Manfred Weiß
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Herr Präsident, Hohes Haus! Für die CSU darf ich sagen, dass auch wir zu der Erkenntnis gekommen sind, dass sich diese Regelung nicht bewährt hat. Wir wollten es den Kandidaten ersparen, in die Stichwahl zu gehen, wenn jemand das Amt, für das er kandidiert, sowieso nicht antreten will. Jetzt müssen wir jedoch feststellen, dass es hier auch Missbrauch gibt. Nach der jetzigen Gesetzeslage kann man vor der Stichwahl einen Kandidaten zurückziehen, um eine neue Wahl zu erreichen.
Irgendetwas muss geändert werden. Der Vorschlag der SPD ist zwar gut gemeint, aber falsch. Wenn man nämlich nicht mehr die Möglichkeit hat, vor der Stichwahl seine Kandidatur zurückzuziehen, kann man nach der Stichwahl, wenn man gewählt ist, dennoch einen Rückzieher machen. Ich denke an Fälle, wo es in kleineren Gemeinden keinen Bürgermeisterkandidaten gegeben hat, aber die Wähler einfach irgendwelche Namen auf die Stimmzettel geschrieben haben.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 20 auf:
Ich eröffne die Aussprache. Im Ältestenrat wurden fünf Minuten je Fraktion vereinbart. Erster Redner: Herr Kollege Mütze.
Frau Präsidentin, Hohes Haus! Der Staat hat die Aufgabe, die Freiheitsrechte der Bürger zu sichern. Er hat aber auch – das ist ebenso wichtig – das Leben und die Gesundheit der Bürger zu verteidigen und für die Sicherheit des Bundes und der Länder zu sorgen. Dass es bei diesen Grundaufgaben immer wieder Konflikte gibt, ist klar. Wenn das eine zu weit geht, grenzt es das andere unzulässigerweise ein. Unsere Aufgabe ist es, eine Abwägung zu treffen und Regelungen zu schaffen, damit die Behörden, die wir beauftragen, ihre Aufgaben erfüllen können.
Selbstverständlich wird es immer wieder die Situation geben, dass eine staatliche Regelung, ein Gesetz oder eine Verordnung, erlassen wird die, wie die Wächter des Grundgesetzes, die Verfassungsrichter, im Nachhinein feststellen, zu weit geht. Damit müssen wir leben. Herr Kollege Ritter, wie Sie jedoch zu dem Schluss kommen, dass der Freistaat Bayern und die Bayerische Staatsregierung aus diesen Urteilen nichts lernten, ist mir schleierhaft. Ich möchte jetzt nicht die gesamte Rechtsprechung überprüfen. Aber die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu diesem Thema richten sich nicht gegen Bayern.
Wir sprechen heute über die akustische Wohnraumüberwachung. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2004 richtet sich gegen eine bundesrechtliche Regelung. Wir reden über die vorbeugende
einer Online-Datenerhebung gestrichen. Zudem haben wir auch den Straftatenkatalog konkretisiert.
Ich darf noch an eine andere eingehende Diskussion erinnern. Auf Einwand der Kirchen und der Rechtsanwaltskammer wurde sowohl für die Wohnraumüberwachung als auch für die Telekommunikationsüberwachung und die Online-Datenerhebung ein absolutes Verwertungsverbot für Daten festgeschrieben, die der Sphäre der Berufsgeheimnisträger oder dem Kernbereich entstammen. Vor kurzem habe ich mich mit den Vertretern der Anwaltskammer unterhalten. Man war dort über diese Einschränkung sehr erleichtert. Ich habe deren Befürchtungen zwar nicht geteilt, aber ich glaube, ein Gesetz sollte, auch wenn es sich im Rahmen der Verfassung bewegt, von einer breiten Menge angenommen werden. Es ist auf jeden Fall schädlicher, wenn Unsicherheiten entstehen können.
Des Weiteren – das haben Sie auch angesprochen – sollte ein neuer Artikel 34 e geschaffen werden. Dieser erlaubt es der Polizei, zur Durchführung der Wohnraumüberwachung, der Telekommunikationsüberwachung und der Online-Datenerhebung, Sachen zu durchsuchen sowie die Wohnung des Betroffenen ohne Einwilligung zu betreten und zu durchsuchen. Sie gehen davon aus, dass dies verfassungswidrig ist. Ich kann Ihnen jetzt nicht beweisen, dass Sie falsch liegen. Ich gehe aber davon aus, dass wir richtig liegen. Das Bundesverfassungsgericht hat es jedenfalls deutlich gemacht. Wenn ich gewisse Eingriffe in den Computer zulasse, liegt es vermutlich nahe, dass ich die Leute auch an den Computer heranlasse. Beim Einpflanzen von Trojanern von außen gibt es immer wieder Probleme. Zum einen ist es schwierig, den richtigen Computer zu erwischen. Außerdem sind die Abwehrmaßnahmen weitaus leichter. Erst einmal muss man zum Eindringen gewisse Sicherungssysteme überwinden. Derjenige, der einigermaßen clever ist, kann die Trojaner aber jederzeit löschen. Ich glaube, dass eine wirksame Überwachung nur möglich ist, wenn wir es den Behörden auch erlauben, die Wohnung der Betroffenen zu betreten.
Auf der Bundesebene hat man sich nicht so weit durchsetzen können. Der Grund dafür war aber nur, dass zwischen der Union und der SPD keine Übereinstimmung erzielt werden konnte. Die Tatsache, dass man sich dort gegenseitig blockiert hat und deshalb eine notwendige Maßnahme nicht festschreiben konnte, sollte für uns kein Grund dafür sein, dass wir es auch nicht tun. Wir sehen hier einer Entscheidung des Verfassungsgerichts beruhigt entgegen. Ich glaube, dass wir die Grenzen eingehalten haben.
Ich komme als letztes noch zum Kennzeichen-Scanning. Hierzu gibt es eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11. März 2008. In diesem Verfahren ist eine Regelung, die keine bayerische war – darauf möchte ich ausdrücklich hinweisen –, beanstandet worden.
gerichts entsprochen. Ich mache mir auch keine Sorgen, wenn darüber noch einmal entschieden werden sollte.
Der zweite Bereich ist die Online-Datenerhebung. Das ist ein besonderes Steckenpferd von Ihnen. Diese Maßnahme ist mit dem Änderungsantrag der CSU vorgeschlagen worden. Wir wissen, dass die Terroristen international vernetzt sind und die Kommunikationsmöglichkeiten auch nutzen. Sie haben zwar Recht, dass die Kommunikation davon nicht betroffen ist. Das, was aber aufgrund der Kommunikation auf der Festplatte vorhanden ist, ist Gegenstand der Durchsuchung. Dabei geht es nicht nur um das Anleiten zum Bau von Bomben oder um sonstige Hinweise. Es gibt eine Vielzahl von Erkenntnissen, die für die Gefahrenabwehr wichtig und notwendig sind.
Sie haben gesagt, es gebe so viele Vorkehrungsmöglichkeiten, mit denen man sich gegen eine Durchsuchung wehren könne. Ein Sachverständiger hat auch einmal gesagt, im Prinzip werde nur der Dumme erwischt. Wir haben auch die Möglichkeit der Telefonüberwachung. Jeder Bürger weiß, dass unter bestimmten Voraussetzungen – sei es zum Zweck der Strafverfolgung oder im Rahmen der Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden – Telefone abgehört werden dürfen. Wir machen es nicht in dem Umfang, wie es der Bürger befürchtet. Wir machen weitaus weniger, trotzdem haben wir eine Vielzahl von Treffern und Erfolgen. Warum? Zum einen rechnen manche nicht damit, dass gerade sie abgehört werden. Manche verhalten sich vielleicht doch nicht ganz so konspirativ, wie es andere tun. Das wären dann die sogenannten Dummen. Andere lassen in einer gewissen Notsituation, weil zum Beispiel eine Verhaftung erfolgt ist oder weil irgendjemand persönliche Schwierigkeiten hat, die ganzen Sicherungsregelungen außen vor. Obwohl also die Möglichkeit der Telefonüberwachung allgemein bekannt ist, ist sie trotzdem ein wirksames Mittel. Das Gleiche gilt auch für die Online-Datenerhebung.
Zur Online-Datenerhebung hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 27. Februar 2008 eine wichtige Feststellung getroffen. Es hat ein neues Grundrecht entwickelt, nämlich das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und der Integrität informationstechnischer Systeme. Natürlich konnten wir dieses Grundrecht vorher nicht berücksichtigen, weil es erst in dieser Entscheidung festgeschrieben worden ist. Trotzdem haben wir uns im Wesentlichen auch daran gehalten. Außerdem hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung darauf hingewiesen, dass auch in dieses Grundrecht unter gewissen Voraussetzungen eingegriffen werden kann. Demnach sind Eingriffe nur zulässig – ich zitiere –, „wenn tatsächliche Anhaltspunkte einer konkreten Gefahr für ein überragendes, wichtiges Rechtsgut bestehen“. Ich gehe davon aus, dass unsere Fraktion in ihrem Antrag zur Neuformulierung des Artikels 34 d diese Vorgaben berücksichtigt hat. Wir sind sicher an die Grenze gegangen. Ich glaube aber, dass wir die verfassungsrechtlichen Grenzen eingehalten haben. Im Laufe der Beratungen haben wir den Antrag sogar noch eingeschränkt. Unter anderem haben wir auf Anregung des Datenschutzbeauftragten die gemeine Sachgefahr als Anlass einer Wohnraumüberwachung wie auch
In juristischen Fragen kann man viel spekulieren. Ich kann nur von dem ausgehen, was entschieden worden ist. Das, was entschieden worden ist, war eindeutig. Ich glaube, dass das, was wir hier im Gesetz festschreiben, der Entscheidung entspricht.
Kurzum, ich bitte Sie, dem Regierungsentwurf zuzustimmen. Dem Antrag der SPD, eine Befristung einzuführen, bitte ich, nicht zuzustimmen. Ich halte es für eine unnötige Selbstbindung, zu sagen, dass Gesetz gilt nur fünf Jahre. Gerade in diesem Bereich, wo jedes Jahr dem Parlamentarischen Kontrollgremium – PKG – –
Also, hier muss sogar im Ausnahmefall dem Parlamentarischen Kontrollgremium des Landtags berichtet werden. Jedes Jahr wird überprüft, ob sich die Maßnahmen bewährt haben oder nicht. Die Parlamentarier müssen sich automatisch damit befassen. Wenn im Parlament das Bedürfnis da ist, etwas zu ändern, dann kann das Parlament das auch ändern.
Ich halte es aber für problematisch, wenn ich Eingriffsgesetze mache, festzulegen, dass sie beispielsweise nur noch für ein halbes Jahr gelten. Wie soll der Polizeibeamte denn damit arbeiten? Was ist, wenn so ein Gesetz nach einem Vierteljahr ausläuft? Was passiert mit den Regelungen, die wir jetzt getroffen haben, wenn sie andere, schärfere Regelungen ablösen? – Wenn die minder schweren Regelungen abgeschafft werden, dann würden die schärferen wieder aufleben. Das wollen wir doch auch nicht. Kurzum, dieser Antrag der SPD bringt uns nicht weiter. Wenn wir Änderungsbedarf haben, dann können wir das jederzeit machen, das werden wir auch tun. Man sollte hier aber keinen Automatismus festlegen. Bei Eingriffsgesetzen muss sich derjenige, der sie anwendet, darauf verlassen können. Deshalb dürfen wir hier keine zusätzliche Unsicherheit schaffen.
Gesetze zu halten. Herzlichen Dank. Dann muss ich mich nämlich an eine Vielzahl von Gesetzen, die es hier gibt, nicht mehr halten, weil sie nämlich nicht rechtsstaatlich sind!
Bei der Begründung für das Instrument Rasterfahndung greifen Sie wieder auf die allgemeine Bedrohungslage zurück. Sie definieren die Gefahr nicht ausreichend in Art. 44 Abs. 1 Nr. 1 PAG und Sie lassen Rasterfahndung schon bei Gefahr für Sachen zu. In Nr. 2 überschreiten Sie schlichtweg Ihre gesetzgeberischen Kompetenzen. Die Vorbereitung einer schweren Straftat ist nach dem Strafgesetzbuch bereits strafbar. Damit sind Sie im repressiven Bereich und nicht mehr zuständig. Bitte nehmen Sie das endlich zur Kenntnis.
Oder kennen Sie Ihr Strafgesetzbuch nicht? – Wenn man Rasterfahndung im präventiven Bereich regeln will, kann man das tun, aber allenfalls so, wie das die SPD in ihrem Antrag vorgesehen hat. Ich persönlich werde mich bei diesem Antrag aber enthalten, weil ich die Vorverlagerung von Maßnahmen aus dem repressiven Bereich in den präventiven äußerst kritisch sehe, vor allem, wenn man die weiteren Prüfungskriterien – Erforderlichkeit, Verhältnismäßigkeit und Geeignetheit – zugrunde legt.
Erforderlichkeit – da kann man bei der Rasterfahndung sicherlich unterschiedlicher Meinung sein, aber nicht bei der Verhältnismäßigkeit. Der Gesetzentwurf der Staatsregierung entspricht dem auf keinen Fall. Ich möchte nur mal in Erinnerung rufen, was Rasterfahndung im Bund bedeutet: Das sind 8,3 Millionen Datensätze, 19 000 Prüffälle. Ein Verfahren ist eröffnet worden, das aber eingestellt wurde. Das heißt: Null Erfolg. Nun erklären Sie mir einmal, wie hier der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, nachdem so viele unbescholtene Menschen in die Rasterfahndung geraten sind, eingehalten worden ist.
Ganz sicher ist aber auf jeden Fall die Rasterfahndung kein geeignetes Mittel. Es wurde, das mussten Herr Beckstein ebenso wie Herr Schäuble eingestehen, nicht einer der islamistischen Schläfer gefunden. Die Stärke der Rasterfahndung liegt nämlich nach Untersuchungen des Max-Planck-Instituts für Internationales Strafrecht in der Vorbereitung von DNA-Reihenuntersuchungen.
DNA-Reihenuntersuchungen werden aber nach einem Verbrechen durchgeführt. Damit sind wir wieder im repressiven Bereich und außerhalb der Gesetzgebungskompetenz des Landes. Für präventive Arbeit ist die Rasterfahndung ungeeignet.
Zum Kennzeichenscanning: Hierzu gibt es Änderungsanträge der CSU und der GRÜNEN. Es erfolgt die gleiche Prüfung wie bei der Rasterfahndung: Gesetzgebungskompetenz, erforderlich, verhältnismäßig, geeignet. Hier
Sie kitten provisorisch, wo eine rechtspolitische Generalsanierung notwendig wäre.
Ich gehe mit Ihnen gerne die polizeilichen Instrumente der Reihe nach durch. Erstens gilt für alle: Es handelt sich beim PAG um präventive Maßnahmen, nicht um solche der Strafverfolgung. Das muss ich Ihnen leider immer wieder sagen. Das sind zwei verschiedene Dinge. Sie mögen gleichwertig nebeneinander stehen, aber sie haben trotzdem andere Voraussetzungen. Zweitens. Diese Maßnahmen sind darauf zu überprüfen, ob sie verfassungskonform sind, ob sie erforderlich sind, verhältnismäßig, geeignet, und ob die Formulierungen auch dem Bestimmtheitsgebot unterworfen worden sind.
Kommen wir jetzt zur Rasterfahndung. Das Verfassungsgericht setzt ganz enge Grenzen für eine präventive Rasterfahndung. Es darf keine reine Vorfeldmaßnahme sein. Sie darf auch nicht mit einer allgemeinen Bedrohungslage begründet werden. Sie darf nur durchgeführt werden, wenn eine konkrete Gefahrenlage besteht, das heißt, wenn konkrete Tatsachen auf eine solche Gefahr hindeuten. Weil diese Kriterien bisher in Art. 44 nicht eingehalten worden sind, musste die Staatsregierung eine Änderung vornehmen. Insofern ist der Problemaufriss, den wir im Gesetzentwurf finden, eine bodenlose Unverschämtheit.
In eine ähnliche Richtung geht das, was Herr Dr. Weiß hier gesagt hat. Das ist wirklich eine Geschichtsklitterung, wie ich sie schon lange nicht mehr erlebt habe, wenn im Gesetzentwurf steht:
Die bestehende Befugnis zur Rasterfahndung in Art. 44 PAG ist nach diesem Beschluss zwar im Grundsatz verfassungsgemäß. Die Tatbestandsmerkmale und die Verfahrensregelungen bedürfen jedoch weiterer gesetzlicher Klarstellungen,...
Bitte, was sind das für Geschichten? – Das ist absurd, das ist Vertuschungslyrik! Herr Dr. Weiß verkennt hier, dass Recht Recht ist, egal, ob das in Nordrhein-Westfalen in einem Gesetzentwurf steht oder in Schleswig-Holstein oder hier in Bayern.
Sie mussten deshalb eine Änderung vornehmen, weil die Regelung verfassungswidrig war. Die Regelung wird auch nicht besser durch die Änderungen, die die CSU hier einbringen will.
Wir wissen aber spätestens seit einem Brief mit dem heutigen Datum – 3. Juli 2008 –, dass hier im Landtag gesetzliche Bedingungen unterschiedlich gewertet werden: Wir werden in dem Schreiben vom Landtagspräsidenten aufgefordert, wenn wir hier wieder einmal eine Veranstaltung haben – das bezieht sich auf die gestrige Veranstaltung „Integration wird Mode“ –, uns an rechtsstaatliche
formationssysteme ermöglichen, wollen Sie die OnlineDurchsuchung ermöglichen und wollen Sie die – ich zitiere – „notwendigen Begleitmaßnahmen“ ermöglichen wie Einbruch der Polizei, heimliche Wohnungsbegehung, Durchsuchung persönlicher Gegenstände, Löschung und Veränderung der Daten auf dem PC.
Das steht alles in Ihrem Antrag so drin, Herr Kränzle.
Heimliches Betreten, was ist denn das? Wie machen Sie denn das? Wenn ich jetzt bei Ihnen heimlich in die Wohnung gehe, wie würden Sie denn das nennen?
Es geht weiter: Löschung und Veränderung der Daten auf dem PC, und dies wohlgemerkt nicht nur bei Personen, bei denen die Polizei aus welchen Gründen auch immer vermutet, dass sie eine erhebliche Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit verursachen, sondern auch bei Personen, bei denen die Polizei vermutet, dass solche Personen in ihren Räumen einmal ihre Informationssysteme benutzen könnten oder benutzt haben könnten.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, aufgrund dessen ist der Kreis der Personen, der befürchten muss, von einem solchen heimlichen Polizeibesuch mit anschließender Online-Durchsuchung und möglicherweise auch Datenveränderung betroffen zu sein, sehr groß. Personen – ob Studienkollege der Kinder, Arbeitskollege, Nachbar, Austauschschüler oder wer auch immer –, die sich zeitweise in Ihrer Wohnung aufhalten, können die Ursache dafür sein, dass Polizei, BKA und Verfassungsschutz oder wer auch immer – im Ernstfall wissen Sie nachher gar nicht mehr, wer das war – Ihre E-Mail-Konten durchsuchen. Dies ist besonders fatal angesichts der heutigen Funktion des Computers, der einen viel detaillierteren Einblick in die privaten und persönlichen Lebensumstände zulässt, als es beispielsweise Ihre Telefongespräche, Ihre Wohnungseinrichtung oder Ihr Tagebuch tun. Unabhängig von der tatsächlichen Zahl der durchgeführten Online-Durchsuchungen führt diese von Ihnen geschaffene Möglichkeit dazu, dass eine große Zahl von Menschen sich von einem weitreichenden Eingriff in die Privatsphäre bedroht fühlt.
Ich denke, in der Sicherheitspolitik sollte man auf dem Boden der Tatsachen bleiben. Die Alternative zu einer heimlichen Durchsuchung wäre eine offene Beschlagnahmung und eine offene Durchsuchung des PCs. Dies wäre sachgerecht, dies wäre richtig. Ich denke, bei dieser Vorgehensweise sollten wir in Bayern bleiben.
Die Aufgabe der Polizei ist es vor allem, Erkenntnisse für die Strafverfolgung von Tätern zu gewinnen. Wenn aber die Polizei oder das BKA oder der Verfassungsschutz oder wer auch immer Daten an PCs verändert, dürfte eine
ist es so, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts die Gesetzgebungskompetenz offen lässt, weil die Vorschriften Hessens und Schleswig-Holsteins, die zu diskutieren waren, bereits aus anderen Gründen rechtswidrig waren. Ich sage aber, die Praxis in Bayern spricht Bände.
Am intensivsten – und das möchte ich Ihnen gern mit auf den Weg geben – wird das Kfz-Kennzeichenscanning in Bayern praktiziert; das verwundert nicht. 35 Scanner im Dauerbetrieb erfassen fünf Millionen Fahrzeuge pro Monat. Die Trefferquote liegt bei 0,03 %, während der Abgleich zu 99,97 % ohne Ergebnis bleibt.
Aus den Abgleichstatistiken lässt sich nicht ablesen, inwieweit infolge von Meldungen konkrete Erfolge erzielt worden sind – wie immer in Bayern. Deswegen wollen Sie auch eine Befristung nicht; denn da müssten Sie irgendwann einmal eine Evaluierung durchführen, und genau die scheuen Sie. Es gab einen Fall, ein wegen Mordes Verdächtiger wurde gestellt. Das geschah zwei Tage nach dem Mord. Da muss ich Ihnen vorhalten, es hätte auch gereicht, wenn man eine zeitlich begrenzte und gezielte Suche nach dem entsprechenden Kennzeichen vorgenommen hätte. Der Massenabgleich von Millionen von Datensätzen wäre überhaupt nicht nötig gewesen.
Der Änderungsantrag der CSU ändert nichts an der Praxis und hält auch der Prüfung nicht stand. Weder verfügen Sie über Gesetzkompetenz, noch halten Sie sich an verfassungsrechtlich gebotene Spielregeln. Es wird Sie deshalb nicht wundern, dass wir Ihren Antrag und auch die Gesetzentwürfe, die damit zusammenhängen, ablehnen.
Leider ist es so, dass Sie das alles überhaupt nicht interessiert. Sie holen gleich aus zum nächsten Schlag, was bedeutet, Sie stellen Anträge zur Online-Durchsuchung durch die Polizei und – in Tagesordnungspunkt 8 – durch den Verfassungsschutz, beide mit Rechten zur heimlichen Wohnungsbetretung und Wohnungsdurchsuchung. Meine Kollegin wird hier explizit auf die Online-Durchsuchung eingehen.
Das, was Sie hier kurz vor dem Ende der Legislaturperiode bieten, ist aus meiner Sicht ein bürgerrechtspolitisches Desaster. Sie haben unser Vertrauen nicht verdient, und es wird mir eine Freude sein, das den Bürgerinnen und Bürgern im Landtagswahlkampf deutlich zu machen.
Frau Kollegin, nachdem Sie so schnell das Weite gesucht haben, um die Frage nicht beantworten zu müssen, kann ich das auch vom Rednerpult aus sagen.
Sie haben nach der Formulierung „ist im Grundsatz verfassungsgemäß“ gefragt. Wir wissen, dass im Alltag das „grundsätzlich“ anders verstanden wird als unter Juristen. Im Alltag heißt „grundsätzlich“ jawohl, gilt generell. Bei Juristen heißt „grundsätzlich“ ja, unter gewissen Umständen, aber es gibt eine größere Menge von Ausnahmen.
Nachdem Sie sogar eine juristische Ausbildung haben, sollten Sie wissen, wie der Ausdruck „im Grundsatz“ gemeint ist und die Leute nicht für dumm verkaufen.
Herr Präsident, Hohes Haus! Bei der Materie geht es im Wesentlichen darum, im Rahmen der Gefahrenabwehr den Verfassungsschutzbehörden – sprich dem Landesamt für Verfassungsschutz – einen Teil der Möglichkeiten zu geben, welche die Polizei bereits hat oder aufgrund der vorherigen Beschlusslage jetzt übertragen bekommen hat. Es geht im Prinzip um die gleiche Rechtssprechung. Wir stützen uns bei beiden Bereichen auf die Entscheidungen, die wir vorhin schon eingehend diskutiert haben, und werden vermutlich auch wieder unterschiedliche Schlüsse daraus ziehen.
Dem Landesamt für Verfassungsschutz soll die akustische Wohnraumüberwachung ermöglicht werden; ich verweise wieder auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2004. Es geht um den Einsatz des IMSI-Catchers, der der Polizei bereits möglich ist. Es geht nicht darum, Gesprächsinhalte oder Verbindungsdaten zu bekommen, sondern nur um die Ortung von Mobiltelefonen. Es geht um das Abhören des nicht öffentlich gesprochenen Wortes außerhalb der Wohnungen, was die Polizei bereits darf, und es geht um die Online-Datenerhebung, über die wir bereits vorhin bei der Ergänzung des PAG, des Polizeiaufgabengesetzes, diskutiert haben. An
stoßen werden, ändern Sie die einschlägigen Paragrafen und Artikel. Das ist genau der Knackpunkt. Bei jedem neuen Gesetzentwurf, wie etwa beim Versammlungsrecht, fangen wir immer wieder von vorne an. Wir fordern Sie auf, zur Kenntnis zu nehmen, dass sich der Staat aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung einfach herauszuhalten hat und dass Sie nicht die Gesinnung von Menschen zu prüfen haben, genauso wenig, wie Sie uns vorzuschreiben haben, mit wem wir uns wann und wo versammeln.
Für die Online-Durchsuchung durch den Verfassungsschutz gilt weitgehend die Kritik zur Online-Durchsuchung durch die Polizei. Ich möchte noch eines klarstellen: Die Polizei unterliegt einer öffentlichen Kontrolle sehr, sehr viel stärker als der Verfassungsschutz. Das Parlamentarische Kontrollgremium halte ich hier teilweise für eine reine Farce.
Deswegen muss man bei der Online-Durchsuchung durch den Verfassungsschutz ganz besonders sorgfältig hinsehen.
Wir haben anlässlich der Beantwortung unserer Anfragen, gerade wenn es um Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen geht, erlebt, dass Sie sehr zugeknöpft sind. Zur Erinnerung möchte ich kurz auf die Geschichte dieser Online-Durchsuchung in Ihrem Gesetzentwurf eingehen. Die CSU hat den Gesetzentwurf noch vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zum nordrheinwestfälischen Gesetz auf den Weg gebracht. Wir wollten, dass Sie ihn auf Eis legen und abwarten, was das Bundesverfassungsgericht zum NRW-Gesetz sagt. Wir haben auch versucht, mit Ihnen darüber im Innenausschuss zu diskutieren. Was uns dort an Arroganz und Ignoranz – ich gebe das Kompliment gerne zurück – entgegengeschlagen ist, war mit einer ganzen Reihe von Emotionen garniert. Damals wie heute sage ich Ihnen aber, dass eine emotionale Empörung keine Fachdebatte ersetzt. Was musste ich mir alles anhören! Ich habe mir das Protokoll nochmals durchgelesen. Alles das, was wir gesagt haben und was Sie in Bausch und Bogen verurteilt haben, was nämlich Mindeststandard einer Online-Durchsuchung sein muss, hat Ihnen jetzt das Verfassungsgericht ins Stammbuch geschrieben. Es ist mir eine Freude, das heute wiederholen zu dürfen.
Dann kam es natürlich auch, wie es kommen musste: Das nordrhein-westfälische Gesetz wurde vom Verfassungsgericht gestrichen, und Sie sind infolgedessen im Vorausgalopp gestolpert, weil Schnelligkeit eben nicht immer ein Kriterium für Qualität ist. Sie als Staatsregierung mussten dann Ihre Fraktion bitten, Änderungsanträge einzubringen. Ich habe schon den Eindruck gehabt, dass Sie bei all diesen Änderungsanträgen erstaunlich still geworden sind. Wir lassen uns davon aber nicht täuschen. Wir wissen, dass dieses Stillhalten – nur heute sind Sie etwas lebendiger geworden – auf keinen Fall etwas mit Einsicht zu tun hat.
Die Online-Durchsuchung mit heimlicher Wohnungsdurchsuchung greift tief in die Grundrechte ein. Nicht umsonst gab es deshalb eine Anhörung, in der die unterschiedlichen Interessenlagen deutlich hervorgetreten
das Gesetz gegeben sind, nicht mehr gewährleistet. Das ist eine Umgehungsmöglichkeit. Die CSU setzt unseres Erachtens mit einem Änderungsantrag noch einen drauf. Wir halten diese Punkte tatsächlich – das traue ich mich selbst als Nichtjurist zu sagen – für verfassungsrechtlich bedenklich.
Darüber hinaus wissen wir alle, dass es ein ernsthaftes Problem bei der Mitteilung an die Betroffenen in der Praxis gibt. In der Regel werden Betroffene nur dann informiert, wenn das Ganze irgendwann in der Strafverfolgung und bei einem Prozess landet. In der Regel werden Personen, bei denen es nicht bis zu dem Punkt kommt, gar nicht benachrichtigt. Das Mittel der Zurückstellung der Mitteilung wird über Gebühr ausgenutzt.
Zur Online-Durchsuchung wurde schon das eine oder andere gesagt. Wir halten die Online-Durchsuchung neben den ganzen rechtlichen Problemen, auf die schon eingegangen wurde, für praxisuntauglich. Ein ernsthaftes Instrument zur Verbrechensbekämpfung ist das tatsächlich nicht. Zudem ist die Verankerung der Online-Durchsuchung im Verfassungsschutzgesetz ebenfalls rechtlich fragwürdig. Entspricht man den Grundsätzen des Bundesverfassungsgerichts, dann befindet man sich bei den Gründen, die für eine Online-Durchsuchung vorliegen müssen, bereits deutlich im Bereich der polizeilichen Prävention. Daher hat die Online-Durchsuchung im Verfassungsschutzgesetz nichts zu suchen. Ich fordere Sie auf, das abzulehnen.
Herr Präsident, Hohes Haus! – Nachdem jetzt die In-Sich-Gespräche der GRÜNEN ein Ende gefunden haben, ist es vielleicht ganz gut, dass auch die anderen politischen Seiten dazu einmal gehört werden.
Ach komm, red’ halt nicht schon wieder rein. Das dauernde Reingeschnattere – – Lassen Sie einen anderen auch mal reden.
Frau Kollegin Kamm, ich habe von Ihnen schon manchen Antrag gelesen, aber der vorliegende ist wohl der Gipfel der Scheinheiligkeit.
Sie geben hier vor, für den Föderalismus zu kämpfen. Ihnen geht es bloß darum, die Tätigkeit des Bundeskriminalamts bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus zu verhindern. Sie sind dagegen, dass das Bundeskriminalamt polizeiliche Maßnahmen einsetzt. Sie wollen auch auf Länderebene laufend blockieren oder verhindern. Sie tun so, als wollten Sie für den Föderalismus kämpfen. Im Prinzip geht es Ihnen nur darum, eine wirksame Terrorismusbekämpfung zu verhindern.
Was stellen Sie hier für einen Antrag? – „Die bundesdeutsche Sicherheitsarchitektur mit der Zuständigkeit der Länder für die polizeiliche Gefahrenabwehr hat sich bewährt und muss beibehalten werden.“ Haben Sie nicht mitbekommen, dass vor zwei Jahren das Grundgesetz geändert wurde? – Infolge der Föderalismuskommission wurde das Grundgesetz geändert. Lesen Sie im Grundgesetz nach. Dort steht in Artikel 73 Absatz 1 Nummer 9 a:
Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalpolizeiamt in Fällen, in denen eine länderübergreifende Gefahr vorliegt, die Zuständigkeit einer Landespolizeibehörde nicht erkennbar ist oder die oberste Landesbehörde um eine Übernahme ersucht;
Damit ist klar, wo auf Bundesebene eine Zuständigkeit gegeben ist und wo auf Länderebene die Zuständigkeit gegeben ist.
Wenn Sie schon so für den Föderalismus kämpfen wollen, dann sind Sie ein Jahr zu spät dran. Es gab einmal einen Entwurf im Bundesinnenministerium, bei dem man sich
verhindern Sie Doppelzuständigkeiten und ein Nebeneinanderder, verhindern Sie Schäubles BKA-Gesetz.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Kollege Volkmann hat richtig geschildert, dass wir mit der Gesetzesänderung nicht den Erfolg erreicht haben, den wir uns erhofft haben.
Die Hoffnung war damals, wenn man die Möglichkeit einräumt, vor der Stichwahl zurückzutreten, dass sich dann diese Stichwahl erledigt. In Wirklichkeit ist es anders gekommen, nämlich so, dass das Ganze manchmal zum politischen Kampfi nstrument geworden ist, dass jemand, der in die Stichwahl kommt, vor der Stichwahl zurücktritt und dass dann ganz neu gewählt wird. Theoretisch könnte dann wieder jemand in die Stichwahl kommen und zurücktreten, sodass es auf die Dauer Schwierigkeiten gibt. Ich stimme mit Ihnen überein, dass wir dieses Problem lösen müssen.
Ich glaube aber auch, wenn wir den ursprünglichen Zustand wiederherstellen würden, wie Sie es jetzt anstreben, dann würde das bedeuten, dass das, was wir an sich lösen wollten, wieder nicht gelöst ist. Da würde dann jemand in die Stichwahl gezwungen und möglicherweise nach der Stichwahl zurücktreten. Es gibt beispielsweise den Fall, dass jemand nicht mehr will.
Ich habe mir auch überlegt, was für Möglichkeiten es gibt. Wir könnten sagen, wenn jemand vor der Stichwahl zurücktritt, dass dann die zwei weiteren Bewerber – wenn es zwei weitere gibt – die Stichwahl miteinander ausmachen. Oder: Wenn nur noch ein Bewerber da ist, könnte der möglicherweise schon gewählt sein. Ich könnte mir auch vorstellen, dass dann, wenn eine Wiederholungswahl stattfi ndet, die Regelung, die wir jetzt haben, dass neue Vorschläge gemacht werden können, nicht gilt, wobei dann natürlich eine Partei bei der Wahl ausgeschlossen wäre. Kurzum: Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie wir dieses Problem lösen könnten, wobei ich glaube, wenn wir den Zustand von vor zwei Jahren wiederherstellen, wie es die SPD anstrebt, dann kommen wir auch nicht weiter.
Ich bin der Meinung, die Sache ist zu ernst, um ein parteipolitisches Scharmützel zu veranstalten. Wir haben bisher immer die Übung gehabt, dass dann, wenn die Kommunalwahlen vorbei sind, das Innenministerium auswertet: Wo gab es Probleme, welche Regeln haben
die Stichwahl verzichtet, muss – das ist die absurde Regelung – die gesamte Wahl wiederholt werden, und zwar innerhalb von drei Monaten. Das ist jetzt mehrfach in Bayern geschehen, zum Beispiel in Burgkirchen an der Alz im Landkreis Altötting, einer Gemeinde mit 11 000 Einwohnern. Burgkirchen hat zumindest jetzt mal für sechs Wochen keinen Ersten Bürgermeister, weil erst am 8. Juni neu gewählt werden kann, denn die gesamte Wahl muss wiederholt werden. Der Kandidat an zweiter Stelle hat gesagt: Ich kandidiere jetzt nicht mehr. Aus welchen Gründen er das getan hat, ist jetzt völlig uninteressant. Die ganze Wahl muss daher wiederholt werden.
Ich darf Sie darauf hinweisen – ich mache das natürlich wahnsinnig ungern, aber ich tue es trotzdem –, dass meine Fraktionskollegin Helga Schmitt-Bussinger schon in der Ersten Lesung der Beratung zum Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz im Jahr 2006 darauf hingewiesen hat, dass die Regelung, nämlich die Pfl icht zur Wahlwiederholung, falls einer der Stichwahlkandidaten auf die Wahl verzichtet, völlig unsinnig ist. Sie hat übrigens auch bei der Beratung im Kommunalausschuss darauf hingewiesen. In beiden Fällen wurde dieses Argument vonseiten der CSU überhaupt nicht beantwortet. Sie, Herr Kollege Weiß, waren damals im Kommunalausschuss der Berichterstatter. In der Zweiten Lesung hat meine Kollegin Helga Schmitt-Bussinger erneut darauf hingewiesen, und der damalige Innenminister und nunmehrige Ministerpräsident hat das etwas lässig zur Kenntnis genommen und gesagt: „Ich möchte nicht übermäßig polemisieren, aber manche Leute sind bereits froh, wenn sie in eine Stichwahl kommen. Für diese Leute ist das der Erfolg ihres Lebens. Wir dagegen meinen, dass es nicht sinnvoll ist, so jemanden in die Stichwahl zu zwingen, wenn er dann die Wahl nicht annehmen will.“ – Ich frage Sie schlicht und einfach: Glauben Sie denn allen Ernstes, dass jemand, der für den Posten des Bürgermeisters kandidiert, egal, ob in einer kleinen oder in einer großen Gemeinde, hinterher die Wahl nicht annimmt? – Diese Annahme ist schlicht und einfach weltfremd, meine Damen und Herren. Wir machen Ihnen daraus gar keinen besonderen Vorwurf; wir tun das auch nicht lange. Wenn wir Ihnen einen Vorwurf daraus machen, dann nur noch bis Ende September, und dann nicht mehr. Ich denke aber, wir sollten das regulieren und ausbessern. Wir sollten das jetzt tun.
Ich weiß, dass die nächste Kommunalwahl erst 2014 ist. Aber wir haben eine Reihe von Fällen in Bayern, in denen jetzt auch Bürgermeister gewählt werden. Wenn Sie es bei der jetzigen Regelung belassen würden, würde das bedeuten, dass wieder solche Fälle auftreten können, in denen nach einer Stichwahl völlig unsinnigerweise die ganze Wahl wiederholt werden muss, weil einer der beiden Kandidaten sagt: „Jetzt mog i nimmer“. Das ist nur eine Kleinigkeit. Wir sollten daher den Zustand, wie er bis 2006 bestanden hat, wiederherstellen. Ich bitte um Ihre Zustimmung. Ich bin ungewöhnlich optimistisch, dass die Bayerische Staatsregierung und die Mehrheit dieses Hohen Hauses dem vorliegenden Antrag
Wir wollen, dass die bestehende Regelung abgeschafft wird. Wir wollen, dass die Bürgerinnen und Bürger nur wählen müssen zwischen Kandidatinnen und Kandidaten, von denen sie sicher sein können, dass sie im Fall einer Wahl oder im Fall dessen, dass sie in die Stichwahl kommen, tatsächlich die Wahl annehmen und ihre Kandidatur zu Ende führen. Deswegen begrüßen wir eine Änderung des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes sehr.
Herr Kollege Volkmann, Sie waren wahrscheinlich von meinem ersten Satz, dass ich Ihnen recht gebe, so begeistert, dass Sie den zweiten Satz gar nicht mehr gehört haben. Ich habe im ersten Satz gesagt, ich gebe Ihnen recht, dass die gegenwärtige Regelung nicht günstig ist. Der zweite Satz war: Ich bedauere, dass Ihr Vorschlag die Lage nicht verbessert, sondern die Problematik hinausschiebt. Wir sind uns darin einig, dass wir etwas ändern sollten, aber wir sind uns nicht einig, dass wir das mit Ihrem Vorschlag tun sollten. Wie gesagt, ich halte den Vorschlag für ungünstig. Man müsste doch noch einmal in die Wahl gehen, wenn man kein Rücktrittsrecht hat. Da sollten wir uns lieber etwas anderes überlegen.
Also: Im Prinzip sind wir uns einig, allerdings mit der kleinen Nuance, dass wir dem Antrag so nicht zustimmen können, wenn Sie auf einer Abstimmung bestehen.
Herr Präsident, Hohes Haus! Das Bayerische Meldegesetz muss an verschiedene Änderungen des Melderechtsrahmengesetzes des Bundes angepasst werden, insbesondere sind die Länder verpfl ichtet, die Melderegisterdaten der Einwohner in zum Teil erheblichem Umfang zu erweitern. Darüber hinaus wird das melderechtliche Verfahren vereinfacht. Im Wesentlichen tragen wir hier bundesgesetzlichen Regelungen Rechnung. Der federführende Innenausschuss hat einstimmig zugestimmt. Ich bitte Sie, entsprechend zu verfahren.
Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der aufgerufene Gesetzentwurf der Staatsregierung ist äußerst umfassend und vielschichtig. Er enthält 70 Ziffern mit bis zu 7 Unterpunkten. Allerdings handelt es sich vielfach nur um Klarstellungen, Anpassungen und Reaktionen auf unstreitige Regelungsfälle. Ich werde deshalb nur auf die wichtigen streitigen Punkte eingehen, also auf die Punkte, zu denen die Fraktionen unterschiedlich abgestimmt haben. Darüber müssen wir diskutieren.
Allerdings mache ich eine Ausnahme. Es handelt sich um die unstreitige Regelung, dass Bürgerentscheide an Sonntagen stattzufi nden haben. Dies ist an sich eine
Selbstverständlichkeit, und es wird so geregelt. Ich erwähne es deshalb, weil es der einzige Punkt in dem Gesetzentwurf der GRÜNEN ist, mit dem wir übereinstimmen. Insoweit können die GRÜNEN ihren Entwurf abhaken. Mit diesem Teil ihres Gesetzentwurfs werden die GRÜNEN wohl Erfolg haben können.
Wichtig ist natürlich – das ist im Gesetz geregelt – der Versuch einer Harmonisierung der Termine der Wahl von Landräten und hauptberufl ichen Bürgermeistern. Im Moment haben wir die gesetzliche Regelung, dass, wenn eine Amtszeit vorzeitig endet, in der Regel eine Neuwahl wieder für sechs Jahre stattfi ndet und dass dann alle späteren Wahlen auch wieder zwischen den Zeiten, außerhalb der regulären Kommunalwahltermine stattfi nden.
Das führt dazu, dass diese Sonderwahlen immer häufi ger werden. Ich kenne Landkreise, in denen schon jetzt ein Drittel aller Bürgermeisterwahlen außerhalb der normalen Wahltermine stattfi nden. Es lässt sich ausrechnen, dass dies noch schlimmer werden wird.
Der Gesetzentwurf strebt in einem gewissen Maß eine Harmonisierung der Termine an. Er beinhaltet, dass, wenn bis zur nächsten regulären Kommunalwahl mindestens vier Jahre Zeit sind, der Kandidat nur für diese restliche Zeit, also für mindestens vier Jahre, gewählt wird, während in den Fällen, in denen bis zur nächsten Wahl zwei Jahre und weniger Zeit zur Verfügung steht, der Kandidat bis zur übernächsten Wahl gewählt wird. Ein Kandidat kann dann also für bis zu acht Jahre gewählt werden.
Wir haben uns zwar bemüht, aber keine Lösung für die zwei Jahre zwischen diesen Zeiten gefunden. Der Bayerische Gemeindetag hat zwar den Vorschlag gemacht, für den Fall, dass mehr als drei Jahre Zeit sind, nur für drei Jahre zu wählen, während in dem Fall, dass weniger als drei Jahre Zeit sind, für bis zu neun Jahre gewählt wird, also gleichzeitig auch für die nachfolgende Amtszeit; aber wir haben hier doch gewisse verfassungsrechtliche Probleme gesehen. Die SPD hat deutlich gemacht, dass nach ihrer Auffassung schon acht Jahre eine zu lange Zeit sind und sie bereits dann verfassungsrechtliche Bedenken sieht. Wir sind der Meinung, dass man acht Jahre wohl noch verantworten kann.
Der zweite streitige Punkt besteht darin, dass das Amtsausübungsverbot für Bürgermeister bei der Vertretung des Landrats gelockert werden soll. Wenn jetzt ein Bürgermeister stellvertretender Landrat ist und gerade den Landrat vertritt, dann muss er so lange seine Amtsgeschäfte als Bürgermeister ruhen lassen.
Man hat nun versucht, eine etwas großzügigere Regelung dahin gehend zu fi nden, dass der Bürgermeister gleichzeitig sein Amt als Bürgermeister ausüben kann, dass er aber in Belangen, die seine Gemeinde betreffen, nicht als Landrat tätig sein kann. Wir halten das für eine vernünftige Lösung.
Der Landkreistag hat hier noch die Überlegung gehabt – das ist sicherlich nicht ganz von der Hand zu weisen –,
dass es dann, wenn es sich um eine sehr lange Vertretung über vier Wochen hinaus handelt, eine große Belastung ist, das volle Amt als Bürgermeister und als Landrat wahrzunehmen. Er hat vorgeschlagen, dass in dieser Zeit der Bürgermeister voll als Landrat agieren solle und seine Sachkunde im Gemeinderat als einfaches Gemeinderatsmitglied einbringen sollte.
Ich kann mir nur sehr schwer vorstellen, dass beispielsweise ein hauptamtlicher Bürgermeister einerseits als Landrat fungiert und andererseits in seinem Stadtrat als einfaches Stadtratsmitglied sitzt, während der zweite Bürgermeister die Amtsgeschäfte führt. Das ist für uns in der Praxis schwer nachzuvollziehen und deshalb sind wir diesem Vorschlag auch nicht gefolgt. Trotzdem haben wir eine gewisse Lockerung im Hinblick auf die Tätigkeit von Bürgermeistern als stellvertretende Landräte im Gesetz vorgesehen.
Nicht zustimmen konnten wir dem Gesetzentwurf der Staatsregierung in dem Punkt, dass bei Bürgerentscheiden in den Gemeinden zwischen 20 000 und 50 000 Einwohnern das Abstimmungsquorum von 20 auf 15 % abgesenkt werden sollte. Das mag zwar gut gemeint gewesen sein, aber es gab hier doch erhebliche Vorbehalte vor allen Dingen vom Städtetag und vom Landkreistag. Beide sagten, sie könnten sich mit dieser Regelung nur anfreunden, wenn gleichzeitig die Amtseintragung bei der Sammlung der Unterschriften beim Bürgerbegehren festgelegt würde.
Es ist richtig, dass es hier in der Vergangenheit einige Missstände gegeben hat. Ich habe einem Zeitungsbericht einer Ansbacher Zeitung entnommen, dass sich ein Werber für Unterschriften für ein Bürgerbegehren damit gerühmt hat, schätzungsweise zehn Abende nachts in Cafés und Kneipen unterwegs gewesen zu sein, um dort Unterschriften zu sammeln. Wenn ich nachts um 1 oder 2 Uhr in einer Kneipe irgendjemanden unterschreiben lasse, kommen mir gewisse Zweifel an der Ernsthaftigkeit einer solchen Unterschrift. Sicherlich ist das nicht zu verallgemeinern, aber es gab hier Probleme in manchen Bereichen.
Nachdem es in der Fraktion von manchen Seiten auch Befürwortung für die Amtseintragung gab, haben wir uns nach zähem Ringen entschieden, bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden es bei dem zu belassen, wie es bisher gewesen ist. Wir wollen also nichts ändern und werden insoweit dem Gesetzentwurf der Staatsregierung nicht folgen. Wir haben hierzu einen Abänderungsantrag eingebracht, mit dem wir auch deutlich machen, dass die CSU-Fraktion nicht alles kritiklos übernimmt, was an Gesetzentwürfen von der Staatsregierung kommt, sondern dass wir schon sehr genau prüfen, was zu verwirklichen ist, was logisch und sinnvoll ist. Diesem Punkt konnten wir uns, wie gesagt, nicht anschließen.
Nachdem wir uns also der Absenkung des Quorums von 20 auf 15 % nicht anschließen konnten, war es klar, dass wir dem Gesetzentwurf der GRÜNEN, in dem das Zustim
mungsquorum ganz abgeschafft werden sollte, auch nicht näher treten konnten.
Immerhin ist in der parlamentarischen Demokratie die Entscheidung des kommunalen Gremiums, des Stadtrats, des Kreistages oder des Gemeinderats der Normalfall. Ein Bürgerentscheid kann insoweit immer nur die Ausnahme sein. Darum ist es problematisch, beides vollkommen gleichstellen zu wollen oder möglicherweise den Bürgerentscheid gar noch zu bevorzugen. Bei einer Entscheidung im Gemeinderat brauche ich, damit die Entscheidung wirksam ist, die Beschlussfähigkeit. Wenn der Gemeinderat nicht beschlussfähig ist, kann nicht beschlossen werden; es ist schlichtweg nicht möglich, dass zwei oder drei Anwesende einen Beschluss fassen. Ich brauche die Beschlussfähigkeit. Genauso ist es erforderlich, dass beim Bürgerentscheid das nötige Gewicht dadurch entsteht, dass ein Quorum für den Entscheid vorliegt und erfüllt wird. Das ist der Grund, warum wir den Entwurf der GRÜNEN hier nicht mittragen können, wobei ich auch noch erwähnen möchte, dass nach zwei Entscheidungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs ein Streichen der Quoren und der damit vermittelte Zwang zur Beteiligung am Bürgerentscheid für grob verfassungswidrig gehalten wurde. Wenn man weiß, wie vorsichtig sich normalerweise die Gerichte ausdrücken und hier sogar das Verfassungsgericht sagt, eine derartige Streichung wäre grob verfassungswidrig, sollte uns klar sein, dass wir darauf nicht mehr allzu viele Gedanken verschwenden müssen.
Und noch ein Letztes. Soweit schließlich noch im Gesetzentwurf der GRÜNEN eine Absenkung des Mindestalters für das aktive Wahlrecht bei den Kommunalwahlen auf 16 Jahre gefordert wird, halte ich auch dieses Begehren für verfassungswidrig. In Artikel 12 Absatz 1 der Bayerischen Verfassung steht eindeutig: „Die Grundsätze für die Wahl zum Landtag gelten auch für die Gemeinden und Gemeindeverbände.“ Die Auslegung der GRÜNEN, dass das Wahlalter nicht zu den Grundsätzen gehöre, halte ich schlicht für abenteuerlich. Was soll es denn außer dem Wahlalter und der Staatsangehörigkeit sowie dem Wohnsitz noch an wichtigen Punkten geben?
So sieht es auch der Gesetzgeber, der in Artikel 1 Absatz 1 des Landeswahlgesetzes die Grundsätze dahingehend festlegt, dass stimmberechtigt alle Deutschen sind, die am Tag der Abstimmung das 18. Lebensjahr vollendet haben. Wie man da auf andere Ideen kommen kann, verwundert mich. Aber vielleicht fi nden Sie ja irgendjemanden, der Ihnen dafür eine Begründung liefert.
Auf jeden Fall stimmen auch die kommunalen Spitzenverbände insoweit mit uns überein und ich halte das auch für äußerst logisch. Das Alter ist doch mitentscheidend für jede Teilnahme am Rechtsleben. Volljährig wird man mit 18 Jahren. Mit 18 Jahren kann ich verbindliche Willenserklärungen abgeben. Ich kann mit 18 Jahren Verträge
abschließen und rechtswirksam handeln. Da ist es sicherlich auch logisch, die wichtigen Wahlentscheidungen auch erst ab dem 18. Lebensjahr zu treffen.
Ich fi nde, da sieht man unterschwellig im Gesetzentwurf der GRÜNEN die Überlegung: Nun ja, so ein bisschen früher Demokratie üben bei den Kommunalwahlen kann doch nicht schaden. Da möchte ich doch deutlich sagen, dass ich die Kommunalwahlen für mindestens genauso wichtig und bedeutsam halte wie die Wahlen zum Bundestag oder zum Landtag.
Ich halte es für falsch, hier eine Spielwiese für heranwachsende Staatsbürger vorzuhalten.
Dabei sehe ich natürlich den Begriff „Heranwachsend“ nicht aus der strafrechtlichen Sicht. Ich bin, wie gesagt, der Meinung, dass jede Wahl das gleiche Gewicht hat. Deshalb sollten wir an jede Wahl die gleichen Anforderungen stellen.
Die bisherige Regelung hat sich bewährt und wir sollten es deshalb dabei belassen. Aus diesem Grunde bitte ich, dem Gesetzentwurf der Staatsregierung mit der Ergänzung im CSU-Antrag zuzustimmen und den Gesetzentwurf der GRÜNEN abzulehnen.
Frau Präsidentin, Hohes Haus! Die CSU-Fraktion begrüßt den Gesetzentwurf der Staatsregierung. Zum einen reagiert er auf manche Fehlentwicklungen in der Vergangenheit. Ich denke da nur an die Dachauer Wahl oder an die Vorkommnisse in Lindau. Zum anderen versucht er, einige Probleme zu lösen, über die wir schon seit Jahren diskutieren.
Ich glaube auch, dass es wichtig ist, die Wahltermine wieder zusammenzuführen. Es gibt schon etliche Landkreise, in denen ein Drittel der Wahlen der hauptamtlichen Bürgermeister außerhalb der normalen Wahltermine stattfi ndet. Da es immer öfter passiert, dass die Dienstzeit eines Bürgermeisters vorzeitig endet, werden sich diese Fälle mehren. Es ist absehbar, dass wir eines Tages mehr Bürgermeister- und Landratswahlen außerhalb der regulären Wahltermine haben als bei den regulären Wahlterminen. Es ist also richtig, dass man versucht, dieses Problem zu lösen.
Man muss allerdings erkennen, dass wir damit nur zwei Drittel der Probleme lösen. Die Regelung gilt nämlich nur für die Fälle, in denen eine vorzeitige Wahl in den ersten zwei Jahren einer Periode stattfi ndet – dann beträgt die Amtszeit nur vier oder fünf Jahre – und für die Fälle, in denen eine Wahl in den letzten zwei Jahren einer Periode stattfi ndet; dann dauert die Amtszeit sieben oder eventuell acht Jahre. Für die zwei Jahre dazwischen haben wir noch keine Lösung. Ich halte es auch für problematisch, dass sich jemand zur Wahl stellen soll, der nur für drei Jahre gewählt wird oder der für neun Jahre gewählt werden soll. Wir sollten uns bei den Beratungen noch einmal überlegen, ob es möglich ist, diesen Schritt innerhalb von zwei Perioden zu tun. Wenn bei der ersten Wahl die Amtsdauer vier Jahre und bei der zweiten Wahl fünf Jahre betragen würde, dann wäre bei der übernächsten Wahl der reguläre Termin wieder erreicht. Darüber können wir bei den Beratungen diskutieren.
Frau Kollegin Schmitt-Bussinger hat gesagt, man könne sich kaum vorstellen, dass jemand in die Stichwahl kommt und dann auf die Wahl verzichtet.
Frau Kollegin Schmitt-Bussinger, in Schwabach, Ihrer Heimatstadt, hat Oberbürgermeister Reimann bei der ersten Wahl eine einzige Stimme gefehlt. Das ist eine kreisfreie Stadt mit über 20 000 Einwohnern. Der Gegenkandidat hatte 25 bis 30 %. Obwohl man dreimal nachgezählt hat, hat man die eine zur absoluten Mehrheit fehlende Stimme nicht gefunden. Wegen dieser einzigen Stimme musste man eine weitere Wahl durchführen. Das könnte so ein Fall sein, in dem man sagt, man spart sich die Kosten und verzichtet darauf.
Es wurde gesagt, dass man beim Bürgerentscheid auf das Quorum vollkommen verzichten sollte. Wenn ich die verfassungsrechtliche Rechtsprechung einigermaßen richtig in Erinnerung habe, so hielte das der Verfassungsgerichtshof für verfassungswidrig, weil dann Bürger gezwungen würden, an der Abstimmung teilzunehmen, wenn sie anderer Meinung sind. Auch darüber können wir noch ausgiebig diskutieren. Ich glaube, das kommt beim folgenden Antrag der GRÜNEN noch zur Sprache.
Wir halten den vorgelegten Gesetzentwurf der Staatsregierung für gut. Wir können darüber eingehend diskutieren. Wir werden dem wohl im Wesentlichen zustimmen. Ich glaube, niemand wird sich auch dagegen wehren, das eine oder andere noch zu verbessern.
Frau Präsidentin, Hohes Haus! Bei einer der vorhergehenden Aussprachen ist davon die Rede gewesen, dass Anträge von uns aus der Mottenkiste des Parlaments herausgezogen worden wären. Wenn ich mir ansehe, was die GRÜNEN hier beantragen, dann muss ich feststellen, es handelt sich zum Großteil um Anträge, die wir schon ein Dutzend Mal beraten und ein Dutzend Mal abgelehnt haben. Zum Beispiel geht es um die Absenkung des Mindestalters für das aktive Wahlrecht auf 16 Jahre. Mit 18 Jahren werden die Leute hier volljährig. Wir machen nur eine Ausnahme beim Strafrecht. Da kann es passieren, dass man mit 20 Jahren und 11 Monaten noch als Heranwachsender nach Jugendstrafrecht verurteilt wird, aber normalerweise ist das 18. Lebensjahr das Alter, in dem man im gesellschaftlichen und rechtlichen Leben voll verantwortlich wird. Ich glaube, das ist auch der richtige Zeitpunkt, um das aktive Wahlrecht zu erhalten.
Wir haben diese Grenze auch im Bundesrecht, wir haben sie bei den Landtagswahlen. Ich meine, die Wahlen auf kommunaler Ebene sind von gleicher Bedeutung. Das ist kein Üben im Sandkasten, wo man den Bürgermeister schon mit 16 Jahren wählen kann. Ich denke, die Wahl eines Bürgermeisters ist genauso wichtig wie die Wahl eines Landtagsabgeordneten oder eines Bundestagsabgeordneten. Darum sollte das Wahlrecht mit dem 18. Lebensjahr bzw. der Volljährigkeit gekoppelt sein.
Der Vorschlag der Erweiterung des passiven Wahlrechts auf Ausländer kommt auch immer wieder. Ich weiß nicht, ob die Probleme von Leuten mit Migrationshintergrund dadurch gelöst werden, dass wir sie in Bayern zum Landrat wählen können. Ich glaube, das sind Punkte, die wir nicht vertiefen müssen. Wir haben das bisher abgelehnt, und wir werden es weiter ablehnen.
Weiter versuchen Sie, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid auf eine Stufe mit den regulären Wahlen zu stellen. Wir haben eine repräsentative Demokratie, in der es normalerweise so ist, dass der gewählte Stadtrat, der gewählte Gemeinderat oder der gewählte Kreistag in den sechs Jahren seiner Tätigkeit zu entscheiden hat. Ein Bürgerentscheid ist die Ausnahme. Sie wollen ihn einer Wahl gleichsetzen, ob es um die schriftliche Benachrichtigung oder die Abschaffung von Quoren geht. Sie müssen sich aber damit abfi nden, dass das reguläre Gremium der Gemeinderat oder der Kreistag ist. Wenn Sie dort wenig Einfl uss haben, liegt das nicht an der Rechtslage, sondern daran, dass Sie vom Wähler nicht die Mehrheit der Stimmen erhalten haben. Ich glaube, wir sollten die Ausnahme nicht mit dem Regelfall verwechseln.
Das Nächste, was Sie immer wieder anbringen, ist die Akteneinsicht. Selbstverständlich hat der Stadtrat oder auch der Kreistag als Gremium ein Informationsrecht. Wir würden dieses Recht aber überspannen, wenn wir jedem einzelnen Mitglied des Gemeinderats oder des Kreistags
zu einer Auskunftsmöglichkeit verhelfen würden, wie Sie das wollen.
Ob man als Auszählverfahren das d’Hondtsche Verfahren oder das Verfahren nach Hare-Niemeyer verwenden soll, dazu gibt es ein halbes Dutzend Entscheidungen von den Verfassungsgerichten, die besagen, dass beide Verfahren in gleichem Maße demokratisch und gerecht sind. Sicherlich ist es so, dass Ihre Partei, die in politischen Gremien in der Regel eine Minderheit darstellt, zu einem Auszählverfahren neigt, das die Minderheiten bevorzugt. Das ist klar. Es gibt aber auch andere, die öfter die Mehrheit haben und das andere Verfahren für besser halten.
Ich glaube, es sollte jeder Kreistag und jeder Stadtrat zu Beginn seiner Tätigkeit in seiner Geschäftsordnung selbst festlegen, nach welchem Verfahren ausgezählt werden soll. Hier sollten wir uns nicht einmischen, sondern die Gremien selbst entscheiden lassen. Ich darf noch einmal deutlich sagen: Beide Verfahren sind in gleichem Maße demokratisch und gerecht, auch wenn sie einmal den einen und einmal den anderen etwas bevorzugen oder benachteiligen.
Zum Schluss komme ich zu den Ausländer- und Integrationsbeiräten. Dass diese Beiräte so toll funktionieren, wie Sie behauptet haben, bezweifl e ich. Ich brauche nicht weit zu schauen, um Ihnen Fälle zeigen zu können, in denen sich verschiedene Gruppierungen so zerstritten haben, dass sie fast handlungsunfähig geworden sind. Darauf wollen wir aber nicht näher eingehen.
Ich glaube, das ist eine Sache, die bei der kommunalen Selbstverwaltung anzusiedeln ist. Das sollen die Kommunen selbst entscheiden. In manchen Bereichen mögen solche Beiräte sinnvoll sein; dann sollen die Kommunen sie schaffen. In manchen Bereichen sind sie aber überfl üssig; dort braucht man sie nicht.
Wir werden über Ihren Antrag noch eingehend diskutieren, aber Sie haben wahrscheinlich schon gemerkt, dass wir wenig Übereinstimmung mit unseren Vorstellungen darin fi nden.
Frau Staatssekretärin, nachdem einige zunächst geplante Maßnahmen unstreitig leider ohne Erfolg geblieben sind und wir immer wieder enttäuscht wurden, frage ich Sie: Haben Sie Erkenntnisse darüber, dass die jetzt günstigeren Messergebnisse auf technische Maßnahmen zurückzuführen sind, oder besteht die Gefahr, dass sie nur die Folge des trockenen Sommers sind?
Für das Absinken des Wasserspiegels gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder die technische Maßnahme wirkt, oder der Sommer ist sehr trocken, dadurch fließt weniger Wasser zu.
Frau Staatssekretärin, nachdem diese Schäden unstreitig im Wesentlichen auf eine staatliche Baumaßnahme, nämlich auf den Bau des Brombachsees, zurückzuführen sind und nachdem die bisherigen Maßnahmen nicht optimal gelaufen sind und deshalb eine große Verärgerung in der Bevölkerung herrscht, frage ich Sie: Können Sie sich vorstellen, dass bei der Informationsveranstaltung am 4. Mai vielleicht nicht nur die Vertreter des Wasserwirtschaftsamtes anwesend sind, sondern auch die politische Spitze der Bevölkerung Rede und Antwort steht?