Jens Böhrnsen

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Last Statements

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Angesichts der sehnlichst erwarteten Mittagspause will ich mich auf ganz wenige Anmerkungen beschränken! Die jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen, nie war die Vielfalt in Deutschland größer, 16,5 Millionen Menschen in Deutschland haben einen Migrationshintergrund – in Bremen ist es mehr als ein Viertel unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger –, und die meisten davon sind deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger. Deswegen ist Integrationspolitik nicht eine Politik der Mehrheit für eine Minderheit, sondern es geht darum, die Vielfalt gemeinsam zu gestalten, in Respekt, Toleranz und im Miteinander, und das machen wir in Bremen.
Dieser vorgelegte Entwicklungsplan ist ein Beispiel für Dialog, und ich schließe mich dem Dank, insbesondere an den Bremer Rat für Integration und an die Integrationsbeauftragte, an.
Im Übrigen kommt es nicht häufig vor, dass der Senat einen Bericht vorlegt und gleichzeitig dazu eine kritische Anmerkung.
Das dokumentiert, dass es eine fortwährende Beteiligung gibt, und fortwährend heißt zum Beispiel, dass
wir morgen – Frau Kollegin Quante-Brandt und ich – mit dem Bremer Rat für Integration zusammensitzen, wie schon wiederholt in der letzten Zeit, um natürlich weiter diesen Weg zu gehen, der nötig ist, ihn gemeinsam zu gestalten.
Die Bilanz ist ansehnlich, die Erfolge sind da, das ist dargelegt, aber niemand hat doch Zweifel daran, dass die Herausforderungen nach wie vor groß sind, übrigens nicht nur im Verhältnis von staatlichen Maßnahmen, sondern im gesamtgesellschaftlichen Bereich. Es geht um Arbeitsleben, kulturelle und gesellschaftliche Teilhabe, und nicht alles ist durch staatliche Maßnahmen zu regeln. Darum bemühen wir uns, zum Beispiel bei der größeren Beteiligung bei der frühkindlichen Bildung, aber es kommt auf eine Haltung und ein Klima in dieser Gesellschaft an,
und da darf ich einmal sagen, ich bin dankbar dafür, dass wir im Januar auf dem Bremer Marktplatz und an vielen anderen Stellen unserer Stadt und in Bremerhaven vor dem Columbus-Center gezeigt haben, was wir sein wollen, nämlich eine weltoffene, tolerante und bunte Stadt. Das ist die Grundlage einer Politik des Miteinanders und der Teilhabe. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, Freiheit des religiösen Bekenntnisses, Trennung von Staat und Kirche – das sind Errungenschaften des demokratischen Rechtsstaates. Deshalb ist es nicht selbstverständlich, dass wir hier über eine Predigt debattieren, die in einer bremischen Kirche gehalten worden ist. Ich weiß nicht, ob das schon häufig in diesem Parlament geschehen ist. Ich würde aber die Frage nach der Notwendigkeit, darüber zu diskutieren, mit einem ganz klaren Ja beantworten.
Dennoch ist es wichtig, zwei Aspekte auseinanderzuhalten. Gestatten Sie mir aber zuvor den Hinweis, dass die Predigt in der Innenstadtgemeinde Sankt Martini stattfand. Der eine oder andere, auch aus diesem Haus, wohnt in der Nähe einer anderen Gemeinde, die aber auch Sankt Martini heißt. Wir sollten die beiden Gemeinden nicht in Verwechslung bringen.
Die Predigt von Pastor Latzel am 18. Januar 2015 hat eine breite innerkirchliche, zum Teil theologische Debatte ausgelöst, eine Debatte, die ich als Mitglied der Bremischen Evangelischen Kirche sehr begrüße und an der ich mich, so es dafür Zeit und Möglichkeit gibt, gern beteilige. Es ist eine Debatte über Fragen wie: Was ist christlicher Glaube in einer multireligiösen Welt? Welche Botschaften verbinden sich mit dem christlichen Glauben? Wie ist das Verhältnis von Christen zu anderen Religionen? Vor allen Dingen: Was ist mit dem Markenkern der Bremischen Evangelischen Kirche, der Glaubens- und Lehrfreiheit der einzelnen Gemeinden? Letzteres ist ein kostbares Gut, das Vielfalt ermöglicht und gläubigen Christen in Bremen eine gute Möglichkeit gibt, sich zu engagieren.
Das ist eine Debatte, die ich als Senator für kirchliche Angelegenheiten, der ich auch bin, nicht kommentieren möchte, weil sie den innerkirchlichen Bereich betrifft. Ich weiß aber, dass diese Debatte mit großem Ernst, hohem Verantwortungsbewusstsein und viel Engagement in der Bremischen Evangelischen Kirche geführt wird. Wir sollten uns, sofern wir Mitglied der Bremischen Evangelischen Kirche sind, daran nach Möglichkeit beteiligen.
Aber – deswegen ist das hier ein Thema – Kirchen und Religionsgemeinschaften wirken nicht nur nach innen. Sie wirken in die soziale Welt einer Stadt und eines Landes hinein. Sie haben eine Rolle inne bei der Gestaltung unseres sozialen Zusammenlebens. Sie prägen Wertvorstellungen, sie prägen Haltungen, sie prägen Menschen. Mit den Worten, die in Kirchen gesprochen oder in Schriften verbreitet werden, sind sie auch Teil des politischen Lebens. Deshalb hat diese Predigt eine politische Dimension, mit der wir uns auseinandersetzen müssen. Die Predigt haben nicht nur die Menschen gehört, die in der Kirche saßen. Wir haben sie auf einer Internetseite abrufen und uns im Wortlaut anhören können; ihre Botschaft war also nach außen gerichtet. Die politische Wirkung dieser Predigt ist – ich kann es mit einem Wort beschreiben – verheerend. Deswegen ist das unser Thema.
Wer die Glaubensformen oder die religiösen Gefühle seiner Mitmenschen beleidigt, wer den inter
religiösen Dialog verunglimpft und – ganz konkret – Buddhisten, Katholiken oder Muslime in ihren Glaubensvorstellungen attackiert, der muss Widerspruch erfahren. Wir lassen uns nicht hineintreiben in ein Leben des Gegeneinanders, sondern wir wollen das tolerante Miteinander. Für ein solches Zusammenleben in unserer Gesellschaft tragen wir alle Verantwortung, auch ein Pastor auf seiner Kanzel. Diese Verantwortung muss auch dort wahrgenommen werden.
Ich schließe mich allen Äußerungen vonseiten der Koalitionsfraktionen, aber auch vonseiten der CDU und der LINKEN an, die zur inhaltlichen Würdigung dieser Predigt getätigt worden sind. Die Frage ist aber, was außer Worten wir einem solchen Predigttext entgegensetzen sollten. Wir können dem etwas entgegensetzen, zum Beispiel dadurch, dass wir uns gemeinsam um einen Dialog der Religionen und der Kulturen bemühen, wo immer wir es können.
Wir stehen dafür – das sollten wir klar sagen –, dass wir alle uns mit Respekt begegnen, mit Respekt vor dem Glauben des anderen, auch mit Respekt vor der Vielfalt und der Vielfältigkeit des Glaubens.
Ich habe hier schon – ich glaube, in der letzten Sitzung der Bürgerschaft – an eine Veranstaltung mit fast 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern erinnert, die Anfang Januar im Rahmen des interreligiösen Dialogs im Rathaus stattfand. Wir trafen uns dort zum wiederholten Mal. Vertreter von sieben Religionen kamen zusammen, aber nicht, um den Übertritt zu der jeweils anderen Religion zu vollziehen, sondern deshalb, weil wir alle erkannt haben, dass wir vereint auf einem Fundament stehen. Dazu bedarf es nicht unbedingt einer theologischen Formulierung, sondern der Übereinstimmung, schon im Interesse des menschlichen Zusammenlebens in der täglichen Praxis die Religion des anderen zu respektieren, anzuerkennen und sich dafür zu interessieren. Wir glauben, dass der Kern einer jeden Religion das friedliche, vertrauensvolle, menschliche Zusammenleben ist. Diese Überzeugung muss man einer Predigt wie der von Pastor Latzel entgegensetzen. Die Stadtgesellschaft in Bremen und Bremerhaven will nicht so leben, wie Pastor Latzel es von seinen Zuhörerinnen und Zuhörern erwartet. Das wäre nicht unser Bremen. Wir wollen ein anderes. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine
Damen und Herren! Über die Sicherheit in Deutsch land, über den Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor Gewalt, über die Wachsamkeit der demokratischen Gesellschaft, über die Verteidigung von Freiheits- und Menschenrechten muss die Politik in Deutschland immer reden, auch über solche Stichworte, die wir heute gehört haben. Ich bitte aber darum, dass wir jedenfalls heute diese Debatte nicht davon übertönen lassen und aus dem Fokus verlieren, worum es uns vor allem gehen muss, nämlich um die Grundlagen unseres Zusammenlebens in Mitmenschlichkeit, in Respekt voreinander und in Toleranz. Das ist das Entscheidende, was dieser Entschließungsantrag ausdrückt, der heute vorliegt, und dazu will ich für den Senat erklären, dass wir selbstverständlich und in völliger Übereinstimmung diesen Entschließungs antrag unterstützen.
Meine Damen und Herren, die Geschichte und
die Gegenwart lehren uns, dass Religionen für die Rechtfertigung von Gewalt missbraucht werden. Die Attentäter in Frankreich haben sich auf den Is lam berufen, und deswegen will ich auch an dieser Stelle sagen, dass die weit überwiegende Mehrheit der Muslime in Europa, in Deutschland und gerade auch in Bremen mit uns gemeinsam in Abscheu über
diese Verbrechen verbunden ist. Dafür möchte ich den Mitbürgerinnen und Mitbürgern muslimischen Glaubens in Bremen an dieser Stelle ganz herzlich danken, und ich weiß, dass sie das zum Ausdruck bringen wollen, gerade auch am nächsten Montag.
Unser Mitgefühl gilt den Opfern und den Men
schen in Frankreich. Wir haben das vielfältig zum Ausdruck gebracht, auch in Schreiben und in Worten gegenüber den Vertretern Frankreichs in Bremen. Ich weiß, dass das sehr aufmerksam zur Kenntnis genommen worden ist, und ich übermittele Ihnen auch den Dank zum Beispiel der Honorarkonsulin von Frankreich in Bremen oder des Leiters des Insti tut Français in Bremen, die eine Veranstaltung auch gerade heute dazu durchführen.
Die Anschläge machen noch einmal dramatisch
deutlich, worum es in unserem Zusammenleben im Kern geht, nämlich um Respekt untereinander, um Toleranz, um Mitmenschlichkeit und eben auch, dass man Vielfalt und Vielfältigkeit aushalten muss. Wir müssen den Satz, die Freiheit des einen stößt sich im Raum mit der Freiheit des anderen, zu einem gewaltlosen und gutem Ausgleich bringen, das ist die ständige Aufgabe eines demokratischen Rechts staats und bedeutet eine ganz konkrete Auseinan dersetzung. Meinungen anderer mögen uns nicht gefallen, wir mögen sie für falsch halten, aber das Recht, diese Meinung zu sagen, ist ein Freiheits- und Menschenrecht, für das die Menschheit lange gekämpft hat. Das ist eine Errungenschaft, und diese Werte verteidigen wir, zu diesen Werten stehen wir, zu diesen Werten bekennen wir uns, und gerade auch in Bremen.
Ich will Ihnen ein Beispiel sagen, das Mut macht.
Am vergangenen Sonntag sind im Rathaus über 500 Menschen zusammengekommen. Das Rathaus war selten so gefüllt wie am vergangenen Sonntag, weil sieben Religionen gemeinsam für den Frieden gebetet haben, und zwar jeweils gewissermaßen mit dem Kern ihrer Religion. Der Kern einer jeden Religion ist der friedliche Umgang miteinander. Das ist der Kern, und deswegen haben Religionen nicht nur das Potenzial zum Missbrauch – das haben sie auch –, aber vor allem haben sie die Kraft und, ich sage ganz offen, auch die Schönheit, Menschen zusammenzuführen und zusammenzubringen. Das war ein wunderbares Beispiel, wie Menschen auch in Bremen den Dialog der Kulturen und der Religionen pflegen, und das wollen wir uns von niemand kaputt machen lassen, weder von Attentätern in Frankreich, noch von Menschen, die hier in Deutschland ihr poli tisches Süppchen kochen und Fremdenfeindlichkeit, Islamfeindlichkeit, Antisemitismus predigen und das Wort reden. Das werden wir nicht hinnehmen und gerade in Bremen nicht, meine Damen und Herren.
Das eine ist das Bekenntnis zu Werten, das ist wich
tig. Das eine ist Haltung zu zeigen, das ist gerade in dieser Zeit wichtig, aber das andere ist auch wichtig, die konkreten Taten, unser konkretes Handeln dort, wo wir mit Vielfalt konfrontiert sind. Vielfalt ist nicht immer leicht auszuhalten, Zuwanderung ist nichts, was einfach so möglich und gut wird, denn – das Wort Willkommenskultur ist hier schon genannt worden – es darf nicht zur Phrase werden, sondern muss gelebt werden. Deswegen heißt unser Aufruf auch, Bremen tut etwas! Wir wollen zeigen, dass wir handeln, dass wir den Parolen etwas entgegen setzen, nämlich unseren festen Willen und unsere konkreten Taten für ein gutes, für ein tolerantes Zusammenleben in Bremen. Darauf kommt es vor allem an. Lassen Sie uns das Zeichen von heute in ein konkretes Miteinander in unseren Stadtteilen in Bremen und Bremerhaven fortsetzen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine
Damen und Herren! Frau Kollegin Stahmann hat das Entscheidende gesagt, ich will nur noch einige Bemerkungen anschließen! Erstens, die Debatte hat wieder einmal deutlich gemacht, es bedeutet poli tischen Mut, einen Armuts- und Reichtumsbericht vorzulegen. Den hat diese Koalition bewiesen, als sie im Jahr 2007 gesagt hat, wir wollten in jeder Le gislaturperiode einen solchen Bericht vorlegen, weil wir einen ungeschminkten, einen klaren Blick in die soziale Realität unserer Gesellschaft haben wollen. Diesen Mut hatten Sie nicht, als wir gemeinsam regiert haben, sonst hätten wir damals schon über solche Zahlen diskutieren können.
Wir wollen nicht nur Hochglanzbroschüren unter
das Volk bringen, sondern wir wollen klar sagen, wie die Lage ist. Nur, wenn man klar sagt, wie die Lage ist, kann und wird man auch etwas verändern können, und deswegen ist es gut, dass dieser Bericht vorliegt.
Zweite Bemerkung: Ich glaube, in Bremen wird
niemand der Bremer CDU und insbesondere ihrem Fraktionsvorsitzenden abnehmen, dass sie das soziale Gewissen entdeckt haben.
Dazu erinnern wir uns an zu viele zynische Bemer kungen des Fraktionsvorsitzenden und auch heute wieder.
Ist es nicht eine konkrete Hilfe für Menschen und
für Kinder, zum Beispiel, wenn sie länger gemeinsam lernen können, wenn sie eine verlässliche Betreu ungszeit haben, wenn sie verlässlich ein Mittag sessen bekommen haben? Ja, es ist eine konkrete Verbesserung, und das sollten Sie nicht kleinreden!
Außerdem frage ich die Bremer CDU: Wo waren
Sie denn, als wir Menschen helfen wollten, die von Dumping- und Hungerlöhnen betroffen sind? Wo waren Sie denn beim Landesmindestlohngesetz, und wie lange hat es denn gedauert, bis Sie dann schließlich akzeptiert haben, dass das auf Bundes ebene vereinbart worden ist? Wo waren Sie denn bei Möglichkeiten, Menschen zu helfen, über ihre Arbeit aus Armut herauszukommen? Ich habe Sie jedenfalls nicht gesehen.
Wenn Sie fragen, wer die Verantwortung für alles
übernimmt, was in diesem Armuts- und Reichtums bericht steht, dann weise ich darauf hin dass darin zum Beispiel auch steht, dass die Einnahmen aus Vermögen in keinem Bundesland so gestiegen sind wie in Bremen. Es ist die Frage, ob ich dafür jetzt Verantwortung übernehmen soll! Die Durchschnitts löhne sind in Bremen überdurchschnittlich stark gestiegen, dafür könnte ich auch Verantwortung übernehmen. Ich sage aber eines – und das gehört auch zur Kategorie Zynismus –: Wer verkennt, dass die Verteilung des Wohlstands in Deutschland und in Bremen auch ein Thema ist, der hat überhaupt nichts von der Realität in dieser Gesellschaft verstanden.
Ich gönne es jedem, in Reichtum zu leben, aber ich
habe die politische Erwartung und Forderung, dass es denen nicht egal ist, wie man im übrigen Teil der Gesellschaft lebt, sondern dass man zusammenhält.
Das meinen wir mit einer Politik des sozialen Zu sammenhalts, die nicht nur nach der Lage der einen fragt, sondern auch danach, was der andere Teil der Gesellschaft dazu beitragen kann, damit wir sozial zusammenhalten. Das ist unsere Politik, und das wird unsere Politik bleiben!
Dritte Bemerkung: Die sogenannte Armutsquote/
Armutsgefährdungsquote hat ja etwas mit Einkom men zu tun, nämlich armutsgefährdet als solcher gilt, wer weniger als 60 Prozent des Durchschnitts einkommens hat. Wenn da von einigen dann nur auf den Staat gezeigt wird, dann frage ich mich ja: Was haben Sie eigentlich für ein Verständnis? Geht es nur um staatliche Transferleistungen? Nein, es geht um beides! Es geht darum, dass Menschen aus Arbeit ein eigenständiges Leben finanzieren können, und bei denen, die das nicht können, geht es um staatliche Transferleistungen und um Hilfe, um in den Bereich der Arbeit zu kommen. Das ist gemeinsame Armutsbekämpfung, und deswegen hat es etwas mit dem Staat zu tun, aber natürlich auch mit der Wirtschaft, mit wirtschaftlicher Entwicklung.
Wir sehen beides: Für uns ist Armutsbekämpfung
eine starke Wirtschaftspolitik, eine kräftige Sozial politik und eine erfolgreiche Bildungspolitik. Wir setzen auf Wachstum bei Arbeit und Wirtschaft – es geht um Arbeitsplätze, und da haben wir Erfolge, 16 500 mehr sozialversicherungspflichtige Arbeits plätze in kürzester Zeit, sind ein Erfolg – und vieles andere mehr.
Ich sage Ihnen hier an dieser Stelle, die Zusam
menschau und vor allen Dingen das Begreifen, dass die Dinge zusammengehören – Wirtschaftspolitik, Arbeitspolitik, starkes sozialpolitisches Engagement und Bildungspolitik –, sind das Markenzeichen dieser Koalition. Mit diesem Markenzeichen, da nehme ich Ihre Bemerkung auf, darf man Erwartungen und Hoffnungen für die nächste Wahl haben, wir haben sie auch. Wir haben die Erwartung, die Hoffnung und den festen Willen, darauf zu setzen, dass die Menschen davon überzeugt sind, dass wir diese Dinge auch in Zukunft zusammenbringen, zusammenhalten, und Stück für Stück die Dinge verbessern, die tatsächlich verbessert werden müssen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es geschieht nicht besonders häufig, dass ein Gesetz ungeteilte Zustimmung erfährt und auch so viel Freude auslöst. Beides ist gerechtfertigt. Man darf es schon historisch nennen, dass das erste Mal in der Geschichte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks die Gebühr beziehungsweise der Beitrag nicht nach oben steigt, sondern dass es zu einer Beitragssenkung kommt, und mindestens für bremische Dimensionen ist es historisch, dass wir für Radio Bremen eine Zukunftssicherung erreicht haben. Ich darf daran erinnern, dass wir im Jahr 1999 hier im Parlament über eine Senkung des Finanzausgleichs haben reden und diese in gewissem Umfange auch haben erleiden dürfen. Damals sank der Finanzausgleich von 2 Prozent auf 1 Prozent. Radio Bremen erhielt Unterstützung für seine Strukturanstrengungen, aber wir wissen heute, dass das nicht in Ordnung, für Radio Bremen nicht auskömmlich und nicht angemessen war. Dennoch – das will ich an dieser Stelle betonen – ist das, was wir heute als Erreichtes würdigen können, ganz erheblich darauf zurückzuführen, dass sich Radio Bremen der großen Aufgabe gestellt hat, seine Struktur zu verändern. Wir erinnern uns alle auch an den Umzug ins Stephaniviertel und daran, was das für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedeutet hat. Deswegen drücke ich an dieser Stelle Radio Bremen meinen Respekt für diesen Weg, der im Jahr 1999 begonnen und über viele Anstrengungen heute zu einem guten Ergebnis geführt hat, aus. interjection: (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)
Ich habe mich gerade mit dem Chef der Senatskanzlei, Herrn Dr. Joachim, darüber ausgetauscht, wie lange uns das Thema eigentlich begleitet hat. Meine Amtszeit hat es in Gänze begleitet. Ich kann mich an kaum eine Ministerpräsidentenkonferenz mindestens der vergangenen acht Jahre erinnern, bei der das nicht Thema war. Das war ein ganz langer Weg. Auf diesem Weg hat es sich bewährt, dass der Intendant, Herr Metzger, und auch sein Vorgänger im Rahmen der ARD an den Aufträgen konstruktiv mitgearbeitet haben, die von den Ministerpräsidenten auch in diese Richtung gegangen sind. Im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz hat sich zudem etwas bewährt, was wir vor wenigen Tagen hier in Bremen auf einem anderen Feld haben pflegen können: die Verbindung mit dem Saarland, das ja ein ähnliches Interesse hat wie wir, nämlich den Saarländischen Rundfunk zu sichern. Der Saarländische Landtag hat vor einigen Wochen aus gleichem Anlass einhellig und mit großer Zustimmung gewürdigt, dass neben Radio Bremen auch der Saarländische Rundfunk mit diesem Staatsvertrag eine gute Zukunft findet. Ich denke, man kann ihm mit großer Freude zustimmen. Ich wünsche Radio Bremen alles Gute. Ich höre jeden Morgen Radio Bremen im Autoradio, sage aber nicht welche Welle. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine
Damen und Herren! In einer Regierungserklärung im Juli habe ich angeboten und zugesagt, das Parlament im Zusammenhang mit den Ministerpräsidentenkon ferenzen im Oktober und Dezember jeweils zeitnah zu informieren. Wir haben vor der letzten Ministerprä sidentenkonferenz vom 16./17. Oktober in Potsdam ein Gespräch mit den Fraktionsvorsitzenden geführt, und ich danke für die Gelegenheit, dass ich heute in der Aktuellen Stunde über die Ministerpräsidenten konferenz der vergangenen Woche berichten kann.
Es geht um die Neugestaltung der Bund-Länder
Finanzbeziehungen. Der Ausgangspunkt ist uns allen bewusst, ich sage ihn hier noch einmal in Stichworten: Es geht um das föderale System, um eine tragende Säule dieses Systems für die Zeit ab dem Jahr 2020,
denn wir wissen, am Ende des Jahres 2019 läuft der Solidarpakt, also die besondere Förderung für die neuen Bundesländer, aus, Ende des Jahres 2019 endet der Länderfinanzausgleich im eigentlichen Sinne, und ab dem Jahr 2020 haben alle Länder die Schuldenbremse einzuhalten.
Auf der Tagesordnung steht deshalb ein Bündel
von Themen, die gerade für Bremen von herausra gender Bedeutung sind. Das sind die Regeln und die Voraussetzungen für die dauerhafte Einhaltung der Schuldenbremse, es geht um die Zukunft des Länderfinanzausgleichs, es geht um die Zukunft des Solidaritätszuschlags, es geht um den Umgang mit Altschulden, und für die neuen Bundesländer, das ist ganz wichtig, geht es um die Frage einer Fortsetzung der Unterstützung für diese Länder.
Ich habe in der Regierungserklärung im Juli darge
legt, dass der Senat zu all diesen Themen eine klare Position hat, und Sie können fest davon ausgehen, dass wir diese Position mit Nachdruck vertreten, Frau Kollegin Linnert in der Finanzministerkonferenz und ich in der Ministerpräsidentenkonferenz. Da wir das nicht alles allein machen können, will ich mich an dieser Stelle einmal ganz herzlich bei ganz vielen engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei der Senatorin für Finanzen und in der Senatskanzlei bedanken. Sie und Professor Dr. Joachim Wieland, unser Prozessbevollmächtigter im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, von dem wir heute auch gelesen haben, leisten wertvolle Unterstützung für das, was wir für Bremen erreichen wollen. Vielen Dank dafür!
Im Mittelpunkt der Ministerpräsidentenkonfe
renz am 16./17. Oktober in Potsdam standen die vertikalen Finanzbeziehungen, das heißt, die Fi nanzbeziehungen zwischen dem Bund und allen Ländern. Es war nicht beabsichtigt, und es ist auch nicht so gekommen, dass wir jetzt schon endgültige Ergebnisse für diesen Bereich verkünden können. Das ist auch ganz im Sinne Bremens, denn es gibt vielfältige Wechselwirkungen zwischen den verti kalen Finanzströmen, also zwischen dem Bund und den Ländern, und den horizontalen Finanzströmen, also zwischen den Ländern.
Um es einmal ganz konkret zu sagen: Ich freue
mich dann vielleicht über manche Zugeständnisse aus den Südländern im Zusammenhang mit den vertika len Finanzbeziehungen, aber bevor ich nicht weiß, ob sie ihre Attacken gegen die Einwohnerwertung der Stadtstaaten weiterführen – und das weiß ich im Moment noch nicht endgültig –, kann ich nicht sagen, ob wir in einer Gesamtbetrachtung für Bremen und für andere Länder ein gutes Ergebnis haben. Deswegen haben die Ministerpräsidenten nach der Konferenz in Potsdam einvernehmlich festgestellt,
diese Gesamtbetrachtung wird dann möglich sein, wenn wir auf der nächsten Ministerpräsidentenkonfe renz am 11. Dezember in Berlin über die horizontale Finanzverteilung in Deutschland gesprochen haben und dann ein Gesamtbild haben. Dann kann jedes Land, und dann kann auch Bremen erst endgültig beurteilen, ob unser Ziel, nämlich die finanzielle Handlungsfähigkeit auf Dauer sicherzustellen, er reicht ist oder nicht.
Gleichwohl, meine Damen und Herren, lässt sich
nach dieser Ministerpräsidentenkonferenz in Potsdam sagen, dass es erste Wege möglicher Verständigung gibt, Wege, die so im Vorfeld gar nicht zu erwarten waren. Wenn Sie die Presse in den letzten Wochen und Monaten verfolgt haben, dann haben Sie fest stellen können, dass im komplizierten Geflecht der Länderfinanzbeziehungen und der unterschiedli chen Interessenlagen, auch der Ausgangssituation der einzelnen Länder, wo sich übrigens nichts nach Parteienfarben organisiert, sondern wo es wirklich immer jeweils um die Interessenlage der Länder geht, nicht unbedingt zu erkennen war, wohin die Reise gehen würde.
Nach Potsdam können wir sagen, es gibt eine
einhellige Position der Länder zur Zukunft des So lidaritätszuschlags. Die Länder sind einheitlich der Auffassung, dass die Einnahmen aus dem Solidaritäts zuschlag für die öffentlichen Haushalte in Deutschland erhalten bleiben müssen. Der Solidaritätszuschlag war und ist Ausdruck der Solidarität zwischen dem Westen und dem Osten, und wer auf die Situation in Deutschland und seine Länder schaut, der weiß, auf Solidarität unter den Ländern werden wir auch in Zukunft nicht verzichten können. Solidarität heißt, dafür zu sorgen, dass überall in Deutschland, so, wie es das Verfassungsgebot sagt, gleichwertige Lebensverhältnisse möglich sind. Das ist nicht gesi chert, und deswegen brauchen wir eine gleiche und vergleichbare finanzielle Handlungsfähigkeit des Bundes, der Länder und vor allem auch der Kommu nen in Deutschland, dafür werden die Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag gebraucht.
Ich glaube, man kann es auch erklären, dass Solida
rität über lange Zeit eine Frage der Himmelsrichtung von West nach Ost war und dass Solidarität in Zukunft mit den Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag heißt, unabhängig von Himmelsrichtung, dort, wo es nötig ist. Diese Ausgangsposition teilen die Länder und vermutlich auch der Bund. Da ich über die Mi nisterpräsidentenkonferenz berichte, halte ich mich mit Mutmaßungen über das Verhalten des Bundes im Moment zurück.
Die Frage ist, wie eine Fortführung des Solidari
tätszuschlages möglich ist und wie sie sein sollte. Es gibt zwei denkbare Möglichkeiten, das verfassungs
konform zu regeln: Das eine ist die Fortführung einer Ergänzungsabgabe, wie es bisher der Fall ist, und das andere wäre die Integration des Solidaritätszu schlags in die Steuern auf Einkommen, also in die Einkommenssteuer, die Körperschaftssteuer und die Zinsabschlagssteuer.
Es gibt einen unbestreitbaren Vorteil, und deswe
gen ist es auch kein Geheimnis, was das Mittel der ersten Wahl aus Bremer Sicht gewesen wäre, das ist eine Ergänzungsabgabe. Sie würde es ermöglichen, dass wir mit dem Aufkommen aus dem Solidaritäts zuschlag konkrete strukturelle Probleme zielgerich tet anfassen können, im Osten die wirtschaftliche Strukturschwäche und im Westen etwa das, was uns und andere quält, das sind die hohen Altschulden, aber, meine Damen und Herren, für diese Ausrich tung gibt es keine Mehrheit. Dagegen gibt und gab es beharrlichen Widerstand, insbesondere aus den Südländern Baden-Württemberg, Hessen, Bayern, aus Sachsen und vielen anderen Ländern, und der Bund hat sich ebenfalls diesem Weg verweigert.
Die Mehrheitsmeinung geht deswegen dahin, den
Solidaritätszuschlag in die Steuertarife auf Einkom men zu integrieren. Das hat einen unbestreitbaren Vorteil, weil es nämlich zugleich sicherstellt, wie die Verteilung dieser Mehreinnahmen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden erfolgt, wie es bei den Gemeinschaftssteuern üblich ist. Deswegen hat diese Integrationslösung auch in der kommunalen Familie in Deutschland, beim Städtetag und vielen anderen, viele Fürsprecher, weil diese Mehreinnah men zugleich bei den Gemeinden ankommen. Wir sind ein Stadtstaat mit zwei Gemeinden, uns hilft die Entlastung sowohl auf kommunaler als auch auf der Landesebene.
Für Bremen wäre die Integration des Solidari
tätszuschlags in die Steuern auf Einkommen direkt positiv, wir hätten, vorsichtig gerechnet, zwischen 64 und 68 Millionen Euro Mehreinnahmen. Übrigens profitieren die Stadtstaaten je Einwohner gerechnet am meisten von dieser Integration in die Steuern. Allerdings gibt es, das muss man sagen, einen Nach teil: Bei der Verteilung dieser Mehreinnahmen über die bisherigen Regelungen für die Verteilung der Gemeinschaftssteuern schneiden die steuerstarken Länder nämlich am besten ab. Wer steuerstark ist, hat auch einen hohen Zuwachs, und wer nicht steu erstark ist, hat einen bescheidenen.
Es gibt etwas Weiteres: Diese Steuermehreinnah
men werden dann natürlich über den Länderfinanz ausgleich umverteilt, aber auch nach der Verteilung durch den Länderfinanzausgleich – das muss man den Südländern immer wieder sagen – bleiben die Südländer überproportional diejenigen, die am besten und meisten profitieren.
Wenn es zu einer solchen Lösung kommt, und
das deutet sich an, dann muss man den Südländern allerdings sagen, dass ihre Forderungen nach Entlas tung im Länderfinanzausgleich mit Sicherheit durch
die Mehreinnahmen in Form der Integration des Solidaritätszuschlags in die Steuern auf Einkommen abgegolten sind, und – das sage ich jetzt mit aller Vorsicht! – insoweit gibt es auch gewisse Signale von den Südländern, zumindest in der Ministerpräsiden tenkonferenz der vergangenen Woche.
Ich habe für Bremen in dieser Konferenz erklärt,
dass wir diesen Weg nur mitgehen können, wenn zugleich eine Lösung für Länder mit hohen Altschul den gefunden wird. Ich habe darauf hingewiesen, dass Bremen alle Anstrengungen unternimmt, bis zum Jahr 2019 das Haushaltsdefizit auf null zu re duzieren, dass wir aber in der Zeit bis dahin und vor allem dann in der Zeit nach 2020 in der Lage sein müssen – Verfassungsgebot der gleichwertigen Lebensverhältnisse! –, unseren Bürgerinnen und Bürgern vergleichbare Standards und Leistungen bei der öffentlichen Aufgabenwahrnehmung zu bieten wie im übrigen Deutschland. Das ist unsere zwingende Erwartung und Forderung an eine Reform des Länderfinanzausgleichs.
Dieser Erwartung kann auch niemand widerspre
chen und hat auch niemand widersprochen, denn die große Überschrift über den gesamten Reformanstren gungen – und das im Übrigen geeint zwischen Bund und Ländern – lautet: Jedes Land der Bundesrepublik Deutschland, jede Gebietskörperschaft unserer drei föderalen Ebenen muss die ihm zugewiesenen ver fassungsgemäßen Aufgaben erfüllen können, das ist die Aufgabe. Es geht nicht darum, auf irgendeinem Basar mehr oder weniger zu erreichen, sondern es geht darum, dieses Verfassungsgebot zu erfüllen.
Wenn Sie sich an die Presseberichterstattung im
Vorfeld der Konferenz erinnern, dann werden Sie festgestellt haben, dass es einen verbreiteten tief greifenden und zum Teil mit ziemlich polemischen Äußerungen vorgetragenen Widerstand gegen jede Form einer Altschuldenhilfe gegeben hat. Ich will hier jetzt nicht bayerische Finanzminister oder andere zitieren, was sie dazu alles gesagt haben, aber vor dem Hintergrund einer solchen doch ziemlich breiten Ablehnungsfront, denke ich, darf man es schon als Erfolg für Bremen bezeichnen, dass die Ministerprä sidenten sich einig geworden sind, dass Länder, die mit Altschulden hoch belastet sind, Unterstützung erhalten sollen. Das ist die einheitliche Haltung der Ministerpräsidenten, das ist ein wichtiger Schritt für Bremen, denn es herrscht sogleich Einigkeit darüber, dass zu diesen Ländern Bremen und das Saarland gehören und möglicherweise – aber auch nur mög licherweise – weitere Konsolidierungsländer, Sie wissen, dazu gehören Sachsen-Anhalt, SchleswigHolstein und Berlin.
Ich möchte an dieser Stelle, wie ich es auch auf
der Konferenz getan habe, ausdrücklich würdigen, dass der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer ausdrücklich erklärt hat, dass er seine bisherige Posi tion in dieser Frage der Altschuldenhilfe aufgebe und eine solche Altschuldenhilfe mittragen würde. Er hat
deswegen ganz wesentlich dazu beigetragen, dass in dieser Konferenz diese Einigkeit erzielt worden ist.
Diese Grundverständigung, die ein Erfolg ist – das
sehen die Saarländer und die Bremer in gleicher Weise –, verführt uns noch nicht zu Jubelstürmen, sie ist der erste Schritt. Jetzt geht es darum, in den nächsten Wochen und Monaten – am besten dann schon notifiziert im Dezember beziehungsweise in der Folge weiter ausgearbeitet – die konkrete Ausge staltung der Altschuldenhilfe festzulegen. Ich sage, ich möchte mir eigentlich nicht auf einer Konferenz irgendeinen Geldbetrag gewissermaßen zustecken lassen, sondern wir brauchen für die Freie Hanse stadt Bremen eine strukturelle Veränderung, eine strukturelle Regelung, die uns auch in schwierigen Zeiten hilft. Ich spreche davon, dass kein Mensch sagen kann, wie die wirtschaftliche Entwicklung weitergeht. Sie verläuft bekanntlich immer in Wellen, im Übrigen auch die Zinshöhe, und wir dürfen, um das konkret zu sagen, einem Zinsänderungsrisiko nicht schutzlos ausgeliefert sein.
Ich vermute, es wird eine Regelung geben, die
an die Höhe des Schuldenstands anknüpft, die sich also an dem überdurchschnittlichen Schuldenstand orientiert, und ich vermute außerdem, dass es eine Regelung geben wird, die uns auch verpflichtet und in die Lage versetzt, nicht nur unsere Zinsen zu bezahlen, sondern auch, an die Tilgung unserer Schulden gehen zu können.
Meine Damen und Herren, es ist ein ganz wichtiger
Schritt, dass wir nicht nur den Status quo gewisser maßen sichern, also in der Lage sind, den Banken die Zinsen zu bezahlen, sondern dass wir auch die Richtung ändern können, damit nicht weitere Schul den entstehen, sondern dass sie abgebaut werden. Das wäre die Trendwende, die wir erreichen wollen. Ich bin nach der Konferenz in Potsdam doch eini germaßen zuversichtlich, dass es uns gelingen kann, eine Regelung zu finden, die wetterfest ist, die nicht nur bei Sonnenschein funktioniert, sondern die auch in schweren Zeiten unsere finanzielle Handlungs fähigkeit sichert.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit sagen, dass
ich von den Erfahrungen – Herr Röwekamp war ja auch zum Teil dabei – der Beratungen der Födera lismusreform II geprägt bin. Wir haben in einer Zeit von hohen Steuereinnahmen, von hervorragenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen über die Schul denbremse gesprochen, und wir waren guten Mutes, dass unter diesen Bedingungen die Regelungen der Schuldenbremse ganz einfach einhaltbar sein würden. Als die Schuldenbremse im Grundgesetz stand, haben wir uns alle angeschaut und gesagt, na ja, die Wirtschafts- und Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009 haben wir uns in dieser Form nicht vorge
stellt, und schon führten wir die Debatte, ob nicht die Ausnahmevorschrift, die besagt, dass man in ganz schwierigen Zeiten auch gewisse Modifikationen von der Schuldenbremse vornehmen darf, praktisch werden müsste. In eine solche Situation sollten wir nicht kommen. Also, bei den Themen Integration, Solidaritätszuschlag und Altschuldenhilfe sind wir auf einem guten Weg.
Ein wichtiger Punkt für Bremen wie für viele Län
der und Gemeinden ist die Beantwortung der Frage, wie die Entlastung von den hohen Sozialausgaben durch den Bund weitergeführt werden kann. Wir haben ja Entlastungen, wir haben die Übernahme der Grundsicherung durch den Bund, wir haben zum 1. Januar 2015 die Übernahme der BAföG-Ausgaben durch den Bund, und im Koalitionsvertrag für die gegenwärtige Bunderegierung ist ja eine weitere Entlastung von fünf Milliarden Euro angekündigt, und zwar anknüpfend an die Eingliederungshilfe, die Hilfe für behinderte Menschen.
Auf der Konferenz in Potsdam ist diskutiert worden,
ob man nicht tauschen sollte. Die Entlastung soll nicht über die Eingliederungshilfe erfolgen, sondern dadurch, dass der Bund Teile – nicht alles, sondern in Höhe von fünf Milliarden Euro –, der Kosten der Unterkunft übernimmt. Insgesamt, meine ich, sind es etwa 8,5 Milliarden Euro bei den Kosten der Un terkunft. Ich habe im Grundsatz Sympathie dafür, zum einen deshalb, weil Bremen dadurch sehr viel höher entlastet werden würde, und zum anderen, weil dadurch der Haushalt konjunkturresistenter wird. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten, wenn die Steuereinnahmen möglicherweise nicht so sprudeln wie in anderen Zeiten, steigen auch häufig gleichzeitig die Ausgaben im Bereich der Kosten der Unterkunft, und dann haben wir gegenläufige Entwicklungen, die uns Schwierigkeiten machen.
Es gibt bei anderen Ländern die Sorge, dass die
Dynamik bei der Eingliederungshilfe so groß ist – wir wollen ja auch ein Bundesteilhabegesetz entwickeln, mit dem möglicherweise eine weitere Kostensteige rung verbunden ist –, dass man den Bund aus seiner Mitfinanzierungspflicht, die dann über die Eingliede rungshilfe zu leisten wäre, nicht entlassen sollte. Die Diskussion ist in Potsdam noch nicht zu Ende geführt worden. Bezogen auf eine Anfrage der LINKEN im Deutschen Bundestag, ob sich das nicht irgendwie auf die Einwohnerwertung auswirken könnte, wenn die Entlastung bei den Kosten der Unterkunft statt findet, will ich hier sagen, die Bundesregierung hat eindeutig geantwortet, dass sie das nicht so sieht. Natürlich würden wir keinerlei Gefährdung der Ein wohnerwertung auf einem solchen Weg überhaupt nur in Kauf nehmen. Die Debatte darüber ist, wie gesagt, noch nicht zu Ende geführt.
Es gibt noch viele weitere Themen, die ich hier
nur stichwortartig nennen will, sonst würde ich Ihre Geduld zu sehr strapazieren. Es geht um die Um setzung des Europäischen Fiskalpakts, es geht um
Regeln zur Überwachung der Länderhaushalte. Ich sage einmal für Bremen, ich sehe das entspannt. Wer Hilfe und Unterstützung von Ländern bekommt – wir erhalten Konsolidierungshilfen in Höhe von 300 Millionen Euro –, der muss auch bereit sein, dass sein Haushalt angeschaut wird, der muss gläserne Taschen haben, und er muss sich auch erklären, wie er mit den Finanzmitteln umgeht. Das halte ich für selbstverständlich. Dieser Punkt ist für uns, glaube ich, nicht so anstrengend, für andere Länder gilt das nicht. Wenn Sie den Bayern, Baden-Württembergern und Hessen sagen, der Bund wolle aber ein bisschen in ihren Haushalten nachschauen, dann reagieren sie sofort, weil sie das als heftige Attacke auf ihre Eigenstaatlichkeit ansehen.
Ähnlich verhält es sich mit der Bundessteuerver
waltung, ich weiß nicht, ob Kollegin Linnert auf ihre Finanzbeamten verzichten möchte.
Sie arbeiten großartig, sie werden auch beim Bund
gut arbeiten. Ich bin da schmerzlos und sage mir, die Eigenstaatlichkeit der Länder hängt nicht unbedingt davon ab, wer die Steuern einnimmt, aber das sind noch zu diskutierende Punkte.
Es geht natürlich um die weitere Unterstützung
der ostdeutschen Länder. Man muss sich einmal vor Augen führen, auch wenn wir über unsere Haushalts situation klagen, dass die neuen Bundesländer von diesem Jahr an gerechnet bis zum Jahr 2015 rund fünf Milliarden Euro für ihre Haushalte verlieren,
natürlich degressiv gestaltet. Man kann sagen, sie wussten es, aber dennoch werden die betroffenen Landtage keine Steigerung diskutieren müssen, son dern sie müssen diskutieren, wie sie fünf Milliarden Euro weniger ausgeben, und das ist für sie auch gar nicht so einfach.
Ich habe erwähnt, am 11. Dezember findet die
nächste Etappe während der Ministerpräsidentenkon ferenz statt. Es wird um den Länderfinanzausgleich im engeren Sinne gehen. Dazu habe ich die Position des Senats in der Regierungserklärung im Juli dargelegt, ich fasse sie noch einmal zusammen: Wir werden natürlich im Schulterschluss mit den norddeutschen Ländern für die Einwohnerwertung kämpfen. Es bleibt eine unanständige Sache, dass diese Attacke immer noch nicht aufgegeben worden ist, und es ist völlig klar, am Ende eines solchen Prozesses der Neugestaltung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen muss auch stehen, dass die klagenden Länder Bayern und Hessen ihre Klage vor dem Bundesverfassungs gericht zurückziehen,
das ist eine Conditio sine qua non. Ich darf daran erin nern, dass Bremen eine noch von der Großen Koalition eingebrachte Klage beim Bundesverfassungsgericht auch zurückgezogen hat, nachdem die Ergebnisse der Föderalismusreform II präsentiert worden sind und sie im Gesetzesblatt standen. Ähnliches wird man genauso erwarten müssen.
Wir werden natürlich weiter dafür eintreten, dass
sich unsere starke Wirtschaftskraft in der Finanzkraft widerspiegelt, und Sie können ganz sicher sein, dass es mit uns keine Zustimmung zu Zu- und Abschlags rechten bei der Einkommensteuer geben wird. Es wird von uns auch keine Zustimmung, wie es von einigen vorgeschlagen wird, für unterschiedliche Standards in der Sozialgesetzgebung geben. Das widerspricht total unserer Vorstellung eines solida rischen Föderalismus in Deutschland.
Ich möchte zusammenfassend sagen, das stabile
Fundament der bremischen Finanzen besteht aus vielen Bausteinen. Der allererste ist, dass wir eine starke Wirtschaft brauchen, dass wir eine positive Entwicklung haben, gute Steuereinnahmen, mög lichst zusätzliche Einwohner, eine gute Entwicklung natürlich für Bremen haben und damit eine Grundlage schaffen. Der zweite Baustein ist, dass wir weiterhin eine ganz verantwortungsbewusste Haushaltspolitik machen und uns anstrengen, bis zum Jahr 2020 das zu leisten, was das Grundgesetz von uns verlangt, nämlich die Schuldenbremse einhalten zu können.
Ein weiterer Baustein ist, dass wir durch die Inte
gration des Solidaritätszuschlags in die Steuern auf Einkommen Mehreinnahmen erzielen, das wird uns helfen, ich habe dazu auch eine Zahl genannt, ein weiterer Baustein ist eine Altschuldenhilfe. Ich hüte mich davor, jetzt eine Zahl zu nennen, ich habe ge sagt, woran sich das vermutlich messen wird, nämlich an der Frage, inwieweit unser Schuldenstand den durchschnittlichen Schuldenstand anderer Länder, vielleicht auch der Stadtstaaten, übersteigt.
Der nächste Baustein wird ein angemessener
Länderfinanzausgleich sein, und schließlich der Baustein der Entlastung bei den Sozialausgaben. Dann ziehen wir einen Strich darunter und sagen, das, was da in Euro und Cent strukturell gesichert für die Zeit ab dem Jahr 2020 zur Verfügung steht, ist das, was Bremen braucht, um seinen Auftrag zu erfüllen, den Bürgerinnen und Bürgern unserer beiden Städte vergleichbare Lebensverhältnisse wie in anderen Ländern zu gewährleisten. Das wird der Maßstab sein, an dem wir das beurteilen, und nur, wenn dieser Maßstab angemessen erfüllt ist, wird der Senat auch vor die Bürgerschaft treten können, um
zu sagen: Wir haben ein gutes Verhandlungsergebnis erreicht. Daran werden wir weiter arbeiten, darauf können Sie sich verlassen, und ich sage an dieser Stelle noch einmal zu: Ich werde Ihnen auch in der Zukunft gern zeitnah über den weiteren Fortgang der Verhandlungen berichten. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, meine
Damen und Herren! Dass ich für diese Klarstellung sehr dankbar bin, werden Sie verstehen.
Ich möchte gern darauf hinweisen, dass wir über
sehr viele Monate, eigentlich seit Ende 2012, mit den Vertretern der alevitischen Gemeinden im Gespräch sind; nicht deswegen, weil es so kompliziert ist, sich zu verständigen, sondern weil es uns nicht nur darum geht, ein paar Paragrafen aufzuschreiben, sondern darum, das Miteinander zu organisieren, auch dort, wo es vielleicht Probleme gibt. Deswegen hat es seit Ende des Jahres 2012 mit Vertretern der alevitischen Gemeinden und fast allen Senatsressorts Gespräche darüber gegeben, wo wir noch weitere Verbindungen aufbauen können, wo die alevitische Gemeinden noch mehr Beiträge für die Gesellschaft leisten kann, aber auch, wo der Staat und die Gesellschaft noch mehr Beiträge für die alevitischen Gemeinden leisten können. Das ist ein langer Prozess gewesen, und aus diesem Prozess ist ein Vertragstext entstanden. Deswegen war der Weg dahin schon wichtig, und der Vertrag ist es erst recht.
Ich glaube, die Mitglieder der alevitischen Ge
meinden werden mit großer Freude zur Kenntnis nehmen, dass hier in der Bremischen Bürgerschaft eine einhellige Zustimmung geäußert worden ist, und ich darf auch noch einmal sagen, der letzte Artikel dieses Vertrages heißt schlicht: „Dieser Vertrag tritt mit der Zustimmung der Bremische Bürgerschaft in Kraft.“ Das machen wir natürlich in erster Linie aus Respekt vor dem Parlament, aber es gibt einen viel tieferen Grund, und dieser ist, dass nicht der Senat als Institution einen Vertrag schließt, sondern dass die Repräsentantinnen und Repräsentanten der bremischen Gesellschaft diesen Vertrag mit diesem
Gemeinden schließen, und das ist das eigentlich Bedeutende.
Dieser Vertrag reiht sich, das ist wichtig, in eine
Kette von Verabredungen mit der Evangelischen Kirche, mit der Katholischen Kirche, dem Heiligen Stuhl, mit der Jüdischen Gemeinde und zuletzt mit den islamischen Religionsgemeinschaften ein. Mit all diesen Verträgen und jetzt mit der Vereinbarung mit den Aleviten wollen wir zuallererst Anerkennung sowie Wertschätzung zum Ausdruck bringen, und ich sage ganz ausdrücklich auch Danke für den Beitrag von Kirchen und Religionsgemeinschaften zum religiösen, kulturellen und ganz besonders zum sozialen Leben in unserem Land.
Herr Seyrek hat den Satz gesagt, das Alevitentum
sei eine Bereicherung für unsere Gesellschaft. Wir sollen nach meiner Überzeugung insgesamt Pluralität, Verschiedenheit der Kulturen und Religionen ja nicht als Bedrohung ansehen, sondern die Chance sehen, die darin liegt, um besser zusammenzufinden. Ich habe mit Freude gehört, mit welcher Offenheit die Aleviten uns begegnen, aber umgekehrt muss es genauso sein: Nicht nur wir als Repräsentanten, als öffentliche Repräsentanten, sondern – das ist ja die herzliche Bitte an uns alle als Bürgerinnen und Bür ger –, auch wir sollten neugierig auf das Leben einer Religionsgemeinschaft und auch bereit sein, etwas kennenzulernen. Am besten ist es, wenn man sich selbst ein Bild davon macht, indem man Gespräche führt, das ist das eigentlich Wichtige, und das kann dieser Vertrag leisten.
Ich kann nicht stehen lassen, wenn Herr Rohmeyer
sagt, dieser Vertrag regele ja eigentlich gar nichts. Doch, er regelt sehr viel, wenn man genau hinschaut, im Übrigen auch sehr konkret Dinge, die noch nicht gesetzlich geregelt sind und die noch der Umsetzung harren, zum Beispiel das Sonn- und Feiertagsgesetz, denn wir haben mit den Kirchen, aber eben auch mit der Jüdischen Gemeinde, mit den islamischen Religionsgemeinschaften und nun mit den Aleviten verabredetet – und da kommen wir ja auch noch auf Sie zu, dass auch der Schutz der Feiertage einen gesetzlichen Rang bekommt. Das ist für Religionsge meinschaften und Kirchen immer ein ganz wichtiger Aspekt auch des Respekts, der ihnen gegenüber vom Staat und von der Öffentlichkeit ausgeht, und deswegen erwähne ich das hier ganz ausdrücklich.
Ich teile die Auffassung, dass der Vertrag das eine
ist, das andere aber, dass wir ihn mit Leben füllen wollen, dass wir diesen Vertrag aufnehmen, seine Bestimmungen und vor allem auch die wunderbaren Absichtserklärungen. Lassen Sie uns gemeinsam darauf setzen, dass wir jetzt mit den alevitischen Gemeinden, aber ich sage es genereller, mit allen Religionsgemeinschaften, mit allen Kulturen ein
weiteres Stück zu einer guten Zusammenarbeit, zu einem guten Miteinander kommen! – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine
Damen und Herren! Ich danke den Fraktionen für die Gelegenheit, über Perspektiven der Finanzpolitik der Freien Hansestadt Bremen zu sprechen. Ich möchte sowohl die bundespolitischen Rahmenbedingungen und die anstehenden Verhandlungen zwischen Bund und Ländern und unter den Ländern skizzieren als auch auf die aktuellen bremischen haushaltspoliti schen Schritte eingehen.
Meine Damen und Herren, die zentrale Aufgabe
bremischer Politik ist und bleibt die Sicherung der finanziellen Grundlage, die Sicherung der finanziellen Zukunft unseres Landes und unserer beiden Städte Bremen und Bremerhaven. Wir verfolgen einen nachhaltigen und konsequenten Sanierungs- und Konsolidierungskurs mit dem Ziel, ab dem Jahr 2020 keine neuen Schulden aufnehmen zu müssen. Das ist unsere Verpflichtung aus dem Grundgesetz, aus der Schuldenbremse, aber, meine Damen und Herren, es geht um viel mehr, es geht um unsere politische Handlungsfähigkeit in Gegenwart und Zukunft. Wir wollen und können nicht immer mehr unserer öffentlichen Einnahmen für Zinsen ausgeben. Wir wollen stattdessen mehr in eine starke Wirtschaft und in gute Arbeitsplätze investieren, wir wollen mehr in gute Bildung und Ausbildung und in den sozialen Zusammenhalt unserer Städte Bremen und Bremerhaven investieren.
Das Ziel konsequenter Finanzpolitik ist daher
weit mehr als irgendeine Zahl im Haushalt. Es geht um die Fähigkeit der Politik, für lebenswerte Städte Bremen und Bremerhaven zu sorgen. Das ist unsere Aufgabe, das ist unsere Verantwortung, und unter dieser Überschrift steht auch unsere Finanzpolitik, meine Damen und Herren!
Wir können heute feststellen, Bremen bewegt
sich erfolgreich auf dem eingeschlagenen Sanie rungs- und Konsolidierungspfad. Wir haben dafür in den vergangenen Jahren die Neuverschuldung/ die Nettokreditaufnahme kontinuierlich gesenkt. Wir haben durch erhebliche Eigenanstrengungen unsere Ausgaben begrenzt. Wir haben übrigens auch stetig Personal abgebaut. Das ist uns nicht leichtgefallen, denn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffent lichen Dienstes sind keine Kostenstellen im Haushalt, sondern sie leisten wichtige und engagierte Arbeit für unser Gemeinwesen, und deswegen haben wir gleichzeitig positive Schwerpunkte gesetzt in den Bereichen Justiz, Bildung und Polizei.
Wir haben dort, wo wir es können, unsere Einnah
men erhöht, die Grunderwerbssteuer und Gewer
besteuer wurden angehoben, eine Tourismussteuer wurde eingeführt. Vor allem aber, meine Damen und Herren, eine starke Wirtschaft – und man darf immer wieder darauf hinweisen, die Wirtschaftskraft des Landes Bremen liegt pro Kopf bei den Bundeslän dern auf Platz zwei –, Tausende neue und vor allem sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze und viele neue Einwohner stärken die Einnahmebasis Bremens, und das ist ein Beitrag auf dem Konsolidierungsweg.
Ich habe schon beim Wirtschaftsempfang der Han
delskammer gesagt, anders als vielleicht andere in früheren Zeiten nehme ich nicht jede Steigerung des Bruttosozialprodukts um 0,1 Prozent als Beleg dafür, wie gut die Politik in Bremen ist. Wenn wir aber über eine so lange Zeit ein so kontinuierliches Wachstum in der Wirtschaft und vor allem bei den Arbeitsplät zen haben, dann sage ich in aller Bescheidenheit, dann kann die Politik nicht falsch sein, die wir hier in Bremen machen.
Dieser Erfolg bremischer Politik drückt sich ganz
konkret in Zahlen aus: 300 Millionen Euro Kon solidierungshilfe haben wir im Jahr 2011 von der Ländergemeinschaft bekommen, auch im Jahr 2012 haben wir 300 Millionen Euro bekommen und im Jahr 2013 ebenfalls und jedes Mal – also 900 Millionen Euro insgesamt –, geprüft und genehmigt vom Stabi litätsrat, also mit dem Siegel von Bund und Ländern wurde festgestellt, dass der Senat und insbesondere die Finanzsenatorin gute Arbeit geleistet haben, meine Damen und Herren!
Ich ahne ja, dass man das aus Oppositionssicht
auch mit Kritik belegen will. Von der einen Seite kommt der Vorwurf, dass wir zu wenig sparen, von der anderen Seite kommt der Vorwurf, dass wir Bre men kaputtsparen, aber, meine Damen und Herren, niemand kann wegdiskutieren, dass Bund und Länder Bremen bestätigen, Bremen sei auf dem richtigen Weg. Ich möchte Sie herzlich bitten, das nicht klein zureden, vor allem nicht in Richtung Berlin und der anderen Länder, das wäre kontraproduktiv auf dem schwierigen Weg, auf dem Bremen sich befindet.
Wir sind auf einem richtigen Weg, und wir wol
len diesen Weg mit einem klaren Kurs fortsetzen.
Deshalb muss jeder unserer öffentlichen Haushalte seinen Beitrag zum weiteren Gelingen des Konso lidierungsweges leisten, der Doppelhaushalt der Jahre 2014/2015 wie auch die zukünftigen Haushalte bis zum Jahr 2019. Unsere eigenen Anstrengungen zur Begrenzung der Ausgaben und zur Steigerung der Einnahmen müssen unvermindert fortgesetzt werden. Dabei helfen uns eine gute Konjunktur, steigende Steuereinnahmen und das derzeit güns tige Zinsniveau.
Bremen und Bremerhaven müssen aber auch, wie
viele andere Kommunen in Deutschland, Antworten auf Ausgabesteigerungen finden, die von uns in den Kommunen nur begrenzt oder gar nicht steuer bar sind. Das sind vor allem Ausgabesteigerungen, die durch bundesgesetzliche Verpflichtungen oder externe Entwicklungen verursacht werden. Her ausragend sind dabei die kontinuierlich steigen den Sozialausgaben. Die Steigerungen sind massiv. Waren es im Jahr 2011 noch 693 Millionen Euro, so waren es im Jahr 2013 bereits 757 Millionen Euro, Tendenz steigend.
Allein die unvermeidbaren Kosten für die Unterbrin gung und Betreuung der Flüchtlinge haben sich in den letzten Jahren enorm gesteigert, die konsumtiven Ausgaben haben sich von rund 20 Millionen Euro im Jahr 2011 auf fast 26 Millionen Euro im Jahr 2013 erhöht. Im ersten Quartal dieses Jahres haben wir bereits fast 11 Millionen Euro aufwenden müssen. Das bedeutet, hochgerechnet auf das gesamte Jahr werden wir bei fast 45 Millionen Euro landen, das ist mehr als eine Verdoppelung in drei Jahren. In den von mir genannten Beträgen sind noch nicht die zusätzlichen Aufwendungen für die medizinische Versorgung und die notwendige Unterbringung eingerechnet: Für die Jahre 2014 und 2015 hat der Senat zusätzliche Mittel für Investitionen in die Unterbringung sowie notwendige ergänzende Aus gaben, wie beispielsweise das Landesprogramm für Vorkurse, in Höhe von insgesamt mehr als 30 Milli onen Euro auf den Weg gebracht. Ich will hier ganz ausdrücklich sagen, das sind notwendige Ausgaben im Sinne einer menschengerechten Aufnahme von Flüchtlingen, es sind aber eben auch Ausgaben in einer Dimension, die auf Dauer für Bremen weder leistbar noch beeinflussbar sind.
Meine Damen und Herren, wer täglich die Nach
richten aus Syrien und dem Nahen Osten verfolgt, wird keinen Zweifel daran haben, wie berechtigt es ist, dass ein friedliches und wohlhabendes Land wie Deutschland diese Flüchtlinge aufnimmt. Wir stehen rechtlich, politisch und moralisch in der Verantwor tung, diesen Menschen Schutz zu gewährleisten, aber wir brauchen, und das sage ich ganz ausdrücklich, gerade dort noch mehr Unterstützung des Bundes – und das sage ich nicht nur für Bremen, ich weiß, dass das fast alle Städte in Deutschland sagen –, da es nicht nur um eine kommunale, sondern um eine nationale Aufgabe geht, Flüchtlinge aufzunehmen,
denn die Zahl der Menschen, die in Deutschland Schutz vor politischer Verfolgung, Krieg und Not suchen, steigt kontinuierlich.
Frau Senatorin Stahmann hat gestern dem Senat
noch einmal die Zahlen vor Augen geführt: Derzeit kommen monatlich 120 bis 160 Personen nach Bre men, die Zahl der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge hat sich in kurzer Zeit verdreifacht. Dabei geht es nicht nur um die Unterbringung und die Siche rung des materiellen Lebensbedarfs, wir wissen, dass die meisten dieser Flüchtlinge nicht oder jedenfalls nicht alsbald in ihre Heimat zurückkehren können. Deswegen müssen wir auch eine Lehre aus den hohen Asylbewerberzahlen der Neunzigerjahre des letzten Jahrhunderts ziehen. Damals ist man davon ausgegangen, sie gingen alsbald wieder. Jetzt geht es im Interesse dieser Menschen, die zu uns kommen, aber auch im Interesse unserer Gesellschaft darum, sie in die Gesellschaft zu integrieren, und zwar vom ersten Tag an.
Es geht um Sprachförderung, um schulische und
berufliche Ausbildung, um angemessenes Wohnen vom ersten Tag an, um medizinische Betreuung und Versorgung. Meine Damen und Herren, ich habe dieses Thema nicht angesprochen, um mich darüber zu beklagen, dass wir ein Aufnahmeort für Flüchtlinge sind, sondern um deutlich zu machen, dass diese notwendige humanitäre Aufgabe natür lich auch eine gewaltige und große Anstrengung für unsere Haushalte in Bremen und Bremerhaven ist.
Auch die sozialstaatliche Verpflichtung in anderen
Bereichen, zum Beispiel bei der Eingliederung von Menschen mit Behinderungen oder bei der Sicherung des Kindeswohls, bringt viele Kommunen in Deutsch land – Bremen und Bremerhaven eingeschlossen – an den Rand der finanziellen Leistungsfähigkeit. Vor diesem Hintergrund ist es richtig, notwendig und auch hilfreich, dass sich die neue Bundesregierung die finanzielle Entlastung der Kommunen zur Aufgabe gemacht hat. So sieht der Koalitionsvertrag vor, dass der Bund die Kommunen bei der Eingliederungshilfe in Höhe von 5 Milliarden Euro entlastet, beginnend mit einer Milliarde Euro Entlastung im Jahr 2015. Auch für die Finanzierung von Kindergruppen und Kitas sind weitere Hilfen zugesagt. Dieser Weg ist richtig, aber wir müssen und werden darauf drän gen, dass diese Zusagen auch eingehalten werden.
Meine Damen und Herren, zu den allenfalls be
grenzt steuerbaren öffentlichen Ausgaben gehört
auch die Höhe der Besoldung unserer Beamten. Seit der ersten Föderalismusreform, seit dem Jahr 2006, wird die Besoldung bekanntlich nicht mehr bundes einheitlich festgesetzt, die Festsetzung liegt jetzt in der Kompetenz der Landesparlamente. Erlauben Sie mir, an dieser Stelle zu sagen, weil ich schon immer ein Kritiker dieser Kompetenzübertragung war: Das aus meiner Sicht bittere Ergebnis dieser Kompetenz übertragung ist erstens ein völlig unübersichtlicher Flickenteppich unterschiedlicher Besoldungen in Deutschland und zweitens der Druck auf die finanz schwächeren Länder, die Besoldung ihrer Beamten als Einsparpotenzial zu nutzen.
Frau Kollegin Linnert wird vieles darüber erzählen
können, wie man von außen auf unseren Haushalt schaut und sagt: Der größte Ausgabenposten in Ihrem Haushalt sind die Personalkosten, Sie haben doch – bei den Angestellten zwar nicht, aber bei den Beamten! - die Möglichkeit, diese Kosten zu beein flussen, und wir erwarten es von Ihnen. Das heißt, das Fiskalische, das Haushaltspolitische steht im Vordergrund und nicht die Frage, um die es hier auch geht, wie eigentlich das Verhältnis der Besoldung im eigenen Land zu anderen Ländern ist, und deswegen erlauben Sie mir, hier eine Hoffnung auszudrücken: Wenn es irgendwann die Chance geben sollte, zu einer bundeseinheitlichen Besoldungsgesetzgebung zurückzukehren, dann sollte man sie nutzen!
Derzeit ist die Lage aber noch anders. Bremen hat
sich bei der Besoldungsgesetzgebung im vergange nen Jahr an Nordrhein-Westfalen orientiert. Warum? Die Überlegung dabei war: Was das größte Land der Bundesrepublik Deutschland, das sich nicht in einer Haushaltsnotlage befindet, für vertretbar und angemessen hält, das drängt sich für das kleinste Land der Bundesrepublik Deutschland, für Bremen, das sich in einer Haushaltsnotlageland befindet, als Maßstab auf, jedenfalls würde man das von außen nicht anders beurteilen. Das war im Grundsatz die Überlegung.
Mit der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs
vom 1. Juli dieses Jahres ist eine neue Situation entstanden. Das Verfassungsgericht NordrheinWestfalen hat die Besoldungsanpassung für die Jahre 2013/2014 in Nordrhein-Westfalen für unvereinbar mit dem sogenannten Alimentationsprinzip aus Artikel 33 Grundgesetz erklärt. Das Gericht – und da muss man die Begründung sehr genau lesen – hält den Besoldungsgesetzgeber nicht für verpflichtet, das Tarifergebnis für die Angestellten im öffentlichen Dienst eins zu eins für die Beamten zu übernehmen, das Gericht hält es auch für zulässig, zwischen den verschiedenen Besoldungsgruppen zu differenzieren. Beanstandet hat das Gericht die konkrete Ausgestal tung der unterschiedlichen Behandlung von unteren,
mittleren und oberen Besoldungsgruppen, und zwar gemessen an den konkreten Prozentsätzen. Diese Gerichtsentscheidung aus Nordrhein-Westfalen hat für Bremen keine unmittelbare Rechtswirkung.
Gleichwohl wollen wir, will der Senat, diese neue
rechtliche Vermessung der Handlungsmöglichkeiten des Besoldungsgesetzgebers annehmen. Wir wol len langwierige Gerichtsverfahren vermeiden, die Beamtinnen und Beamten in der Freien Hansestadt Bremen sollen schnell Klarheit bekommen, und die selbe Klarheit brauchen wir auch für unseren Haus halt. Deshalb ist der Senat auf die Gewerkschaften zugegangen, meine Kollegin Frau Linnert und ich werden Gespräche führen. Sie beginnen schon in Kürze, die Termine sind vereinbart. Unser Ziel ist es, ein rechtlich und finanzpolitisch tragfähiges Ergebnis zu finden. Bitte verleiten Sie mich nicht dazu, jetzt zu spekulieren, wie ein solches Ergebnis aussehen kann. Wenn man in Gespräche geht, dann kündigt man, glaube ich, nicht vorher an, welche Gedanken man dazu hat. Wir wollen der Bürgerschaft aber möglichst für die Sitzung im September oder Oktober einen Gesetzesvorschlag vorlegen.
Meine Damen und Herren, angesichts absehbarer
Ausgabensteigerungen und voraussichtlicher Min dereinnahmen, zum Beispiel durch eine geringere Gewinnabführung der BLG, hat der Senat gehandelt und eine Haushaltssperre beschlossen. Ich will hin zufügen, die Haushaltsrisiken sind nicht allein auf die gestiegenen Sozialleistungen zurückzuführen. Auch bei den Assistenzleistungen für behinderte Schülerinnen und Schüler, den Zuschüssen für Pri vatschulen, bei der Kinderbetreuung sowie durch den TVöD sind Mehrausgaben nicht auszuschließen. Auch weitere vorgesehene Einnahmen können nicht überall erzielt werden, etwa bei der Verkehrsüber wachung, im Rettungsdienst und bekanntlich auch bei der Spielbankabgabe wird es voraussichtlich zu Mindereinnahmen kommen. Deshalb war die Haushaltssperre notwendig.
Die Haushaltssperre war auch deshalb notwendig,
weil wir eine nahe liegende Quelle zur Schließung einer Haushaltslücke nicht nutzen wollen und die unter anderen Bedingungen in jedem anderen Bun desland sofort genutzt worden wäre, ich spreche von Steuermehreinnahmen. Steuermehreinnahmen wollen wir zur Senkung der Nettokreditaufnahme und nicht für zusätzliche Ausgaben verwenden, und deswegen wird und muss die Haushaltssperre einen Beitrag zur Ausgabenbegrenzung leisten.
Vielleicht noch einmal ein Hinweis zum Instru
ment der Haushaltssperre! Jede Haushaltsordnung eines jeden deutschen Landes und des Bundes sieht eine solche Haushaltsperre vor. Wenn die Ziele des Haushalts gefährdet sind, dann macht eine Regierung davon Gebrauch, übrigens auch die CDU-Regierung, das ist keine Spezialität einzelner Parteifarben. Davon Gebrauch zu machen ist Ausdruck der Verantwortung