Ich danke Ihnen. Herr Minister Fürniß, - Wir sind damit am Ende der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt angekommen. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag in Drucksache 3/1441 der Fraktionen der SPD und der CDU.
Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit haben Sie diesen Antrag einstimmig angenommen.
Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und erteile der Fraktion der SPD das Wort. Herr Abgeordneter Lenz. bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn die Wichtung des Themas "Europa" an seiner häufigen Behandlung im Landtag gemessen würde, befanden wir uns in Brandenburg auf dem richtigen Weg.
Als Robert Schuman am 9. Mai 1950 seine Vision einer europäischen Föderation zur Wahrung des Friedens vorstellte. hanen wir Brandenburger unsere Länderstruktur verloren und waren in Bezirke eines zentralistischen Systems integriert worden. Aus der Ferne konnten und mussten wir in den nächsten Jahren betrachten. wie dieses Haus Europa geplant, gebaut und mit Leben erfüllt wurde.
Mit der Herstellung der deutschen Einheit sind wir auch Mitglied der EU geworden. Es fehlte - und dies wird vor allem bei der Akzeptanz Europas in den Köpfen der Brandenburger Bürger deutlich - in den neuen Bundesländern der Prozess des Hineinwachsens in diese europäische Gemeinschaft. Deshalb ist es wichtig, dass die Brandenburger auf die Herausforderungen und Chancen der Erweiterung intensiv vorbereitet werden, indem wir eine Informationsoffensive des Landes in Gan g setzen.
"Wir müssen das geeinte Europa nicht nur im Interesse der freien Völker errichten, sondern auch. uni die Völker Osteuropas in diese Gemeinschaft aufnehmen zu können. wenn sie - von den Zwängen, unter denen sie leiden, befreit um ihren Beitritt und unsere moralische Unterstützung nachsuchen werden. Wir schulden ihnen das Vorbild des einigen, brüderlichen Europas. Jeder Schritt, den wir auf diesem Wege zurücklegen, wird für sie eine neue Chance darstellen. Sie brauchen unsere Hilfe bei der Umstellung. die sie zu bewerkstelligen haben. Unsere Pflicht ist es. bereit zu sein."
Heute, da wir vor den ersten Schritten der EU-Osterweiterung stehen. sollen und müssen wir Brandenburger diesen Prozess des Zusammenwachsens aktiv begleiten. Im gemeinsamen Haus Europa leben wir -bildlich gesprochen - Wandan Wand mit Polen. Bevor wir nun mit dem Abriss dieser Wand eine neue Form des Zusammenlebens beginnen, sollten wir Brandenburger unsere Erfahrungen mit der EU in die Vorbereitung des Übergangs einbringen; denn gerade Polen ist im Zusammenhang mit der EUOsterweiterung ein für das Land Brandenburg wichtiger Partner. Deshalb wird in unserem Antrag die Landesregierung aufgefordert, geeignete Projekte für die Realisierung dieses Ziels auf den Weg zu bringen.
Meine Damen und Herren! Dieses Europa. in dem wir Demokraten im Gegensatz zu anderen in diesem Haus bereits vor zehn Jahren angekommen sind. wird in Zukunft die regionale Politik von Bund und Ländern noch stärker überlagern. Europäisches Recht muss schon jetzt in der nationalen Gesetzgebung umgesetzt werden. Daneben ist der Bereich der Förderpolitik derzeit noch ein wichtiges Standbein für brandenburgische Entwicklung. Wohl wissend_ dass diese Förderung nur befristet in Anspruch genommen werden kann. wollen wir alle Möglichkeiten optimal nutzen.
Deshalb ist es notwendig. frühzeitig zu wissen. welche Dinge in Brüssel geplant sind und wie diese Planungen im Brandenburger Interesse beeinflusst werden können. Dafür ist es sehr wichtig. gute Quellen in Brüssel zu haben.
Mit der geplanten EU-Osterweiterung wird Brandenburg zukünftig als Herz Europas stärker im Blickpunkt europäischer Politik stehen. Deshalb gilt es auch, in der Schaltzentrale Europas. in Brüssel, brandenhurgische Handschriften zu installieren. Dies geht zukünftig sicher nur über eine sinnvoll verstärkte Personalpräsenz in der europäischen Verwaltung. Die vom Kabinett beschlossene Einnchtung eines Vertretungsmittelpools ist ein richtiger Schritt in diese Richtung.
Wenn wir den Standort Brüssel stärken, dürfen wir natürlich die Schnittstellen zwischen Brandenburg und Europa nicht vernachlässigen. Unter "Schnittstellen" verstehe ich hier die "Delors-Kinder" und nationalen Experten, die nach ihrer W icdereingliedenung in die Landesverwaltung ihre in Brüssel gewonnenen Erfahrungen tür Brandenburg nutzen können und müssen.
Die SPD-Fraktion hat bereits am 30. Mai 2000 einen Fraktionsbeschluss zum Thema "Nationale Experten" gefasst. Anlass für die Beschlussfassung in der SPD-Fraktion war eine Arbeitskreisanhörung der aus Brüssel zurückgekehrten "Delors-Kinder'', die nach ihrer Zeit in Brüssel in unterschiedlichen Bereichen der Landesregiening eingesetzt sind. Ihre Berichte überzeu gten uns davon. dass das in Brüssel erworbene Wissen und vor al lein die guten Kontakte nur teilweise in ihre Tätigkeit einfließen und damit Potenziale für Brandenburg verloren gehen. Im Ergebnis erschien uns der zu dieser Zeit entstandene Beschluss zwingend notwendig.
Der Arbeitsbesuch des Europaausschusses bei der Europäischen Union in Brüssel hat zwar den Grundansatz des Beschlusses bestätigt. aber er hat meiner Fraktion auch gezeigt. dass unser Ansatz noch nicht ausreichend ist. Wir brauchen im Interesse Brandenburgs ein umfassendes Konzept. Deshalb wird mit dem Ihnen heute vorliegenden Antrag von SPD und CDU die Landesregierung aufgefordert. dem Landtag dieses Konzept vorzulegen.
in Tampere war der Einstieg in ein neues. weitreichendes lntegrationsprojekt: den Aufbau eines gemeinsamen Raumes des Rechts und der inneren Sicherheit. Damit kann und wird dieses Europa ein Europa der Bürger werden.
Die Bedeutung dieses neuen Integrationsprojektes ist aber weit größer. im vereinten Europa kann dieses gemeinsame Recht neue Kräfte der Integration entfalten. Damit wird Eurojust als Vorläufer einer europäischen Staatsanwaltschaft neben Europol zu einem Projekt der Zukunft.
Ring der Institution Eurojust an! In der Mitte des erweiterten Europas gelegen, haben wir gute Chancen für die Umsetzung des Projektes.
Meine Damen und Herren! Die Institution Europäische Union wurde einst für sechs Mitgliedsstaaten geschaffen. Für derzeit 15 Mitgliedsländer ist diese Union mit ihren Strukturen schon an die Grenzen des Machbaren gekommen. Eine Erweiterung der EU auf 27 bzw. 30 Mitglieder erfordert den Wandel innerer Strukturen. der spätestens bis zum möglichen Beitritt weiterer Staaten vollzogen werden muss. das heißt bis zum 31.12.2002.
Die Lösung der folgenden drei Kernfragen steht hier im Vorderenind: Größe und Zusammensetzung der Kommission, Stimmengewichtung im Rat und Ausweisung von Mehrheitsentscheidungen.
Zukünftig, wird auch die klare Kompetenzverteilung zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedsstaaten ein wichtiger Punkt sein. Hier setzen wir auf einen erfolgreichen Abschluss der Regierungskonferenz 200(1 und der sich daraus ergebenden klaren Festlegung.
Meine Damen und Herren, im Vorfeld der EU-Osterweiterung steht die Entwicklung des grenznahen Bereichs im Vordergrund. Gerade im Bereich der drei bestehenden Euro-Regionen ist mit der Umsetzung gemeinsamer Projekte die Grundlage der Erweiterung zu schaffen. Aus unserer Sicht ist es in diesem Zusammenhang notwendig, eine engere Verzahnung der Förderprogramme PHARE CBC und INTERREG III zum Nutzen grenzüberschreitender Projekte zu erreichen. Dabei ist uns wohl bewusst, dass diese Verzahnung nur für einen Übergangszeitraum möglich ist.
Lassen Sie mich noch ein Wort zur Prüfung der Umbenennung der Bezeichnung "Verbindungsbüro" in "Landesvertretung" sagen. Hier geht es uns nicht um glänzende Etiketten und uni eine Aufstockung von Verwaltungsstellen. Ziel unserer Überlegungen war die Findung eines einheitlichen Sprachgebrauchs innerhalb der Länder der Bundesrepublik Deutschland. Damit keine Zweifel aufkommen: Wir sind mit der Arbeit des Verbindungsbüros durchaus zufrieden. Wenn es in Brüssel zukünftig bei der Bezeichnung der Länderbüros einen einheitlichen Sprachgebrauch geben würde, hätte unser Prüfauftrag sein Ziel erreicht.
An dieser Stelle ein Wort zu den Änderungsanträgen der PDSFraktion: Sehr geehrte Frau Stobmwa, Punkt I e) unseres Antrages bezieht sich auf alle Mitarbeiter der Verwaltung des Landes Brandenburg. Hier wird es innerhalb der Ministeriell und im Einvernehmen mit interessierten Mitarbeitern eine für Brandenburg optimale Lösung geben. Hierbei sind auch Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gefragt, die vor dem 3. Oktober 1990 DDR-Bürger waren. Deshalb ist Ihr Änderungsantrag aus meiner Sicht unbegründet.
Zu Punkt 2 unseres Antrages, auf den Ihr zweiter Änderungsantrag ausgerichtet ist: Selbstverständlich - dies habe ich in meinen Ausfüllningen bereits erwähnt - werden in den Prozess des Beitritts neuer Länder auch unsere Erfahrungen einfließen. Besonders in puncto Polen wird dies eine große Bedeutung haben. Eine gesonderte Ausweisung in unserem Antrag halte ich für nicht notwendig. Meine Fraktion wird beide Änderungsanträge ablehnen.
Die EU-Osterweiteaing steht nicht mehr in den Sternen. Nein, sie steht vor den Toren Brandenbur gs. Lassen Sie uns die Herausforderung Europa gemeinsam meistern! Wir wollen ein vereintes. erweitertes Europa, in das Brandenburger Interessen zum Wohl unserer Bürger einfließen werden, sowie ein Europa in Wohlstand und Frieden. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich danke dem Abgeordneten Lenz. - Das Wort geht an die Fraktion der PDS. Frau Abgeordnete Stobrawa, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da die Osterweiterung nicht in den Sternen, sondern vor den Toren Brandenburgs steht. werden wir uns auch heute hier mit diesem wichtigen Thema beschäftigen. Herr Lenz. ich stimme Ihnen natürlich zu, dass die Tagesordnung des Landtages zunehmend europapolitische Themen ausweist. Dies betrifft Aktuelle Stunden. Anträge und vor allen Dingen eine ganze Reihe von Anfragen. die die Kollegen der CDU an Ihren Europaminister stellen. Lassen Sie uns das alles schlicht und einfach als ein positives Signal werten, das der Landtag in Richtung Europa aussendet.
Dennoch ist die Freude. zu der ich mich als Vorsitzende des fachlich zuständigen Ausschusses gern bekenne, getrübt. Wir wollen gemeinsam ein erweitertes Europa aufbauen. ein Europa. das die Erfahrungen eines halben Jahrhunderts Integration in Westeuropa aufnimmt. ein Europa. das durch Erfahrungen und Traditionen aus den mittel- und osteuropäischen Ländern bereichert wird. SPD. CDU und PDS sind der Auffassung, dass dieses Zusammenwachsen nur auf gleichberechtigter Basis und in enger Zusammenarbeit mit den Beitrittskandidaten erfolgen kann.
Wir wollen uns gemeinsam für grenzüberschreitende Zusammenarbeit einsetzen, sind aber häufig noch nicht einmal in der Lage - das sehe ich als ein Problem eine fraktionsübergreifende Zusammenarbeit zu praktizieren. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, sehr _geehrter Kollege Habemann, sehr geehrter Kollege Dr. Ehler. erklären Sie doch bitte der Öffentlichkeit, warum Ihre Fraktion nicht bereit ist, bei den Fragen. in denen eine weitgehende Übereinstimmung besteht, gemeinsam mit der oppositionellen PDS parlamentarische Initiativen einzubringen. Ihnen geht es doch angeblich nur um die Sache: wenn ich Sie richtig verstanden habe. Was Sie in Bonn bzw. Berlin im Rahmen der Steuer- oder der Rentenreform von der Regierung einfordern. nämlich eine Einbeziehung der Opposition, das gilt offensichtlich nur so lange. solange Sie sich selbst in der Opposition befinden.
Meine Fraktion - das wird Sie, wenn Sie ehrlich sind, nicht wundern unterstützt grundsätzlich das Anliegen Ihres Antrages. Dennoch meinen wir. eine Diskussion im zuständi gen Ausschuss würde diesem Antrag gut tun. aber nicht aus dem Grund, dass ein Antrag erst dann qualifiziert ist, wenn die PDS ihren "Senf' dazu gegeben hat. Nein, dass wir heute eine Ausschussüberweisung beantragen, hängt mit der ganz konkreten Abfassung einzelner Punkte in Ihrem Antrag zusammen.
Ich kann in der Kürze der Zeit nur auf einige Punkte eingehen: So fordern Sie zum Beispiel die Regierung auf. einen Bericht über
die weitere Intensivierung der EU-Politik vorzulegen, der insbesondere die Prüfung folgender Aspekte beinhaltet: Unter Punkt a fordern Sie. die Erarbeitun g eines europa-politischen Programms der Landesregierung mit dem Schwerpunkt Osterweiteaffig vorzulegen. Was, bitte schön, soll die Landesregierung da prüfen? Lediglich. ob sie ein solches Programm auflegt oder nicht? Das wäre mit einem Satz getan. Angesichts des Niveaus der Aussagen in der Koalitionsvereinbarung einerseits und vor allem der Aktivitäten des Kollegen Schelter in den vergangenen neun Monaten andererseits wäre doch an dieser Stelle ein klarer Auftrag des Landtags machbar. Ich könnte mir sogar vorstellen. dass er auch vom zuständigen Ministerium gewünscht wird. Also könnte das auch so festgehalten werden.
Die Ausweitung der Kontakte zu Polen ist ein löbliches Ziel. Sie verharren aber in Ihrem Antragstext hei dem. was durch die Landesverfassung seit dem Jahre 1992 vorgegeben ist. Warum sagen Sie nicht, in welche Richtungen sich die Zusammenarbeit mit Polen nach Ihrer Auffassung entwickeln soll? Es geht doch wohl nicht so sehr darum. dass sich Herr Stolpe oder Herr Schelter wieder einmal mit Woiwoden treffen oder der Rundfunkrat wieder einmal in Wroclaw tagt.
Ein nächster Punkt ist der Ausbau des Personalmanagements für den Einsatz bei der EU. Worin. bitte schön, besteht denn da der Neuheitsgrad Ihres Antrages? Auch unsere Fraktion hat anerkannt. was das Kabinett auf Initiative des Europaministers mit seiner Beschlussfassung vorn Dezember 1999 geleistet hat. Wollen Sie das nun noch einmal schriftlich mitgeteilt bekommen oder welche weitergehenden inhaltlichen Akzente setzen Sie?
Schließlich fordern Sie in Punkt 6 Ihres Antrages die Regierung auf. "die Regierungskonferenz 2000 rechtzeitig zu einem erfolgreichen Abschluss zu führen". Bei aller Hochachtung vor dem Engagement des Kollegen Schelter fra ge ich Sie: Meinen Sie nicht auch, dass es weder in der Macht des Europaministers noch in der alleinigen Macht des deutschen Bundeskanzlers liegt. ob die diesjälinge Regierungskonferenz zu den gewünschten Zielen führt oder nicht'?
Meine Fraktion geht davon aus, dass Ihr Antrag durch eine Diskussion im Ausschuss gewinnen könnte. Dies würde zudem die Abarbeitung der einzelnen Forderungen durch die Landesregierung erheblich erleichtern. Da wir aber natürlich auch einkalkuliert haben - Herr Lenz. Sie haben schon darauf hingewiesen -. dass unserem Anliegen auf Überweisung vielleicht kein Erfolg beschieden sein wird, haben wir vorsorglich noch zwei Änderungsanträge eingereicht. Sie betreffen nicht die von mir bereits angeführten Passagen, sondern zwei Fra gen, die aus Sicht unserer Fraktion unbedingt in diesen Antrag gehören. Das ist zum einen die Frage nach der besonderen Förderung von Ostdeutschen bei der Vorbereitung auf den Einsatz in Brüssel. Dies sollte auf jeden Fall beachtet werden, auch wenn Sie. Herr Lenz sagten. dass Ostdeutsche sowieso berücksichtigt werden.