantrags den Versuch. den Landtag für eine Erweitening des Inhalts des von den Fraktionen der SPD und CDU gestellten
Antrags zu gewinnen. Wir ließen uns also von den sich damals bereits abzeichnenden Entwicklungstendenzen leiten, die darauf abstellten. dass das Stabilisierungsprogramm nur eine Teillösung für eine gesicherte Zukunft der ostdeutschen Bergbau- und Energiewirtschaftsstruktur darstellt. Wir forderten den Landtag auf, Optionen zu unterstützen, die über die derzeitigen Stabilisierungsvereinbamngen hinaus gehen. nämlich einen Eigentümerwechsel der Art anzustreben, dass eine eigenständige Unternehmensstruktur im ostdeutschen Bergbau- und Energiebereich sichergestellt wird. Das wäre dem Wettbewerb auf dem deutschen und dem europäischen Energiemarkt nicht abträglich gewesen, wurde jedoch leider von den Regieningsfraktionen abgelehnt.
Dennoch war die Debatte interessant: sie ist im Protokoll nachzulesen. Ich möchte wenigstens den Kollegen Martin Habermann von der CDU-Fraktion - schade, dass er nicht hier ist zitieren, der in Erwiderung der Ausführungen meines Fraktionskol legen Ra I f Christoffers wörtlich sagte:
- also des Antrages der Koalitionsfraktionen entscheiden wir natürlich nichts, aber wir üben einen öffentlichen. positiven Druck aus.... Den Entschließun gsantrag.„
..... würde ich auch ablehnen: denn wenn sich Ihre Voraussagen einstellen, Herr Christoffers. dann diskutieren wir ohnehin an dieser Stelle sehr tiefgründig über dieses Problem.
Wieso, frage ich mich natürlich. hat man an den Voraussagen meines Kollegen Christoffers gezweifelt? Er hat. wie wir heute wissen - übrigens wie so oft in den letzten Jahren -. Recht behalten.
im April brachte meine Fraktion erneut einen Antrag zur Perspektive der VEAG in den Landtag ein, der ohne Debatte in den Wirtschaftsausschuss überwiesen wurde. Im Beratungszeitraum haben die bundesdeutschen und die europäischen Kartellbehörden den Rückzug der alten Anteilseigner aus der VEAG angernahnt und damit waren unsere Forderungen aus dem Entschließungsantrag vom März 2000 plötzlich hochaktuell.
Ich erinnere daran, dass wir in diesem Antrag die Landesregierung erneut aufgefordert haben, erstens einen Eigentümcrwechsei in der ostdeutschen Energiewirtschaft zu unterstützen und somit eine eigenständige Unternehmensstruktur im Osten sicherzustellen. zweitens gegebenenfalls eine zeitweilige Rückübertragung der Eigentümeranteile an die öffentliche Hand vorzunehmen und drittens die Wahrnehmung der Verantwortung der bisherigen VEAG-Eigner für die Zukunft des Unternehmens zu gewährleisten.
Meine Damen und Herren! Lässt man Detailprobleme weg. so stellt man fest. dass es uns eben mit diesem Antrag um diesen öffentlichen Druck auf Entscheidungen der Energiekonzerne aus dem Westen der Bundesrepublik ging. von dessen Notwendigkeit Kollege Habermann im März richtigerweise sprach.
Und, sehr geehrter Minister Fümiß, wäre ein heutiges Votum dieses Landta ges für unseren Antrag nicht auch in Ihrem Sinn? Auch Sie möchte ich aus der Debatte am 17. März zitieren. Sie sagten damals:
sam Position beziehen und Flagge zeigen. denn man soll die Wirkung auf die Entscheidungsträger nicht unterschätzen, die davon ausgeht. dass ein Landesparlament mit großer, fraktionsübergreifender Mehrheit sich in entsprechender Weise positioniert. Diese Wirkung würde noch verstärkt werden. wenn ähnliche Entschließungen auch noch in den Landtagen der anderen beteiligten Länder angenommen würden. Dann haben wir eine Position. auf der sieh aufbauen lässt und die uns das Argumentieren in den Gremien leichter macht.
Herr Minister, diese weisen Worte sprachen Sie in der Begründung des damaligen Antrags der Regierungsfraktionen. Aber diese Worte würden meiner Auffassung nach an Weisheit gewinnen...
wenn Sie heute auch für unseren Antrag aus Ihrem Munde kämen. Ich fordere den Landtag auf, nicht der mehrheitlichen Empfehlung des Wirtschaftsausschusses zu folgen, sondern mit einem positiven Votum zu unserem Antrag öffentlichen Druck für eine eigenständige ostdeutsche Struktur im Energie- und Kohlebereich auszuüben. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Thiel. Sie haben dankenswerterweise den ganzen Diskussionsprozess um die Zukunft der ostdeutschen Bergbau- und Energiewirtschaft in diesem Jahr oder in dieser Wahlperiode auszugsweise zitiert. Eigentlich beschäftigt sich der Landtag Brandenburg seit zehn Jahren mit den Zukunftsperspektiven der Bergbau- und Energiewirtschaft Ostdeutschlands und hat auch gegen ihre Stimme richtungweisende Entscheidungen getroffen. die Braunkohlenbergbau und -verstromung in Brandenburg überhaupt noch ermöglichen.
Eine bedeutsame Entscheidun g ist vor einigen Wochen - nämlich am 29. September dieses Jahres - durch das Oberverwaltungsgericht gefällt worden, welche die Weiterentwicklung des Energiestandortes Jänschwalde und die Inanspruchnahme der Ortschaft Homo. gegen die Sie waren und möglicherweise noch sind, jetzt ermöglicht.
Ich will an dieser Stelle klar und deutlich sagen, dass das sklavische Festhalten an einer Auffassung den Zukunftsentwicklungen der Bergbau- und Energiewirtschaft in Ostdeutschland nicht hilft. Von daher haben der Landtag, das Ministerium. der Ministerpräsident in den letzten Wochen und Monaten immer zur richtigen Zeit den richtigen Schritt getan. uni dabei zu helfen, dass - unserer Zielsetzung entsprechend - ein eigenständiges Unternehmen mit Sitz hier und dauerhafter Zukunftsperspektive gewährleistet ist.
Es war richtig. dass wir IM April nicht im Vorgriff auf die Entscheidungen der Kartellbehörde in Bonn oder Brüssel einen Ausstieg der jetzigen Eigentümer gefordert haben. Die jetzigen Eigentümer waren aus der Perspektive heraus zur richtigen Zeit die richtigen Eigentümer, sie waren starke Partner und sie haben verhindert. dass die ostdeutsche Bergbau- und Energiewirtschaft schon früher in einen ruinösen Wettbewerb getrieben wurde, den sie nicht hätte überstehen können. Von daher war das gesamte Unterfangen in der Zeit von April bis zur kartellbehördlichen Entscheidung vielleicht zu erreichen. dass einer der Großen. die sich gerade im europäischen Konzert neu aufgestellt haben, in Ostdeutschland als starker Partner und in Aufhebung der Konkurrenz zueinander verbleiben darf.
Wir werden Ihren Antrag - wie Sie es richtigerweise gesagt haben - in Fortsetzung unserer Entscheidung im Wirtschaftsausschuss ablehnen, weil dieser Antrag in zwei Punkten erfüllt ist. Der erste Punkt heißt:
Die Landesregierung. der Ministerpräsident. der Wirtschaftsminister und die Bundesregierung kümmern sich uni den Fortbestand und wirken auch in erheblichem Maße darauf ein. dass die neuen Eigentümer konzeptionelle Überlegungen präsentieren. an denen man erkennen kann. oh die Zukunftsperspektiven genutzt werden und ob sichergestellt wird, dass 50 Terrawatt Braunkohlenstrom zur Energieversorgung beitragen.
Der dritte Punkt ist im Grunde erledigt. Die jetzigen Eigentümer kommen ihrer Pflicht nach und haben Elemente des Stabilisierungskonzeptes, das wir gefordert und unterstützt haben. bis zur Stunde ein gehalten. Es wurde eine Milliarde DM zur Verfügung gestellt. was diesem Unternehmen hilft. über die schwierige Wettbewerbsklippe hinwegzukommen.
Der Forderung in Ihrem zweiten Punkt können wir nicht mehr folgen. weil die Macht des Faktischen klar und eindeutig ist. Dies alles, eine vorübergehende oder dauerhafte ostdeutsche Beteiligung. hätte man 1991, 1992 oder vielleicht noch 1993 erledigen können. Dieses Haus hat sich dafür ausgesprochen. das sächsische Parlament hat dagegen votiert. Von daher war in Ostdeutschland keine Übereinstimmung zu erreichen und das Konzept konnte nicht umgesetzt werden.
Wir sollten uns in der jetzigen Diskussion auf das Machbare konzentrieren. Wir müssen also sicherstellen, dass die Konkurrenz untereinander aufgehoben wird und dass die Kräfte gebündelt werden. Deshalb ist eine große Lösung unter Einbeziehung vieler Eigentümer - VEAG, LAUBAG sowie möglicherweise MIBRAG und BEWAG - wahrscheinlich am besten.
Herr Kollege, stimmen Sie mit mir darin überein. dass die Zukunft der VEAG erst dann gesichert ist. wenn der Termin des Verkaufs - anvisiert ist der 15. November - verstrichen ist? Ist es nicht richtig, dass der politische Druck des Landtages bis zu diesem Zeitpunkt bestehen bleiben soll?
Ich kann Ihnen nicht zustimmen in Ihrer Aussage. dass ah dem 16. November die Zukunft der ostdeutschen Bergbau- und Energiewirtschaft uneingeschränkt beginne. denn danach geht es uni die Lösung der Hauptaufgaben. nämlich 5(1 Terrawatt am Markt zu platzieren. die Arbeit der Tagebaue und der Kraftwerke zu sichern. der Schmutzkonkurrenz auszuweichen und auch politische Rahmenbedingungen zu schaffen. die sich in Nachbetrachtung der Privatierungsverträge ergeben und verbesserte Rahmenbedingungen für die ostdeutsche Bergbau- und Energiewirtschaft mit sich bringen. Ich erinnere daran. dass aus unserer Sicht der Förderzins entfallen muss. Ebenso ist die letzte Kaufpreisrate, die für die VEAG noch zu entrichten ist. hinderlich für den Wettbewerb. Erst dann beginnt die Zukunft. Ob sie erfolgreich gestaltet wird, entscheiden die Jahre 2006/2007. denn dann sind wir mit der ostdeutschen Braunkohlenverstromung konkurrenzlos wettbewerbsfähig.
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Das Gerangel um den ostdeutschen Strommonopolisten VEAG ist ein Paradebeispiel für den Ausverkauf der deutschen Wirtschaft an ausländische Konzerne mit der Folge einer instabilen Situation in den jeweiligen Branchen und eines massiven Verlustes von Arbeitsplätzen.
Nach der Erstprivatisierung der VEAG sowie deren Tochtergesellschaft LAUBAG als Braunkohlenförderer erwarben den Hauptanteil an VEAG und LAUBAG die nunmehrigen westdeutschen Fusionskonzerne e.on und RWE/VEW. Diese müssen ihre Anteile von zusammen mehr als 86 % jetzt jedoch aufgrund einer Entscheidung des Bundeskartellamtes auf Druck der Brüsseler EU-Kommission verkaufen.
In den Startlöchern für den Kauf dieser übergroßen Mehrheitsanteile steht bereits jetzt die Berliner BEWAG. welche sich sowohl an VEAG/LAUBAG als auch an der sächsischen ENVIA als Hauptgesellschafter beteiligen will. Man spricht von einer so genannten großen Lösung.
Der Vorschlag zur Übernahme von VEAG/LAUBAG durch die Berliner BEWAG stammt vorn US-amerikanischen Stromkonzern SEI. Der US-Konzem hat bislan g mit den Hamburgischen Elektrizitätswerken. hinter denen wiederum die schwedische WATTENFALL-Gruppe steht, verbissen um die Vormacht auf dem ostdeutschen Strommarkt gekämpft. Um dies zu erreichen, wollen beide die Mehrheit am Berliner Versorger BEWAG erwerben. An der BEWAG werden 49 der Anteile frei. die derzeit noch bei e.on-Energie liegen. An dem Paket machte SEI ein Vorkaufsrecht geltend, doch e.on bestreitet den Anspruch und will die BEWAG-Aktien an HEW veräußern. Inzwischen kam von SEI ein Kompromissvorschlag, der den Schweden die gleichberechtigte Führung bei der BEWAG anbot. Amerikaner und Skandinavier sollen sich die strittigen 49 "n-Anteile teilen. Bis zum 15. November müssen nämlich Kaufangebote für die drei ostdeutschen Energieerzeuger VEAG, LAUBAG und ENV1A eingereicht werden, da sich bis zu diesem Datum e.on und RWE nach dem Willen der Kartellbehörde aus diesen Gesellschaften zurückziehen müssen. Daher sollen über die BEWAG Skandinavier und Amerikaner ein gemeinsames Kaufangebot für die drei Betriebe unterbreiten.