Meine Damen und Herren! Ich bitte, Platz zu nehmen. Ich bitte die Vertreter der Presse und die Fotografen, soweit sie sich noch hier vorne aufhalten, sich nunmehr zurückzuziehen. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren! In Paragraph 75 der Geschäftsordnung der Hamburgischen Bürgerschaft vom 11. Dezember 1997, zuletzt geändert am 5. April 2000, ist geregelt, dass die Geschäfte, solange die Bürgerschaft nichts anderes beschließt, nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung der vorangegangenen Bürgerschaft geführt werden. In Paragraph 1 Absatz 2 dieser Geschäftsordnung ist festgelegt, dass in der ersten Sitzung der neu gewählten Bürgerschaft das an Lebensjahren älteste und zur Übernahme dieses Amtes bereite Mitglied als Alterspräsidentin oder Alterspräsident den Vorsitz führt, bis die neu gewählte Präsidentin oder ein neu gewählter Präsident das Amt übernimmt. Diese Regelung entspricht einem alten parlamentarischen Brauch.
Ich bin am 19. Januar 1933 geboren. Wenn es unter den anwesenden Mitgliedern der neuen Bürgerschaft ein Mitglied gibt, welches älter ist, so bitte ich um ein Handzeichen. – Dies scheint wirklich nicht der Fall zu sein.
Dann eröffne ich die konstituierende Sitzung der am 23. September 2001 gewählten Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg in der 17. Wahlperiode. Ich darf Sie alle herzlich in diesem Hause begrüßen.
Abweichend von der Empfehlung des Ältestenrats sind die Fraktionen übereingekommen, auch Tagesordnungspunkt 8 zu vertagen.
Erstens: Von der Liste der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands sind die Bewerberinnen und Bewerber mit den laufenden Nummern 1 bis 46 gewählt worden. Die Bewerberinnen und Bewerber mit den laufenden Nummern 1, 10 und 24 sind zurzeit Mitglieder des Senats, ihre Mandate ruhen. Dafür üben die Bewerberinnen und Bewerber der laufenden Nummern 47 bis 49 das Mandat aus.
Zweitens: Von der Liste der Christlich-Demokratischen Union Deutschlands sind die Bewerberinnen und Bewerber mit den laufenden Nummern 1 bis 33 gewählt worden.
Drittens: Von der Liste Bündnis 90/Die Grünen, Landesverband Hamburg, Grün-Alternative Liste, sind die Bewerberinnen und Bewerber mit den laufenden Nummern 1 bis 11 gewählt worden. Die Bewerberinnen und Bewerber mit den laufenden Nummern 1, 2 und 4 sind zurzeit Mitglieder des Senats, ihre Mandate ruhen. Dafür üben die Bewerberinnen und Bewerber der laufenden Nummern 12 bis 14 das Mandat aus.
Viertens: Von der Liste der Freien Demokratischen Partei sind die Bewerberinnen und Bewerber mit den laufenden Nummern 1 bis 6 gewählt worden.
Fünftens: Von der Liste der Partei Rechtsstaatlicher Offensive sind die Bewerberinnen und Bewerber mit den laufenden Nummern 1 bis 25 gewählt worden. Der Bewerber mit der laufenden Nummer 19 wird sein Mandat nicht
Meine Damen und Herren! Ich habe jetzt das Vergnügen, vor allen Dingen aber die große Ehre, Sie mit einer Rede hier begrüßen zu dürfen. Es ist das Recht der Alterspräsidentin und ich nehme es sehr gerne wahr.
Ich begrüße Sie noch einmal hier im Hause zu unserer nunmehr ersten Plenarsitzung der 17. Legislaturperiode. Siebzehnmal sind nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt zu freien und geheimen Wahlen aufgerufen worden. Diesem Ruf ist eine erfreulich große Zahl gefolgt. Sie haben ein Parlament gewählt, das sehr neu in seiner Zusammensetzung ist. Mehr als 40 Prozent, genau 42,15 Prozent, nämlich 51 Frauen und Männer haben der vergangenen Bürgerschaft nicht angehört. Ich glaube, eine so tiefgreifende Veränderung kannte unsere Bürgerschaft bisher noch nicht. Es bedeutet, dass sich sehr viele Kolleginnen und Kollegen sehr schnell, sehr sorgsam und sehr umfassend in die Themen und die Arbeitsweise des Parlaments einarbeiten müssen. Sie sollten von den Erfahrenen unterstützt werden, denn schnell werden die Bürger ihre Arbeit kritisch betrachten, vermutlich viel kritischer, als es der Fall war, als ich Neuling in diesem Hause war. Herr Karl-Heinz Ehlers und ich sind übrigens die beiden letzten, die schon 1970 in die Bürgerschaft kamen.
Es bekümmert mich, dass der Anteil der Frauen in der vor uns liegenden Legislaturperiode zurückgegangen ist, nämlich auf 29,8 Prozent, nicht nur, weil die Hälfte der Bevölkerung zahlenmäßig nicht gerecht beteiligt wird, sondern auch, weil die Kompromissfähigkeit von Frauen, ihr Realitätssinn und ihr Blick für das Wesentliche gerade in unserer Zeit unverzichtbar sind.
Meine Damen und Herren! Schon häufiger haben wir erlebt, dass neue Parteien in dieses hohe Haus eingezogen sind. Einige haben sich als politische Kraft etabliert, andere haben nur kurz die Geschicke der Stadt mitbestimmt.
Das Wahlergebnis zu dieser Bürgerschaft bringt uns eine ungewöhnlich hohe Zahl gewählter Abgeordneter einer neuen Partei. Ihnen und allen anderen neuen Mitgliedern möchte ich ganz besonders die Achtung vor der langen republikanischen Geschichte unserer Stadt ans Herz legen.
Eine Geschichte, die nicht frei von Irrungen, Fehlern und Rückschlägen gewesen ist. Der große Brand 1842, die Flutkatastrophe 1962 sind Beispiele, deren schreckliche Folgen die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt mit Mut, Schaffenskraft und auch Hilfe von außen bewältigt haben.
Der „braunen Gewalt“ hat auch Hamburg nicht widerstanden. Fast 300 000 Wohnungen wurden zerstört, fast 120 000 Tote aus unserer Stadt waren zu beklagen. Infolge eines verbrecherischen Wahnsinns, der durch Hass, Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit und Größenwahn gekennzeichnet war, lag Hamburg in Trümmern. Solche Elemente dürfen niemals wieder bestimmend in der Politik sein.
Ich schließe mich den Worten Helmut Schmidts an, als er angesichts des Mahnmals Nikolaikirche zu mehr Menschlichkeit und gegen den Hass aufrief.
Hamburg hat das Glück gehabt, dass nach dieser dunklen Zeit außergewöhnlich tüchtige Männer und Frauen in Bürgerschaft und Senat die Geschicke dieser Stadt lenken konnten. Sie waren geprägt von der schrecklichen Zeit des Nationalsozialismus, hatten Verfolgung, Krieg, Emigration und Unfreiheit erlebt. Sie waren überzeugt davon, dass nur ein freiheitlicher, demokratischer und toleranter Rechtsstaat dazu befähigt ist, den Sorgen und Wünschen seiner Bürgerinnen und Bürger gerecht zu werden und die Zukunft zu gestalten. In diesem Geiste wurde Hamburg wieder aufgebaut, dafür stehen Namen wie Adolph Schönfelder, Max Brauer, Paul Nevermann und Herbert Weichmann, aber auch Erik Blumenfeld und Kurt Sieveking, ebenso wie Paula Karpinski, Emilie Kiep-Altenloh und Irma Keilhack. Sie haben Hamburg klug und mit Augenmaß wieder zur Blüte gebracht. Die Überzeugungen und Geisteshaltungen dieser Politiker der Nachkriegszeit haben unverändert Gültigkeit, sie sollten auch unsere Arbeit als Parlamentarier prägen.
Und noch etwas sollten wir uns vor Augen führen: Die Geschichte der Bundesrepublik nach dem Kriege ist von Phasen tiefgreifender Veränderungen, aber auch durch ein hohes Maß an Kontinuität geprägt. Auch in Hamburg werden die Grundzüge der Politik aber immer durch die Wechselwirkung zwischen Wählerwillen und politischem Gestaltungsvermögen bestimmt und erfordern häufig Umdenken von uns; das mag unbequem sein. Wollen wir erfolgreich im Sinne unserer Stadt sein, dürfen wir uns dieser Pflicht aber nicht entziehen.
Meine Damen und Herren, zum Zeitpunkt, als Sie von Ihren Parteien als Kandidaten nominiert wurden, konnte niemand wissen, in welch einer außergewöhnlich schwierigen Zeit Sie in dieses Parlament gewählt wurden. Es wäre vermessen zu behaupten, dass die schrecklichen Ereignisse des 11. September in Amerika keinerlei Auswirkungen auf uns haben. Die grausige Dimension eines bislang nicht vorstellbaren Attentats hat die Bürgerinnen und Bürger Hamburgs erschüttert. Jeder von ihnen empfindet großes Mitleid mit den Opfern und deren Angehörigen und macht sich Sorgen um die Zukunft.
Sicherlich, das äußere Bild unserer Stadt ist unverändert, aber die Menschen sind geschockt und verunsichert. Sie fühlen sich schutzlos, müssen sie doch erkennen, dass es den absoluten Schutz nicht gibt. Den können wir als Landesparlament auch nicht bieten. Aber die veränderten Gefühle und Erwartungen unserer Bürgerinnen und Bürger müssen wir aufnehmen.
Was nützen uns technischer und naturwissenschaftlicher Fortschritt, was nützen uns alle Ergebnisse von Forschung, wenn wir der erhöhten Verpflichtung nicht nachkommen, sie auch den Bürgerinnen und Bürgern nahe zu bringen, wenn wir es nicht vermögen, die Zuversicht zu geben, dass wir sie für die Menschen einsetzen.
Im vergangenen Wahlkampf ist viel polarisiert worden und es hat Verletzungen gegeben. Besonders viel ist über Innere Sicherheit gesprochen worden. Ich bin überzeugt, dass der Maßstab, der an dieses Thema gelegt worden ist, insgesamt nicht mehr gültig sein kann. Wir werden erkennen müssen, dass der Begriff sehr viel differenzierter und globaler betrachtet werden muss, als es in den vergangenen Wochen des Wahlkampfs der Fall war. Es muss geprüft werden, wie das hohe Maß an Freiheit, das wir genießen, und ein eventuell neu definierter Begriff von Sicherheit miteinander in Einklang stehen. Das gilt auch für Hamburg als Metropole.
Niemand sollte behaupten, er hätte schon heute die Antwort parat, denn in einigen Bereichen könnte es eine eher schwierige Gratwanderung werden, die auch zu Auseinandersetzungen in diesem Hause führen kann. Die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt werden solche Debatten mit erhöhter Aufmerksamkeit verfolgen und dabei Klarheit von uns fordern.
Meine Damen und Herren, die Weltpolitik hat sich seit dem 11. September verändert und damit auch die Sicht und die Empfindungen der Menschen. Trotzdem sollte niemand von uns glauben, nur weil wir ein Landesparlament sind, sei unsere Arbeit unwesentlich, da sie eben nicht die Welt bewegt. Eine solche Sicht der Dinge, meine Damen und Herren, wäre wenig konstruktiv und falsch, denn Sie alle können etwas bewegen. In Hamburg, in unserer Heimatstadt!
Sie können an dem äußeren Bild unserer Stadt mitwirken, Sie können unser Bildungswesen weiter verbessern, Sie können Hilfen geben an all diejenigen, die der Hilfe bedürfen. Sie können an dem breiten Spektrum aller Bereiche mitarbeiten, die ein so großes Gemeinwesen umfasst, ja, Sie können sogar in Einzelfällen helfen, wie die Arbeit des wichtigen Eingabenausschusses zeigt. Sie können sich als Anwalt großer Organisationen, etwa der Kirchen oder der Gewerkschaften, einsetzen. Sie können sich aber auch intensiv kleineren Gruppen zuwenden, etwa in Not geratenen Frauen oder misshandelten Kindern.
Ihre Aufgabe wird es sein, die Steuergelder unserer Bürgerinnen und Bürger gerecht, sparsam und sinnvoll zu verwenden und auch einen scharfen Blick auf die Einnahmen zu werfen. Das alles ist eine besonders schwierige Aufgabe, weil die Wünsche erfahrungsgemäß immer größer als die Möglichkeiten sind.
Die Arbeitsgebiete und Möglichkeiten des Engagements sind deshalb so ungemein vielfältig, weil wir sowohl Kommunal- als auch die gesamte Landespolitik abzudecken haben; das ist ja gerade das Interessante in einem Stadtstaat. Es ist natürlich Kärrnerarbeit, aber ich möchte Ihnen Mut machen, meine Damen und Herren, Ihre Arbeit unter diesen Aspekten freudig zu betrachten und selbstbewusst zu beginnen. Schließlich können Sie daran mitwirken, dass der Ruf Hamburgs als internationale, weltoffene, tolerante und lebenswerte Stadt erhalten bleibt und ausgebaut wird und dass ein friedliches Miteinander der Kulturen gepflegt wird.
Meine Damen und Herren! Gerade in einer Zeit, in der viele Menschen ein Gefühl der Machtlosigkeit haben, sollten wir bei unserem Handeln aber auch versuchen, die Herzen der Menschen zu erreichen, nicht nur den Verstand. Der Eindruck von der bürgerfremden Politik darf keine Chance haben. Aufgaben und Bedeutung unseres Parlaments müssen unseren Bürgerinnen und Bürgern auch näher gebracht werden. In diesem Zusammenhang sollte überlegt werden, ob es gesetzliche Grundlagen geben kann, die die Bürgernähe der Politiker unterstützen. Ein erneutes Nachdenken und eine Diskussion über Bürgerschaftswahlkreise könnte ich mir zum Beispiel vorstellen.
Es muss deutlicher werden: Wir als Parlamentarier sind für die Menschen da. Wir können mit ihnen fühlen, auch wenn wir nicht immer helfen können. Unsere Bürgerinnen und Bürger sollen sich in Hamburg geborgen fühlen. Sie sind doch auch deshalb über die Ereignisse in Amerika so geschockt, weil dieses gezeigte Maß an Eiseskälte und Ver
achtung dem Leben gegenüber für sie nicht vorstellbar war; es macht sie frieren. Deshalb ist es auch die Aufgabe der Hamburger Parlamentarierinnen und Parlamentarier, Wärme zu vermitteln.
Meine Damen und Herren! Der Anspruch auf Integrität, Fleiß und Kompetenz bedeutet eine große Herausforderung. Stellen wir uns dieser Herausforderung, denn das Wohlergehen der Freien und Hansestadt Hamburg ist ein hohes Gut, es muss im Mittelpunkt unserer Arbeit stehen! Ich wünsche uns allen dabei gute Einsichten, Glück und Erfolg. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren! Ich rufe jetzt Punkt 2 der Tagesordnung auf: Ernennung von zwei vorläufigen Schriftführerinnen und Schriftführern, damit ich nicht so allein hier oben bin und Hilfe bekomme.
Die Geschäftsordnung sieht vor, dass die Alterspräsidentin zwei Abgeordnete zu vorläufigen Schriftführerinnen oder Schriftführern ernennt, und zwar die zwei jüngsten und zur Annahme des Amtes bereiten Mitglieder der Bürgerschaft. Das ist geklärt und daher bitte ich Frau Kerlin und Herrn Dressel, hier oben Platz zu nehmen.
Ich rufe jetzt Punkt 3 der Tagesordnung auf: Namensaufruf, Feststellung der Beschlussfähigkeit und Konstituierungserklärung der Bürgerschaft.
Ich bitte nun die vorläufige Schriftführerin und den vorläufigen Schriftführer, den Namensaufruf vorzunehmen. Die Abgeordneten darf ich bitten, ihre Anwesenheit mit einem deutlichen Ja zu bekunden. Frau Kerlin beginnt.