Protocol of the Session on September 21, 2000

Hinterher. - Notwendig ist ferner im Interesse einer schnellen und nachhaltigen Aufklärung von derartigen Straftaten und zur Vermeidung ihrer Wiederholung. die Voraussetzungen für die Inhaftierung der Täter zu erleichtern. Eine entsprechende Bundesratsinitiative ist sinnvol l.

Meine Damen und Herren! Langfristig sind wir auf die Bürgerinnen und Bürger angewiesen, die sich aktiv gegen rechte Gewalt engagieren. Ihr Alltagsmut verdient alle Unterstützung.

Dic Landesregierung stärkt diese initiativen. Ich habe im August gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Aktionsbündnisses, dem Vorsitzenden des Präventionsrates und den Präsidenten des Städte- und Gemeindebundes und des Landkreista ges die Amtsdirektoren und Bürgermeister gebeten. Koordinatoren gegen Fremdenfeindlichkeit und Gewalt zu benennen. In jeder Gemeinde könnte es für aktive Gruppen eine Telefonnummer geben, einen Ansprechpartner, der seitens der Kommunalverwaltung schnell und kompetent helfen kann. Wir müssen das Engagement aus den Kommunen heraus entwickeln, wo die Problemnähe gegeben ist. wo die Menschen sich kennen und wo eine direkte Ansprache der Gewalttäter möglich ist.

Noch in diesem Herbst wollen wir mit Seminaren starten für Verwaltungsangestellte. für Leiter von Jugendklubs, für Trainer in Sportvereinen, um Schulungen sozialpädagogischer Intervention anzubieten. Aktivitäten an den Schulen sollen jedem Schulleiter. jeder Lehrerin und jedem Lehrer die Mittel in die Hand geben, engagiert und souverän mit rechtsextremen Schülern umzugehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bitte Sie herzlich: Lassen Sie uns gemeinsam für das tolerante Brandenburg streiten. Das ist eine notwendige Zukunftsarbeit. Ich bitte Sie: Stimmen Sie dem Antrag des Präsidenten zu.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke Ihnen. Herr Ministerpräsident. Nachfragen lassen Sie n icht zu.

Meine Damen und Herren. wir sind am Ende der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt an gekommen. Wir kommen zur Abstimmung. Ich rufe zuerst zur Abstimmung den Änderungsantrag des Präsidenten. Drucksache 311734, auf. Wer diesem Änderungsantrag seine Zustimmung gibt. möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Änderungsantrag mehrheitlich angenommen worden.

Ich rufe den Antrag der Fraktion der PDS, Drucksache 3/1700. einschließlich des bereits angenommenen.Änderungsantrages auf.

(Vietze [PDS]: Ich möchte darauf hinweisen. dass sich eine Abstimmung des Antrages erübrigt - da er wortgleich mit dem Antrag des Präsidenten. mit den entsprechenden Ergänzungen. ist. Insofern ist eine weitere Abstimmung nicht notwendig.)

- Das nehme ich entgegen. Ich akzeptiere das auch. Damit annulliere ich die zweite Abstimmung. Der Änderungsantrag des Präsidenten ist angenommen.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 7 und rufe Tagesordnungspunkt t auf:

Gegen Gewalt und Diskriminierung - für Demokratie und Rechtsstaat

Antrag der Fraktion der DVU

Drucksache 371 691

Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt. Für die einreichende Fraktion hat die Abgeordnete Hesselbarth das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ausländische Staatsbürger sind in den allermeisten Fällen Gäste in unserem Land. Als Touristen. Studenten. Arbeitnehmer. Selbstständige. Flüchtlinge usw. genießen sie in Deutschland Gastrecht. In allen Kulturen der Welt sind Gäste heilig. so auch in unserem Land. Deswegen bedürfen sie unseres besonderen Schutzes. Wer sich an ihnen vergreift, begeht eines der schlimmsten Verbrechen, ebenso wer sich ansonsten an den Schwächsten unserer Gesellschaft vergreift. also an Kindern, Alten. Behinderten. Obdachlosen und allen Übrigen. die unseres besonderen Schutzes bedürfen. Wer das tut, schließt sich damit selbst aus unserer Wertegenleinschaft aus.

Wir als Fraktion der Deutschen Volksunion im Landtag Brandenburg lassen uns in der entschiedenen Verurteilung ausländerfeindlicher und sonstiger Gewalttaten von niemandem übertreffen. Wir fordern daher, gegen Gewalttäter jeder Couleur und besonders gegen solche. die sich an ausländischen Staatsbürgern oder an den Wehrlosesten in unserer Gesellschaft vergreifen, mit allen gebotenen Mitteln vorzugehen und sie streng zu bestrafen.

(Beifall bei der DVU)

Nun geht allerdings ein Gespenst um in Deutschland. das Gespenst von Gewalt in den Medien sowie in der bundesdeutschen Öffentlichkeit, reduziert auf das Phänomen des so genannten Rechtsradikalismus oder - besser - auf das, was für rechtsradikal gehalten wird. Ausgelöst wurde dies durch den bis heute nicht

aufgeklärten Bombenanschlag von Düsseldorf sowie eine Reihe abscheulicher Gewalttaten gegen Ausländer und Wehrlose in der Bundesrepublik Deutschland. Dabei ist bis heute namentlich der Bombenanschlag von Düsseldorf nicht aufgeklärt.

Auch ist nicht von der Hand zu weisen - und hier wende ich mich an Sie. Herr Minister Schönbohin dass von so genannten V-Leuten des Verfassungsschutzes - denken Sie nur an den kürzlich enttarnten Auenten Piato in Königs Wusterhausen oder den bekannten Herrn Dicnel aus Thüringen - unkontrollierbare Subjekte aufgehetzt und aufgestachelt wurden, die dann schwerste Gewalttaten gerade gegen Ausländer oder Angehörige sonstiger Minderheiten in unserem Land begangen haben. Es stellt sich hier die Frage, ob nicht vielleicht auch dieser Anschlag in Düsseldorf das Werk eines solchen Geheimdienstes war. Zumindest stelle ich diese Fra ge. meine Damen und Herren. einmal hier in den Raum.

Jedenfalls werden entsprechende Taten sodann zur Bekämpfung der als rechtsextrem bezeichneten Konkurrenz genutzt. Es wurde eine beispiellose Hetze gegen alles entfacht. was nach Meinung der Initiatoren dieser Diskussion für politisch rechtsextrem, national, patriotisch oder auch wertkonservativ gehalten wird. Übertitelt wird dies einfach mit Begriffen wie Rassismus und Ausländerfeindlichkeit. wobei diese auch nicht ansatzweise erklärt oder hinterfragt werden. Insbesondere wird bei all dem völlig verwischt. wo denn die eigentlichen Wurzeln der schon über mehrere Jahre kontinuierlich in Ost und West auftretenden Gewalttaten gegen Ausländer, auch gegen Schwächere und Andersdenkende zu finden sind. Meine Fraktion wird die Diskussion über Gewalt in unserem Land in dieser verkürzten und sinnentstellenden Art und Weise nicht mittragen.

Oberstes Gebot allen staatlichen oder nichtstaatlichen Tuns muss die Achtung der elementaren Menschenwürde und Rechtsstaatlichkeit sein und bleiben. Dazu gehört nun einmal notwendig : Man schlägt seinem Gegenüber nicht den Schädel ein, weil er schwächer ist. anders aussieht, anders spricht, anders denkt, eine andere Nationalität oder Staatsangehörigkeit hat.

(Zurufe von der PDS)

einer anderen Religion angehört oder aber Anhänger einer anderen Fußballmannschaft ist als man selbst.

Und weiterhin: Maßnahmen repressiver Natur, auch aufenthaltsbeendender Art bleiben dem staatlichen Gewaltmonopol mit Ausschließlichkeit vorbehalten und sonst niemandem. Daran und an nichts anderem wird die Deutsche Volksunion in der Gewaltdiskussion anknüpfen und von diesen elementaren Erkenntnissen wird sie sich leiten lassen. Sie sind das Ergebnis der nationalen geistigen und soziokulturelten Entwicklung unseres Landes nicht erst seit 1945, sondern schon seit Jahrhunderten. also des Toleranzgebotes. der Freiheitsrechte. der Verantwortungslehren und der Lehren über die Staatsführung. so wie sie bereits von Friedrich dem Großen wesentlich vorgezeichnet wurden. Hierzu gehört ganz einfach, dass es in unserer Verfassung und im Grundgesetz ein mit Rechtsanspruch ausgestattetes Asylrecht gibt und dass sich ausländische Staatsbürger aus unterschiedlichen Gründen erlaubt in unserem Land aufhalten dürfen.

Namentlich das wird in der Bevölkerung zur Bekämpfung der Ursachen von Gewalt zu vermitteln sein - ohne Ausgrenzung und ohne parteipolitische Brille. Doch gerade darum geht es in der gegenwärtigen Situation offenbar überhaupt nicht. Es geht den herrschenden Meinungsträgern einschließlich der PDS im Ergebnis offensichtlich nur darum, politische Gegner, die Ängste und Befürchtungen der Bevölkerung aufgreifen und politisch artikulieren wie die Deutsche Volksunion, nach Möglichkeit

1292 Landtat Brandenkärt - 11 3111pentrde - P lenarprottäkol 13.21 - 21. Septernkr 2001

endgültig politisch auszuschalten und hierbei demokratische Freiheitsrechte der Bürger so weit wie möglich einzuschränken.

(Beifall bei der DVU )

Wohin politisch die Reise geht, zeigt wiederum die gegenwärtig stattfindende Kampagne mit den Profilierungsversuchen verschiedener Personen des politischen Lebens in der Bundesrepublik Deutschland und im Land Brandenburg. vom bayerischen Innenminister Beckstein angefangen über den niedersächsischen Ministerpräsidenten Gabriel bis Mn zu Ihnen. Herr Minister Scherter. Die Forderungen sind für unser Land bislang ohne Beispiel. So wird unter anderem dazu aufgefordert. national gesinnten Bürgerinnen und Bürgen) ihre Arbeitsstellen oder ihre Bankkonten zu kündigen. sie zu bespitzeln oder durch unangemeldete Besuche von Sicherheitskräften einzuschüchtern.

Die von Ihnen. Herr Minister Schelter. geplante Bundesratsinitiative geht dahin, auf Bundesebene einen Gesetzentwurf zu erwirken. der drakonische Strafen ausschließlich bei Begehung so genannter extremistischer Gewalttaten vorsieht. Zudem schlagen Sie Bestimmungen vor. welche die demokratischen Freiheitsrechte der Bürger in der Bundesrepublik Deutschland endgültig aushebeln. Somit soll schon der Verdacht einer extremistischen Straftat Grund für Untersuchungshaft sein. und zwar auch dann, wenn keine Flucht- oder Wiederholungsgefahr besteht.

So genannte Propagandadelikte von Deutschen im Ausland sollen in Deutschland strafrechtlich verfolgt werden können. Den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder soll die Möglichkeit einer fast unbeschränkten Telekommunikationsüberwachung bei so genannten Meldungsdelikten geschaffen werden. Obendrein wollen Sie den Zugang zum Internet. dem letzten noch freien Medium, drastisch einschränken.

Herr Minister Schelter, das alles kann unsere Zustimmung nicht finden. Das wäre politisches Tendenzstrafrecht. Das verlässt den Boden des rechtstaatlichen Grundgedankens, den Boden des objektiven Tatstrafrechtes vollständig und führt zu einer unverhältnismäßigen Einschränkung von Bürgerrechten wegen einer kleinen gewalttätigen Minderheit. Diese hat und findet zumindest in der Bevölkerung offenkundig keinen Rückhalt. Das zeigen im Übrigen die Erinnerungen und die Erfahrungen mit dem gewalttätigen Linksextremismus der 70er Jahre.

Sie sollten sich in diesem Zusammenhang nicht nur die Artikel 5 und 10 des Gnindgesetzes sowie den Artikel 19 der Landesverfassung anschauen, sondern auch den Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1948 in Paris. Hierin heißt es:

‚Jedermann hat das Recht auf Freiheit der Meinung und der Meinungsäußerung. Das Recht umfasst die ungehinderte Meinungsfreiheit und die Freiheit, ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen Informationen und Gedankengut durch Mittel jeder Art sich zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben.

Meine Damen und Herren! Nun möchte ich Sie fragen: Will man so jede politische Gruppierung platt machen, welche die Regierungsmacht der etablierten Parteien demokratisch infrage stellen könnte? Glauben Sie, meine Damen und Herren von den anderen Landtagsfraktionen. was Sie oder Ihre Freunde oder Genossen alles sagen. wirklich? Glauben Sie wirklich, Herr Ministerpräsident Dr. Stolpe, Ihre eigenen Worte, dass die Mitteldeutschen faschismusanfällig, seien, weil sie so lange abge

schlossen gelebt haben? Wer ist eigentlich für diese Abgeschlossenheit verantwortlich, meine Damen und Herren von der PDS? Wer derartige Kampagnen wie die laufende lostritt. der vergiftet nicht nur das politische Klima im Land. sondern der führt auch nichts Positives im Schilde und fügt unserem Gen) einwesen Schaden zu. In der freiheitlichen Demokratie tut man so etwas nicht. Erinnern Sie sich nur an ein von Ihnen oft benutztes und Ihnen sicherlich geläufiges Zitat: Freiheit ist zunächst immer die Freiheit des Andersdenkenden.

Kehren Sie. meine Damen und Herren von den übrigen Landtagsfraktionen, und Sie, meine Damen lind Herren auf der Regienmushank, endlich zu einer demokratischen Streitkultur zurück! Beenden Sie sofort diese Diskriminierungskampagne und stimmen Sie unserem vorliegenden Antrag zu! Dann kommen wir gemeinsam weiter. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke der Abgeordneten Hesselbanh. - Das Wort geht an die Fraktionen der SPD und der CDU. die den Abgeordneten Klein als Redner nominiert haben. Bitte schön. Herr Klein!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Damen und Herren der DVU-Fraktion, sowohl der Inhalt Ihres Antrages als auch die Rede Ihrer Fraktionsvorsitzenden veranlassen mich zu einer Kurzfassung meines Vortrages.

Bemerkung Nummer 1: Rosa Luxemburg ist als Andersdenkende von rechtsgerichteten Freikorpssoldaten nicht beschützt worden. sondern ermordet worden.

Bemerkung Nummer 2: Der Landta g hat soeben seiner Sorge über Rechtsradikalismus und Fremdenfeindlichkeit Ausdruck verliehen. Auch die DVU-Fraktion macht sieh Sorgen. Diese Sorgen sind allerdings ganz anderer Art. Sie ist die einzige Fraktion in diesem Landtag, deren Sorge nicht den Opfern. sondern den Tätern gilt. Das ist der Inhalt dieses Antrages. Das nennen wir skandalös.

(Beifall bei SPD. CDU und PDS)

Ihr Antrag ist kein Antrag gegen Rechtsradikalismus. sondern für Rechtsradikalismus. Die Fraktionen der CDU, der PDS und der SPD werden diesen Antrag deshalb ablehnen. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD, CDU und PDS)

Ich danke dem Abgeordneten Klein. - Gehe ich recht in der Annahme. dass die PDS-Fraktion und somit der Abgeordnete Hammer, der mir als Redner angekündigt worden ist. kein Rederecht mehr in Anspruch nimmt? - Das ist der Fall. Wünscht die Landesregierung dazu noch das Wort? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und komme zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der DVU. der Ihnen mit Drucksache 3/1691 vorliegt.

Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt. den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 8.

Ehe ich die 2 I. Landtagssitzung schließe. möchte ich Sie an die tages Brandenburg. Kommen Sie gut nach Hause oder auf den gestrige Bemerkung des Präsidenten erinnern. Sie haben nach- Sportplatz her die Gelegenheit, sportliche Höchstleistungen zu vollbringen. Mit diesem Antrag an Sie schließe ich die 21. Sitzung des Land- Ende der Sitzung: 15.16 Uhr