Protocol of the Session on July 12, 2000

Nur Brandenburg hält beim Verkehrsprojekt Deutsche Einheit 17 noch als Letzter zur Stange. Auch Berlin hat sich von Argumenten der Gegner überzeugen lassen und rückt immer weiter von sämtlichen Ausbauplänen ab. Bisher sind die Pressemeldungen. dass der Berliner Senator Strieder den Ausbau des Teltowkanals im Zuge des Verkehrsprojektes Deutsche Einheit 17 infrage gestellt hat, nicht dementiert worden.

Für besonders wichtig halte ich. dass in Berlin das gesamte Vorhaben generell überprüft werden soll. Dort hat man erkannt. dass sich die Realitäten im Gegensatz zu den angenommenen Basisdaten des Bundesverkehrswegeplanes von 1992. auf dem das gesamte Projekt beruht. inzwischen grundlegend geändert haben.

Wir sehen uns auch vom Berliner Senat bestätigt. wenn festgestellt wird, dass auf Eingriffe in Fluss- und Kanalsysteme weitgehend verzichtet werden kann. weil der Trend zu kleineren Binnenschiffen geht. Die Berliner Position - das stellen auch die Umweltverbände fest - deckt sich weitgehend mit der, die Kritiker des VDE 17 seit Jahren vortragen.

Würde sich die Brandenburger Landesregierung endlich dazu durchringen. das Projekt 17 wenigstens ernsthaft zu prüfen und nicht wie in Sachen Transrapid auf ökonomische Wunder warten_ könnte sie Zukunftsfähigkeit beweisen und obendrein noch Geld sparen. Durch den Verzicht auf das Projekt 17 könnte unter anderem auf den Neu- und Umbau von 20 Brücken. darunter der denkmalgeschützten Glienicker Brücke in Potsdam. verzichtet werden.

Ich hoffe, dass der Charme unseres Antrages dazu führt, ihn ohne parteipolitische Kopfblockaden zu diskutieren. Hier ein ökonomisch und ökologisch unsinniges Projekt zu streichen, um die frei werdenden Finanzmittel dort einem ökonomisch und ökologisch sinnvollen Vorhaben zuzuführen und gleichzeitig dem Willen großer Teile der Bevölkerung zu entsprechen - wo bekommen Sie. meine Damen und Herren von der Koalition, so etwas sonst geboten'? Ich glaube. dass Sie sich dieser Logik nicht entziehen können, und freue mich deshalb auf eine spannende Diskussion im Ausschuss.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition. Ihren Entschließungsantrag, der unsere Intention vollkommen unterstützt. werden wir natürlich mittragen. obwohl er die andere Hälfte unserer Forderungen schamhaft verschweigt. Wir sind nämlich ein großes Stück weiter gegangen und haben gleich noch die Finanzierungsgrundlage mitgeliefert. Das ist vorbildlich. sollte man meinen. wird doch der PDS sonst immer vorgeworfen. Vorschläge zu machen. die viel kosten, aber nicht zu sagen, woher das Geld kommen soll. Hier haben Sie ein weiteres gutes Beispiel gegen diese Lieblingsphrase der Regierung. - Vielen Dank.

(Beifall hei der PDS)

Das Wort geht an die SPD-Fraktion. Herr Abgeordneter Vogelsänger. bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Selten hatte ich so viel Mitleid mit der PDS-Opposition wie nach der Lektüre dieses Antrages. Offenbar ist Ihnen das Material für sinnvolle Anträge

1090 Landtag Brandenburg - ahiporiode - l'Icnarprotokoll 11;18 - i2. Juli 2000

im Verkehrsbereich schon so weit ausgegangen. dass Sie auf die letzte Reserve zurückgreifen müssen. Der PDS in Brandenburg bleibt in der allerhöchsten Not nur noch das Projekt 17.

Die Kombination von Verkehrsprojekt 17, also dem Ausbau der Havel-Wasserstraßen, mit dem Wiederaufbau der "Stammbahn" ist wohl aus einer finanzpolitischen Lotteriesituation heraus entstanden. Anders ist diese kuriose Mischung kaum zu erklären. In den Haushaltsberatungen des Landtages wird das schwierige Verhältnis der PDS zu seriösen Deckungsquellen immer wieder deutlich. Jedoch zusätzlich vom Bund erstrittene Mittel für die Wasserstraße aus dem Anti-St au-Programm für den Schienenpersonennahverkehr umwidmen zu wollen ist schon ein besonderes Meisterstück.

Ein weiteres Meisterstück - da bitte ich jeden Abgeordneten. einmal die Begründung zu lesen - ist die Auflistung der PDS. welche Strecken [961 stillgelegt wurden. Herr Warnick, Sie haben sicherlich keinen aktiven Beitrag zum Mauerbau geleistet.

(Schippe' [SPD]: Geklatscht hat er!)

aber eines muss ich Ihnen sagen: Ihre Vorgängerpartei hatte daran einen erheblichen Anteil.

( Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren. der PDS scheint beim Thema "Stammbahn" entgangen zu sein. dass sich sowohl die Koalitionsfraktionen als auch die Landesregierung ohnehin für den Wiederaufbau der "Stammbahn" einsetzten. Es besteht also kein Grund. sich als Robin Hood für Kleinmachnow einzusetzen, Herr Warnick.

Allerdings ist es richtig, dass die Grundlagen für die weitere Planung immer noch nicht vorhanden sind. Die Deutsche Bahn zeigt sich bei der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung und bei der Vorentwurfsplanung etwas schwerfällig. Hier fordern wir endlich mehr Schwung - so steht es auch in unserem Entschließungsantrag -. damit das Vorhaben in der ursprünglich geplanten Frist realisiert werden kann. Offenbar ist die PDS aber bereit auf sämtliche Planungsunterlagen zu verzichten.

Herr Ab geordneter. lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Aber selbstverständlich.

Bitte sehr. Frau Abgeordnete Kaiser-Nicht!

Herr Vogelsänger. ich sehe. dass Sie vorn Inhalt her unseren Antrag teilen. Dass Sie die Anträge der PDS nicht für politische Meisterstücke halten, gestehe ich Ihnen zu. Aber halten Sie als Fachpolitiker denn die Erstellung eines Antrags in Fonn einer Gmßadresse an die Bundesregierung tatsächlich für ein politisches Meisterstück?

Frau Kollegin. es ist immer noch die Finanzverantwortung zu klären. Verantwortlich für den Ausbau der Havel-Wasserstraße ist der Bund. Wir haben beim Bund zusätzliche 250 Millionen DM erstritten. In diesem Zusammenhang ein weiteres Wort an die PDS: Ich würde Sie gern einladen. einmal mit mir gemeinsam nach Magdeburg zu reisen. Dort sind nämlich sowohl die SPD als auch die PDS und die CDU für das Verkehrsprojekt 17. weil sie die Vorteile für die Binnenschifffahrt erkannt haben. Dieselben Vorteile treffen aber auch auf Berlin und Brandenburg zu.

Meine Damen und Herren. gar nicht amüsant finde ich den Vorschlag der PDS, Mittel des Bundes aus dem Verkehrsprojekt 17 abzuziehen. Dahinter steckt Ihr alter Gedanke - Herr Warnick hat es ja deutlich gemacht -, das Verkehrsprojekt 17 sei gar nicht notwendig.

(Wamick 'PDS]: Richtig!)

Der Ausbau der Wasserstraße ist aber dringend erforderlich, um die Binnenschifffahrt konkurrenzfähig zu machen. Wer mehr Transporte auf die Wasserstraße verlagern will. muss einen entsprechenden Ausbaustandard akzeptieren. Insofern sind sinkende Transportzahlen überhaupt kein Gnind. den notwendigen Ausbau noch weiter hinauszuzögern. Außerdem ist mit dem Verkehrsprojekt 17 der weitere Ausbau der Wasserstraße in Richtung Oder zu verbinden. Hierbei geht es um die Verbesserung der Anbindung der Häfen von Eberswalde und Schwedt im Norden und von Königs Wusterhausen. Fürstenwalde und Eisenhüttenstadt an der Dahme bzw. am Oder-Spree-Kanal. Das ist für das Land Brandenburg von besonderem Interesse; dies sollte auch die PDS bedenken.

Meine Damen und Herren von der PDS, während Sie an anderer Stelle bei jeder Gelegenheit Ihre ökologische Grundhaltung unter Beweis zu stellen versuchen. trampeln Sie hier gerade auf dein umweltschonenden Verkehrsmittel Binnenschifffahrt unbedacht herum. Das Binnenschiff kommt mit Abstand mit der geringsten Menge Kraftstoff beim Transport von Gütern aus.

(Zurufe der Abgeordneten Frau Kaiser-Nicht [PDS])

Auch der Flächenverbrauch ist teilweise gering. Ich erinnere daran. dass in der Planungsphase alles unternommen wurde. um den Havelausbau so schonend wie möglich zu gestalten. Trotzdem bleibt die PDS eine Gegnerin des Binnenschiffes.

(Zuruf von der PDS: Quatsch!)

Aber die PDS ist so perfide. dies nicht offen auszusprechen. und versteckt sich hinter einem anderen Verkehrsprojekt. nämlich der "Stammbahn". Ich habe es am Anfang meiner Rede bereits gesagt: Ihnen gehen langsam die Ideen aus. Ihren Antrag kann man nur ablehnen. - Vielen Dank.

( Beifall bei SPD und CDU - Dr. Niekisch [CDU]: Gute Analyse! Hervorragend!)

(Vereinzelt Heiterkeit und Beifall bei der PDS) Wir sind damit beim nächsten Redner. Frau Hesselbanh, bitte! Landrag Brandenburg - 3. Wahlperiode - Plenumromkuli 3 18 - 12.Juli 2OtSi 1091 Frau Hesselbarth (AT):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach aller Polemik komme ich jetzt zur Sachlichkeit zurück.

(Lachen bei der PDS)

Bereits im Dezember letzten Jahres sprachen sich die Fraktionschefs der CDU in den mitteldeutschen Ländern gegen die Kürzungen bei den Verkehrsprojekten Deutsche Einheit aus. Sie bemängelten, dass sich der Bund schleichend aus der Verantwortung für den Aufbau eines leistungsfähigen Verkehrsnetzes zurückziehe. Damals wurde gesagt. die Finanzierung der Projekte sei nicht länger gesichert.

Dies. meine Damen und Herren, ist die eine Seite dessen. was wir bei dem hier vorliegenden PDS-Antrag zu beachten haben. Aus diesem Grunde können wir. auch hei aller Beffinvorning der Intention der PDS, der vorgeschlagenen Deckung aus Mitteln für das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit 17 in Höhe von 250 Millionen DM nicht zustimmen. Das Anti-Stau-Pro gramm der Bundesregierung ist und bleibt - auch und gerade im Bereich der Wasserstraßen wie zum Beispiel der Havel oder des Teltowkanals für den Aufbau der Wirtschaftsinfrastruktur hier in Brandenburg sehr wichtig.

Dass die Schiffstransportmengen. wie die PDS-Fraktion in ihrer Begründung bemerkt, rapide sinken statt zu steigen. liegt gewiss nicht an den hier angesprochenen Wasserstraßen, sondern an einer geradezu katastrophalen Wirtschafts- und Verkehrspolitik der Bundesregierung wie auch dieser Landesregierung. Statt finanzielle Anreize für Spediteure zu schaffen. Transportgüter auf die Schiene bzw. auf die Wasserstraße zu verlagern, betreibt man trotz aller gegenteiligen Behauptungen gerade der mitregierenden GRÜNEN genau das Gegenteil. Aus diesem Grunde verwundert es dann nicht. wenn keine Verlagerung auf Schiene oder Schiff stattfindet.

Die andere Seite ist, dass die PDS-Fraktion Recht hat, wenn sie in der Begründung zu ihrem Antrag bemängelt_ dass in dem im Süden Berlins gelegenen Ballungsraum mit den Gemeinden Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf seit der Wende ein wesentlicher Bevölkerungszuwachs stattfand. andererseits aber fast sämtliche ehemals existierenden Verkehrsverbindungen bis heute, also zehn Jahre nach der Wende, nicht wieder in Betrieb

genommen wurden.

Doch was will man von einer Landesregierung erwarten, welche ab 2001 weitere Nahverkehrsstrecken in Brandenburg mit einer Gesamtstreckenlänge von ca. 250 Kilometern stilllegen lassen will?! Die Ersetzung durch Buslinien. wie geplant. ist dann für die Bevölkerung lediglich eine Beruhigungspille.

Doch nun zurück zum Ballungsraum südlich von Berlin. Bereits im April erneuerte Verkehrsminister Meyer seine Forderung nach einer Wiederanbindung von Teltow-Stadt, Falkensee und Velteni Hennigsdorf an das Berliner S-Bahn-Netz. Diese Vorhaben hätten e Brandenburg Priorität. Die Kosten dafür müsse der Bund tragen.

Geschehen ist seit April allerdings noch nichts - und dies, obwohl den Regionalbahnverkehr zwischen Brandenburg und Berlin nicht zuletzt wegen der wachsenden Pendlerströme zwischen der Mark und der Metropolenach Angaben des Verkehrsministeriums jetzt täglich rund 121 000 Fahrgäste nutzen, doppelt so viele wie 1993.

Minister Meyer räumte im April gegenüber dem Berliner "Tagesspiegel" auch ein. dass dies inzwischen zu überfüllten Zügen während der Spitzenzeiten führe. Dies ber ge durchaus die Gefahr. dass frustrierte Bahnnutzer am Ende doch wieder auf das Auto umsteigen.

Doch warum angesichts dieser Lage die Landesregierung bisher keine Anstalten machte, in Verhandlungen mit der DB AG und der Bundesregierung die "Stammbahn" zwischen Berlin und Brandenburg ebenso wie die S-Bahn-Linien von Lichterfelde-Süd nach Teltow. von Wannsee nach Stahnsdorf und von Zehlendorf nach Kleinmachnow wiederherstellen zu lassen, bleibt ihr unerfindliches Geheimnis. Daran ändert auch nichts der hier vorliegende Entschließungsantra g von SPD und CDU. Herr Vogelsänger. Er fordert von der DB AG lediglich den Abschluss einer Vorentwurfsplanung sowie die Wirtschaftlichkeitsprüfung für den Wiederaufbau der "Stammbahn".

Dass es dazu finanzieller Mittel bedarf, die durch die begrüßenswerte Aufstockung der Mittel für den öffentlichen Personennahverkehr nicht aufgefangen werden können, ist klar. Außerdem sind die genannten Projekte selbstverständlich Bundesangelegenheit und der Bund hat die Kosten zu tragen.

Meine Redezeit ist leider zu Ende. Wir werden uns einer Ausschussüberweisung nicht entgegensetzen. - Ich bedanke mich fair Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort erhält die CDU-Fraktion. Herr Abgeordneter Schrey. bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die zahlreichen Argumente für den Ausbau der so genannten "Stammbahn" Berlin Potsdam sind nicht strittig. Die "Stammhahn" könnte nach ihrer Fertigstellung den Südwesten Berlins mit Potsdam verbinden. Denn hier fehlt eine schnelle Bahnverbindung mit Regionalbahnen, die bis 1945 bestand. Die Koalition steht hinter dem Projekt.

Wir fordern deshalb die Landesregierun g auf, die Deutsche Bahn AG daran zu erinnern. diesbezügliche Zusagen einzulösen. Die Voraussetzung dafür ist. dass die Deutsche Bahn AG so schnell wie möglich die zugesagte Wirtschaftlichkeitsprüfung vornimmt. In diese Richtung zielt unser Entschließungsantrag.