Protocol of the Session on May 17, 2000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Grundstückskataster gibt es in Deutschland seit dem 19. Jahrhundert. Grund und Boden werden vermessen, um die Grundstücksgrenzen zu sichern. Topografie und Gebäude sind in großmaßstäbigen Karten dargestellt. Eigentümer, Grundstücksflächen, Nutzungsarten und eine Reihe weiterer grundstücksbezogener Hinweise werden registriert. In unserem Kataster-Grundbuchsystem liefert das Liegenschaftskataster den tatsächlichen Nachweis zur Sicherung des Bodeneigentums. Das Grundbuch sichert das Eigentumsrecht und seine Belastungen und Beschränkungen. Das Gesamtsystem gründet sich dabei auf Artikel 14 Grundgesetz, das BGB, die Grundbuchordnung und die Katastergesetze der Bundesländer.

Das Liegenschaftskataster ist wesentlicher Bestandteil unserer Rechtsordnung. Es dient mit seinen Grundlagenfunktionen neben der Sicherung des Eigentums an Grundstücken und Gebäuden der Erhebung der Grundsteuer. der hoheitlichen Stadtplanung. allen öffentlichen und privaten Planungs- und Bauvorhaben und der dazugehörigen Investitionstätigkeit. Es dient darüber hinaus dem Grundstücks- und immobilienverkehr, den Maßnahmen im Umweltschutz und insgesamt allen flächenbezogenen Bedürfnissen unserer Gesellschaft. Die Aufzählung macht die Bedeutung des Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs deutlich.

Einige Bundesländer wie Thüringen, Sachsen oder Berlin haben die Berufsordnung der Öffentlich bestellten Vermessungsin genieure in einer Rechtsverordnung geregelt. Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Niedersachsen wie auch andere Bundesländer, darunter Brandenburg, kennen ein Gesetz über die Berufsordnung der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure. Die Landesregierung strebt nun die Novellierung des Berufsrechts an. Wir bedauern, dass sich die Bundesländer nicht auf einen ein

heitlichen Gesetzestext eini gen können. Landesspezifische Besonderheiten könnten dann noch besonders geregelt werden. Die Länderkompetenz für das Vermessungswesen wurde nach Gründung der Bundesrepublik eineefiihrt, hier in Mitteldeutschland geschah das nach dem Beitritt der neuen Länder.

Aus dem Jahre 1991 stammt die Formulierung, die in den Entwurf übernommen wurde:

„Nicht zugelassen werden darf, wer... die freiheitliche demokratische Grundordnung in strafbarer Weise bekämpft."

Meine Damen und Herren! Eine derart allgemeine wie auch interpretationsfähige Formulierung gehört nicht in das Gesetz. Wir finden sie noch nicht einmal in der Bundesnotarordnung wieder, obwohl auch der Notar ein öffentliches Amt ausübt.

§ 3 Nr. 2 bringt mit seiner Bezugnahme auf das Beamtenverhältnis genügend Rechtsklarheit.

Die Formulierung „unvereinbar" in § 3 Abs. 5 ist nicht hinreichend deutlich und gibt Anlass zu Nachfragen.

§ 3 Nr. 5 bedarf ebenfalls der Überarbeitung. Es muss der Hinweis erfolgen, dass die Eintragung in das vom Insolvenzgericht oder vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis erfolgt ist. Ich verweise analog hierzu auf § 50 Abs. 1 Nr. 6 Bundesnotarordnung.

In § 14 Abs. 2 der Berufsordnung haben wir eine Ermessensentscheidung: Die Zulassung kann bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 3 Nr. 5 bis 7 und der Nr. 9 zurückgenommen werden.

Andererseits ist nach § 3 die Zulassung bei Vorliegen dieser Voraussetzungen zu versagen. Die Landesregierung wird aufgefordert, diesen Widerspruch zu erklären.

In § 14 Abs. 2 Nr. 3 werden die wirtschaftlichen Verhältnisse erwähnt, ohne aufdie Nachprüfbarkeit einzugehen, während in § 3 Nr. 9 Abs. 2 eine schriftliche Erklärun g über die wirtschaftlichen Verhältnisse abzugeben wäre. Hier sehen wir einen gewissen Widerspruch, der aufgeklärt werden muss.

Vom Datenschutz wird zu hören sein, wie er § 12 Abs. 2 bewertet. Diese Vorschrift ist im Zusanunenhang mit § 9 Abs. 2 zu sehen, in dem die Verschwiegenheitspflicht geregelt ist. Hier sind Verschwiegenheitspflicht einerseits und Auskunftspflicht andererseits gegeneinander abzuwägen.

Die in § 9 Abs. 3 genannte Versicherungssumme halten wir angesichts der Bedeutung des Amtes für zu niedrig. Die DVUFraktion schlägt eine Anpassung an die Bundesnotarordnung vor.

Was § 10 Abs. 1 anbetrifft, sind wir der Auffassung. dass der alte § 11 Abs. 4 für wesentlich mehr Klarheit sorgt als die Formulierung „allgemeine Befangenheitsgründe".

Zum Schluss möchte ich noch hinzufügen: In § 18 Abs. 2 ist ein Satz anzufügen, wonach die Aufsichtsbehörde dem Betroffenen über zu seiner Person gespeicherte Daten auf Antrag unentgeltlich Auskunft zu erteilen hat.

Bei diesen Anregungen möchte ich es vorerst bewenden lassen. Es besteht sicherlich Beratungsbedarf in den Ausschüssen.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort geht an den Abgeordneten Homeyer. Er spricht für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Innenminister stellte zu Recht fest, dass es nicht das erste Mal ist, dass wir uns in diesem Parlament mit dem Berufsrecht der Öffentlich bestellten Vermessun gsingenieure befassen.

(Schippel [SPD]: Seien Sie jetzt ganz vorsichtig!)

An dieser Stelle möchte ich mir es auch im Sinne einer zügigen, ergebnisorientierten Beratung in den Ausschüssen ersparen, auf die Historie der Gesetzesinitiative hinzuweisen. Ich möchte aber auch sagen, dass mit diesem Gesetzentwurf endlich ein Schlussstrich unter die Problematik gezogen werden kann.

Dieser Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, zei gt den über viele Jahre tätigen Vermessungsingenieuren eine Perspektive auf, die ihnen die Möglichkeit gibt, diese hoheitliche Tätigkeit erneut aufzunehmen, ohne dass auf den erforderlichen Nachweis einer Qualifikation verzichtet würde. Ich denke, dass diese Lösung des uns seit vielen Jahren beschäftigenden Problems sowohl den Interessen der Bürger, die zu Recht einen hohen Anspruch an die Qualität der von Öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren vorgenommenen Tätigkeiten haben, als auch den Interessen der hoheitlich Bestellten gerecht wird.

Eine erste Prüfung des Gesetzentwurfes zeigt aber auch, dass viele praktische Erfahrungen und Verbesserungsvorschläge hinsichtlich dieses Regelungswerkes eingeflossen sind.

Meine Damen und Herren, erfreulich ist auch festzustellen, dass wir unserem Ziel. das wir uns für diese Wahlperiode gesetzt haben, nämlich die Zahl der Normen und Standards zu reduzieren, durch diesen Gesetzentwurf ein Stück näher gekommen sind; denn diverse bisher festgelegte Standards werden mit diesem Entwurf abgebaut; viele Regelungen werden auf ein Minimum reduziert, wodurch das Gesetz insgesamt gestrafft wurde. So wurden beispielsweise Doppelungen mit dem allgemeinen Verfahrensrecht nahezu auf null reduziert.

Erkennbar ist auch, dass eine Harmonisierung mit den Regelungen anderer vergleichbarer Berufsgruppen sowie anderer Bundesländer angestrebt wurde. Dies gilt etwa hinsichtlich der Altersgrenze, aber auch bezüglich der Zulassungsprüfung.

Alles in allem begrüßen wir diesen Entwurf und wir hoffen, dass er zügig und ergebnisorientiert in den Ausschüssen beraten wird. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Ich danke auch. - Wir sind am Ende der Aussprache und ich schließe die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung. Das Präsidium empfiehlt, den Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 3/954, an den Ausschuss für Inneres zu überweisen. Zudem habe ich ein Überweisungsansinnen der DVU-Fraktion an den Ausschuss für Städtebau, Wohnen und Verkehr, der federführend sein soll. und an den Rechtsausschuss. Weil das ein bisschen unterschiedlich orientiert ist, lasse ich einzeln abstimmen.

Wer dem Vorschlag des Präsidiums zur Überweisung an den Ausschuss für Inneres folgt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Empfehlung bei weni gen Stimmenthaltungen einstimmig gefolgt worden.

Wer dem Antrag der DVU-Fraktion auf Überweisung an den Ausschuss für Städtebau. Wohnen und Verkehr folgt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Wer dem Ansinnen der Überweisung an den Rechtsausschuss folgt, möge noch einmal die Hand heben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist auch die Überweisung an den Rechtsausschuss abgelehnt.

ich schließe Tagesordnungspunkt 3 und rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Zweites Gesetz zur Änderung des Kindertagessstättengesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 3/1047

1. Lesung

Die Aussprache wird mit dem Beitrag der Landesregierung eröffnet. Herr Minister Reiche, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Zuerst möchte ich ein Wort des Dankes sagen, denn das, was jetzt vorliegt, ist nicht nur ein Entwurf des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport, an dem wir über Wochen und Monate gearbeitet haben, sondern es ist auch und in gleicher Weise Ergebnis einer über fünf Monate währenden Diskussion.

Niemandem - und ich schließe mich da ausdrücklich mit ein - ist diese Diskussion in den letzten Wochen und Monaten leicht gefallen. Aber mancher - und das sage ich mit einigem Bedauern hat es sich etwas leicht gemacht. Keiner hat gewollt, dass wir diese Veränderungen vornehmen, aber wir alle wissen - das ist von allen großen Parteien in diesem Landtag auch gesagt worden dass die Konsolidierung eine notwendige Aufgabe ist, und dies zumindest wollen wir alle.

Die Veränderungen bei der Kita-Finanzierung waren die letzten in einer langen Folge von Veränderungen. Wir haben also zuletzt bei unseren Kindern, und das heißt bei den Kleinsten, angefangen zu sparen, nach über fünf Jahren, in denen wir diesen Konsolidierungsweg in schweren Auseinandersetzungen gegangen sind.

Mit dieser Novelle zum Kindertagesstättengesetz wird die Strukturreform, die durch den dritten Artikel des Haushaltsstrukturgesetzes begonnen worden ist. fort geführt. Hier werden die Kernpunkte dieser Veränderungen, nämlich die Veränderung beim Rechtsanpruch, die Veränderung der Finanzierungsstruktur und die Verlagerung der Zuständigkeiten auf die Gemeindeebene, genau beschrieben. Und mancher hat - ich finde zu Recht - in den vergangenen Jahren immer wieder mit großem Nachdruck gefordert: Stärkt die Gemeinden! Gebt den Gemeinden mehr Aufgaben und Kompetenzen! -An dieser Stelle haben wir damit Ernst gemacht und da war es dann wieder einmal zu ernst umgesetzt.

Beide Gesetzentwürfe gehören zusammen, sowohl der Gesetzentwurf zum Haushaftsstrukturgesetz als auch diese Kita-Novelle. Je nach Interessenlage wurden Forderungen erhoben. wurde auch überzogene und verzerrende Kritik geübt und organisiert. Da das Vorhaben von den gegensätzlichsten Positionen aus kritisiert worden ist, scheinen wir also einen guten Mittelweg gefunden zu haben. Die Verteidi ger alles Bestehenden mit viel Erfahrung über 60 Jahre sind sich mit denjenigen, die einen weitergehenden Kahlschlag aller Standards wollen, einig in der Ablehnung. Und damit wird meines Erachtens deutlich, dass wir jetzt eine Diskussion nachholen, die schon früher und besser ohne konkreten Einspardruck hätte geführt werden müssen.

(Dr. Wagner [CDU]: Das ist richtig!)

Welchen Umfang und welche Qualität von öffentlicher Kindererziehung kann sich das Land Brandenburg leisten? Und die, Herr Wagner. die jetzt dazwischen rufen, das sei richtig, haben die Diskussion ja genauso wenig angestoßen und insofern ist das ein wohlfeiler Zwischenruf.

Setzen wir unsere Prioritäten richtig, wenn wir als Haupterrungenschaft daran festhalten, dass alle Kinder möglichst lange in Kitas untergebracht werden? Ist uns das wichtiger, als dass die Kinder qualitativ gut betreut werden? Bei der Beantwortung dieser Fragen sind vorrangig zwei Aspekte richtig.

Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Da geht immer ein bisschen die Konsistenz der Argumentation verloren. Aber wenn Fragen aus dem Osten gestellt werden...