Edith Wilts

Appearances

15/23 15/25 15/29 15/32 15/33 15/37 15/39 15/59

Last Statements

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Dr. Mathes hat die Behandlung dieses Antrags schon geschildert. Mir kam es so vor, als ich in der Drucksache 15/1122 blätterte, denn das meiste hatte ich vorher ja schon gelesen, als lese ich die unendliche Geschichte. Immerhin, das hat Frau Dr. Mathes schon erwähnt, seit Ende November 2000 liegt der Antrag für eine ökologische und praktikable Novelle der Verpackungsverordnung dem Hause vor. Nun hat sich dieser Antrag durch Zeitüberholung erledigt.
Durch Zeitüberholung!
Ja, Frau Linnert!
Die Tatsachen aber sind geblieben! Dass Getränkeverpackungen nach wie vor oft nicht in den so genannten Stoffkreislauf zurückgeführt werden, ist in diesen Maitagen wieder in der Landschaft zu sehen. Das funktioniert nämlich noch gar nicht. Die Reste der Vater- und Muttertagsausflüge zieren als leere Bier- und Brausedosen und Plastikflaschen wieder einmal die Wegränder. Wir machen in Bremerhaven auch Muttertagsausflüge.
Ein Zentner Verpackungsmüll liegt in unserer Republik auf jedem Kilometer Landstraße. Bislang sind viele Bürger nicht davon abzuhalten, die Verpackung schlicht fallen zu lassen, und dazu gehören 80 Prozent, also vielleicht auch welche, die hier im Hause sitzen. Natürlich regt man sich hinterher ganz fürchterlich darüber auf, wie schmutzig die Straßen sind und wie das aussieht. Dann ruft man nach der Politik, damit sie Lösungen findet. Niemand kommt auf die Idee, einen Kasten Bier zu kaufen und ihn dann in der Landschaft einfach stehen zu lassen. An das Mehrwegsystem haben wir uns alle gewöhnt. Allerdings ist die so genannte Mehrwegquote an der Menge der Getränkeverpackungen in den letzten Jahren erheblich zurückgegangen.
Nun gibt es seit Februar 2002 ein höchstrichterliches Urteil dazu. Die Getränkehersteller sind mit ihrer Klage unterlegen. Die Mehrwegquoten aus den Jahren 1997 und 1998 werden im Sommer veröffentlicht, und es ist davon auszugehen, dass sie weit unter den gesetzlich vorgeschriebenen 72 Prozent liegen, man spricht von 60 Prozent. Damit tritt zum 1. Januar 2003 die alte Verordnung aus dem Jahr 1991 in Kraft, und es wird ein Pflichtpfand auf Getränkedosen erhoben.
Es gibt eine Reihe von Ländern, in denen es üblich ist, Getränkedosen zurückzubringen und über Automaten in den Supermärkten zu entsorgen. In Schweden zum Beispiel, einem sehr dünn besiedelten Land, ist es Standard, alle Getränkedosen über Pfandautomaten zurückzugeben. Dort gibt es beispielsweise Bier fast nur in Dosen zu kaufen, aber die Rückgabe klappt hervorragend. Allerdings, ich habe die Erfahrung machen müssen, sind die Automaten nur für die einheimischen Dosen geeignet. So ist es auch bei uns dann vorgesehen.
Die Verpackungsverordnung von 1991 der alten Regierung unter Bundeskanzler Kohl wird zum Jahresbeginn 2003 angewendet werden, weil es keine Einigung über eine Novellierung gegeben hat, zu der auch Bremen im Bundesrat hätte zustimmen müssen. Stattdessen hat es seit November 2000 eine bleierne Zeit gegeben, wie die Dokumentation als Anlage zur Drucksache zeigt.
Der SPD-Fraktion ist es wichtig, dass die Novelle ökologisch vorteilhafte Verpackungen besonders berücksichtigt, wie zum Beispiel Getränkekartons, die sich inzwischen gut recyceln lassen, dass alle Ge
tränkeverpackungsarten erfasst werden und dass der neueste Stand der Technik berücksichtigt wird.
Das kommt jetzt!
Wir Sozialdemokraten hätten dem Antrag 15/542 schon in der 33. Sitzung im Februar 2001 gern zugestimmt, aber wir haben uns damals mit unserem Koalitionspartner auf eine Überweisung an die Fachdeputationen geeinigt. Nun tritt die alte Verordnung von 1991 in Kraft, die von der vorherigen Bundesregierung beschlossen wurde. In den letzten elf Jahren gewonnene Erkenntnisse über den Umgang mit Getränkeverpackungen müssen leider zunächst unberücksichtigt bleiben.
Übrigens, der Freistaat Bayern hat in seiner Sitzung im Juli 2001 einer Drucksache zugestimmt, die bei uns 15/542 heißt. Lassen Sie uns die unendliche Geschichte, liebe Frau Linnert, die in unserer Drucksache 15/1122 dokumentiert wird, trotz Zeitüberholung zum Wohl der Umwelt im Land Bremen zu einem guten Ende führen! – Danke!
Für Bremen begeistern, Frau Dr. Mathes, war ein wunderbares Stichwort. Es gibt nämlich durchaus Aspekte in dem Papier, für die man sich begeistern kann. Auf die möchte ich noch einmal eben eingehen. Das sind nämlich die öffentlichen Gebäude und vor allem die Schulen im Land Bremen, in denen, wie Sie ja nachlesen konnten, das Dreiviertel-Programm inzwischen wirklich gute Erfolge gezeigt hat, einmal vor allem darin, dass Energie eingespart wurde.
Wenn Sie sich einmal Schulen vor drei, vier Jahren angeschaut haben, dort am Vormittag gewesen sind, werden Sie gemerkt haben, dass die Räume entweder überheizt oder zu kalt waren, weil nämlich die einzige Wärmeregulierung über die Fenster möglich war, Fenster auf, Fenster zu, und in der Nähe der Heizkörper konnten sich die Schüler zum Teil nicht aufhalten, weil die Thermostatventile fehlten. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Die sind nun endlich, vor zwei oder drei Jahren, das weiß ich nicht mehr genau, angeschafft worden. Das war etwas so Banales, das war nicht vorhanden, das ist endlich geschehen, und dadurch konnte man auch dann endlich mit dem Dreiviertel-Programm beginnen und die Schulen im Lande Bremen dazu animieren, Energieeinsparungen vorzunehmen, einfach durch vernünftiges Handeln in der Schule.
Dabei ist eine ganze Menge herausgekommen. Das ging mit einem Mal dann.
Energieeinsparen, finde ich, ist noch viel wichtiger als Kernkraftwerke erhalten. Das ist aber jetzt wahrscheinlich ein zu kurzer Satz. Bei der Sanierung von Schulen in Bremerhaven zum Beispiel – Schulen, von denen eine ungefähr 100 Jahre alt war und eine ähnliche Bauweise wie das alte Gymnasium hatte, ein bisschen wie eine Burg oder ein Schloss, nur ein bisschen kleiner – ist es möglich gewesen, trotz dieses alten Gemäuers, in dem man früher überhaupt nicht darüber nachgedacht hat, als man das gestaltete, dass man da einmal Energie sparen sollte, den Energieverbrauch durch vernünftige Maßnahmen um 20 Prozent zu reduzieren. Ich finde, da sollte man investieren, und das wird auch sicher weiter geschehen.
In der Stadt Bremen gibt es inzwischen, wie Sie vor ungefähr einem Monat im „Weser-Kurier“ lesen konnten, ein Wärmelieferungs-Contracting, das bedeutet, dass in einige Schulen neue, optimale Heizungsanlagen eingebaut wurden, die dazu führten, dass einerseits der Energieverbrauch und die Schadstoffemissionen ganz erheblich reduziert wurden. Es hat außerdem dazu geführt, dass 1,5 Millionen DM aus dem Bildungshaushalt eingespart werden konnten, die nicht in Erneuerung von Heizungsanlagen gesteckt werden mussten, sondern unmittelbar in Bildung gesteckt werden können.
Unmittelbar in Bildung steckt man sowieso alle Energiesparmaßnahmen in der Schule, denn die Schüler lernen daraus ja auch für ihr Leben. Ich habe noch einmal eben überlegt, wie der Satz hieß, der über meiner alten Schule stand, die war so aus den zwanziger Jahren, da mussten wir jeden Tag durch ein Tor gehen, an dem stand: „Non scolae, sed vitae discimus“. Ich denke einmal, da wird auch noch eine ganze Menge gemacht werden!
Ich hatte auch nur kurz Latein, aber ich muss es jeden Tag lesen! Das heißt: Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir!
Herr Kollege Teiser, Sie werden sich daran erinnern, dass junge Männer vor, ich weiß nicht, 15 Jahren mit 18 Soldaten werden mussten, aber nicht wahlberechtigt waren. Diese Situation hatten wir auch schon. Sie wurden erst mit 21 volljährig und wahlberechtigt. Damit konnten wir auch leben.
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, verehrter Präsident des Senats! Wenn Sie an Bremens größtem Bierproduzenten vorbeifahren, sehen Sie riesige Mengen von Leergut, auf dem Gelände der Brauerei gelagert. Hier scheint das Pfandsystem seit langer Zeit gut zu funktionieren. Niemand kommt auf die Idee, einen Kasten Bier zu kaufen und ihn dann anschließend irgendwo in der Landschaft stehen zu lassen. Immerhin gibt es 6,60 DM zurück, und das lohnt sich ja schon.
Beim Mineralwasser ist es ähnlich, da ist der Pfandpreis fast so hoch wie der des Inhalts der Flaschen. Auch hier kommt kaum jemand auf die Idee, leere Mineralwasserpfandflaschen irgendwo liegen zu lassen. Heute stand sogar im „Weser-Kurier“, dass 99 Prozent der Mineralwasserpfandflaschen zurücklaufen, und zwar 50 Mal während ihrer Lebensdauer. Das ist schon eine ganze Menge. Übrigens überlege ich ja immer wieder, ob man bei der hervorragenden Qualität des Trinkwassers im Lande Bremen überhaupt zu Mineralwasser greifen muss, weil es fast aus den gleichen Quellen kommt.
Wir haben uns also an das Pfandsystem für Getränkeflaschen gewöhnt und sind sogar bereit, für Kunststoff-Colaflaschen, ich habe mich da erkundigt, ich trinke so etwas nicht, 70 Pfennig Pfand zu bezahlen, wenn da nicht der kleine innere Schweinehund wäre, der uns immer wieder verlockt, Getränke in Verpackungen zu kaufen, ich muss mich da leider gelegentlich mit einschließen, die man nicht zurückbringen muss. Auch das Entsorgungsproblem scheint viele von uns nicht davon abzuhalten, die Verpackung schlicht fallen zu lassen und sie sofort danach zum herrenlosen Gut zu erklären, wie man auch am Sonnabend in der „Nordsee-Zeitung“ im Landkreisteil als Resultat einiger Kohlwanderungen in diesem Jahr sehen konnte.
Der Verpackungsmüll hat in den letzten Jahren auf 50 Kilogramm pro Kilometer Landstraßenstrecke und 100 Kilogramm pro Kilometer Bundesstraßenstrecke zugenommen. Die Verlockung, Einweggetränke zu kaufen, ist wahrhaftig groß. Wenn man Kunde bei einer der größten Supermarktketten ist und nur wegen der allmittwochlichen Schnäppchen in den Laden geht, um zum Beispiel einen äußerst preiswerten Computer zu erstehen, kommt man zunächst am Getränkesortiment vorbei. Da gibt es alles, was der Mensch an Getränken dringend braucht, in Dosen, Pappkartons und Einwegflaschen zu Preisen, die erheblich unter denen für Pfandgetränke
liegen. Da wandert gewiss das eine oder andere Gebinde bei fast jedem Käufer in den Einkaufswagen.
Leider muss festgestellt werden, Bier- und andere Getränkedosen verdrängen mehr und mehr Pfandflaschen und verschandeln die Umwelt. Nachdem vor zehn Jahren eine freiwillige Vereinbarung gescheitert war, wurde, wie Frau Dr. Mathes eben schon erklärte, die Verpackungsverordnung von der vorherigen Regierung 1991 eingeführt. Das Pflichtpfand ist in der noch geltenden Verpackungsverordnung für den Fall vorgesehen, dass Mehrweganteile vom Markt verschwinden. Das ist geschehen! Die Getränkewirtschaft hat diese Fehlentwicklung zugelassen. Jetzt muss sie die Konsequenzen tragen. Die Dumpingpreise der Dosen dürfen Mehrwegflaschen nicht länger verdrängen.
Nun hat die neue Bundesregierung entschieden, zu Beginn des kommenden Jahres ein Pflichtpfand für ökologisch nachteilige Getränkeverpackungen einzuführen. In einer gemeinsamen Erklärung haben der Umwelt- und der Wirtschaftsminister am 31. Januar 2001 die Eckpunkte für eine neue Verpackungsverordnung vorgestellt. Ab 2002, Frau Dr. Mathes hat es eben schon erwähnt, sollen Einwegflaschen und Getränkedosen mit einem Pfand von 25 Cent beziehungsweise 50 Cent je nach Volumen belegt werden. Nach wie vor gilt allerdings, Mehrwegsysteme sind die ökologisch beste Verpackung.
Mit der Kartonverpackung hat Mehrweg einen vergleichbaren Begleiter bekommen, alle anderen Verpackungsarten können sich kein gutes Prädikat anheften. Auch das Arbeitsplatzargument, das sicherlich gleich noch von den Kollegen der CDU kommen wird, ist fragwürdig. Etwa 250 000 Menschen arbeiten im Mehrwegsektor. Da der Markt für Getränke nicht mehr beliebig wächst – wir geben uns alle Mühe, aber das reicht nicht aus –, wird der Kampf zunehmend über die Form der Verpackung geführt. Beim Bier ist dies ganz deutlich zu sehen. Ohne wirksamen Schutz stoßen die Anteile des Mehrwegs an eine wirtschaftliche Grenze. Dann brechen Arbeitsplätze weg, vor allem auch Arbeitsplätze hier in Bremen.
Über 80 Prozent der Bevölkerung, und die vertreten wir ja hier, befürworten Pfand bei Dosen, wie eine Umfrage im Oktober 2000 ergab. Sie haben erkannt, dass die Vermeidung der Verschandelung der Städte und der Landschaft nur durch die Rückführung der Dosen in den Stoffkreislauf geschafft werden kann. Die Einführung des Pfandes hilft dabei, ich möchte nur noch einmal an die Halden von Flaschenleergut bei Bremens größter Brauerei erinnern, die jeder sehen kann.
Die Rücknahme der Dosen kann über Automaten erfolgen, wie sie bereits in anderen Ländern, zum
Beispiel in Schweden, üblich ist. Dabei sind Investitionen erforderlich, die wiederum Arbeitsplätze schaffen. Solange wir allerdings einerseits an der Tankstelle Wasser kaufen können, das nach dem Namen unserer ehemaligen Bundeshauptstadt klingt und dessen Kunststoffhülle einmal eben in der Kurve zur Autobahnauffahrt entsorgt wird, andererseits selbst gemachter Holundersaft aus aufbewahrten Flaschen etwas ganz Besonderes ist, müssen wir weiter darüber nachdenken, wie ernst wir eigentlich Nachhaltigkeit nehmen. In einer Neufassung der Verpackungsverordnung wird von ökologisch vorteilhaften Verpackungen gesprochen. Damit ist der Weg für jede andere vernünftige Verpackungsart offen, durch neue Entwicklungen mit Mehrweg gleichzuziehen. Gleichzeitig ist dies ein Ansporn für die Mehrwegsysteme, noch attraktiver zu werden. Die Umweltminister, das hat Frau Dr. Mathes vorhin schon erwähnt, von Bund und Ländern haben sich, mit einer Ausnahme, schon im vergangenen Oktober auf gemeinsame Eckpunkte geeinigt. Bei den Landwirtschaftsministern ist noch einige Überzeugungsarbeit zu leisten, die haben allerdings zurzeit ja auch noch andere Probleme zu bewältigen. Trotzdem sollten sie auf ihre Landwirte hören, die meinen, Zitat aus der „Nordsee-Zeitung“ vom Landkreisteil letzten Samstag, mit Erlaubnis des Präsidenten: „Die Pfanddose wird mit Sicherheit dazu beitragen, dass weniger Dosen in der Landschaft deponiert werden.“ In Zukunft soll mit dem Zwangspfand ab 2002 das Verursacherprinzip gelten. Dann ist nicht mehr das Duale System Deutschland mit dem gelben Sack für die Verwertung der Dosen zuständig, sondern Hersteller und Händler. Gibt es beim Händler Pfand zurück, landet automatisch weniger Abfall im gelben Sack. Große Einbußen werden allerdings von den Entsorgungsbetrieben nicht erwartet, wie man der Zeitung in diesen Tagen entnehmen konnte. Im Ergebnis ändert sich also nichts. Jetzt kommen nur die Dosen nicht mehr in den gelben Sack, sondern unmittelbar von den Händlern in den Betrieb und werden dort recycelt. Der Bundesrat muss der neuen Verordnung zustimmen. Die SPD-Fraktion würde es sehr begrüßen, wenn Bremen dort positiv abstimmen würde.
Eine Überweisung des Antrags an die Umweltdeputation gibt uns Gelegenheit, das Thema noch einmal ausführlich zu beraten. Die Bürger des Landes Bremen und wir hier, die Abgeordneten, die die Bürger des Landes Bremen vertreten, müssen dringend unseren Umgang mit den Getränkeverpackungen überdenken. – Schönen Dank!
Lieber Herr Kollege Rohmeyer, darf ich Ihnen eine nette Frage stellen, wo Sie heute auch schon so nett geredet haben? Ist Ihnen bekannt, dass es in Bremerhaven, das ja zum Land Bremen gehört, seit 1948 Schulzentren gibt, in denen die Hauptschulen immer zum kooperativen System dazugehören, und dass man dort ganz anders arbeitet, als es hier in Bremen oft der Fall war,
und dass es sehr schwierig sein wird, selbst mit Ihren Kollegen von der CDU, dort etwas strukturell zu ändern?
Herr Staatsrat Köttgen, wird bei der Hilfestellung des Senats auch berücksichtigt, dass Bremen zu den Gebieten in der Bundesrepublik mit der geringsten Sonneneinstrahlung gehört?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte nur meine Zwischenfrage, die ich vorhin stellen wollte, jetzt zum Ausdruck bringen. Von der CDU-Fraktion wurde in einem Zwischenruf auf den Benzinpreis von fünf DM hingewiesen. Ich möchte Sie nur daran erinnern – Sie werden sich nicht daran erinnern können, aber ich kann mich daran erinnern –, 1972 kostete ein Liter Benzin beziehungsweise Super um die 60 Pfennig. Das ist jetzt 28 Jahre her. Auf Herrn Fockes polemischen Beitrag möchte ich nicht weiter eingehen.
Ich verweise nur auf Seite 27 im aktuellen „Spiegel“, offener Brief von Franz Alt an Angela Merkel!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Henkel, Ihre Begeisterung reißt einen geradezu mit, aber man muss hier und da auch noch gewisse Bedenken berücksichtigen. Das will ich einmal versuchen darzustellen. Es klingt zunächst beeindruckend, wenn man hört, Biodiesel aus nachwachsenden Rohstoffen kann das gebräuchliche Dieselöl aus fossilen Vorkommen ersetzen, die in Millionen von Jahren entstandenen Energiereserven bleiben erhalten, stattdessen wird die Energie für Fahrzeuge direkt aus erneuerbaren, regenerativen Quellen geschöpft. Ein faszinierender Gedanke! Leuchtend gelbe Rapsfelder im Sommer, und im Herbst wird aus den Samen Öl gepresst.
Auch Honig, aber den kann man in den Motoren nicht so gut verwenden! Hier soll ja Rapsmethylester, RME, gewonnen werden, der als Biodiesel in jedem Dieselmotor, wie Sie richtig gesagt haben, verbrannt werden kann. Biodiesel hat eine Menge gleicher Eigenschaften wie Diesel aus Erdöl. Er ist zum Beispiel leicht entzündlich, es bilden sich mit Luft und dem Sauerstoff, der dort ohnehin schon gebunden ist, explosive Gemische, die bei ausreichender Kompression im Motor ohne Zündkerzen auskommen, wie beim Dieselmotor ja auch.
Allerdings haben chemische Ester — und RME, Rapsmethylester gehört zu dieser Gruppe — auch ein paar Eigenschaften, die für den Gebrauch in Tanks und Motoren etwas ungünstig sind, wie ja auch aus der Antwort auf die Große Anfrage hervorgeht. Sie sind eine Vorstufe der Essigsäure und daher ein wenig aggressiv. Zu ihrer Herstellung wird unter anderem übrigens konzentrierte Schwefelsäure als Katalysator benötigt. Sie steckt dann am Ende zwar nicht mehr im Biodiesel in Form von irgend––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
welchen Schwefelverbindungen, muss aber ja auch irgendwie aufgefangen und bereitgestellt werden. RME emittiert allerdings eindeutig angenehmere Aromen als Diesel aus Erdöl. Sie haben das eben schon zitiert, obwohl der Duft nach Pommes Frites nicht zu vergleichen wäre mit dem anderer Ester, zum Beispiel Methylbutanat oder Ethylmethanat, Rumaroma.
Noch zu bedenken wäre, dass Dieselöl und Heizöl bei der Destillation und Fraktion von Erdöl ohnehin anfallen. Eine Einsparung bei einem Anteil der Erdölbehandlung muss immer auch im Zusammenhang mit den anderen Fraktionen gesehen werden. Wenn Sie weniger Dieselöl verwenden wollen, haben Sie am Ende auch weniger Benzin, weniger schweres Heizöl, weniger Kerosin und weniger Bitumen für den Straßenbau in Form von Teer.
Vergleicht man die Informationen, die man aus dem Internet, das Sie auch eben zitiert haben, zum Thema Biodiesel bekommt, so gibt es auffallende Übereinstimmungen mit der Großen Anfrage der CDU. Allerdings fehlen da schlicht die Erkenntnisse, die das Umweltbundesamt, wie der Antwort auf die Große Anfrage zu entnehmen ist, inzwischen veröffentlicht hat. Ich nehme zunächst einmal an, dass die Zahlen richtig sind. Solange kein Gegenbeweis angetreten worden ist, glaube ich zunächst einmal diesen Zahlen.
Da ist vor allen Dingen der hohe Flächenverbrauch. 10 000 Quadratkilometer Rapsanbau, Sie haben das auch zitiert, werden zur Treibstoffgewinnung benötigt, um fünf Prozent des Dieselbedarfs in Deutschland zu ersetzen. Diese Zahlen haben Sie auch genannt, also werden sie wohl stimmen. Der Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln, und das ist entscheidend, ist bei einer solchen Monokultur beachtlich.
Nun kann man in diesen Tagen trefflich über die Höhe von Kraftstoffpreisen streiten, wie wir überall hören. Vorgestern kostete ein Liter Diesel an meiner Tankstelle 172,9 Pfennig. Das ist ein enorm hoher Preis, der eine Reihe von Ursachen hat, wie Sie alle wissen. Die Ökosteuer hat ja nur einen sehr geringen Anteil daran. Wenn Sie vielleicht Gelegenheit haben, ins europäische Ausland zu fahren, werden Sie bemerken, dass dort die Benzinpreise höher liegen als bei uns. Nach einem Bericht der „Nordsee-Zeitung“ vom 12. September liegt Deutschland bei den Benzin- und Dieselpreisen an neunter Stelle. In Portugal ist der Sprit allerdings noch billiger.
Ist eine Nutzung von Biodiesel für Fahrzeuge des Landes Bremen wirtschaftlich sinnvoll? Die Antwort auf die Große Anfrage zeigt, dass es im Land Bremen durchaus Versuche gegeben hat, Biodiesel zu nutzen. Die Ergebnisse waren eher negativ. Positiv werten sollten wir, dass demnächst eine Informationsveranstaltung zu alternativen Kraftstoffen, wie aus der Antwort zu entnehmen ist, vorgesehen ist.
Abschließend möchte ich noch auf eine Initiative aus dem Bundesverkehrsministerium hinweisen: Trainingskurse zu kraftstoffsparendem Autofahren! Leider wurden sie bisher wenig angenommen. Ich kann mich gut an einen Vergleich in der eigenen Familie erinnern, bei dem mit demselben Auto auf der gleichen Strecke bei gleicher Fahrzeit und gleichen Wetterbedingungen 25 Prozent weniger Sprit verbraucht werden konnte, von älteren Fahrern.
Da war ich noch nicht ganz 50!
Vielleicht wäre ein Fahrertraining mit der Intention, optimal zu fahren bei geringstem Spritverbrauch, für alle Fahrzeugführer der beiden Kommunen und des Landes am sinnvollsten. — Schönen Dank!
Herr Abgeordneter Henkel, es ist Ihnen vielleicht entgangen, aber das hängt sicher auch damit zusammen, dass es am Dienstag im Fernsehen gesendet wurde, dass solch ein Projekt auch in Niedersachsen schon stattfindet! Dann brauchen wir nicht so weit zu fahren.
In Niedersachsen!
Das werde ich Ihnen in der Umweltdeputation noch genauer sagen.