Protocol of the Session on March 15, 2000

Außerdem wurde darauf verwiesen, dass § 112 Schulgesetz auch bestimme, dass die Träger die Ausgabe von Zeitkarten davon abhängig zu machen haben, dass die Eltern sich an den Kosten beteiligen, wenn diese Zeitkarten aufgrund der Tarifgestaltung und des Fahrplanangebotes auch für private Fahrten genutzt werden

können. Das müssen Sie heute nicht noch einmal erzählen, denn das wissen wir und wollen es mit unserem Antrag ausdrücklich nicht infrage stellen. Denn entscheidend ist etwas anderes. Danach war natürlich auch gefragt.

Nach dem bereits erwähnten § 112 Abs. 1 des Brandenburgischen Schulgesetzes haben die Landkreise und kreisfreien Städte als Träger der Schülerbeförderung grundsätzlich die Pflicht, Schülerinnen und Schüler, die in diesem Gebiet ihre Wohnung oder ihre Ausbildungs- bzw. Arbeitsstätte haben. unter zumutbaren Bedingun gen zur Schule und zurück zu befördern oder ihnen oder ihren Eltern die notwendi gen Fahrtkosten zu erstatten. „Haben zu erstatten" steht da und nicht, „wenn es denn geht, soll erstattet werden". In Gebieten. in denen die Schülerbeförderung ausschließlich durch im VBB zusammengeschlossene Verkehrsunternehmen erfolgt. ist die Erstattung der „notwendigen Fahrtkosten" für einen Teil der Schülerinnen und Schüler bzw. deren Eltern praktisch ausgeschlossen.

Denn der VBB bestimmt dort, dass Schülerbeförderungsausweise, die nur für den Schulweg und nur für die Schulzeit gelten, nicht anerkannt werden. Der Verbund selbst, so schreibt die Landesregierung, hält die Ausgabe von Fahrausweisen, die nur fit den Weg zwischen Wohnun g und Schule und nur an Schultagen gelten. aufgrund seiner Tarifstruktur nicht für möglich. Es kann durchaus sein. dass der Verbund etwas nicht für möglich hält, aber noch sollten doch die Gesetze bestimmen, was gilt, oder die Gesetze müssten geändert werden.

So rechtmäßig unseres Erachtens der Erlass der entsprechenden Satzung ist, so wird durch sie jedoch für diejenigen, die die Nutzung von Zeitkarten ausschließlich zwischen Wohnung und Schule wünschen, die Erstattung der notwendigen Fahrtkosten, wie sie im § 112 Abs. 1 vorgesehen ist, grundsätzlich ausgeschlossen. Das widerspricht dem Schulgesetz, auch wenn es letztlich für viele eine insgesamt sehr günstige Lösung ist, mit verbilligten Zeitkarten zu fahren. Es besteht kein Zusammenhang zwischen dem Fahrkartenangebot des VB B und der gesetzlichen Verpflichtung zur Fahrtkostenerstattung.

VBB-Mitgliedsunternehmen könnten doch lokale Tarife beantragen, die für diesen Zweck anerkannt werden müssten. Im Interesse der betroffenen Familien sollte in Zusammenarbeit zwischen Landesregierung und VBB eine Lösung gefunden werden. Meiner Meinung nach sollte sich der Landtag mit dem rechtlichen Problem befassen. Ich bitte deshalb um Überweisung des Antrages in die beteiligten Fachausschüsse. - Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke Ihnen, Frau Ab geordnete Wolff. - Das Wort erhält jetzt die Fraktion der SPD. Frau Abgeordnete Siebke. bitte!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag betrifft die schon mehrfach diskutierte Frage der kostenfreien Schülerbeförderung sowie die Verpflichtung zur Kostenbeteiligung der Eltern. wenn laut Brandenburger Schulgesetz Zeitkarten auch Privatfahrten erlauben.

In den meisten Kreisen und Städten ist dieses Problem für die Eltern und Schüler zufrieden stellend gelöst. Die entsprechenden Satzungen tragen den regionalen Bedin gungen Rechnung, sodass es kaum noch Streit in dieser Hinsicht gibt.

Auch ich bin der Meinung, dass die Zeitkarten, die auch Privatfahrten ermöglichen, besonders für Jugendliche wichtig sind, denn sie erhöhen ihre Mobilität. Die Ju gendlichen sind somit nicht so sehr auf Privatfahrzeuge an gewiesen. Das trägt zu ihrer Sicherheit bei.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Wir haben, als das Schul gesetz verabschiedet worden ist. bereits über das Problem diskutiert und gefragt, inwieweit es überhaupt möglich ist, eine generelle Trennung zwischen reiner Schülerbeförderun g, zwischen Wohnort und Schule sowie Privatfahrten vorzunehmen. Wir waren bereits damals zu dem Ergebnis gekommen, dass dieses Problem schwierig zu lösen sein wird. Zwischenzeitlich hat die Landesregierun g vor, im Haushaltsstrukturgesetz den § 112 zu ändern. Das Haushaltsstrukturgesetz wird uns dementsprechend vorliegen.

Es ist vorgesehen. den Ermessensspielraum der Schulträger zu erhöhen. Das betrifft also die Fra ge, inwieweit Eltern an den Kosten beteiligt werden. wenn Privatfahrten mit solchen Zeitkarten möglich wären. Bisher war der Ermessensspielraum laut der Formulierung im Schulgesetz gleich null. Dies soll sich ändern. Wir werden über diesen Paragraphen im Haushaltsstrukturgesetz reden müssen.

Ich denke. dass es Sinn macht. über den Antrag der PDS-Fraktion in diesem Zusammenhang mit zu beraten. Ich unterstütze den Antrag auf Überweisung in die entsprechenden Ausschüsse. - Danke.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und PDS)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Siebke. - Das Wort erhält die Frau Abgeordnete Fechner von der DVU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Deutschen Volksunion wird im Interesse unserer schulpflichtigen Kinder und deren Eltern im Land Brandenburg diesem Antrag zustimmen, wohl wissend dass der hier vorlie gende Antrag sich nur auf solche Schüler bezieht, die mit Verkehrsmitteln des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg befördert werden.

Zu den Intentionen des Antrages brauche ich nichts weiter zu sagen. Den Ausführungen von Frau Wolff ist nichts Wesentliches hinzuzufügen.

Meine Damen und Herren! Angesichts der Tatsache, dass der Trend zu immer größeren Schulzentren geht, wobei immer mehr kleinere Schulen geschlossen werden, was wiederum zu längeren Schulwegen führt, ist es ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit. die Fahrtkostenerstattung laut Brandenburgischem Schulgesetz konsequent durchzusetzen, und zwar insbesondere

deshalb, weil wegen der Massenarbeitslosigkeit von offiziell zugegebenen 19,1 % im Lande viele Eltern der Schüler arbeitslos sind und mit dem wenigen Geld. das sie vom Arbeitsamt bekommen, sehr haushalten müssen. Werden sie trotz offiziell gültiger Fahrtkostenerstattung ganz oder teilweise zur Bezahlung der Fahrtkosten ihrer Kinder herangezogen, weil die Tarifgestaltung des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg in Verbindung mit der Satzung der jeweiligen Gebietskörperschaft nichts anderes zulässt, so liegt hierbei im Vergleich mit Eltern von Schülern. die eine volle Fahrtkostenerstattung erhalten, eine Ungleichbehandlung vor. Dies kann nicht im Sinne einer sozial ausgewogenen Familien-, Bildungs- und Jugendpolitik sein.

Daher befürwortet unsere Fraktion. dass sich die Landesregierung mit dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg ins Benehmen setzt, damit dieser Zeitkarten ausstellt. die ausschließlich zu Fahrten zwischen Wohnung und Schule berechtigen und somit unter die volle Fahrtkostenerstattung des Brandenburgischen Schulgesetzes fallen. - Ich danke.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Fechner. - Nun spreche ich die Fraktion der CDU an. - Die CDU signalisiert, dass sie keinen Redebedarf hat. Somit geht das Wort an die Landesregierung. Auch dort besteht kein Redebedarf. Oder doch? - Herr Meyer möchte sprechen. Herr Meyer, Sie erhalten gern das Wort. ich bitte jedoch darum. dass Sie das Telefonieren einstellen, wenn die Landesregierung aufgerufen wird.

(Zuruf von der PDS: Sehr richtig!)

Bitte schön, Herr Minister!

Herr Präsident, ich werde dies berücksichti gen, muss jedoch sagen. dass es sich um einen Anruf aus dem zuständigen Ministerium handelte. ich musste fairerweise kundtun, dass ich reden werde.

Meine Damen und Herren! Der für den Verkehrsverbund BerlinBrandenburg geltende Tarif sieht aus guten Gründen nicht mehr vor, dass Schülerzeitkarten ausschließlich für die Fahrt zwischen Wohnung und Schule ausgegeben werden. Schülerkarten sind Bestandteil des Verbundflächentarifes. die zu Fahrten innerhalb einer oder mehrerer Waben oder innerhalb eines Landkreises berechtigen. Es können daher nicht nur Fahrten zwischen Schule und Wohnort, sondern auch Fahrten im Zusammenhang mit allen sportlichen, kulturellen, familiären oder sonstigen Zwecken unternommen werden.

Ich denke, dieserAnsatz ist wichtig und in den verschiedenen Arbeitskreisen unstrittig. Dies fördert die Gewöhnung und Bindung an den ÖPNV bereits vom Schulalter an und stärkt den ÖPNV in der Fläche.

Der ÖPNV ist, wie wir alle wissen, in besonderem Maße vom Schülerverkehr abhängig. Wir wissen auch, dass die Verkehrssicherheit des ÖPNV im Vergleich zum Individualverkehr

überdurchschnittlich positiv bewertet werden kann.

Diese Vorteile sollten wir keinesfalls aufs Spiel setzen. Richtig ist, dass die Träger der Schülerbeförderung gemäß § 112 Abs. 4 Satz 2 des Brandenburgischen Schulgesetzes die Auseabe der Zeitkarten von einer Kostenbeteiligung der Eltern abhängig zu machen haben. wenn die Zeitkarten auch für private Fahrten benutzt werden können. Ob und in welcher Höhe eine Kostenbeteiligung zu verlangen ist, hängt von der durchschnittlichen Möglichkeit der privaten Nutzung aufgrund der Linienführung und der Fahrplangestaltung ab.

Hierzu hat die Landesregierung den Schulträgern empfohlen, in ihren Satzun gen regional unterschiedliche Kostenbeteiligungen festzulegen und Voraussetzungen zu regeln, nach denen eine Kostenbeteiligung nicht erhoben wird. Die Landkreise und kreisfreien Städte werden durch die Mitteilung des MBJS Nr. 51/99 vom 26.07.1999 darüber informiert, dass auf die Erhebung einer Kostenbeteiligung verzichtet werden kann. wenn diese nachweislich unwirtschaftlich ist, das heißt, wenn die private Nutzungsmöglichkeit und damit die Kostenbeteiligung so gering ist, dass der Personal- und Verwaltungsaufwand für die Erhebung die Ausgabenersparnis übersteigt.

Außerdem sieht der Entwurf der Landesregierung für ein Haushaltsstrukturgesetz 2000 - Frau Siebke hat es erwähnt - eine Änderung des § 112 Abs. 4 Satz 2 des Brandenburgischen Schulgesetzes vor. Damit soll die Erhebung eines Eigenanteils der Eltern an den Fahrtkosten für private Zwecke von einer zwingenden Vorschrift in eine Ermessensvorschrift umgewandelt werden. Dies wird den Schulträgern den notwendigen Handlungsspielraum geben. die kommunale Verantwortung für den ÖPNV insgesamt stärken und der Intention des Antrages im Wesentlichen Rechnung tragen. - Vielen Dank.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und CDU)

Meine Damen und Herren? Wir sind damit am Ende der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt angekommen.

Wir stimmen über den Antrag der Fraktion der PDS ab, die Drucksache 3/739 an den Ausschuss für Stadtentwicklung. Wohnen und Verkehr - federführend - sowie an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport und an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen zu überweisen. Wer diesem Überweisungsantrag folgt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist einstimmig so beschlossen worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 9 und rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Bericht über die Wirksamkeit des Brandenburgischen Rettungsdienstgesetzes

Antrag der Fraktion der PDS

Drucksache 3/740

Es liegt ein Geschäftsordnungsantrag vor. - Bitte, Herr Ab geordneter Vietze!

Herr Präsident! Die beantragende Fraktion nimmt ihr Recht in Anspruch, nach § 30 der Geschäftsordnung den zuständigen Minister um Anwesenheit bei der Behandlung dieses Antrages zu bitten. Ich nehme an, Herr Ziel ist irgendwo im Hause. Solange sollte die Sitzung unterbrochen werden.

(Ministerpräsident Dr. Stolpe: Er spricht gerade mit Senio- ren!)

Ich nehme das zur Kenntnis und bitte die Landesregierung dafür zu sorgen, dass der Minister unverzüglich im Plenarsaal erscheint. Bis dahin unterbreche ich die Sitzung.

(Unterbrechung der Sitzung: 15.12 Uhr)

(Fortsetzung der Sitzung: 15.13 Uhr)

Ich begrüße Minister Ziel zu einem Tagesordnungspunkt. der ihn speziell angeht. Ich freue mich, dass er da ist. und nehme die Beratung wieder auf.

Ich eröffne die Aussprache zum Tagesordnun gspunkt 10 mit dem Beitrag der einreichenden Fraktion. Bitte sehr, Frau Abgeordnete Birkholz!

Ehe Frau Birkholz am Rednerpult ist, möchte ich noch Gäste begrüßen. und zwar junge Gäste aus dem Obersrufenzentrum I in Cottbus. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)