Gerald Otto
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Die EU-Kommission hat eine Art Sicherheitsnetz angekündigt, das zu starke Mittelverluste einzelner Regionen verhindern soll. Sie hatten das vorhin kurz angedeutet.
Würde ein solches Sicherheitsnetz für Sachsen von Nutzen sein? Setzt man sich bereits dafür ein?
Herr Staatsminister, ich habe eine weitere Frage: Welchen Beitrag kann die Staatsregierung bei der Umsetzung der Kohäsionspolitik auf nationaler Ebene leisten, um den Verwaltungsaufwand sowohl für die Begünstigten als auch für die Stellen, die die Mittel verwalten, zu verringern?
Oliver Schenk, Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei: Vielen Dank, Herr Otto. Bürokratieabbau, Vereinfachung von Verfahren ist etwas, was uns als Staatsregierung auch umtreibt. Zu diesem Thema haben wir eine Kommission eingesetzt, die konkrete Vorschläge dafür erarbeiten soll. Natürlich müssen wir diese Ideen auf die Bundes- und die europäische Ebene transportieren. Ich bin froh, dass die Kommission das Thema für sich erkannt hat und dass sie bereits konkrete Vorschläge unterbreitet hat, wie man zu einer stärkeren Strukturierung und Prioritätensetzung innerhalb der Vorschläge des MFR kommt.
Es geht aber auch darum: Wie wird es im tatsächlichen Vollzug dazu kommen, dass man die europäischen Mittel – ich sage es salopp – wirklich gern vor Ort einsetzt, weil man weiß, sie sind beherrschbar und ziehen keine unglaubliche Menge von Bürokratie nach sich. Das wird heute ja häufig kritisiert – meiner Ansicht nach manchmal auch zu Unrecht. Manchmal liegt es auch an uns, weil verschiedene Ebenen mit ihren eigenen Administrationen in diese vermittelten Ausgaben einsteigen.
Ich denke, die Kommission hat das Thema erkannt, konkrete Vorschläge gemacht, und wir müssen diese Vorschläge unsererseits flankieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich bin sehr dankbar für die Debatte zu diesem existenziell wichtigen Thema. Wir als Sächsischer Landtag sind zwar nur begleitend kompetent an dieser Stelle, aber es ist wichtig, sich darüber auszutauschen und seinen Standpunkt vorzutragen.
Frieden geht alle an. Frieden ist keine Selbstverständlichkeit und er muss bewahrt werden. Ich denke, darüber sind wir uns im Hohen Haus alle einig. Es ist deshalb kein Fehler, dieses Grundbedürfnis aller Menschen in diesem Haus noch einmal in den Blick zu rücken und auf die mögliche Eskalationsgefahr hinzuweisen.
Vor einiger Zeit habe ich das Buch des englischen Historikers Christopher Clark „Die Schlafwandler“ gelesen. Er beschreibt darin, wie die europäischen Mächte Stück für Stück in den Ersten Weltkrieg geschlittert sind, der schlicht als Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts bezeichnet wird. Damals, nach 43 Jahren Frieden von 1871 bis 1914, wusste man ihn offensichtlich nicht mehr genügend zu schätzen. Das sollte uns jetzt, 73 Jahre danach, nicht wieder passieren. Auf keinen Fall!
Ich muss gestehen, als vor drei Jahren der Abschuss des Fluges MH 17 über der Ukraine geschehen ist und sich die Kämpfe in der Ostukraine zuspitzten, hatte ich schon einige Sorgen und habe mich an all die Dinge erinnert, die beschrieben haben, wie sich Zustände zuspitzen, bis es zu einer Eskalation kommt. Ich hatte wirklich Sorge, und ich denke, gefühlt sind wir über diesen Zustand hinweg. Es gibt zwar immer noch eine Menge Baustellen, aber zum Glück ist diese Hochphase der Zuspitzung ein Stück weit überwunden.
Im Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarates, in dem ich Sachsen vertreten darf, bekomme ich aber davon immer noch eine Menge mit. Dort erlebe ich die spannungsgeladenen Statements zwischen der russischen
und der ukrainischen Delegation. Es gibt noch viele andere Dinge, zum Beispiel wenn sich die Schotten zu Wort melden oder die Türken mit ihren Repressalien gegen missliebige Bürgermeister, die teilweise stattfinden. Jedenfalls geht es hoch her, und es tut weh zu beobachten, wie uneins die eigentlichen, sogenannten Brudervölker sind. So sitzt zum Beispiel ein Russe neben einem Ukrainer im Plenum und beide haben sich kein Wort zu sagen. Das ist schon bitter. Wir als deutsche Delegation sind vor Ort sehr engagiert unterwegs und bemühen uns um Deeskalation. Stück für Stück entspannt sich das. Ich denke, dass beide Seiten den Wunsch zur Rückkehr in die Normalität haben.
Meine Vorredner haben bereits ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich so etwas nicht wiederholen darf. Eine vertrauensvolle Partnerschaft mit Russland lag schon immer im deutschen und europäischen Interesse. Das gilt für Wirtschaft, Wissenschaft und Sicherheit.
Interessanterweise gibt es gerade im Internet bei Civey eine Umfrage. Viele von Ihnen machen bei solchen Erhebungen bestimmt hin und wieder mit und bringen sich da ein. Dort lautet eine Frage: Soll die NATO durch ein internationales Sicherheitsbündnis, unter Einbeziehung Russlands ersetzt werden? Bemerkenswerterweise haben sich 56 % von circa 100 000 Teilnehmenden dafür ausgesprochen, 7 % wäre es egal und 36 % wären dagegen. Man sieht an dieser Stelle, wie wichtig den Menschen der Frieden und die Sicherheit sind und dass Russland dabei als wichtiger Partner von unseren Bürgern angesehen wird.
Noch einmal zurück zur Frage im Debattentitel „Meinst du, die Russen wollen Krieg?“ Aus meinen persönlichen Beobachtungen heraus habe ich dort einen speziellen Einblick. Ich bin mit einer russischen Frau verheiratet und habe Russland mehrfach bereist. Ich habe, zum Beispiel bei Delegationsreisen, zu vielen Russen einen sehr angenehmen, herzlichen Kontakt erleben dürfen.
Nach meinen Beobachtungen kann ich sagen, die Russen lieben Deutschland, auch wenn sie der Sieg über den Hitlerfaschismus viele Opfer gekostet hat. Heute bewundert man unsere Leistungsfähigkeit, die reichhaltigen Kulturschätze, unsere hochwertigen Produkte – wenn es möglich ist, muss alles aus Deutschland kommen, von der Zahnpasta bis zum Auto –, aber natürlich auch das Organisationstalent und die Ordnung.
Die Russen wollen uns als Partner und ganz sicher keinen Krieg. Lassen Sie uns alle – jeder nach seinen Möglichkeiten – für Entspannung, Interessensausgleich und verbale Abrüstung hier eintreten, damit der Frieden in Europa dauerhaft erhalten werden kann!
Ganz herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Landtagskollegen! Es ist natürlich klar, dass das die AfD als Steilvorlage nutzt, um sich an der EU abzuarbeiten, insbesondere bei diesem sensiblen Thema.
Es ist aber alles nicht so einfach, und vornweg muss man sagen: Dafür ist der Bundestag zuständig und nicht wir hier im Sächsischen Landtag.
Natürlich ist es eine Debatte, die schon eine gewisse Breite hat. Herr Spangenberg hat es gesagt: Es sind sehr viele Mitglieder in den Schützenvereinen und ihnen muss man Beachtung schenken. Das ist auch klar. Ich denke, man sollte versuchen, das der Reihe nach ein wenig aufzustrippen.
Nach den furchtbaren Terroranschlägen ist das Zeigen von Stärke und Entschlossenheit innerhalb der EU angesagt. Deshalb hat man diese Richtlinie mehr oder weniger als eine Art Sturzgeburt auf den Weg gebracht. Es ist eine Sache, die schon seit einigen Jahren in Arbeit ist. Sie ist also nicht neu und nicht nur anlässlich der furchtbaren Anschläge angegangen worden, sondern es ist schon ein längerer Prozess. Man hat ihn jetzt sehr beschleunigt. Auch bei der EU ist es manchmal möglich, dass es sehr schnell geht. Oftmals dauert es sehr lange, aber hier hat man es doch sehr schnell, fast mit heißer Nadel, zusammengestrickt.
Es ist ein Maximalvorschlag, der gemacht wird. Oftmals ist es so, dass, wenn die Mitgliedsländer darüber beraten, das eine oder andere wieder herauskommt. Wir müssen feststellen, dass wir in Deutschland das rigideste und schärfste Waffengesetz in Europa haben. Es wird letztendlich eine Angleichung der Gesetzlichkeiten an die deutschen Regelungen sein, um die es geht. Man ist ein wenig darüber hinausgegangen und will tatsächlich diese halbautomatischen Waffen, die zuvor vollautomatische waren, verbieten. Das ist gar nicht so einfach. Die Eigentumsrechte spielen eine wichtige Rolle.
Aber es geht noch weiter: Die Waffen gibt es nicht nur im Schützenverein, sondern es gibt sie, wenn man in andere Bereiche schaut, sogar im Spielzeugladen. Ich habe mich versichert; ich darf sie nicht zeigen. Ich habe ein solches Gerät von meinem Stiefsohn eingezogen. Er hat es heimlich in einem Waffengeschäft gekauft, wo man so etwas ab 14 Jahren kaufen kann. Ich wollte es Ihnen zeigen, denn es sieht wirklich furchtbar echt aus.
Wenn man schon Dinge verbietet, die in diese Richtung gehen, dann auch in diesen Bereichen. Das wäre wirkungsvoller, als den gesetzestreuen Schützen noch mehr Regeln an dieser Stelle aufzuzwingen.
Wie mein Kollege Spangenberg bin ich selbst auch Sportschütze, schon von Kindesbeinen an. Ich weiß gar nicht, wann es losging. Ich glaube, mit zehn Jahren war ich das erste Mal bei der damaligen Armeesportvereinigung „Vorwärts“, wer sie noch aus DDR-Zeiten kennt. Ich war auch fast beim ASK in Frankfurt/Oder angelangt,
aber ich bin, nicht zuletzt wegen der Leibesfülle, damals schon gescheitert.
Ich war seinerzeit sehr traurig, aber mich hat das Sportschießen nie losgelassen. Irgendwann kam es dann mal dazu: 2009 habe ich mich um eine Waffenbesitzkarte gekümmert und das ganze Prozedere durchlaufen. Es ist alles nicht so einfach: Man muss eine Sachkundeprüfung ablegen. Man muss also in einem Schützenverein sein. Man muss auch dem Dachverband beitreten. Man muss das Bedürfnis nachweisen. Man muss die ordnungsgemäße Aufbewahrung der Waffen nachweisen – es gibt Schränke mit A und B –, dass man Waffen und Munition getrennt lagert. Davon muss man Bilder machen, die man der Ordnungs- bzw. Waffenbehörde per Mail oder auf Fotos zeigen muss. Man muss zwölfmal im Jahr – oder jeden Monat einmal – schießen gehen. Das ist gar nicht so einfach, wenn man terminlich ganz schön ausgelastet ist.
Nach drei Jahren muss man gegenüber dem Ordnungsamt nachweisen, wie oft man geschossen hat. Ich bin persönlich hingegangen und habe mein Schießbuch gezeigt – das hätte ich hier auch gern einmal hochgehalten; das lässt aber die Geschäftsordnung leider nicht zu.
Es ist also wirklich straff reglementiert und man muss das nicht noch weiter verschärfen.
Jetzt läuft gleich die Redezeit ab; das ist ja ganz fatal.
Herr Spangenberg hat meinen sehr verehrten Europaabgeordneten Hermann Winkler zitiert, der kürzlich eine Pressemitteilung dazu herausgegeben hatte, aus der ich kurz zitieren möchte: „Eine Verschärfung des Waffenrechtes zulasten der Sportschützen und Jäger wird die Problematik um den Terror nicht lösen, zumal dann genau die Menschen benachteiligt werden, die sich unter friedlicher Nutzung von Waffen im Sportverein und bei der Jagd für unsere Gesellschaft einbringen. Es macht keinen Sinn, illegale Waffen, mit denen zu 99 % Gewalttaten verübt werden, durch eine stärkere Reglementierung der legalen Waffenbesitzer zu bekämpfen.“
So ist es, meine Damen und Herren, und die meisten bürgerlichen Abgeordneten sehen es genauso. Es geht also im Kern auf EU-Ebene um eine Regulierung des Waffenbinnenmarktes, was bis jetzt noch nicht geschehen ist. Das ist auf jeden Fall richtig. Hauptziel dabei muss aber auch die Bekämpfung der illegalen Waffen sein.
Jawohl, ich komme zum Schluss. – Ich bin mir sicher, dass das mit Augenmaß gelingen wird.
Danke schön.
Ja, mit Gottes Hilfe.