Protocol of the Session on July 6, 2011

Meine Damen und Herren, ich eröffne die dritte Sitzung der Bürgerschaft (Landtag). Ich begrüße die anwesenden Damen und Herren sowie die Zuhörer und die Vertreter der Medien. Auf der Besuchertribüne begrüße ich recht herzlich „Jedermänner“ des Turn- und Sportvereins Osterholz-Tenever und Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Innova Privat-Akademie. – Seien Sie alle ganz herzlich willkommen!

(Beifall)

Des Weiteren begrüße ich auf der Besuchertribüne recht herzlich Herrn Oberst Werstler, den Kommandeur des Landeskommandos Bremen der Bundeswehr. Auch Sie sind herzlich willkommen!

(Beifall)

Meine Damen und Herren, wir haben in den Drucksachen 18/12 bis 18/28 Dringlichkeitsanträge zur Einsetzung von 17 Gremien. Die Drucksachen liegen Ihnen vor. Es handelt sich um interfraktionelle Anträge. Ich gehe davon aus, dass Einverständnis besteht, diese Anträge mit den entsprechenden Wahlen zu verbinden.

Ich höre keinen Widerspruch, dann können wir so verfahren.

Die übrigen Eingänge bitte ich dem verteilten Umdruck zu entnehmen.

I. Eingang gemäß § 21 der Geschäftsordnung

Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Bremischen Bürgerschaft (Bremisches Abgeordnetengesetz)

Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 4. Juli 2011 (Drucksache 18/10)

Diese Angelegenheit kommt auf die Tagesordnung der August-Sitzung.

II. Sonstiger Eingang

Mitteilung des Senats über den vom Senat beschlossenen Beitritt zur Bundesratsinitiative „Entschließung des Bundesrates zur Anpassung der jährlichen Aufwendungen für Leistungen zur Teilhabe in der gesetzlichen Rentenversicherung – Antrag des Landes Mecklenburg-Vorpommern“

Mitteilung des Senats vom 5. Juli 2011 (Drucksache 18/11)

Zur Abwicklung der Tagesordnung wurden interfraktionelle Absprachen getroffen, wie sie dem Umdruck der Tagesordnung mit Stand von heute, 9.00 Uhr, entnehmen können.

Bevor wir nun in die Tagesordnung eintreten, möchte ich Sie von einem Schreiben in Kenntnis set

zen, das mir der Präsident des Senats mit Datum vom 30. Juni 2011 übersandt hat. Er schreibt: „Sehr geehrter Herr Präsident, der am heutigen Tage vereidigte Senat hat sich in seiner Sitzung konstituiert und gemäß Artikel 114 der Landesverfassung Frau Senatorin Linnert zur Bürgermeisterin gewählt. Weiter hat der Senat Frau Staatsrätin Prof. Dr. Quante-Brandt zur Bevollmächtigen der Freien Hansestadt Bremen beim Bund und für Europa bestellt. Als Anlage füge ich die vom Senat beschlossenen Ressortaufteilungen bei. Mit freundlichen Grüßen Jens Böhrnsen, Bürgermeister.“ Meine Damen und Herren, des Weiteren möchte ich Ihnen zur Kenntnis geben, dass Frau Senatorin außer Dienst Ingelore Rosenkötter von ihrem Recht aus Artikel 108 Absatz 2 der Landesverfassung beziehungsweise Paragraf 36 Absatz 3 des Wahlgesetzes Gebrauch gemacht hat, wieder in die Bürgerschaft einzutreten. Die Feststellung darüber sowie die Feststellung, dass Frau Sanem Erdinc anstelle von Frau Ingelore Rosenkötter aus der Bürgerschaft ausgeschieden ist, habe ich getroffen. Die Abgeordnete Anja Stahmann ist durch die Wahl in den Senat ausgeschieden, als Listennachfolger ist mit Wirkung vom 5. Juli 2011 Herr Carsten Werner in die Bürgerschaft eingetreten. Der Abgeordnete Horst Frehe ist durch Verzicht ausgeschieden, als Listennachfolger ist mit Wirkung vom 5. Juli 2011 Herr Jan Saffe in die Bürgerschaft eingetreten. An alle, die ich jetzt aufgerufen habe: Seien Sie ganz herzlich willkommen! Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Arbeit! (Beifall)

Meine Damen und Herren, wir treten nun in die Tagesordnung ein.

Regierungserklärung des Senats

Dazu als Vertreter des Senats Herr Bürgermeister Böhrnsen.

Meine Damen und Herren, die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort Herr Bürgermeister Böhrnsen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bei der Bürgerschaftswahl am 22. Mai haben SPD und Grüne großes Vertrauen und eine große Mehrheit erhalten. Ich will ganz bewusst am Anfang sagen, dass wir mit dieser großen Mehrheit, vor allem aber dem großen Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger auch sehr sorgsam umgehen werden. Wir stehen für eine Politik der Transparenz, des Dialogs und auch der breiten Bürgerbeteiligung. Wir wollen die Bürgerinnen und Bürger in Bremen und Bremerhaven einladen, mit uns gemeinsam Bremen und Bre

merhaven zu gestalten: sozial, wirtschaftlich, ökologisch. Ich wünsche mir, und da geht mein Blick auch auf die Opposition, dass eine solche politische Kultur der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger die nächsten vier Jahre prägen wird als Erwartung, die ich an uns alle habe.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Meine Damen und Herren, SPD und Grüne, die rotgrüne Koalition, können bei ihrem Regierungsauftrag für die nächsten vier Jahre auf guten Erfolgen aufbauen. Unsere Wirtschaft floriert, sie boomt. Bremen ist ein wirtschaftlich starkes Land. Wir bekommen das immer wieder bestätigt durch Standortvergleiche, durch Rankings. Wenn Sie nur daran denken, dass wir bei dem, was wir pro Kopf in Bremen erwirtschaften, unter den deutschen Ländern ganz vorn stehen, auf Platz zwei, dann ist das ein wichtiges Zeichen. Wenn Sie in die bremische Wirtschaft schauen, dann sehen Sie, die Häfen florieren wieder, Logistik und maritime Wirtschaft sind unser Aushängeschild, im Automobilbau mit unserem MercedesWerk und den vielen Zulieferern in der Stahl- und Metallindustrie, in der Luft- und Raumfahrt, überall steht Bremen erstklassig da. In Zukunftsbranchen wie der Offshore-Windenergie finden mehr und mehr Menschen Arbeit.

Unsere Forschungs- und Wissenschaftslandschaft ist erstklassig, unsere Städte sind hochattraktiv für die Menschen aus nah und fern. Wir erleben es täglich. Viele Menschen, die in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten vor die Tore der Stadt gezogen sind, kommen zurück. Die Gästezahlen eilen von Rekord zu Rekord in Bremen und in Bremerhaven, und viele Tausend Menschen finden Arbeit in der Tourismusbranche. Was mich besonders freut bei dieser Entwicklung, Bremerhaven ist ganz vorneweg dabei.

Meine Damen und Herren, wir spüren in unseren beiden Städten Bremen und Bremerhaven diese Aufbruchstimmung, und diese Koalition, diese Regierung will diese Aufbruchstimmung verstärken, für ihre Arbeit nutzen und vor allen Dingen diese Aufbruchstimmung aufnehmen.

Wir werden bei allen positiven Nachrichten aus Wirtschaft und Wissenschaft nicht den Blick für die andere Seite der Medaille verlieren. Das heißt, dass die soziale Spaltung unserer Städte nicht überwunden ist. In einigen Stadtteilen können Kinder immer noch nicht den Bildungs- und Lebensweg einschlagen, der der richtige für sie wäre, und zwar aus einem Grunde, weil das Portemonnaie der Eltern dafür nicht dick genug ist.

Arbeitslosigkeit und Armut sind leider auch in Bremen und Bremerhaven keine Fremdworte. Wer eine Vollzeitarbeitsstelle hat, ist nicht davor geschützt, sich am Ende eines Monats auch noch beim Sozialamt anstellen zu müssen, weil der Lohn nicht zum Leben

reicht. Mit einer solchen sozialen Situation werden wir uns nie und nimmer abfinden und alles, was in unserer Kraft steht, tun, um das zu verhindern.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Mit diesem Blick auf Bremen und Bremerhaven ist die zentrale Herausforderung der nächsten Jahre beschrieben: Bei allen Bemühungen zur Konsolidierung des Haushalts müssen und wollen wir eine Politik gestalten, die die Menschen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unseren beiden Städten in den Mittelpunkt stellt.

Wir wollen gleiche Lebenschancen und mehr Lebensqualität für alle in Bremen und Bremerhaven. Wir machen eine Politik, und das sage ich ausdrücklich, nicht nur für einige wenige, sondern wir machen eine Politik für alle Teile der Gesellschaft in Bremen und Bremerhaven.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Deshalb werden wir eine Koalition der starken Wirtschaft und der ökologischen Vernunft sein. Deshalb werden wir eine Koalition für gute Arbeitsplätze und den sozialen Zusammenhalt sein. Deshalb werden wir eine Koalition der öffentlichen Verantwortung, eine Koalition für mehr Demokratie und mehr Bürgerbeteiligung sein.

Nicht zuletzt deshalb werden wir eine Koalition der nachhaltigen Finanzpolitik sein, indem wir die Handlungsfähigkeit der öffentlichen Hand sichern, die Finanzen des Landes ordnen und uns Schritt für Schritt aus der Schuldenfalle befreien. Ich füge hinzu: Dies alles gehört untrennbar zusammen. Das eine geht nicht ohne das andere. Dass wir diesen Zusammenhang kennen, darauf kann man sich in Bremen und Bremerhaven verlassen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ein klares Bekenntnis zum Wirtschaftsstandort Bremen und Bremerhaven steht an der Spitze des Koalitionsvertrages, und da bleiben wir in der selbst gezogenen Spur der vergangenen vier Jahre.

Rot-Grün steht für eine starke Wirtschaft, weil es uns um sichere und ordentlich bezahlte Arbeitsplätze geht. Das ist es, was die Menschen brauchen, und dafür werden wir uns auch in den nächsten vier Jahren mit aller Kraft einsetzen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir wissen um die große Bedeutung der Industrie in Bremen. Deshalb wollen wir alles dafür tun, um

Automobilwirtschaft, Stahlerzeugung, Maschinenbau, Luft- und Raumfahrt oder Elektrotechnik an den Standort Bremen zu binden und ihre Entwicklungschancen zu stärken. Wir werden dabei unter anderem weiterhin und verstärkt an einer engen Verzahnung von wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Kompetenz arbeiten. Dies war, ist und bleibt ein Erfolgsrezept für Bremen und Bremerhaven. Wir werden auch in Zukunft ökonomische Vernunft und ökologische Nachhaltigkeit nicht als Gegensätze, sondern als gleichwertige Triebfedern für wirtschaftliche Entwicklung und Wohlstand begreifen. Gerade wir in Bremen und Bremerhaven können doch vermutlich besser als andere beweisen, dass Ökologie und Ökonomie gut zusammenpassen. Wer nach Bremerhaven schaut oder auch in Bremen in die Überseestadt, vor allem auf die Windenergie-Branche, der sieht doch: Öko ist kein Arbeitsplatzkiller, Öko ist das Gegenteil. Die erneuerbaren Energien sind ein Jobmotor. Das wissen wir, und darauf wollen wir deswegen auch weiter setzen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Bremen wird ganz vorn dabei sein, wenn es um das bedeutendste Zukunftsprojekt in Deutschland geht. Ich spreche von der Energiewende. Wir in Bremen, jedenfalls die rot-grüne Koalition der letzten Legislaturperiode, haben den Atomausstieg nicht als Zuschauer beobachtet, sondern wir haben ihn aktiv mitgestaltet. Ich will noch einmal daran erinnern, dass wir eine klare Haltung eingenommen haben zu Atomtransporten durch Bremen und Bremerhaven, dass wir eine klare Haltung eingenommen haben, dass das AKW Unterweser keine Zukunft haben dürfe, und dass wir einen deutlichen Akzent gesetzt haben gegen die fatale Laufzeitverlängerung für AKWs durch die Bundesregierung im vergangenen Herbst, indem wir das Bundesverfassungsgericht angerufen haben. Das war richtig, das war notwendig, und es zeigt sich jetzt mit aller Deutlichkeit, wie richtig es war, einen konsequenten Kurs in dieser Frage gefahren zu haben.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Der Ausstieg aus der Atomenergie ist das eine, aber er verlangt gleichzeitig den konsequenten Einstieg in die erneuerbaren Energien, und auch da werden wir ganz vorn dabei sein, eine starke Rolle spielen. Ich will die Gelegenheit nutzen, in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass Herr Dr. Loske einen erheblichen Anteil daran hat, dass wir in diesem Feld gut vorbereitet sind, gute Voraussetzungen haben, und möchte ihm daher von dieser Stelle für seine Arbeit in Bremen danken und ihm für seinen weiteren Berufs- und Lebensweg alles Gute wünschen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Es gibt überhaupt keinen Zweifel, dass die Energiewende für die bremische Wirtschaft große Chancen bietet. Wir sind fest entschlossen, diese Chancen auch zu nutzen. Deshalb ist zum Beispiel die Realisierung des Offshore-Terminals in Bremerhaven für Bremen und Bremerhaven von so herausragender Bedeutung. Gleiches gilt für die Verbesserung der internen Hafenerschließung und die Hafenanbindung in Bremerhaven, für die gesamte maritime Wirtschaft und Logistik.

Meine Damen und Herren, man muss es noch einmal sagen, weil manche so tun, als wäre es anders: Der Atomausstieg ist ein Erfolg rot-grüner und nicht schwarz-gelber Politik!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)