Peter Anheuser
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Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der liebe Gott hat nicht gewollt, dass edler Wein verderben soll. Genau diesen Spruch-des Volksmundes halten wir der Landes~ und Bundesregierungangesichts enormer Existenzsorgen vieler Winzerinnen und Winzer in Rheinland-Pfalz vor. Bei aller Fröhlichkeit mit und um den Wein, gerade in der gegenwärti~ gen so genannten fünften Jahreszeit, muss sehr deutlich der Finger auf Versäumnisse von Bundes- und Landesregierung in Sachen Weinbau gelegt werden.
Um-Polemik aus dem· Regierungslager vorzubeugen, möchte ich sagen, es -geht -nicht darum, den Wein schlechtzureden. Der Wein ist gut, zu mal der rheinland-pfälzische.
. (Zustimmende Zurufe aus dem Hause
Beifall der CDU)
Doch die Weinbaupolitik ist miserabel, zu mal' die rheinlandpfälzische. Die Keller sind übervoll,_ die VIfeinpreise liegen am Boden. Viele Winzeriamilien, vor aller:n die Fassweinerzeuger und die Steillagenbewir":LSchafter, stehen vor akuter Existenznot.
Die Banken lehnen in dieser prekären Situation jedes weitere finanzielle -Engagement ab. Die -Falle schnappt zu. Ja, der Weinbau befindet sich in seiner größten Krise seit 100Jahren. Wo li~gt die Schuld?
Damals vor 100 Jahren war es die Reblaus, heute ist es die Regier_ungspolitik.
Bei beiden herrschtdie rote Farbe. Nun i~te~ wirklich nicht so, dass diese Situationeinmalsoeben über Nacht über die Winzer hereingebrochen ist wie Hagel5chlag, Frost oder ein
plötzliches-Naturereignis. i-Jein, die Entwicklung war vorher
sehbar und bekannt, auch dieser Lande:srtgitrung.
(Frau Baumann, SPb: Für die
Winzer auch!}
Ich habe hierwiederholt Im Plenum ~nd im Ausschuss aufdie Gefahren hingewie5en und die Landesregierung geradezu beschworen, zu handeln und keine Fristen und keine Zeit zu
versäu·men. Aber es i5t wenig geschehen. Die L:mde5regierung - so unser Vorwurf - hat entgegen be;~ere·n ~Vissens nicht gehandelt. Das i~t Falschmachen durch Nichtstun. Es ist
schon seltsam, dass importierte VIfeine trotz hoher und steigender Preise geradezu boomen. Nur in Deutschland indes
hat man.etwas falsch gemacht. Diesmal lässt ~ich die Schuld nicht auf die: Erzeuger und auch nicht auf Brüssel abschieben. Dort wurden HUfen angeboten. Di~ HUfen wurden nicht ab-
geholt.
Ich nenne drei Beispiele, dieangesichtsdieser Warnungen geradezu ein _versagen der Regierung bezeugen. Umstrukturierungsprogramm: Statt am 1. August 2000 zu star:ten, lief die
Antragsfrist erst im November an. Bürokratische Bedingungen, weit entfernt von jeglicher Praxis, führten zu hoher Feh
·lerquote und somit bei vielen Winzern zum \rVegfall der Zu
schüsse. Dies war eine zusätzliche Kostenbelastung, weil die
Reben schon bestellt -und gekauft waren, jetzt aber im Jahr2001 ohne Hilfe bezahlt werde:n müssen.
Trinkalkoholdestillation: Diese wurde unzulä[lglich VC!rberei
tet und beworben. Am 1. September war Eröffnung. Wer ein
bisschen vom Weinbau versteht, weiß, dass die Winzer in die- ·
5er Zeit alle Hände voll zu tun haben, die Ernte einzubringen.
Die Bestätigung der Kofin:mzierung durch die EU erfolgte· er5tam 19. Dezember. Dieses falsche Handling mus~te eine zu geringe Teilnahme zur Folge-haben.
Die Krisendestillation: Schon im ll.llai 2000 bestand die Mög-:lichkeit, dieses Instrument mit Brüs~el zu besprechen. Für alle war klar, dass ab September urlaubsbedingt doii: keine Fort
~chritte zu erzielen sind.
Ungenutzt ist die Ernte 2000 jetzt verschnitten, Übermengen
aus alter Ernte und alte Weißweine sind aus den Kellern und vom Markt wegzuholen,- um somit den Betrieben Luft zu schaffen. Auch hier war die Konsequenz aus regien.mgsamtlf
chem Fehlverhalten, das~ der Fassweinmarkt für WeißviJein nicht entlastEt wurde. Diese: Krisendestillation der EU lief am
31. Januar 2001 aus, meines Wissens ·ohne dass ein Liter rheinland-pfälzischen VIfeins dort eingebracht wurde.
Allem setzt aber die Krone auf, wenn wir hören, dass Frank~
reich dagegen bei der EU für die Kri>endestillation eine Kofinanzierung erreicht hat. Ich sage noch einmal mit vollem Ern;t, der lan_desregierung \Nurden von der CDU im Hause alle Fakten vorgetragen. Dies geschah rechtzeitig, als es noch Zeit zum H:;mdeln war. Wir, die.Opposition, haben aufgepasst: Aber die Landesregierung hat sich nicht darum ge
schert.
c Herr Präsident, ich komme dann zum Schluss.
Für die rheinland-pfälzischen Winzer haben wir ~olgendes
vorzuschlagen: Die Landesregierung wird aufgefordert, ein
Bündnis für Wein und ein eigenständiges Kulturlandschamprogramm aufzulegen. Wir fordern außerdem eine massive Förderung der Mechanisierungssy5teme für die Steillagen, Er
fas~ung in Erzeugergemeinschaften der vagabundierenden
Fassweine zur Weinmarkt- und Weinpreisstabilisierung mit Kellereien in Em~ug~rhand.
Wir fordern weiter ein effektive:c und unbürokratische~ Umstrukturierungsprogramm, eine Qualitäts-, Image- und Ver
marktungsoff~;nsive, eine obligatorische Herkunfu
der Se:ktgrund~veint:, den Wegfall der Grundsteuer A ·bei gleichzeitigem Ausgleich für. die betroffenen Kommunen
und ein noch stärker dotiertes Jungwinzerprogramm·.
!eh komme zum Schluss. ·
_ (Glocke des Präsidenten)
Meine D::imen und Herren von der SPD und der Landt:!;regierung, der Wein erfreue des !'vlensch;on Herz, heißt. es im Psalm 104 Vers 15. Sorgen wir gemeinsam_ dafür, dass in Rheinland-Pfalzdie Herzen vieler Weinbaubetriebe nicht stehen bleiben.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Da; Papier der CDU-Fraktion enthält drei neue Tatbestände, nämlich den Aspekt der Erfassungskellerei und den sanften Druck, dass ausschließlich Zuschüsse bezahlt werden, wenn die Fassweinwinzer die Trauben bzw. den Saft dorthin bringen. Wir haben somit sichergestellt, dass die Vinifikation in die Fachhand ge
legt wird. Die Kellereien bleiben in der Hand der Winzer
schaft, aber die Kellereien sollen und können vom Weinhandel betri<:ben werden.
Damit haben wir einen Quantensprung erreicht, damit" die Qualität der Fassweine erheolich verbessert wird, Herr Staatsminister. Nur so können wi; die Qualitätsoffensive gewinnen, nur so können wir das Image wieder zurückgewinnen, und nur so können wir die Vermarktung5offensive starten.
Derzweite Ansatz ist, dass wir im sehr schwierigen Umfeld
des Steill!'lgenweinbaus die Mechanisierungssysteme mas~iv fördern, sodas; nachher mit diesen Sy:;temen die Häng<: ge
meinschaftlich betrieben werden und der Einzelne nur noch die Handarbeit in seinem Refugium macht.
Dann müssen wir versuchen, mit der Qualitätsoffensive die nö:tigen Umsätze für den deutschen Wein-wieder zurückzuerobern. Da;; ist der Ansatz. Ich gehe davon aus, dass wir nach der Wahl im Ausschuss inten5iv darüber r?den werden.
Bei der Beurteilung der Perspektiven sind ~;vir uns in großen
Teilen einig, 3ber bei der Beurteilung der Sachlage hapert es.
Vielen Dank.
Herr Staatsminister, Sie haben bei der Beantwortung der Fra
ge 1 dargestellt, welche Preise in den einzelnen Anbaugebie
ten bestehen. Sind Sie mitmir der Auffassung, dass das, was
dort g-enannt worden ist, keine kostendeckenaen Preise für die Winzerschaft und ihre Fa!f!ilienangehörigen sind? Sind Sie mit_ mir auch der Auffassung, dass eigentlich-zu den kostendeckenden Preisen noch Gewinne hinzukommen müssen, damit diese Familien auch Einkommen haben? Sind Sie mit mir der Auffassung, dass d~nn~ wenn diese Meng-en noch am
Mark~ zusätzlich auftreten würden, die in die Destillation ge
führt wurden, der nachhaltig negative Trend für deutsche Weine _auf dem Absatzsektor noch negativer wäre? Sind Sie mit mir auch der Auffassung, dass nach wie vor der deutsche Weinanteil abnimmt, allerdings nicht mehrso_stark?
Bauckhage, Minister
fur Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau:
Ich bin mit Ihnen in jedem Fall der gleichen Auffassung. Man muss Gewinne machen, das ist keine Frage.
Man muss auch Wein absetzen können. Wir müssen uns nur _ über einen Punkt unterhalten. Wir müssen die Märkte schaf- _.
fen. Wenn man in einer Marktwirtschaft, die einigermaßen funktioniert, lebt- ich glaube, über Planwirtschaft wollen wir heute weniger reden -, muss man Märkte schaffen. Ich bin
mit-Ihnen auch der Auffassung, dass die Märkte nach wie vor sehrschwierig sind. Wir müssen sie gemeinsam bearbeiten~
·wenn man jetzt noch gefragt wird, ob ein anderes Unterneh
men auch noch Gewinn machen muss, dann hätte ich Ihnen zustimmen können. Jedes Unternehmen muss Gewinne machen, das ist nicht die Frage. Auch Winzerinnen und Winzer müssen Gewinne machen. Nur müssendie Preise am Markt
erziel~ar _sein. Anders wird es nicht gehen. Ganz abgesehen
davon könnte man es selbst dann, wenn man es anders wollte, nicht durchsetzen, weil man es nicht genehmigt be
kommt.
Präsident ·Grimm:
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schmitt.
Herr Staatssekretär, meine Damen und Herren, ich hatte gestern ausgeführt, dass ich am 19. und 20. Mai zweieinhalb
Stunden, drei Stunden mit Milton, dem Direl
(Unruhe im Hause}
Herr Staatssekretär, am 19./20. Mai 2000 habe ich in Griechenland ein zweieinhalbstündiges Gespräch mit dem Direktor der Kommission, Milton, geführt. Die Kautelen sind Ihnen
bzw. dem Haus- nicht Ihnen persönlich, sondern den anderen Herren- mitgeteilt worden: Danach kann nur jeder Nationalstaat den Antrag auf Krisendestillation stellen, und jeder Nationalstaat muss die Krise in sei_nem Land darstellen.
Ja, ich formuliere.
Hat die Bundesregierung dies in Absprache mit dem Bundesland Rheinland-Pfalz gemacht, oder sind Sie noch bei den Vorbereitungen?
Herr Staatssekretär, g~ehen Sie davon aus, dass es der- Bundes-_ republik Deutschland und der Bundesregierung gelingen wird, die bisherige Haltung der EU-Kommission, dass keinerlei geartete Kofinanzierung, sei es von Land oder Bund, bei diesen Maßnahmen stattfindet, zu erreichen? Gehen Sie fer
ner davon aus- ich weiß, dass das ehvas schwierig für Sie ist-, dass bei angereicherten abgestuften Qualitätsweinen der Mindestalkoholgehalt nicht über 9, 18liegen darf?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich eingangs die positiven Signale aus dieser Situation herausarbeiten. Der Vegetationsstand ist witterungsbedingt sehr gut. Die qualitativen und quantitativen Ervvartungen an die Erntesind bestens. Nach meiner Einschätzung werden wir wahr
sc~einlich einen Jahrgang ~vie im Jahr 1959 bekommen. Ich gehe aber davon aus, dass das die einzigen positiven Signale bezüglich der Weinmarktsituation sind.
Nach Einschätzung -wahrscheinlich Überschätzung - der Lan
desregierung wird dieser witterungsbedingte Vorteil nur noch von Ihnen reklamiert werden. Mit der frühen Ernte wird sehr wahrscheinlich der Bedarf an Federweißem vornehmlich durch deutsche Ware besetzt werden. Das wird aber nicht zu einer merklichen Besserung führe_!].
Zu den Fakten: Der Landesregierung sind die Altbestände zum 31. August 1999, die Übermengen aus dem Jahr 1999 und die Übermengen aus älteren Ernten bekannt. Die Ergebnisse der Ernte 1999 waren prognostiziert, sind aber späte
stens seit Dezember der Landesregierung bekannt, sodass die Ergebnisse sehr wohl hochgerechnet werden konnten.
Die Absatzzahlen sprechen ein bedeutendes Wort. Sie sind so schlecht wie nie zuvor. Die Keller_der 25 000 Weinbaubetriebe in Rheinland-Pfa_lz sind voll. Wein wird von den Banken aber nicht mehr als Sicherungsanlage angesehen. Welche Aktivitäten und Initiativen hat die_ Landesregierung in Angriff genommen?- Keine!
Seit dem 15. Februar 2000 dürfte der Landesregierung be
- kannt sein, dass die anstehende Änderung des Weingesetzes das Dreistufeomodell einführt. Welche Aktivitäten und Initia
tiven seitens der Landesregierung sind bekannt? - Keine! Weshalb wurde nicht versucht, mit den Sektkellereien im Land Vereinbarungen zu treffen, um für den Veredelungswein genügend Absatz zu schaffen?
Meine Damen und Herren, seit der Tagung der.O.ssemblee des Regions Europeennes Viticoles (A.R.E.V.) am 19. Mai in Griechenland ist bekannt, welche besonderen Maßnahmen im Weißweinsektor möglich sind. Auf dieser Konferenz habe
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ich mich dafür stark gemacht, und die Konferenz hat das so beschlossen. Ich habe zweieinhalb Stunden mit dem Direktor der Kommission gesprochen. Es ist erarbeitet worden - das habe ich der Landesregierung mitgeteilt-, dass Destillationsmaßnahmen und andere Maßnahmen darstellbar sind. Auch diesbezüglich hat die Landesregierung keine Aktivitäten und Initiativen in Angriff genommen. Wir sind lediglich auf die
Trinkweindestillation bis zum 1. September 2000 vertröstet worden.
Das führt dazu, dass die heutige Lage der Winzerbetriebe so schlecht wie noch nie zuvo~ ist. Ich kenne die Weinmarktsituation seit dem Jahr 1942. So schlecht wie jetzt ging es der deutschen Weinwirtschaft noch nie. Darüber hinaus ist die _ Weinwirtschaft in Rheinland-Pfalz noch stärker betroffen als
_ die anderer Bundesländer.
Die CDU-Fraktion fordert deshalb ein Notprogramm. Wir hät
ten _gern unter maßgeblicher Förderung_ des Landes zum frühstmöglichen Termin ein professionelles Marketing für den Transport, die Erfassung, die Lagerung usw. von Weinen, die der Destillation zugeführt werden. Wir fordern Sie auf, Platz für die neue Ernte zu schaffen, weil wir ansonsten bei finanziellen Engpässen in den Betrieben keine Möglichkeit se~ hen, voranzukommen.
Herr Minister, wir fordern Sie nachdrücklich auf: Tun Sie jetzt etwas! Bezüglicb dieser Maßnahmen ist es nicht fünf nach zwörf, sondern schon halb eins. Wir müssen-endlich auf die Winzer zugehen und ihnen genau sagen können, was wir noch für den Herbst 2000 retten können, weil sonst eine Hilfestellurig nicht mehr durchführbar sein wird und die herausragenden Aussichten für die Ernte im Jahr 2000 in den Betrieben nicht ordentlich verifiziert werden können.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Landtag hat den Gesetzentwurf der Fraktion BÜND
NIS 90/DIE GRÜNEN "Landesgesetz zur Förderung von Hand
werksbetrieben, kleinen und mittleren Unternehmen und Existenzgründungen" - Drucksache 13/4216 - an den Aus
schuss für Wirtschaft und Verkehr überwiesen. Die Beschluss
empfehlung des Ausschusses ist in der Drucksache 13/5473 enthalten.
Wir haben uns in verschiedenen Sitzungen, unter anderem auch im Rahmen einer Anhörung, mit diesem Gesetzentwurf befasst. Der Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr hat in sei-· ner 34. Sitzung am 8. Februar 2000 beschlossen, dem Landtag die Ablehnung des Gesetzentwurfs zu ~mpfehlen. Demzufolge war der mitberatende Ausschuss nicht mehr mit der Beratung befasst.
Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Gesetzentwurf abzuleh-. nen.
Herr Minister, wissen Sie, dass dieser Krisenstab gesetzlich vorgeschrieben ist?