Carla Bregenzer

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Ich möchte Sie fragen: Können Sie mir erklären, Herr Schebesta, warum Eltern von Kindern, die in der vierten Klasse sind, ab dem Zeitpunkt, ab dem sie die Grundschulempfehlungen der Lehrerinnen und Lehrer bekommen haben, auf die Nachfrage: „Wohin geht denn dein Kind im nächsten Schuljahr?“ sagen: „Mein Kind darf aufs
Gymnasium“ oder „Mein Kind darf auf die Realschule“, aber „Mein Kind muss auf die Hauptschule“?
Herr Kollege, ist Ihnen bekannt, dass das Landeshochschulgesetz ein Gesetz ist, das sich in Artikel gliedert? Unterstellen Sie damit auch, dass der Wissenschaftsminister von Baden-Württemberg dieses Gesetz vom bayerischen Minister abgeschrieben hat?
Herr Staatssekretär, wenn die Grunderwerbsteuer anfallen würde, könnte diese Rechtsverordnung nicht umgesetzt werden. Auf welcher Grundlage wird dann zum 1. Januar 2007 ein Zusammenschluss dieser beiden Studentenwerke stattfinden? Wenn er nicht zum 1. Januar 2007 stattfinden kann, gibt es auch einen wirtschaftlichen Schaden, weil er dann frühestens im März erfolgen kann, da der Wissenschaftsausschuss erst im März wieder tagen wird. Welche Grundlage ist für Sie dann bindend, um die beiden Studentenwerke zusammenzuführen?
Herr Präsident, meine Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Unbestritten, wir brauchen zur Sicherung einer guten Zukunft für unser Land möglichst viele höchst qualifiziert ausgebildete junge Menschen. Unbestritten ist auch: Es liegt in unserer Verantwortung, dass die dafür notwendigen Grundlagen geschaffen werden. Ein „Masterplan 2012“ muss dafür sorgen, dass Studierwillige und Studierfähige auch in den besonders kritischen Jahren ausreichend Studienplätze und exzellente Studienbedingungen vorfinden.
Ein „Masterplan 2012“ muss sicherstellen, dass junge Menschen mit Hochschulzugangsberechtigung nicht deshalb in Ausbildungsberufe ausweichen, weil sie keinen Studienplatz finden. Wir müssen den Verdrängungswettbewerb um Ausbildungsplätze verhindern, bei dem Förder- und Hauptschüler völlig auf der Strecke bleiben. Diesen Zielen wird der von Ihnen, Herr Minister, vorgelegte Masterplan nicht gerecht.
Ich will es einmal kurz zusammenfassen: wenig Plan auf tönernen Füßen, schon gar nicht Master, und für 2012 kann es einem angst werden.
Ich will diese Bewertung im Folgenden begründen. Ihre Lobhudelei und die Hinweise auf Defizite anderer Länder sind fehl am Platz. Denn wenn unsere Anstrengungen nicht ausreichen, für unsere jungen Menschen genügend Studienplätze zur Verfügung zu stellen, dann hilft es denen gar nichts, wenn andere Länder angeblich nichts tun.
Statt Eigenlob hätten wir von Ihnen heute gern Klartext gehört. Tatsächlich aber sind Sie mit Ihren Ausführungen noch hinter dem Text der Abschlusskonferenz zurückgeblieben. Was Sie heute als Regierungserklärung vorgetragen haben, enthielt nichts, was man nicht schon konkreter in der Zeitung gelesen hat. Ihre Regierungserklärung trägt nichts zur konkreten Diskussion in diesem Parlament bei.
Wir haben weder etwas über Entscheidungskriterien gehört noch etwas zur Gewinnung der notwendigen Lehrkräfte oder gar Räumlichkeiten, nichts zur Berücksichtigung von privaten Hochschulen, kein Wort über Gründungen an neuen Standorten. Das war schwach, Herr Minister!
Aber eigentlich ist Ihr schwacher Auftritt nicht verwunderlich. Es schwirrt Ihnen als zuständigem Fachminister ja der Kopf angesichts der beispiellosen Blamagen im Zusammenhang mit dem Verkauf von Handschriften,
bei denen die SPD-Fraktion und nationale wie internationale Historiker Ihnen rechtzeitig in den Arm gefallen sind.
Da liegen die Nerven natürlich blank, wenn unter den Augen des Wissenschaftsministers Professoren durch eigene Initiative nachweisen, dass Herr Oettinger mithilfe von Sponsoren und des SWR für x Millionen ankaufen will, was uns eigentlich schon längst gehört.
Sie haben andere Sorgen, Herr Minister, als die Hochschule 2012. Das hat man heute gemerkt.
Aber nun zur kritisch-konkreten Betrachtung. Erstens zur Frage nach den tatsächlich notwendigen zusätzlichen Studienanfängerplätzen. 16 000 sind zu wenig. Das Statistische Landesamt selbst rechnet in seiner Monatsschrift vom Juli 2006 mit nahezu 87 000 Studienberechtigten im Jahr 2012. Sie legen eine Studierquote von 75 % zugrunde. Dann fehlen im Jahr 2012 fast 25 000 Studienplätze. Da aber in den vergangenen Jahren in Baden-Württemberg immer 82 % der Studienberechtigten ein Studium aufgenommen haben und schon heute 5 000 Studienplätze fehlen, wird es noch schlimmer. Wir brauchen mehr Akademikerinnen und Akademiker, um international mithalten zu können. Wir unternehmen Anstrengungen, um dies auch zu erreichen. Daher
ist schon heute klar: 16 000 sind zu wenig, von exzellenten Studienbedingungen ganz zu schweigen.
Zweitens zur Frage der Finanzierung dieser Studienplätze: Entgegen der ursprünglichen Aussage, die notwendigen 300 Millionen € kämen aus dem Landeshaushalt, scheinen 150 Millionen € wohl das Äußerste zu sein, was der Finanzminister, der an vorderster Front mal wieder Bildungspolitik macht, Ihnen zubilligt. 150 Millionen € sollen Hochschulen und Wirtschaft bringen. Sie haben zwar wortreich über den „Hochschulpakt 2020“ berichtet, mit dem der Bund die Länder unterstützen will, aber kein Wort dazu gesagt, ob das Geld für diesen Bereich zusätzlich in den Landeshaushalt kommt oder gar schon in den 150 Millionen € enthalten ist.
Der Beitrag der Hochschulen soll wieder einmal aus den viel beschworenen Effizienzreserven kommen. Klar lässt sich an den Hochschulen noch manches sparen. Aber die Hochschulen haben ja in den vergangenen Jahren schon mit dem Solidarpakt der Universitäten einen massiven Personalabbau und Mittelkürzungen, z. B. bei der Halbierung der Sachmittel der Fachhochschulen, hinnehmen müssen. An den Universitäten ist schon jetzt fast jeder zweite Studienplatz NC-bewehrt, an den Fachhochschulen sind es 98 % der Studienplätze. Und wie die doch eher kleinen Einrichtungen der Fachhochschulen und Berufsakademien einen zweistelligen Millionenbetrag einspielen sollen, das ist nicht nur dort ein Rätsel.
Deshalb ist es richtig, auch von der Wirtschaft einen Solidarbeitrag für den Ausbau der Hochschulen einzufordern. Sie profitiert schließlich von gut ausgebildeten Fachkräften.
Aber Sie betteln die Wirtschaft ja dauernd an: Sie betteln um die Gewährung von Stipendien zur sogenannten Abfederung der sozialen Folgen der Studiengebühren. Sie betteln fürs Kinderland. Sie betteln um Millionen, um das Haus Baden vor der Insolvenz zu bewahren und Handschriften und Kunstwerke zu erwerben.
Wer mit privaten Sponsoren so umgeht, der muss sich die Frage gefallen lassen, wo dieser zwei-, vielleicht sogar dreistellige Millionenbetrag herkommen soll.
Ich habe das Thema getroffen. Ich merk’s, Herr Pfisterer.
Drittens zur Frage der Umsetzung: Schon bei der mündlichen Vorstellung des Plans Ende September im Wissenschaftsausschuss, durch unseren Antrag erzwungen, wurde klar, dass der Masterplan zwar konkret aussieht, aber dennoch sehr vage ist. Der Staatssekretär sprach im Ausschuss von einer „atmenden“ Planung. Das heißt, dass alles permanent den wechselnden Notwendigkeiten angepasst wird,
und zwar solchen, die vom Wissenschaftsministerium vorgegeben werden.
Neben dem Windhundprinzip erwartet Hochschulen und Wirtschaft nun ein völlig intransparenter Planungs- und Entscheidungsprozess. Auf diese Weise wird Qualität fraglich und schon gar nicht Akzeptanz erzeugt.
Die Kriterien zur Entscheidungsgrundlage sind so wachsweich und vage, dass sich darauf keine Hochschule und kein Unternehmer verlassen kann. Keiner der Beteiligten, deren Vorschlag im Masterplan gar nicht erst berücksichtigt wurde, weiß, warum er keine Gnade fand. Ebenso wenig herrscht Klarheit über die inhaltlichen Gründe für die Aufnahme in die erste Tranche. Es beginnt der Kampf um Berücksichtigung und um Fürsprecher aus der Politik. Kaum meldet sich eine Region, die sich im Masterplan benachteiligt fühlt, schlägt Ministerpräsident Oettinger vor, dass nachgesteuert wird und mehr neue Studienplätze geschaffen werden. Was für ein Gewurschtel!
Die aktuellen Erfahrungen mit der Kahlschlagsplanung der Universität Mannheim lassen nichts Gutes erwarten im Hinblick auf das Handeln der Landespolitik. Der Wissenschaftsminister reagierte weder auf Proteste betroffener Professoren oder Studierender noch auf die der Stadt und erst recht nicht auf den SPD-Antrag.
Erst ein Beschluss des Mannheimer CDU-Kreisvorstands, dessen Vorsitzender er ist, war für ihn Grund genug, ein Gespräch mit dem Rektor zu führen. Ich kann nur sagen: blamabel.
Nun zum vierten Punkt, zu den Ausbauschwerpunkten. Ihr Diktum vom Frühjahr, Herr Minister, „kein Ausbau der Geisteswissenschaften“ ist wissenschaftlich unverantwortlich und sachlich unbegründet.
Dieses Diktum war ein Grund, die Regionalkonferenzen zum Ausbau in die Hände der IHKs zu legen. Logisch, dass überproportional viele Vorschläge für wirtschaftsnahe, technische Studiengänge vorliegen. Mit Mühe konnten pädagogische Hochschulen, Musik- und Kunsthochschulen Konzepte einbringen. Die Universitäten fanden nach kurzer Schreckstarre doch noch Handlungsspielräume.
Nun entwickeln sich aber Interessen und Begabungen der Studierfähigen nicht so, wie Sie es ihnen gerne vorzugeben wünschen. Im Gegenteil, seit Jahren verteilen sich die Studienanfänger fast gleichmäßig auf die Studienbereiche
Sprach- und Kulturwissenschaften, Mathematik und Naturwissenschaften sowie Ingenieurwissenschaften mit jeweils 21 %. Bei den Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sind es insgesamt 27 %. Sie wissen doch selbst: Trotz aller Bemühungen gelang es den Hochschulen in der Vergangenheit nicht, Studierende von überlaufenden in nur spärlich nachgefragte Studiengänge umzuleiten. Begabungen lassen sich nicht erzwingen. Interessen müssen früh geweckt werden. Dazu ist es jetzt zu spät. Gesellschaftliche Bedürfnisse entwickeln sich anders als prognostiziert.
Ich sage Ihnen im Namen der SPD-Fraktion: Es ist grundfalsch, die Geistes- und Kulturwissenschaften zu vernachlässigen.
Und das nicht nur, weil sich die Landesregierung bei Fragen der Bedeutung von historischen Kulturgütern sonst noch öfter blamiert, sondern vor allem, weil diese Wissenschaften einen grundsätzlich wichtigen Beitrag für uns als Kulturnation leisten, und nicht zuletzt, weil Menschen mit diesen Studienabschlüssen auf allen Ebenen unserer Gesellschaft wichtig und unverzichtbar sind.
Fünftens zur Frage des Wettbewerbs um Ausbildungsplätze: Kamen 1970 noch fast 100 % der Auszubildenden von den Haupt- und Realschulen, hat heute fast ein Fünftel aller Ausbildungsanfänger eine Hochschulzugangsberechtigung – mit steigender Tendenz.
Damit ist klar: Der Verdrängungswettbewerb auf dem Ausbildungsmarkt ist in vollem Gange. Künftig fehlende Studienplätze werden diese Situation noch zuspitzen, und Hauptschüler haben dann gar keine Chance mehr. Das dürfen wir nicht zulassen.
Ich fasse zusammen: Wie wir die Entwicklung der Zukunftschancen der jungen Menschen in unserem Land fördern, beobachten Eltern, Schülerinnen und Schüler aller Schularten, nicht nur der Gymnasien, mit Sorge. Zu Recht erwarten sie von uns den nötigen Weitblick und entschlossenes Handeln. Sie erwarten konkrete, klar erkennbare, verlässliche Schritte für alle, um zu verhindern, dass sich die spätere Geburt als Strafe – und nicht nur als Nachteil – auswirkt. Sie erwarten, dass sich das Parlament dieser Aufgabe stellt. Wir sind dazu bereit.
Wir wollen den Hochschulen wirklich Chancen zur Zukunftssicherung geben, und wir wollen eine Verbesserung der Exzellenz. Es reicht nicht aus, wenn Abgeordnete als Gäste zu Konferenzen geladen werden und bei den Haushaltsberatungen lediglich über die Programmsumme abstimmen, die Regierungserklärung zu diesem Thema aber allgemein bleibt.
Der Prozess um die Konkretisierung dieses deutlich verbesserungsbedürftigen Masterplans ist das zentrale hochschul- und ausbildungspolitische Thema für unser Land und muss uns deshalb auch im Parlament immer wieder an zentraler Stelle beschäftigen. In diesem Sinn freuen wir uns auf viele weitere konstruktive Diskussionen.
Ich melde mich noch einmal zu Wort, weil ich eigentlich erwartet hatte, dass der Minister noch einmal ans Rednerpult geht und auf meine konkreten Fragen auch konkrete Antworten gibt.
Ich versuche es in der zweiten Runde einfach noch einmal. Herr Minister, sagen Sie uns doch bitte konkret, ob die 16 000 Studienplätze ausreichen, wenn schon jetzt rund 5 000 Studierende keinen Studienplatz in Baden-Württemberg bekommen haben und wenn die Studierquote von 75 %, die Sie für diese 16 000 Plätze zugrunde legen, schon jetzt nicht zutrifft, sondern der Anteil der Hochschulzugänger je Jahrgang schon jetzt bei 82 % liegt.
Sagen Sie uns heute hier bitte konkret – hier ist der Ort, das Parlament –, wie viel Geld Sie für diese Studienplätze vom Bund erwarten und ob dieses Geld in den 150 Millionen € schon eingerechnet ist. Oder können wir davon ausgehen, dass das Geld zusätzlich kommt?
Drittens: Sagen Sie uns heute hier im Parlament bitte ganz konkret: Wie wollen Sie die notwendigen Lehrkräfte gewinnen? Wir hatten voriges Jahr ja den Vorschlag gemacht, hierbei in Anlehnung an das Fiebiger-Programm vorzugehen. Damals haben Sie das abgelehnt. Inzwischen stehen Sie diesem Vorschlag ja wohl etwas aufgeschlossener gegenüber. Aber wir würden das schon ganz gern wissen, denn wir werden in Konkurrenz zu vielen anderen Bundesländern um die besten Köpfe stehen.
Sagen Sie uns bitte konkret: Wie wird die Forschung gestärkt, wenn in diesem Land in den nächsten Jahren Geld und auch Drittmittel der Wirtschaft weniger in die Forschung, sondern vor allem in den Ausbau von Studienplätzen gehen sollen?
Sagen Sie uns bitte konkret etwas zu der Frage: Wird es neue Standorte geben oder nicht? Denn es gibt sehr viele Hoffnungen in Regionen, die im Moment noch keinen Hochschulstandort haben, dass sie im Rahmen dieses Ausbauprogramms einen Standort erhalten.
Sagen Sie uns auch konkret etwas zu der Frage: Wie werden private Hochschulen berücksichtigt? Auch dazu steht etwas in dem Masterplan. Aber wir sollten das schon konkret wissen. Die privaten Hochschulen wollen sich auch darauf einrichten können.
Es reicht uns nicht, wenn Sie das Thema heute hier mit allgemeinen Ausführungen eröffnen. Vielmehr wollen wir dazu von Ihnen wirklich auch konkrete Aussagen hören.