Rudolf Köberle
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Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es gibt in der Politik manchmal schon sehr merkwürdige Wendungen, und zwar auch bei Ihnen,
Herr Kollege Palmer, und bei den Grünen insgesamt. Vorhin sind ein paar Beispiele dafür genannt worden, wie in den vergangenen Jahren der Zeit der rot-grünen Bundesregierung Eingriffe in die Unterstützung, die Förderung und die Finanzierung des ÖPNV vorgenommen worden sind.
Hören Sie einmal kurz zu! Ich bin noch nicht fertig, sondern ich fange gerade erst an.
Diese Eingriffe galten dem öffentlichen Personennahverkehr. Die Stichworte sind genannt worden: Revision 2002,
das Haushaltsbegleitgesetz 2004 mit Kürzungen bei den Regionalisierungsmitteln, bei den GVFG-Mitteln und bei den Ausgleichsansprüchen im Ausbildungsverkehr.
Mir ist in dieser Zeit kein grüner Politiker in Berlin begegnet, der diese Kürzungsmaßnahmen bekämpft hätte.
Ich war im Unterschied zu Ihnen mit dabei,
nicht nur im Bundesrat, sondern auch im Vermittlungsausschuss. Ich konnte sehr wohl feststellen, wer welche Position zu welchen Kürzungsvorschlägen einnahm.
Herr Palmer, für Sie ist hier manches unerträglich, aber Tatsache ist – –
Wenn Sie es widerlegen können, so haben Sie dazu im Rahmen Ihrer Redezeit anschließend noch Gelegenheit. Sagen Sie, wer von der grünen Seite gegen diese Kürzungen gekämpft hat in der Bundesregierung, im Bundestag oder im Bundesrat. Denn diese Gesetze müssen ja alle Gremien durchlaufen.
Zweiter Punkt – auch der ist angesprochen worden –: Nicht erst seit ein paar Wochen oder Monaten, also seit der Koalitionsvereinbarung der neuen Bundesregierung, sondern bereits seit Jahren wird über die angekündigte und sicher sinnvolle Revision im Jahr 2007 gesprochen, aber im Zusammenhang mit dieser Revision war von Anfang an immer auch von einer möglichen Kürzung um eine Milliarde im
Jahr die Rede. Ich habe in der Zeit, als über diese drohende Kürzung um eine Milliarde gesprochen wurde, nie eine Aktuelle Debatte, angeregt etwa von Ihnen, lieber Herr Palmer, hier im Landtag erlebt.
Es gab einen Kabinettsbeschluss dazu vom 4. Oktober letzten Jahres, als wir – nicht in Reaktion auf die neue Koalitionsvereinbarung; die gab es zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht – auf eine mögliche Kürzung infolge der Revision 2007/2008 reagiert haben. Da haben wir für uns festgelegt, welche neuen Projekte im Land wir angehen können und welche nicht. Und Sie selber haben sich außerordentlich engagiert für ein Projekt eingesetzt.
Das stand im Zusammenhang mit unserer Vorbereitung der möglichen Revision.
Herr Palmer, wenn ausgerechnet Sie und die Grünen sich berufen fühlen, als Retter des baden-württembergischen Nahverkehrs aufzutreten, können Sie das tun, aber ich hätte dann natürlich in den vergangenen Jahren in dieser Frage auch mehr Engagement erwartet.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die baden-württembergische Landesregierung hat den öffentlichen Personennahverkehr in unserem Land zu einem anerkannten, zu einem erfolgreichen Qualitätsprodukt gemacht. Die baden-württembergische Landesregierung wird auch dafür Sorge tragen, dass dieses Qualitätsprodukt eine Zukunft hat.
Beim öffentlichen Personennahverkehr geht es um vieles. Es geht um die Gewährleistung der Mobilität unserer Bürgerinnen und Bürger. Es geht um den Schutz der Umwelt, um die Lebensqualität in unseren Städten, in den Wohngebieten, und es geht nicht zuletzt auch um die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Baden-Württemberg.
Man muss sich die erfolgreiche Entwicklung beim ÖPNV in den vergangenen zehn Jahren immer wieder vor Augen halten. Schnell wird vergessen, in welchem Zustand, von welcher Qualität der öffentliche Personennahverkehr war, bevor er im Jahr 1996 in die Zuständigkeit des Landes kam. Seither sind 1,6 Milliarden € an Zuschüssen für die Infrastruktur geflossen, 1,1 Milliarden € für die Beschaffung neuer Fahrzeuge für Schiene und Straße. Wir haben ein fast flächendeckendes Netz von bürgernahen Verkehrsverbünden und vor allem ein Nahverkehrsangebot der Eisenbahnen, das aus dem Schatten der jahrzehntelangen Abwärtsspirale herausgetreten ist. Landesweit gilt weitgehend der Integrale Taktfahrplan. Wir haben moderne, komfortablere, schnellere und wesentlich häufiger verkehrende Züge und vor allem – das ist die Erfolgsbilanz dieser zehn Jahre – 50 % mehr Fahrgäste im öffentlichen Personennahverkehr. Bundesweit haben wir eine Zunahme um knapp 35 %; bei uns im Land beträgt die Zunahme etwa 50 %.
Das Ergebnis: Der öffentliche Personennahverkehr ist aus dem Aschenputteldasein herausgetreten und ist zu einem Vorzeigeprodukt verändert worden, und zwar in der Zuständigkeit des Landes. Das ist für mich ein Beleg nicht nur dafür, dass Konnexität zwischen Bund und Land funktionieren kann, sondern vor allem auch dafür, dass das Subsidiaritätsprinzip ein guter Ratgeber für die Politik ist. Wenn Probleme bürgernah gelöst werden können, entsteht auch für die Bürger ein besseres Ergebnis.
Natürlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat dies alles seinen Preis. Erhebliche Beträge fließen Jahr für Jahr aus dem Landeshaushalt in den ÖPNV. Einen wesentlichen und entscheidenden Anteil daran haben die Regionalisierungsmittel. Baden-Württemberg erhält derzeit rund 750 Millionen € pro Jahr. Diese Regionalisierungsmittel dienen der Gewährleistung des Schienenpersonennahverkehrs und der Weiterentwicklung und Verbesserung des gesamten öffentlichen Personennahverkehrs. Dafür und nur dafür – und ich bin Ihnen, lieber Herr Kollege Göschel, auch dankbar dafür, dass Sie als Vertreter einer Oppositionsfraktion das hier so offen zugeben – werden diese Regionalisierungsmittel bei uns in Baden-Württemberg verwendet.
Allerdings ist es auch so – und auch da können wir uns mit anderen deutschen Ländern vergleichen lassen –, dass wir nicht nur jeden Euro, der für Regionalisierungsaufgaben im Land eingeht, auch dafür einsetzen, sondern noch 400 Millionen € Landesmittel vor allem für den Schüler- und Ausbildungsverkehr ergänzend und stärkend für den öffentlichen Personennahverkehr zur Verfügung stellen.
Wir alle, liebe Kolleginnen und Kollegen, kennen die angespannte Lage der öffentlichen Haushalte, auch des Landeshaushalts. Dieser Landeshaushalt zwingt zu neuen Einsparungsrunden. Alle Politikbereiche müssen ihren Beitrag dazu leisten. Das hat zur Folge, dass wir beim weiteren Ausbau des ÖPNV an Grenzen gestoßen sind.
Nachvollziehbar ist auch, dass die Bundesregierung bei ihrer Finanzplanung vor viel dramatischeren Problemen steht als wir im Land. Deshalb kann es überhaupt nicht überraschen, dass die Regionalisierungsmittel in den Blickpunkt der Haushälter und des Bundesfinanzministers geraten sind.
Wenn der Bund jährlich 7 Milliarden € für einen bestimmten Zweck zur Verfügung stellt, ist es – vor allem dann, wenn es Vermutungen gibt, dass die Regionalisierungsmittel nicht überall zweckgebunden eingesetzt werden – auch legitim, die Verwendung dieser Mittel zu überprüfen. Dazu gibt es im Regionalisierungsgesetz das Instrument der Revision. Die Überprüfung war für das Jahr 2007 vorgesehen, mit möglichen Veränderungen ab dem Jahr 2008. Dieses Regionalisierungsgesetz ist noch immer aktuell. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident hat im Namen aller Ministerpräsidenten in einem Brief vom 3. Februar genau darauf hingewiesen und eingefordert, das Datum 2007/2008 im Auge zu behalten und dann die Karten auf den Tisch zu legen. Wir haben in Baden-Württemberg überhaupt kein
Problem, unsere Karten und die Fakten zu unserem öffentlichen Personennahverkehr auf den Tisch zu legen.
Aber – das will ich hier auch in aller Deutlichkeit sagen; da haben wir, glaube ich, zumindest in der Marschrichtung dann doch wieder fraktionsübergreifend weitgehend Einigkeit – wir können keine Kürzungen gutheißen, die allein haushaltspolitisch begründet werden und dabei verkehrspolitische Konsequenzen außen vor lassen. Wir können auch keine Kürzungen gutheißen, die uns so kurzfristig treffen, dass wir nicht mehr angemessen – das heißt mit Augenmaß und mit verkehrspolitischer Vernunft – darauf reagieren können.
Lieber Herr Palmer, Sie sind ja seit einiger Zeit unterwegs, um uns Wahltäuschung vorzuwerfen – schauen Sie in Ihre Presseerklärungen – und vor allem um Stimmung zu machen. Jetzt will ich noch einmal in aller Kürze auf die Tatsachen hinweisen, die, Stand heute, bestehen. Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung enthält keine konkreten Festlegungen zur Kürzung der Regionalisierungsmittel.
In der Summe gibt es drei Bereiche; es gibt aber keine Angaben über den Zeitpunkt und die Aufteilung sowie über eventuelle Steigerungen. Das ist sehr wohl klar.
Die Koalitionsvereinbarung beziffert lediglich die Gesamtsumme der geplanten Einsparungen bei den Regionalisierungsmitteln, der regionalen Wirtschaftsförderung und im Bereich der Landwirtschaft.
Inzwischen ist ja klarer geworden – wenn dies auch nicht auf die gesamte Bundesregierung zutrifft –, dass der Bundesfinanzminister die Absicht hat, bei den Regionalisierungsmitteln 2,3 Milliarden € einzusparen. Hierüber wird bei der morgigen Kabinettssitzung beraten und wahrscheinlich auch entschieden. Wir wissen jetzt auch, wie durch den Bundesfinanzminister der Einstieg geplant ist und wie sich die einzelnen Kürzungsraten dann aufbauen. Die Zahlen, die Sie genannt haben, sind richtig; so sind sie vom Bundesfinanzminister vorgelegt worden. In der Summe bedeutet das für Baden-Württemberg bis zum Jahr 2009 ein Minus von 240 Millionen €.
Erst nach dieser Kabinettsentscheidung wissen wir ganz konkret, wie viele Regionalisierungsmittel wir künftig zur Verfügung haben – nein, nicht unmittelbar nach der Kabinettsentscheidung, sondern dann, wenn der parlamentarische Prozess abgeschlossen ist und wenn die Beratung im Bundesrat und eventuell im Vermittlungsausschuss erfolgt ist. Ich könnte mir vorstellen, dass ein derart komplexes und schwieriges Thema geradezu geboren ist für eine Beratung im Vermittlungsausschuss.
Zweitens zu der Streichliste, mit der Sie, Herr Palmer, ständig arbeiten. Bevor die Landesregierung reagiert, muss sie natürlich wissen, worauf sie reagieren soll. Man kann den zweiten Schritt nicht vor dem ersten tun.
Es gibt bei uns keine geheimen Kürzungspläne. Es gibt aber sehr wohl Überlegungen, welche Auswirkungen unterschiedliche Kürzungsszenarien bei den Regionalisierungsmitteln auf Baden-Württemberg hätten
und welche Möglichkeiten es dabei gibt, auf Kürzungen zu reagieren. Würden wir diese Überlegungen nicht anstellen – wir haben sie angestellt, als eine Milliarde im Raum stand, nicht erst heute, aufbauend auf neuen Zahlen, sondern schon vor Monaten –, würden wir unserer Verantwortung nicht gerecht werden.
Eines ist klar: Würden am Ende des nun beginnenden politischen Prozesses die geplanten Kürzungen wirklich kommen, hätte dies wahrlich gravierende Auswirkungen auf den öffentlichen Personennahverkehr in Baden-Württemberg. Sowohl bei der Förderung von Investitionen als auch bei der Bestellung von Schienenpersonennahverkehr wären dann deutliche Kürzungen notwendig. Verkehrspolitisch wäre das – ich sage es nochmals – nicht zu rechtfertigen.
Ziel muss es sein, ein Ergebnis zu erreichen, das sowohl verkehrspolitisch als auch haushaltspolitisch – aber nicht allein haushaltspolitisch – zu vertreten ist. Wir brauchen Steinbrück und Tiefensee. Es ist doch nicht nur Steinbrück allein, der vorgibt, was in der Verkehrspolitik der Bundesrepublik Deutschland zu geschehen hat.
Naiv und abwegig ist deshalb der Vorwurf der Grünen, die Landesregierung habe bereits – wörtlich – „die dicke Rechnung“ geschrieben, die sie „nach der Wahl … präsentieren“ will, so ein Zitat aus Ihrer Presseerklärung vom 9. Februar 2006.
Richtig ist allerdings, dass wir uns schon jetzt den Kopf zerbrechen, damit wir morgen keine unangenehmen Botschaften verkünden müssen.
Zum Schluss, meine Damen und Herren: Erstens können wir in Baden-Württemberg wahrlich stolz auf den öffentlichen Personennahverkehr sein. Das brauche gar nicht ich selbst hier zu behaupten. Mich hat der Titel eines Antrags der Fraktion GRÜNE im Landtag sehr gefreut: „Erfolgsgeschichte des öffentlichen Personennahverkehrs fortsetzen“. Darin liegt viel Anerkennung für die Verkehrspolitik der Landesregierung von Baden-Württemberg.
Zweitens sind wir nun zugegebenermaßen in einer schwierigen Lage, die aber nicht auf einer verfehlten Verkehrspolitik gründet, sondern auf einer desaströsen Hinterlassenschaft eines Bundeshaushalts, der nach dem Regierungswechsel dem Papierkorb anvertraut worden ist.
Darauf gründen die Probleme, mit denen wir jetzt zu tun haben. Wir als Landesregierung werden diesen Prozess nicht passiv beobachten, sondern werden ihn mit all den Möglichkeiten, die wir haben, und an den Orten, wo die Debatte geführt werden muss, aktiv gestalten. Wir werden alles tun, damit der regionalisierte öffentliche Personennahverkehr nicht nur eine gute zehnjährige Vergangenheit hinter sich hat, sondern auch die Chance auf eine starke Zukunft besitzt.
Vielen Dank.
Verehrter Herr Präsident, liebe Elke Brunnemer, liebe Kollegen! Namens der Landesregierung beantworte ich Ihre Anfrage, lieber Kollege Haas, wie folgt:
Die B 31 mit der Fortsetzung durch die B 311 zwischen Freiburg und Ulm zählt zu den wichtigsten Hauptverkehrsachsen in unserem Land. Die Ortsdurchfahrt Falkensteig
stellt dabei ein Nadelöhr der B 31 zwischen Freiburg und Donaueschingen dar.
Die Ortsumgehung Falkensteig ist im Bedarfsplan des Bundes für die Bundesfernstraßen in zwei Dringlichkeitsstufen aufgeteilt: Die einbahnige Ortsumfahrung der Streusiedlung Falkensteig ist in der Kategorie „Weiterer Bedarf mit Planungsrecht“ eingestuft. Die zweite Tunnelröhre ist zusammen mit dem anschließenden Hirschsprungtunnel lediglich in die Kategorie „Weiterer Bedarf“ eingestuft.
Nach den Vorstellungen des Bundes ist also vorgesehen, zunächst nur eine Tunnelröhre zu beplanen. Die Einstufung „Weiterer Bedarf mit Stern“ bedeutet gleichzeitig, dass der Bund einen Bau erst nach 2015, also nach Ablauf des jetzt gültigen Bundesverkehrswegeplans, für realisierbar und finanzierbar hält.
Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Erste Voruntersuchungen für den einbahnigen Tunnel wurden durch das Regierungspräsidium bereits im Rahmen der Bedarfsplanfortschreibung durchgeführt, also im Jahr 2002/03 mit der Fortschreibung im Jahr 2004. Konkrete Planungen sind bisher jedoch wegen der enormen Planungskosten, der sehr langfristigen Realisierungsaussichten und der nicht im „Vordringlichen Bedarf“ vorgenommenen Einstufung im Bundesverkehrswegeplan noch nicht aufgenommen worden. Allein für geologische Untersuchungen müssten in einem ersten Schritt rund 300 000 € ausgegeben werden, und rund 500 000 € wären für den so genannten Vorentwurf zur Genehmigung durch das Land und den Bund notwendig.
Lieber Kollege, das können wir nicht, weil unsere Planungsmittel für laufende Maßnahmen und demnächst zum Bau anstehende Maßnahmen gebunden sind, die alle im vordringlichen Bedarf sein müssen. Dass wir so verfahren, erwartet der Landtag von uns. Wir haben den Auftrag, Planung und Verwirklichung näher zueinander zu rücken. Das erwartet von uns der Rechnungshof, und ich glaube, zu Recht. Wir sollten nicht zu viel Geld in der Planung binden mit der Folge, dann zu wenig Geld – das kommt aus dem gleichen Topf – für konkrete Straßenbaumaßnahmen zu haben. Damit ist niemandem geholfen – auch nicht den Falkensteigern, wenn sie Untersuchungen auf dem Tisch haben, wir aber sagen müssen: „Das heften wir jetzt ab und warten weitere Jahre“ und genau wissen, dass wir mit der Baumaßnahme nicht beginnen können.
Verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich beantworte Ihre Frage, lieber Kollege Haas, im Namen der Landesregierung wie folgt – gleichzeitig Buchstabe a und b –:
Mit dem Zuwanderungsgesetz wurde auch das Bundesvertriebenengesetz geändert. Seit Inkrafttreten der Neuregelung werden Familienangehörige von Spätaussiedlern, die die Voraussetzungen für die Anerkennung als Spätaussiedler nicht in eigener Person erfüllen, unter anderem nur dann noch in den Aufnahmebescheid einbezogen, wenn sie Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Diese Sprachkenntnisse müssen durch einen Sprachtest nachgewiesen werden. Es ist überhaupt nicht beabsichtigt, dieses Verfahren zu ändern.
Um wie bisher dem Spätaussiedler und seinen Familienmitgliedern weiterhin die gemeinsame Einreise zu ermöglichen, hat der damalige Bundesinnenminister zur Innenministerkonferenz im November 2004 und zur Innenministerkonferenz im Juni 2005 den Vorschlag unterbreitet, ausländerrechtlich die gemeinsame Einreise zuzulassen. Eine Verständigung auf diesen Vorschlag ist in der Innenministerkonferenz bisher nicht erfolgt.
Eine länderoffene Arbeitsgruppe ist nun beauftragt, bis zur Frühjahrskonferenz 2006 über die Entwicklung der Aufnahmeanträge und die Aufnahmezahlen zu berichten.
Die Frage, ob dem Innenminister oder dem Innenministerium die Reise des Petitionsausschusses nach Nowosibirsk bekannt ist, kann ich bejahen.
Sicher, Frau Präsidentin. – Hat der amtierende Präsident gerade gewechselt?
Der Sprachtest bleibt definitiv. Aber im Sinne der Familienzusammenführung herrscht momentan eine offene Lage in der Innenministerkonferenz. Es gibt unterschiedliche Meinungen. Genau deshalb hat man eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Ich glaube, es wäre falsch, sich jetzt festzulegen. Diese Arbeitsgruppe wird arbeiten und Zahlen und Material aufarbeiten, sodass dann ein Vorschlag gemacht und in der Frühjahrskonferenz in diesem Jahr fundiert beraten werden kann.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Im Namen der Landesregierung lege ich Ihnen einen umfassenden Gesetzentwurf zur Änderung des Meldegesetzes und anderer Gesetze zur Beschlussfassung vor.
Unser Ziel ist es, das Meldegesetz zu modernisieren und dabei die Nutzung elektronischer Dienste im Meldewesen weiter voranzutreiben. Mit dem Gesetzentwurf sollen die in den letzten Jahren mehrfach erfolgten rahmengesetzlichen Änderungen des Bundes im Melderecht landesgesetzlich nachvollzogen werden.
Darüber hinaus soll das Meldegesetz in einigen anderen Bereichen an neuere Entwicklungen angepasst werden. Mithilfe der in den Melderegistern gespeicherten Daten können bekanntermaßen die unterschiedlichsten staatlichen Aufgaben optimal erledigt werden, und dies, ohne dass der betroffene Einwohner im Zusammenhang mit der Durchführung der jeweiligen Aufgabe erneut in Anspruch genommen werden muss. Ich weise nur auf die Organisation von Wahlen, auf das Pass- und Ausweiswesen, auf die Erstellung amtlicher Statistiken und auf die Unterstützung der Sicherheitsbehörden im Rahmen von Ermittlungstätigkeiten bei der Fahndung nach gesuchten Personen hin.
Ein solches Vorgehen dient der Effizienz des Verwaltungshandelns. Es ist bürgerfreundlich, es trägt zum Bürokratieabbau bei und hilft, in vielen Sektoren der öffentlichen Verwaltung Kosten einzusparen. Auch Privatpersonen und die Wirtschaft profitieren von einem gut funktionierenden Meldewesen erheblich und greifen in der meldebehördlichen Praxis auf die Melderegister der Gemeinden massenhaft zurück, um etwa aktuelle Anschriften von säumigen Schuldnern zu erhalten.
Das Meldewesen muss auch künftig eine verlässliche Basis für eine systematische und effiziente Organisation vieler zentraler gesellschaftlicher Funktionen sein. Es muss auch als Dienstleistung für die freie Wirtschaft nutzbar sein. Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass die bei den Meldebehörden um Auskunft ersuchenden Stellen mit möglichst aktuellen Informationen versorgt werden.
Durch den fortschreitenden Einsatz moderner Informationsund Kommunikationstechnologien in der öffentlichen Verwaltung sowie deren rasant zunehmende Verbreitung, auch in privaten Lebensbereichen, ergeben sich hier ganz neue Möglichkeiten. Sie im Interesse aller Beteiligten zu nutzen ist vor allem Ziel des Gesetzentwurfs.
Den Bürgern, Meldebehörden, Strafverfolgungsbehörden, Finanz- und Sozialämtern, Sozialversicherungsträgern und
vielen weiteren öffentlichen Stellen soll die Möglichkeit gegeben werden, alle wesentlichen Geschäftsvorfälle der Meldeverwaltung mit modernsten Mitteln schnell, bürgerfreundlich und datenschutzrechtlich sicher abzuwickeln.
Der Bundesgesetzgeber hat in den letzten Jahren das Melderechtsrahmengesetz mehrfach mit dem Ziel geändert, die erforderlichen Rahmenbedingungen im Meldewesen für einen verstärkten Einsatz moderner Kommunikationstechniken zu schaffen. Der Gesetzentwurf greift diese rahmenrechtlichen Möglichkeiten auf und schöpft sie so weit wie möglich aus.
Schon in der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass sich das Meldewesen besonders gut für E-Government eignet. Denn es handelt sich um einen Verwaltungsbereich, der wie kaum ein anderer durch einen intensiven Datenaustausch zwischen den Bürgern und der Verwaltung sowie innerhalb der Verwaltung geprägt ist und in dem die meisten Geschäftsvorfälle massenhaft anfallen. Daher sollen in Baden-Württemberg bereits praktizierte elektronische Dienste weiter ausgebaut und soll ein interaktiver Dialog der Meldebehörden mit den anderen Behörden und mit dem Bürger ermöglicht werden.
Inwieweit die Kommunen tatsächlich von den zugelassenen elektronischen Diensten Gebrauch machen, steht ihnen nach dem Gesetzentwurf weitgehend frei. Hierauf haben nicht zuletzt die im Rahmen der Gesetzgebung frühzeitig beteiligten Kommunen großen Wert gelegt. Für die elektronische An- oder Abmeldung über das Internet sowie die elektronische Selbstauskunft wird diese Entscheidung sicherlich auch davon abhängen, wann die hierzu erforderliche Signaturkarte endlich eine flächendeckende Verbreitung in der Bevölkerung findet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Gesetzentwurf wird wesentlich zur Entbürokratisierung und zur Steigerung der Effizienz des Verwaltungshandelns in einem Kernbereich der öffentlichen Verwaltung beitragen. Verfahren der Meldebehörden, aber auch Verfahren vieler anderer Behörden, die auf die Informationen aus der Meldeverwaltung angewiesen sind, werden erheblich beschleunigt. Für die Bürger und die Behörden, die Auskunft aus den Melderegistern suchen, wird der Umgang mit den Meldebehörden vereinfacht. Die Qualität der Melderegister kann durch die schnelle elektronische Erledigung verbessert werden. Nicht zuletzt besteht für alle Beteiligten die Möglichkeit, bisher anfallende Kosten einzusparen.
Bei der Fassung der Vorschriften über elektronische Dienste lehnt sich der Gesetzentwurf an die Ergebnisse einer landesinternen Arbeitsgruppe zur Modernisierung des badenwürttembergischen Meldewesens an, die aus Vertretern der kommunalen Landesverbände und der beteiligten Landesbehörden bestand. Im Übrigen berücksichtigt der Gesetzentwurf die Empfehlungen, die im Auftrag der Innenministerkonferenz von Bund-Länder-Arbeitsgruppen zur Gewährleistung der erforderlichen Ländereinheitlichkeit erarbeitet worden sind.
Meine Damen und Herren, das baden-württembergische Meldewesen gilt bisher als Vorbild in puncto Zuverlässigkeit und Modernität. Sehr früh schon wurden die rechtli
chen und tatsächlichen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass moderne Informations- und Kommunikationstechnologien in der Meldeverwaltung eingesetzt werden können. Viele andere Länder beneiden uns um die bereits vorhandenen einheitlichen Strukturen im Meldewesen. Mit dem zur Verabschiedung anstehenden Gesetz wird Baden-Württemberg auch weiterhin ein Vorreiter für ein effizientes Meldewesen sein.
Ich bedanke mich für Ihre Unterstützung dieses Gesetzentwurfs.
Liebe Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Namens der Landesregierung beantworte ich Ihre Mündliche Anfrage, Herr Kollege Oelmayer, wie folgt:
Im Zusammenhang mit der Erschließung des Gewerbegebiets Ulm-Nord und des Containerbahnhofs wünscht die Stadt Ulm einen neuen, leistungsfähigen Anschluss an das überörtliche Straßennetz. Deshalb hat die Stadt ein Ingenieurbüro damit beauftragt, einen Anschluss des Gewerbegebiets an die A 8 verkehrstechnisch zu untersuchen.
Die vorläufigen Ergebnisse der Überprüfung wurden dem für die Planung zuständigen Regierungspräsidium Tübingen im November zugestellt. Das Gutachten wird voraussichtlich bis Mitte 2006 fertig gestellt sein.
Sollte der Doppelanschluss tatsächlich die verkehrlichen Vorteile bringen, die sich die Stadt erhofft, wird das Land dem Bund diese Lösung vorschlagen.
Ich finde es immer wieder interessant, welche Themen hier thematisiert werden – meistens um den Versuch zu unternehmen, darzustellen, dass man mehr weiß als die Landesregierung, obwohl das hier eine Fragestunde ist.
Was ist mit dem Gutachten? Lieber Herr Kollege, der Bund – ich bin gerade dabei –
verlangt eine Alternativplanung – nicht nur die Untersuchung der Anschlussmöglichkeit an die A 8, sondern auch der Anschlussmöglichkeit an die B 10 –, um dann im Vergleich dieser beiden Lösungsmöglichkeiten eine Entscheidung treffen zu können. Deshalb ist das vorliegende Gutachten – ob es im Stadtrat von Ulm war oder nicht – ein vorläufiges Gutachten. Das Ingenieurbüro muss sich nochmals an die Arbeit machen und diese zweite Untersuchung vornehmen, die in dem vorläufigen Gutachten nicht enthalten war. Das wird bis Mitte 2006 geschehen; das habe ich Ihnen ja gesagt. Dann liegen zwei Varianten auf dem Tisch.
Ich kann Ihnen aber auch sagen, dass die erste Einschätzung des Regierungspräsidiums als planender Behörde eher in Richtung eines Anschlusses an die A 8 geht. Man vermutet, dass dieser Anschluss der bessere ist. Aber Sie müssen einmal abwarten, was das Gutachten ergibt.
Verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir alle kennen das Hauptproblem auf unseren Fernstraßen: Wir haben zu viele Autos, und wir haben zu wenig Straßen. Deswegen haben wir landauf, landab Staus und landauf, landab und jeden Tag großen Ärger.
Um das zu ändern, brauchen wir mehr Straßen,
was, glaube ich, unbestritten ist; und für mehr Straßen brauchen wir mehr Geld. Zur Sicherung der Mobilität unserer Bürgerinnen und Bürger verfolgen wir zwei Wege: Wir machen aus dem Gegebenen das Beste, wir optimieren die Kapazität unserer Straßen mit Verkehrssteuerung und durchdachtem Verkehrsmanagement – das ist das eine –, und wir bemühen uns – das ist das andere – um mehr Geld für neue Straßen. Wir suchen nach neuen Wegen, die Verkehrsinfrastruktur besser finanzieren zu können. Der Antrag der Fraktion der FDP/DVP zur Verkehrssteuerung und die Große Anfrage der Fraktion der FDP/DVP zur Verkehrswegefinanzierung verbinden diese beiden Punkte miteinander.
Zunächst einmal zu unseren Zielen zur Verkehrssteuerung: Die Leistungsfähigkeit vor allem der Fernstraßen muss gesteigert werden. Lösungen aus dem Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie, gemeinhin auch Telematik genannt, spielen dabei eine herausragende Rolle. Das ist aber keine neue Erkenntnis aus dem Jahr 2005, sondern seit Inkrafttreten des Generalverkehrsplans BadenWürttemberg 1995 hat unter der Überschrift „Integriertes Verkehrsmanagement“ die Landeskonzeption zum Einsatz von Telematik im Verkehr Bestand.
Wir konzentrieren unsere Aktivitäten bei der Anwendung und Weiterentwicklung der Telematik im Verkehr unter anderem auf den weiteren Ausbau technisch ausgereifter Telematiksysteme zur Beeinflussung des Straßenverkehrs und auf den Ausbau von landesweiten Verkehrsmanagementsystemen. Diese Zielsetzung war 1995 zukunftweisend und gilt auch heute noch.
Zehn Jahre, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, sind allerdings eine lange Zeit, und wir müssen feststellen, dass wir bei der Telematik im Straßenverkehr noch nicht so weit gekommen sind, wie wir uns das gewünscht hätten. Große Projekte wie der Neubau der Verkehrsrechnerzentrale Ludwigsburg scheiterten Ende der Neunzigerjahre daran, dass die ausführende Firma den damaligen neuen Herausforderungen nicht gewachsen war. Der finanzielle Schaden konnte zwar in Grenzen gehalten werden, aber wegen des Fehlens der zentralen Steuerungsfunktionen war lange Jahre der Neubau derjenigen weiteren Verkehrsbeeinflussungsmaßnahmen im Land blockiert, die beim Bund angemeldet waren. Im Vergleich zu anderen Ländern sind wir mit der Umsetzung von Verkehrsbeeinflussungsanlagen deshalb ins Hintertreffen geraten.
Der Nutzen der Verkehrsbeeinflussung auf den Straßen hinsichtlich Sicherheit, Zeitgewinn und Stauvermeidung ist unumstritten. Wie kommen wir aber künftig weiter? Wir haben jetzt erstmalig eine rechtliche Grundlage für das Straßenverkehrsmanagement gebildet. Wir haben den erforderlichen organisatorischen Rahmen geschaffen, und wir haben das Personal aufgestockt. Das mit dem Verwaltungsstruktur-Reformgesetz erneuerte Straßengesetz zentralisiert erstmals die Aufgaben des Straßenverkehrsmanagements. Die Landesstelle für Straßentechnik Baden-Württemberg hat zur Aufgabenwahrnehmung das Referat „Straßenverkehrszentrale Baden-Württemberg“ erhalten.
Hochwertiges Verkehrsmanagement erfordert Personal. In Zeiten notwendigen Personalabbaus konnten wir die vorhandenen 12 Stellen auf 19 Stellen aufstocken. Sieben neue
qualifizierte Fachkräfte wurden in den letzten zwei Monaten eingestellt. Die Straßenverkehrszentrale Baden-Württemberg soll künftig landeseinheitlich die Planung und Steuerung der Verkehrsbeeinflussungsanlagen an den Fernstraßen übernehmen. Sie betreibt auch die Verkehrsrechnerzentrale des Bundes zur Überwachung der Verkehrsbeeinflussungsanlagen und den Neubau der Verkehrsrechnerzentrale des Bundes. Dieses Projekt wird aus heutiger Sicht bis Mitte 2008 abgeschlossen sein. Das ist besonders wichtig, da die neue Verkehrsrechnerzentrale den Kern aller künftigen Verkehrsbeeinflussungsanlagen und Verkehrsmanagementeinrichtungen darstellt.
Wir sind nunmehr so optimistisch, dass wir bei der aktuellen Fortschreibung des „Programms für Verkehrsbeeinflussungsanlagen an Bundesautobahnen 2005 bis 2010“ Maßnahmen in fast fünffachem Umfang gegenüber bisher angemeldet haben. Sie haben vorhin auf Rheinland-Pfalz und auf Bayern mit Größenordnungen von 10 oder über 10 Millionen € verwiesen. Das war bisher auch unsere Größenordnung. Aber die neu beantragten Projekte umfassen immerhin über 50 Millionen €. Das ist doch ein deutlicher Sprung nach vorn, wenn wir die technischen und die personellen Voraussetzungen haben, wie wir sie jetzt momentan organisieren und einrichten.
Wir beschränken uns aber nicht nur auf den Ausbau und die Optimierung von Verkehrsbeeinflussungsanlagen. Wir sind auch tätig bei der Zusammenführung von Arbeitsfeldern des Bundes, des Landes und der Kommunen. – Da wir gerade bei den Kommunen sind: Wir sollten genau hinschauen, wer für was verantwortlich ist und wer vor allem für die angekündigten, die angestrebten Maßnahmen im Zusammenhang mit der Fußballweltmeisterschaft zuständig ist. Bei den Projekten, die momentan öffentlich kritisch thematisiert werden, ist das vor allem und fast ausschließlich die Landeshauptstadt selbst.
Es geht um die Zusammenführung von Bund, Land, Kommunen, der Wirtschaft und der Wissenschaft. Den Autofahrer interessieren Zuständigkeitsgrenzen überhaupt nicht. Daher verstehen wir unter Verkehrsmanagement auch die Zusammenarbeit unterschiedlicher Körperschaften bei der Abwicklung oder Optimierung des Verkehrs, damit keine Brüche im Verkehrsfluss entstehen.
Die Straßenverkehrszentrale wird über entsprechende gemeinsame Steuerungsstrategien verhandeln und diese dann vereinbaren. Konkret betrifft dies die Kooperation mit der Integrierten Verkehrsleitzentrale der Landeshauptstadt und mit der neuen Landesmesse beim Flughafen, durch die auch benachbarte Autobahnen betroffen sind.
Mit der Wirtschaft, liebe Kolleginnen und Kollegen, besteht seit langem Einvernehmen, dass alle Geschäftsfelder, die über die allgemeine kollektive Verkehrsbeeinflussung hinausgehen, der gewerblichen Nutzung vorbehalten bleiben sollten. Das Land betrachtet Verkehrsinformationsdienste zuvörderst als Aufgabe der Privatwirtschaft. Allerdings wollen wir die Wirtschaft auch nicht alleine stehen lassen. In öffentlich-privater Zusammenarbeit unterstützen
wir zum Beispiel mit dem Projekt „Mobilitätsinformationsnetz“ oder kurz „MOBIN Baden-Württemberg“ die Schaffung des Marktes für Verkehrsinformationen und beteiligen uns mit dem neuen Pilotprojekt „Datenoptimierung für integrierte Telematik“ an innovativen Forschungs- und Entwicklungsprojekten mit Wirtschaft und Wissenschaft.
Ich halte fest, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen: Das Land hat sich zur Ausweitung des Straßenverkehrsmanagements mithilfe der Telematik ehrgeizige Ziele für die nächsten Jahre gesetzt. Wir wollen künftig den Verkehr im vorhandenen Fernstraßennetz mithilfe von Verkehrsbeeinflussungsanlagen optimal, sicher und mit weniger Staus führen. Wir wollen auch im Verkehr den informierten Bürger und unterstützen Verkehrsinformation, wo es nur geht. Wir wollen im Interesse der Wirtschaft den Verkehr berechenbar machen, wie es die Just-in-time-Produktion einfach verlangt.
Wir wollen in Zusammenarbeit mit dem Bund, den Ländern, den Kommunen, der Wirtschaft und der Wissenschaft ein Verkehrsmanagement aus einem Guss und auf neuestem technologischem Stand. Das wollen wir im Interesse unserer Bürgerinnen und Bürger als Verkehrsteilnehmer wie auch im Interesse unserer Wirtschaft und des Wirtschaftsstandorts Baden-Württemberg.
Bei allem Optimismus in Bezug auf den Einsatz von Telematik, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, gilt aber: Verkehrslenkung und Verkehrsmanagement beseitigen nicht unsere strukturellen Probleme. Sie entheben uns nicht der Aufgabe, das Straßennetz dort auszubauen, wo es zwingend erforderlich ist. Das ist in Baden-Württemberg an vielen Stellen, auf vielen Strecken dringendst erforderlich.
Damit bin ich bei der sehr grundsätzlichen Thematik der Großen Anfrage zur Verkehrswegefinanzierung. Verkehrspolitik ist Standortpolitik. Eine unzureichende Verkehrsinfrastruktur mit kilometerlangen Staus ist wachstums- und beschäftigungsfeindlich.
Wir brauchen eine ausreichende und verlässliche Finanzierung unserer Verkehrswege. Wir müssen heute jedoch konstatieren, dass der Bundeshaushalt die Bundesverkehrswege immer weniger finanzieren kann. Die Mittel, die die Erhaltung des Straßen- und Schienennetzes verschlingen, sind gestiegen und müssen weiter steigen. Dies schränkt den Spielraum für Ausbau- und Neubaumaßnahmen ein.
Was bringen uns die nächsten Jahre? Die Berliner Koalitionsvereinbarung vom 11. November enthält die Kernbotschaft, dass – ich zitiere – „die Verkehrsinvestitionen deutlich erhöht und auf hohem Niveau verstetigt werden“.
Es gibt dazu keinen Beschluss. Sie kennen die Position des Landes dazu, die klipp und klar und eindeutig ist. Sie wissen, dass auch der Bundesrat bei dieser Frage ein entscheidendes Wort mitzureden hat.
Da sollten wir nicht gegeneinander argumentieren, sondern miteinander unseren optimierten öffentlichen Nahverkehr erhalten.
Ich zitiere weiter aus der Koalitionsvereinbarung: „Das Volumen soll in der kommenden Legislaturperiode um 4,3 Milliarden € steigen.“
Diese Aussagen der Koalition begrüßen wir natürlich nachdrücklich. Wir sind gespannt, wie sich in der haushaltsmäßigen Umsetzung die tatsächlichen Ansätze in den nächsten Jahren entwickeln werden. Eines gilt aber schon heute als sicher: Gelöst sind die Finanzierungsprobleme der Bundesverkehrswege dadurch keineswegs;
denn es handelt es sich um grundsätzliche Probleme. Verkehrsprojekte haben einen langen Vorlauf von vielen Jahren. Sie brauchen nicht nur einen ausreichenden, sondern auch einen stetigen und verlässlichen Mittelfluss. Die Erfahrungen über viele Jahre und über unterschiedliche Regierungen hinweg zeigen: Über die Haushaltsfinanzierung kann weder der notwendige Finanzierungsbedarf gedeckt noch die erforderliche Verlässlichkeit sichergestellt werden.
Deshalb müssen wir bereit sein, auch neue Wege zu gehen. Bei den Bundesfernstraßen benötigen wir eine Umstellung von der Steuerfinanzierung auf eine Nutzerfinanzierung.
Der Grundsatz muss heißen: Straße finanziert Straße.
Bei Schiene und Wasserstraße ist derzeit eine Nutzerfinanzierung durch Trasseneinnahmen bzw. Schifffahrtsabgaben nur teilweise möglich. Wenn jedoch bei den Bundesfernstraßen eine Nutzerfinanzierung gelingt, dann können die Bundeshaushaltsmittel auf diese Verkehrsträger konzentriert werden.
Wie stellen wir uns die Weiterentwicklung der Nutzerfinanzierung vor? Die Lkw-Maut war ein Schritt in die richtige Richtung. Wir warten einmal ab, was uns Europa in der Frage der Absenkung der Tonnenbemessung von 12 auf 7,5 Tonnen weiter ermöglicht. Allerdings kann man die sichere Voraussage treffen, dass wir dann natürlich noch wesentlich mehr Verdrängungs- und Verlagerungsverkehr als heute haben werden, was bereits landauf, landab beklagt wird.
Eine zukunftsorientierte Verkehrspolitik kann bei der Erhebung einer Lkw-Maut allein nicht stehen bleiben. Deshalb haben wir die Diskussion in den Gremien der Verkehrsministerkonferenz angestoßen. Das hat Baden-Württemberg getan; das hat Ulrich Müller immer wieder getan; das hat Stefan Mappus getan. Das war – das muss man heute auch feststellen – zwar eine Momentanentscheidung, die von
manchen Zufälligkeiten beeinflusst war. Aber wir haben zunehmend Unterstützung und Bündnispartner gefunden.
Auch durch die damals anstehende Wahl beeinflusst; das gebe ich durchaus zu, lieber Kollege Palmer. – Wir sind mit folgenden Zielen vorgestoßen:
Erstens: Die Einnahmen aus der Lkw-Maut sollen zweckgebunden und ungeschmälert einer neuen Fernstraßenfinanzierungsgesellschaft zugewiesen werden. Damit würde der Umweg über den Bundeshaushalt entfallen.
Zweitens: Diese Gesellschaft sollte in begrenztem Umfang die Möglichkeit haben, Kredite aufzunehmen, um auf den schwankenden Finanzierungsbedarf reagieren zu können, weil Straßenbaumaßnahmen ja über Jahre hinweg angelegt sind.
Drittens: Die derzeit im Bundesfernstraßenbau geplanten Betreibermodelle – so genannte A-Modelle und F-Modelle – sollen zügig fortgeführt werden. Wir haben ja im Moment bei uns im Land zwei Projekte, ein A-Projekt und ein F-Projekt, in der Planung und sind zuversichtlich, dass wir schon 2007 mit dem Bau beginnen können.
Viertens: Wir schlagen außerdem vor, die Einführung einer Autobahnvignette für leichte Lkws und für Pkws wirklich ernsthaft zu prüfen. Zur Kompensation könnte die Mineralölsteuer gesenkt werden. Ich gebe zu, dass „Rechnung und Gegenrechnung“ ein schwieriges Feld ist. Aber man sollte sich zumindest ernsthaft bemühen, zu prüfen, ob da andere Regelungen möglich sind, als wir sie heute haben, auch unter Einbeziehung des Tanktourismus und der Tatsache, dass ausländische Fahrzeuge, soweit es irgendwie geht, nicht mehr bei uns tanken, aber kostenlos unser Straßennetz mitbenutzen.
Es hilft auch nicht weiter, lieber Herr Palmer, eine Gegenrechnung aufzumachen und zu sagen, dass das Aufkommen aus einer Vignette oder einer Maut für ausländische Pkws gerade einmal die Verwaltungskosten für das ganze hierfür notwendige System decke. Auch wenn dies wohl stimmt, so sind doch immerhin die Verwaltungskosten gedeckt. Bei der Lkw-Maut nehmen wir rund 3 Milliarden € ein und brauchen eine halbe Milliarde für die Deckung der Verwaltungskosten. Die ausländischen Lkws tragen ihren Teil dazu bei. Warum nicht das Gleiche bei den Pkws? Die Verwaltungskosten müssen von jemandem bezahlt werden. Ich glaube nicht, dass es gerecht ist, zu sagen: Die ausländischen Fahrzeuge finanzieren die Verwaltung, und die inländischen zahlen dann eigentlich die Zeche. Ich glaube, so können wir die Dinge hier nicht auseinander dividieren.
Lieber Herr Präsident, ich glaube, Herr Palmer will eine Zwischenfrage stellen.
Ja.
Eigentlich habe ich das ja schon beantwortet und gesagt, dass man das Thema der Gegenfinanzierung und damit des Ausgleichs im Haushalt näher betrachten und anschauen muss. Es ist eine zu einfache Rechnung, zu sagen: Wir verlangen jetzt von ausländischen Fahrzeugen eine Maut, und damit haben wir das Steuerloch im Haushalt aufgrund von Mineralölsteuersenkung oder Kfz-Steuersenkung oder -abschaffung wieder gefüllt. Das halte ich für zu einfach. Ich halte es aber für notwendig, mit der Einführung einer nutzerorientierten Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur auch über Entlastungsmöglichkeiten nachzudenken. Denn das Autofahren ist bei uns im europäischen Vergleich so teuer wie nirgends, und das mit allen Folgen, übrigens auch für unseren Haushalt, etwa durch Nichttanken ausländischer Fahrzeuge im Inland und Tanken inländischer Fahrzeuge im Ausland. Dadurch entgeht uns zunehmend eben nicht nur – –
Gehen Sie einmal ins Grenzgebiet. Gehen Sie einmal Richtung Bodensee, Richtung Österreich, Richtung Schweiz.
Da geht es inzwischen nicht mehr nur um das Tanken, sondern auch um vieles mehr, nämlich dass man den Tanktourismus auch mit Einkaufen, mit Gastronomie und mit vielem anderen verbindet. Deshalb sollte man eine Gesamtrechnung aufmachen und dann entscheiden, aber nicht von vornherein schon sagen, das eine komme infrage und das andere nicht. Deshalb war der Kurs Baden-Württembergs immer, nicht der Nation irgendein Patentrezept auf den Tisch zu knallen, sondern zu sagen: Wir müssen, nachdem wir nun 50 Jahre eine Art der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung gewohnt waren, in einen offenen Diskussionsprozess gehen und alles prüfen.
Ich sage einmal: Ganz eingeschränkt in der Wahrnehmung der Wirklichkeit sind wir auch nicht. Da haben wir in Baden-Württemberg im Unterschied zu anderen deutschen Ländern den großen Vorteil, dass wir grenznah sind und dass wir Erfahrungen über die Grenzen hinweg haben. Ich kann nur beobachten, dass Österreich und die Schweiz und andere Länder, die die Verkehrsfinanzierung umgestellt haben, und zwar radikal, in der Lage sind, mit erträglichen Preisen für die Nutzer der Verkehrsanlagen ihre Verkehrsinfrastruktur wesentlich schneller voranzubringen. Bei uns wird immer und ewig das Problem beschrieben und die La
ge diskutiert, aber nichts entschieden. Wir müssen zu Entscheidungen kommen.
Herr Präsident, ich darf meine Rede jetzt zu Ende führen.
Noch einmal zurück zur Verkehrsministerkonferenz. Die knappe Ablehnung bedeutet nicht, meine Damen und Herren, dass damit die Diskussion um die Nutzerfinanzierung beendet wäre.
Im Gegenteil, je länger man ein ungelöstes Problem vor sich herschiebt, desto drängender wird es, dieses Problem zu lösen.
Auch die Koalitionsvereinbarung vom 11. November lässt die weitere Entwicklung offen. Ich halte es für gut und richtig, dass diese Entwicklung entgegen ursprünglicher Ankündigungen auch offen gelassen wird. Es bleibt gar nichts anderes übrig, als neue Wege der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung zu suchen und dabei ergebnisoffen alle Varianten zu prüfen.
Wir sind überzeugt, dass aufgrund der Situation der öffentlichen Haushalte das Thema „Weiterentwicklung der Nutzerfinanzierung“ auf der politischen Tagesordnung bleibt. Diese Maßnahmen sind bei manchen unpopulär, und manche machen das Thema auch unpopulär. Es braucht Mut, diese Dinge beim Namen zu nennen und sie mutig und offensiv zu diskutieren. Baden-Württemberg ist dazu weiterhin bereit.
Vielen Dank.
Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir alle kennen unser Land Baden-Württemberg. Wir kennen die Autobahnen, die Bundesstraßen, und wir kennen die Ortsdurchfahrten. Wir brauchen da überhaupt keine Verkehrsgutachten oder Verkehrsprognosen: Wir alle sehen und wissen, dass die Straße die Hauptlast beim Güterverkehr trägt. Diese Tatsache müssen wir zunächst einmal zur Kenntnis nehmen. Gerade auch in Sachen Gütertransport muss Verkehrspolitik bei den schlichten Fakten beginnen.
Daraus ergeben sich zwei Stoßrichtungen für die Verkehrspolitik im Sektor Gütertransport. Zum einen: Die Straße ist und bleibt das Rückgrat des Gütertransports. Wer glaubt, er könne mit der Kraft des Herkules die Schiene zum Hauptverkehrsträger des Gütertransports machen, wird scheitern. Deshalb dürfen wir die Infrastruktur der Straße nicht verkommen lassen. Sonst sägen wir den Ast ab, auf dem wir sitzen, auf dem unsere Wirtschaft sitzt.
Das Zweite gilt für eine realistische Verkehrspolitik. Genauso klar ist, dass wir alles daransetzen müssen, um den umweltfreundlichen Verkehrsträger Schiene und den umweltfreundlichen Verkehrsträger Wasserweg, wo es nur geht, zu fördern und zu unterstützen. Denn wir leiden ganz erheblich unter den endlosen Staus durch den Gütertransport auf unseren Autobahnen und den übrigen Straßennetzen, in unseren Städten und Gemeinden. Und mit den Menschen leidet unsere Umwelt.
Meine Damen und Herren, wir verfallen nicht der Täuschung, wir könnten die Welt des Güterverkehrs grundlegend verändern. Aber die Landesregierung will ihren Teil zu den möglichen und zu den machbaren Veränderungen beitragen. Ich fand es bei dieser Debatte ganz angenehm, dass schon ein Stück weit erkannt worden ist, dass wir uns kräftig Mühe geben, aber politisch nicht für alles zuständig sind. Letztendlich entscheidet die Wirtschaft, wie sie ihre Güter transportiert. Ihr ein Diktat aufzudrängen ist außerordentlich schwierig. Wir müssen Anreize schaffen – da sind wir uns sicher einig – und sollten uns über die richtigen Wege streiten.
Meine Damen und Herren, wir haben dies im Generalverkehrswegeplan dargelegt. Ich bin der festen Überzeugung, dass dieses Konzept nach wie vor die richtige und die tragfähige Grundlage für Güterverkehrspolitik ist. Wir müssen und wir wollen die integrative Verflechtung von Straße, Schiene und Binnenschifffahrt und damit intermodale Transportketten unterstützen. Jeder Verkehrsträger – Straße, Schiene und Wasser – muss und kann dabei seine spezifischen Leistungsvorteile einbringen, und wir unterstützen diesen Prozess.
Wir unterstützen im Rahmen eines Programms zur Förderung des Schienengüterverkehrs und der Binnenschifffahrt den Bau von Gleisanlagen, von Umschlaganlagen, wie zum Beispiel in Stuttgart und in Weil am Rhein. Volker Schebesta hat ja eine ganze Reihe von Maßnahmen aufgezählt, in die investiert worden ist. Wir wollen die Einrichtung von Verladeanlagen für den Containerverkehr. Gefördert werden auch Güterverkehrsfahrzeuge nicht bundeseigener Eisenbahnen. Damit können nicht bundeseigene Eisenbahnen Güterverkehrsleistungen im Einzelwagenverkehr von der DB AG übernehmen und den Rückzug der Schiene aus der Fläche stoppen. Wir wollen diese Landesförderung auch fortsetzen.
Frau Kollegin Schmidt-Kühner, von Ihnen ist das Problem Pfullendorf angesprochen worden. Natürlich würden wir es genauso gern sehen, wenn die Firmen in und um Pfullendorf weiterhin die Schiene nutzen würden. Aber Frau Berroth hat es ja gesagt, es liegt sicher nicht am Engagement des Landes. Ich weiß sehr wohl – das ist mit die Region, aus der ich komme –, wie sich das Land in den vergangenen Jahren engagiert hat, dass Güter auf die Schiene kommen. Das liegt an der DB AG und letztlich vielleicht nicht einmal ausschließlich an ihr, sondern an betrieblichen Entscheidungen. Wir wissen, in Pfullendorf gibt es diesen und jenen großen Betrieb, und wenn die sich gegen die Schiene entscheiden, wird es für die Bahn außerordentlich schwierig, ein Angebot aufrechtzuerhalten.
Es muss klar sein, meine Damen und Herren: Die Fördermaßnahmen des Landes sind nur dann erfolgreich, wenn auch der Bund seinen Verpflichtungen zum Ausbau der Schnittstellen zwischen den Verkehrsträgern nachkommt. Die Landesförderung kann trotz aller Anstrengungen nur ergänzenden Charakter haben. Wir können – ich sage es noch einmal – die verladende Wirtschaft nicht zur Nutzung bestimmter Verkehrsträger oder zu bestimmten Transportabläufen zwingen.
Wir können aber neben der finanziellen Förderung die umweltfreundlichen Verkehrsträger stärker ins Bewusstsein
der Güterverkehrswirtschaft bringen. Der Kongress, den wir im Sommer dieses Jahres in Mannheim veranstaltet haben, der großen Zuspruch genossen hat, wo eine rege Debatte stattgefunden hat, war, glaube ich, ein wichtiger Meilenstein in dieser Bewusstseinsmachung bei der baden-württembergischen Wirtschaft.
Wir werden aber auch den Bund nicht aus seiner vorrangigen Verantwortung entlassen. Der Bund muss den Zugang zur Förderung von Gleisanschlüssen und Umschlaganlagen erleichtern. Kein Eisenbahnunternehmen gibt eine zehnjährige Garantie für die Verkehrsbedienung.
Die vom Bund geforderten Mindestmengen, die der Antragsteller transportieren muss, sind zu hoch. Darüber hinaus sollten auch kommunale Unternehmen förderbar sein, beispielsweise die Stadtwerke beim Müllumschlag.
Der Bund muss ebenso – unabhängig von den notwendigen Eigenanstrengungen der Verkehrswirtschaft – die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Schiene, Schifffahrt und kombinierten Verkehr verbessern. Die Schiene trägt in Deutschland bei Infrastrukturkosten, Mineralölsteuer und Umsatzsteuer nach wie vor weitaus höhere Lasten als in unseren europäischen Nachbarstaaten.
Notwendig sind ferner ein diskriminierungsfreier Zugang zum DB-Streckennetz und die transparente Gestaltung der Trassenpreise. Hier ist es inzwischen im Rahmen des Dritten Eisenbahnrechtsänderungsgesetzes gelungen – nicht zuletzt dank der Initiative von Baden-Württemberg, von Stefan Mappus und Ulrich Müller –, ganz wesentliche Fortschritte zu erreichen.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, Integration der Verkehrsträger ist gut. Aber was nützt sie, wenn die Verkehrsinfrastruktur aller Verkehrsträger schwerwiegende Rückstände aufweist? Bei der Schiene weist die mittelfristige Finanzplanung des Bundes für den Zeitraum 2004 bis 2008 für Neu- und Ausbaumaßnahmen bundesweit nur 600 Millionen € pro Jahr statt der erforderlichen 1,7 Milliarden € aus. Wenn aus dem 2-Milliarden-€-Investitionsprogramm der Bundesregierung, das sie ja vor wenigen Monaten auf den Weg gebracht hat, weitere 750 Millionen € für die Schiene im Zeitraum 2005 bis 2008 hinzukommen, fehlen jährlich immer noch über 900 Millionen €, um die als vordringlich angesehenen Projekte zu finanzieren.
Im Zeitraum bis 2008 stehen für Schienenprojekte in Baden-Württemberg insgesamt nur etwa 262 Millionen € zur Verfügung. Das sind im Jahresdurchschnitt gerade einmal 54 Millionen €. So kann man Verkehrsträger, so kann man die Schiene nicht nach vorn bringen.
Die Misere bei den Mitteln für Neu- und Ausbaumaßnahmen im Bundesfernstraßennetz ist so oft beschrieben und beklagt worden, dass es sich erübrigt, hier alles zu wiederholen. Ich nenne nur eine Zahl: Wir brauchen im Jahr 300 Millionen bis 330 Millionen € für Bedarfsplanmaßnahmen, um die Projekte des vordringlichen Bedarfs des Bundesverkehrswegeplans in seiner Gültigkeit bis zum Jahr 2015 einigermaßen zeitgerecht finanzieren zu können.
Zu den Wasserstraßen: Ich finde es sehr erfreulich, dass auch im Landtag wieder einmal und verstärkt die Wasser
straßen in das Blickfeld genommen werden. Sie können einen ganz wesentlichen Beitrag zur Bewältigung des wachsenden Güterverkehrs leisten. Die Binnenwasserstraßen sind die umweltfreundlichsten Verkehrsträger, und sie haben die größten Kapazitätsreserven.
Die Chancen der häufig unterschätzten Binnenschifffahrt liegen zum Beispiel im Marktsegment Containerverkehr. Es freut mich, dass unter anderem die Firma Daimler-Chrysler die Binnenschifffahrt verstärkt als interessanten Verkehrsweg nutzt. Der Containerverkehr auf dem Neckar hat durch Transporte für Daimler-Chrysler ganz erheblich zugenommen. Auch beim Kohleverkehr – übrigens eine Folge Ihrer nach meiner Einschätzung verfehlten Politik – sind durch den Atomkompromiss ja neue Perspektiven gegeben.
Voraussetzung, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist allerdings ein entsprechender Ausbaustandard der Wasserstraßen, der den Einsatz moderner Schiffe mit entsprechenden Größen erlaubt. Wir fordern vom Bund nach wie vor die Verlängerung der über 70 Jahre alten Neckarschleusen. Wir wissen, dass auf dem Rhein die Standardlänge von Schiffen in Deutschland und in Europa heute nicht mehr 105 Meter, sondern 135 Meter beträgt. Deshalb brauchen wir 140 Meter lange Schleusen. Andernfalls hängen wir den Neckar vom Schifffahrtsnetz des Rheins und damit von der Zufahrt zur Nordsee ab.
Jetzt ist Bundesverkehrsminister Stolpe gelobt worden. Er hätte ja vielleicht noch ein paar Tage Zeit, um auch seine Liebe zur Binnenschifffahrt auf dem Neckar und nicht nur irgendwo anders im Bundesgebiet deutlich zu machen.
Wir haben durch unser Drängen in Baden-Württemberg erreichen können, meine Damen und Herren, dass die ursprüngliche Ablehnung der Aufnahme in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans revisioniert wird, dass momentan eine weitere Wirtschaftlichkeitsüberprüfung läuft. Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir mit besseren Zahlen herauskommen, wenn das Ergebnis Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres auf den Tisch gelegt werden wird.
Erst in der vergangenen Woche hat das „Forum Binnenschifffahrt“ im Stuttgarter Hafen der Öffentlichkeit eine Resolution vorgestellt. Hinter die Resolution haben sich über 90 Unternehmen und Organisationen unseres Landes gestellt. Ich glaube, das ist ein beeindruckendes Bekenntnis der Wirtschaft Baden-Württembergs zur Wasserstraße am Neckar und über den Neckar hinaus.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, jammern, lamentieren könnte man tagelang, wenn man über die Verkehrsinfrastruktur Baden-Württembergs nachdenkt. Das hilft leider nicht weiter. Die Finanzierung des Bundesfernstraßennetzes über den Haushalt ist an die Wand gefahren. Alle sehen es, aber noch nicht alle geben es zu. Wir müssen neue Wege suchen. Wir haben uns in Baden-Württemberg auf den Weg gemacht. Wir brauchen einen grundlegenden Neubeginn, den wir in der Umstellung der Finanzierung des Bundesfernstraßenbaus von der Steuer- auf die Nutzerfinanzierung
sehen. Die Lkw-Maut war ein Schritt in die richtige Richtung. Weitere Schritte sind notwendig.
Die Verkehrsministerkonferenz hat im April 2005 auf Vorschlag Baden-Württembergs hin beschlossen, die Möglichkeiten einer nutzerbezogenen Infrastrukturfinanzierung ergebnisoffen zu prüfen. Eine Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz Baden-Württembergs prüft zurzeit unter anderem folgende Punkte: die Erweiterung der Lkw-Maut auf weitere Nutzergruppen, auf leichte Lkw und Pkw, wobei klar ist, dass die Verkehrssteuern in diesem Fall gleichzeitig abgesenkt werden müssten. Wir prüfen die Entwicklung neuer Organisationsmodelle für die Verkehrsinfrastruktur.
In wenigen Tagen wird die Verkehrsministerkonferenz über die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe beraten und dann voraussichtlich weitere Untersuchungsaufträge stellen. Damit haben wir auf Bundesebene den Anstoß dafür gegeben, dass die Sache endlich einmal breit diskutiert wird und neue Lösungen bei der Verkehrswegefinanzierung gesucht werden.
Wir werden unseren Beitrag einbringen und alles daransetzen, dass Verkehrspolitik und Verkehrswegefinanzierung auch in Zeiten knapper Kassen wieder eine Zukunft haben. Damit wollen und werden wir einen Beitrag nicht nur zur Verbesserung des Gütertransports, sondern zu einer nachhaltigen Verkehrsentwicklung insgesamt leisten.
Vielen Dank.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ihre Anfrage, lieber Kollege Haas, beantworte ich im Namen der Landesregierung wie folgt:
Zu Frage a: Für den Aus- und Neubau nachfolgender Straßenkategorien stehen im Jahr 2005 im Regierungsbezirk Freiburg folgende Mittel zur Verfügung: für Bundesautobahnen rund 27 Millionen €, für Bundesstraßen rund 22 Millionen € und für Landesstraßen rund 14 Millionen €. Das sind jeweils Investitionsmittel für den Aus- und Neubau.
Bei den Bundesmaßnahmen sind Investitionsmittel des Landes nur in äußerst geringem Umfang notwendig, zum Beispiel beim Ausbau einer bestehenden Kreuzung, aber nur für genau die Fläche, die die Kreuzung ausmacht.
Für die Erhaltung nachfolgender Straßenkategorien stehen im Jahr 2005 im Regierungsbezirk Freiburg folgende Mittel zur Verfügung: für Bundesautobahnen rund 25 Millionen €, für Bundesstraßen rund 22 Millionen € und für Landesstraßen rund 7 Millionen €.
Ich will allerdings hinzufügen, dass das Land bei den Planungsmitteln kräftig gefordert ist. Sie wissen wahrscheinlich, dass Planungsmittel für Bundesautobahnen und für Bundesstraßen an das Land pauschal zugewiesen werden. Das sind rund 9 Millionen €. Wir legen aber im Jahr 2005 18 Millionen € Landesmittel dazu. Auch das geht zulasten des Landesstraßenbauhaushalts.
Die Antwort zu Ihrer Frage b: Für alle Projekte des Ausund Neubaus im Regierungsbezirk Freiburg wurde erfolgreich ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt, sonst könnte nicht gebaut werden.
Für die Projekte der Erhaltung ist im Normalfall kein explizites Baurecht notwendig, da keine Betroffenheit Dritter vorliegt. Nur in Ausnahmefällen ist ein Planfeststellungsverfahren oder ein vergleichbares Verfahren nach dem Fernstraßengesetz oder dem Straßengesetz Baden-Württembergs erforderlich.
Lieber Herr Kollege, wir haben hier im Landtag bei der letzten Sitzung eine Aktuelle Debatte zu diesem Thema geführt. Ich habe die in diesem Jahr erfolgte ausnahmsweise hohe Zuweisung von Bundesmitteln ausdrücklich gewürdigt. Wir sind dankbar dafür. Mit diesem Dank war die Hoffnung verbunden, dass die beim Bund vorliegende mittelfristige Finanzplanung nicht umgesetzt wird, denn sonst bekommen wir in den nächsten zwei bis drei Jahren eine kräftige Talfahrt.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Frau Kollegin Sitzmann, ich beantworte Ihre Mündliche Anfrage in Namen der Landesregierung wie folgt:
Zu Frage a: Die Entgeltordnung für den Verkehrsflughafen Karlruhe/Baden-Baden – so heißt der Titel, nicht so, wie Sie ihn in der Anfrage verwendet haben – ist in den „Nachrichten für Luftfahrer“, dem offiziellen Veröffentlichungsorgan der Deutschen Flugsicherung GmbH, veröffentlicht. Unter Ziffer 2.3 der Entgeltordnung ist die „Alternative Entgeltregelung für Linienflugverkehr“ geregelt. Wörtlich heißt es in dieser Ziffer 2.3 – ich zitiere:
Alternative Entgeltregelung für Linienflugverkehr
Für Flugzeuge im Linienflugverkehr, die festgelegte Ziele zu vorher mit dem Flughafenbetreiber abgestimmten Zeiten kontinuierlich über das Jahr (an min- destens fünf Tagen in der Woche und in mindestens 45 Wochen im Jahr) anfliegen, können alternativ zu Punkt 2.1 und Punkt 2.2 folgende Flughafenentgelte erhoben werden.
Das Entgelt bemisst sich nach der Anzahl der bei der Landung des Luftfahrzeuges an Bord befindlichen Fluggäste... abhängig vom Startflughafen pro Passagier...
So das Zitat aus dieser Entgeltordnung.
In einer nachfolgenden Tabelle sind die Preise pro Passagier zwischen 5 € und 7,50 € festgelegt. Der Preis pro Passagier ist zum einen abhängig von der Größe der Flugzeuge. Dabei wird zwischen vier Kategorien unterschieden, nämlich Flugzeuge mit bis zu 50 Sitzplätzen, bis zu 100 Sitzplätzen, bis zu 150 Sitzplätzen und über 150 Sitzplätzen. Zum anderen findet eine Differenzierung nach dem vorausgegangenen Startflughafen statt, nämlich innerhalb der
Bundesrepublik Deutschland, innerhalb der Europäischen Union oder außerhalb der Europäischen Union.
Im Anschluss an die Tabelle heißt es wörtlich weiter:
Der Flugzeugbetreiber kann mit dem Nachweis, dass die oben genannten Voraussetzungen erfüllt werden, die alternative Abrechnung (2.3) anstelle der Abrechnung nach den Punkten 2.1 und 2.2 beim Flughafenbetreiber beantragen.
Zu Frage b: Die alternative Entgeltregelung gilt für alle Luftfahrtunternehmen, die die oben genannten Voraussetzungen erfüllen und einen entsprechenden Antrag bei der Baden-Airpark GmbH gestellt haben. Das heißt, die Luftfahrtunternehmen müssen Linienflugverkehr an mindestens fünf Tagen wöchentlich und mindestens 45 Wochen im Jahr durchführen. Diese Voraussetzungen werden derzeit von zwei Luftfahrtunternehmen erfüllt, nämlich von Ryanair und von dem Luftfahrtunternehmen dba.
Verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir sind hier bei einer Aktuellen Debatte. Was ist denn momentan in Deutschland und in Baden-Württemberg das aktuellste Thema?
Bei Ihnen vielleicht! – Das Thema, das die Bevölkerung am meisten interessiert und das die Hauptaufgabe der Politik ist und jeden Tag sein muss, ist die Sicherung von Arbeitsplätzen und die Schaffung neuer Arbeitsplätze.
Was kann die Politik tun, damit die Wirtschaft wieder in Schwung kommt? Sie muss einer guten Bildung und Ausbildung Priorität einräumen. Das tun wir in Baden-Württemberg, wie dies sonst nirgends in der ganzen Bundesrepublik geschieht.
Aber dann kommen schon die Themen, bei denen der Bund in der Hauptverantwortung steht: die Senkung der Lohnnebenkosten, ein einfaches und als gerecht empfundenes Steuersystem,
die Eindämmung der Bürokratie und vor allem auch Investitionen in unser Verkehrssystem,
in ein leistungsstarkes und umweltfreundliches Verkehrssystem. Wir wissen alle: Wer keine Verbindungen hat, keine Anschlüsse hat, der wird abgehängt, der wird auf das Nebengleis geraten.
Deshalb ist es gut, dass wir heute über das Thema Verkehrsinfrastruktur in Deutschland und vor allem in BadenWürttemberg diskutieren.
Man kann Zahlen drehen, wenden, interpretieren, wie man will: Man wird in der Regel immer zum gleichen Ergebnis kommen: Der Bund investiert zu wenig in die Infrastruktur,
und Baden-Württemberg wird vernachlässigt.
Ich komme noch auf die Zahlen. Ich schlage vor – nur das bringt uns weiter nach vorne –, dass wir in aller Sachlichkeit über die Zahlen diskutieren.
Ich selber habe überhaupt kein Problem, Entscheidungen der Bundesregierung, auch einer rot-grünen Bundesregierung, zu loben, die gut sind für unser Land.
Ich glaube, wir alle tun gut daran, wenn wir über Fraktionsgrenzen hinweg Interessen des Landes Baden-Württemberg gegenüber dem Bund vertreten.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, die Verkehrsentwicklung in Baden-Württemberg stößt immer mehr an infrastrukturelle Kapazitätsgrenzen. Dies gilt nicht nur für den Straßenverkehr, sondern auch, wenn auch mit weniger deutlichen Zuwachszahlen, für die Hauptstrecken der Eisenbahn. Betroffen sind insbesondere die Verkehrsverbindungen zu den nationalen und den europäischen Wirtschaftszentren. Hier gibt es inzwischen in allen Bereichen einen ganz erheblichen Ausbaubedarf.
Wenn wir die Verkehrsprognosen nehmen, die der Bund selber für den Bundesverkehrswegeplan zugrunde gelegt hat,
dann haben wir bis 2015 Zuwachsraten von über 40 % im Straßenverkehr
ich komme zu allem –
und 15 % im Personenverkehr zu erwarten. Der Fernverkehr – weil wir immer wieder auch über Landesstraßenbau diskutieren – wächst wesentlich schneller als der Nahverkehr. Die höchsten Zuwachsraten sind beim grenzüberschreitenden Verkehr und beim Transitverkehr zu verzeichnen.
Der Bund hat im Bundesverkehrswegeplan des Jahres 2003 bundesweit zur Erhaltung und für vordringliche Aus- und Neubaumaßnahmen von Bundesschienenwegen, Bundesfernstraßen und Bundeswasserstraßen für den Zeitraum bis 2015 einen Investitionsbedarf von 173 Milliarden € ermittelt. Das ist nur der Vordringliche Bedarf. Fast jeder von uns kennt Projekte aus seinem Wahlkreis, die nicht im Vordringlichen Bedarf sind, aber trotzdem als äußerst dringend empfunden werden, deren Realisierung gefordert wird, die aber erst in 20 Jahren oder später eine Realisierungschance haben.
Um den festgestellten vordringlichen Bedarf zeitgerecht abarbeiten zu können, würden jährlich knapp 12 Milliarden € benötigt. Der vom Bund vorgesehene Finanzierungsrahmen liegt allerdings nicht bei 12 Milliarden €, sondern bei knapp 10 Milliarden €. Der tatsächliche Haushaltsansatz des Jahres 2005 liegt bei 9 Milliarden €. Er ist dennoch so gering, obwohl zum ersten Mal über 2 Milliarden €, vielleicht bis zu 3 Milliarden € Einnahmen aus der Maut in die Bundeskasse fließen.
Jetzt schauen wir einmal, wie es nach dem Jahr 2005 in der mittelfristigen Finanzplanung bis 2008 weitergeht: Dann sind nur noch 8,2 Milliarden € pro Jahr vorgesehen.