Protocol of the Session on September 21, 2000

(Beifall bei der PDS - Minister Schönbohin: Aber nicht vor den Bürgern in Hessen!)

- Na gut, ich bin im Moment in Brandenburg. Herr Minister.

Wir erstreben mit unserem Antrag ein gemeinsames deutliches Zeichen aller drei großen Fraktionen. Wir halten das aus den Gründen. die ich schon dargestellt habe. für notwendig. Aber wir müssen uns schon gegenseitig in Kritik begegnen und da sind Sie ja auch nicht gerade fein. Herr Minister.

Ich will bei dieser Gelegenheit auch mit Blick auf die gestrige Debatte aber eines deutlich sagen: Unser Feindbild heißt nicht Schönbohm. Unser Feindbild beginnt da. wo schwarz-rot-golden aufhört und schwarz-weiß-rot beginnt. Damit das ganz klar ist!

(Beifall hei der PDS)

Herr Abgeordneter Prof. Dr. Schumann, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Selbstverständlich.

Bitte schön. Herr Abgeordneter Petke.

Herr Prof. Dr. Schumann. nicht von den eigenen Reihen: Können Sie mir erklären. was das Sachleistun gsprinzip für Asylantragssteller in Deutschland. was eine Unterschriftensammlung gegen ein Gesetzesvorhaben der Bundesregierung. was all das mit den schlimmen Übergriffen auf' Ausländer. die in Deutschland leben. zu tun hat?

(Widerspruch bei der PDS)

Oder sehen Sie die Täter in den Reihen der CDU oder in den Reihen der Landesregierung'?

Ach, Herr Kollege Petke. wir können doch jetzt keine Debatte über die doppelte Staatsbürgerschaft und über die CDU-Kampagne führen. Lesen Sie doch einfach einmal in den Protokollen der betreffenden Landtagssitzung nach und denken Sie dann darüber nach. warum damals die große Mehrheit des Hauses gegen die CDU diese Verurteilung vorgenommen hat. Vielleicht leuchtet Ihnen das dann ein.

(Beifall bei der PDS - Petke [CDU]: Was hat das mitein- ander zu tun?)

Ich war bei dem Punkt, Herr Minister, Ihnen zu erklären. dass unser Feindbild nicht Schönbohm heißt. Mir liegt sehr viel daran, dass das deutlich wird. Mir liegt auch sehr viel daran. deutlich zu machen, dass wir uns an der geschickten Inszenierung von Sündenböcken nicht beteiligen werden. schon deswegen nicht, weil wir da gebrannte Kinder sind. Darauf können Sie sieh verlassen.

(Lachen bei der CDU - Zuruf von der CDU: Brandstifter!)

Sie können uns gelegentlich Populismus vorwerfen, meine Herrschaften von der CDU. ich will Ihnen aber eines sagen und das sage ich Ihnen wirklich in großem Ernst: Wenn Sprecher der Koalition und auch Minister glauben, uns bei dieser Gelegenheit mit der DVU verkneten zu können, wird diesem Pada

ment eine sehr unerfreuliche Zeit bevorstehen. Sie wissen ganz genau. wie uns das verletzt. Sie wissen ganz genau. was das für uns bedeutet.

(Zurufe von der CDU)

Wenn Sie dies tun, beschädi gen Sie nicht nur die PDS - das kriegen wir schon hin. das halten wir aus -, sondern wenn Sie uns in eine Situation bringen. in der wir dieser Verknctung nur entgehen können. indem wir die Regierung loben und beklatschen, dann beschädigen Sie das Institut der Opposition und damit die Grundlagen der Demokratie in diesem Lande!

(Beifall bei der PDS)

Lassen Sie diese Spielchen! Die Verantwortung. die Sie damit übernehmen. können Sie nicht schultern!

(Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren. auf dieser Geschäftsgrundlage gibt es auch gegenüber der Öffentlichkeit keine glaubwürdige gemeinsame Erklärung oder Verlautbarung der demokratischen Parteien in der Frage. mit der wir uns heute beschäftigen. Aber diese Gemeinsamkeit ist notwendig, wenn wirdiese entsetzliche Landplage des Rechtsextremismus und der fremdenfeindlichen Gewalt in diesem Lande wirklieb überwinden wollen.

(Beifiill hei der PDS)

Ich stimme den Ergänzungsvorschlägen des Herrn Präsidenten zu. Wir werden auch seiner Antragsfassun g zustimmen. - Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke Herrn Prof. Dr. Schumann. - Das Wort geht an die Fraktion der SPD. Herrn Abgeordneten Muschalla.

11luschalla (SPD):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erst einmal glaube ich, dass wir an einem historischen Punkt sind. Das hat es in diesem Hause noch nie gegeben, dass die drei großen demokratischen Fraktionen gemeinsam einen Antrag - gegen Rechts in diesem Falle - verabschieden werden. Ich glaube. es ist wichtig. den Bürgern draußen zu signalisieren: Der Landtag. alle drei demokratischen Fraktionen sind geschlossen gegen Rechtsextremismus und gegen rechte Gewalt.

(Beifall bei SPD und PDS)

Ich glaube. das ist das Ziel vieler Bürger mit unterschiedlichen Interessenlagen und Aktivitäten.

Man muss vielleicht einmal die Zahlen nennen, die sich inzwischen mit dein Begriff Rechtsextremismus verbinden. In der BRD gab es 1999 insgesamt 51 400 Mitglieder sowie nicht organisierte Rechtsextremisten. Diese haben I 1000 Straftaten begangen, davon 708 Gewalttaten.

Gewaltbereite Extremisten. wenn man so will. von diesen 51 400. der harte Kern. sind 9 000 Bürgerinnen und Bürger. Das ist schon eine erschreckend hohe Zahl. In Brandenburg sieht es etwas anders aus - ich habe die Zahlen von 1998 -: 309 Straftaten und davon 68 Gewalttaten mit antisemitischem und rechtsextremistischem Hintergrund. Aber auch die sind zu viel. Darüber sind wir uns alle einig.

Natürlich hat der Landtag Brandenburg nicht tatenlos zugesehen. Wir haben das..Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit". wir haben das Konzept „Tolerantes Brandenburg-. wir haben die Präventionsräte. wir haben den Maßnahmenplan zur Bekämpfung von Jugendkriminalität und Rechtsextremismus. wir haben letztendlich die MEGA bei der Polizei. die auch dort aktiv ist.

Es gibt eine Broschüre von der europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Sie sitzt in Wien. Dann wird dargelegt, wie man etwas gegen Rechtsextremismus. Faschismus und Antisemitismus tun kann. und zwar überall. auf allen gesellschaftlichen Ebenen - in der Öffentlichkeit. in der Stadt, in der Gemeinde. in der Nachbarschaft. im Kindergarten. in der Schule. m den Religionsgemeinschaften. im Betrieb und bei der Arbeit.

Was soll man tun" Das ist ganz einfach: nicht wegsehen. sich einmischen, eintreten für Minderheiten, Unterstützung von Aktivitäten gegen Fremdenfeindlichkeit und Anre gungen zur Integration von Ausländern geben usw. Also nicht wegsehen. diskutieren! Das ist - das wissen wir alle - ein langer Prozess.

Wie sieht es gegenwärtig aus? Vor kurzem hat Prof. H eitmeyer vom Institut für Gewaltforschun g einen Vortrag über Desintegration. Anerkennungsverfall und Rechtsextremismus gehalten. Daraus ergibt sich - ich kann nur ein paar Kerndaten nennen -: Große Teile der Bevölkerung in Deutschland und in Brandenburg sehen weg. wenn rechtsextremistische Täter am Werk sind. Ein Teil duldet das sogar. Es gibt ganz wenige. die es akzeptieren oder sogar mitmachen würden. Die Masse ist allerdings - und das steht eindeutig fest - gegen Gewalt. egal gegen wen.

Ein großes Problem bei dieser ganzen Geschichte ist die Integration auf beiden Seiten. einmal die der Ausländer. aber auch die der Jugendlichen. die in diese Szene abdriften. und die Anerkennung von Leistung bei Jugendlichen, die sich wegen fehlender Anerkennung teilweise die Anerkennung holen, indem sie sagen: „Deutschland den Deutschen", _Ich bin besser als die anderen-,..Die Ausländer sind schlechter als ich. ich bin Deutscher". Dort fängt es an. mit Parolen am Stammtisch. und echt so weit, dass man sich seine Anerkennung auf diese Weise holt.

Dieser gesamte Komplex wird sicher seine Zeit dauern. Ich weiß, dass viel gemacht wurde, ich habe es gesagt. Aber oftmals sind es Appelle. die nichts oder wenig bewirken. Aber sie müssen ausgestrahlt werden, egal ob..Tolerantes Brandenburg-. Prä ventionsrat oder der Maßnahmenplan gegen ReehtsextremisMUS.

Aber es muss mehr passieren. Es muss im Prinzip Jugendarbeit gemacht werden, so wie wir es im Maßnahmenplan. Drucksache 2/6228, beschlossen haben. Prävention ist der Schwerpunkt. alles andere kommt später.

Meine Zeit ist leider um, sonst hätte ich gerne noch etwas zu den Maßnahmen der Strafverschärfung gesagt. Die sind nämlich sehr umstritten und in der Wirkung oftmals negativ, wie neueste Forschungen in den USA und anderswo zeigen. - Danke für die Aufmerksamkeit.

( Vereinzelt Beifall bei SPD und PDS)

Ich danke Herrn Abgeordneten Muschalla. - Das Wort geht an die Fraktion der DVU. Frau Abgeordnete Fechner, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der „Welt am Sonntag- vom 13. August dieses Jahres war ein Artikel zu lesen mit der Überschrift _Wie die Stasi Neonazis un Westen unterstützte". In dem Artikel wird beschrieben. wie die PDS-Vorgängerpartei SED 40 Jahre lang den Rechtsradikalismus in der BRD förderte.

(Zuruf von der PDS: Sie glauben auch alles!)

- Das können Sie gerne nachlesen.

Um nur ein Beispiel zu nennen: In Gastarbeiterzentren einiger Großstädte wurden gezielt Flugblätter der Stasi mit dem Fmpressuni „Deutsche Volksunion - verbreitet. Unter der Überschrift _Deutsche. wehrt euch!" wurde im Stil der Nationalsozialisten die westdeutsche Bevölkerung dazu aufuefordert, gewaltsam die Gastarbeiter aus der Bundesrepublik zu vertreiben.

Dies ist nur ein Beispiel von vielen. wie gesagt. nachzulesen, in der..Welt am Sonntag-.

Sollte sich die SED-PDS so gewandelt haben. dass sie aus einem Förderer zu einem Gegner des so genannten Rechtsradikalismus geworden ist? Das würde wieder einmal zeigen. wie wandlunesfahig diese Partei ist, Aber das wäre ja nicht die erste Wandlung, wie wir feststellen mussten.

(Zunife von der PDS)

Auch bezüglich der Ausländerpolitik in Deutschland hat sich Ihre Meinung doch gravierend geändert.