Protocol of the Session on March 5, 2025

Mit Blick auf die Parlamentarische Kontrollkommission nehmen wir mit dem Gesetz eine Änderung zum Wahlquorum vor. Statt einer qualifizierten Mehrheit reicht in Zukunft eine absolute Mehrheit zur Wahl der Kommissionsmitglieder aus. Dadurch werden Blockadesituationen verhindert und die Handlungsfähigkeit der Gremien gestärkt. Analog zur G10-Kommission wird auch hier die Zahl der Mitglieder des Gremiums flexibel gestaltet. Der Landtag bestimmt auch bei der Parlamentarischen Kontrollkommission die Anzahl der Mitglieder zu Beginn der Wahlperiode.

Mit den Änderungen sorgen wir dafür, dass die parlamentarische Kontrolle der Arbeit der Verfassungsschutzbehörde in Thüringen gestärkt wird. Die Funktionsfähigkeit der G10-Kommission und der Parlamentarischen Kontrollkommission ist für unseren Rechtsstaat von essenzieller Bedeutung. Nur, wenn diese Gremien arbeitsfähig sind und ihre Mitglieder ihre Aufgaben gewissenhaft erfüllen können, kann sichergestellt werden, dass die Arbeit des Verfassungsschutzes im Einklang mit der Verfassung und den demokratischen Prinzipien steht. Verzögerungen oder Blockaden in der Besetzung dieser Gremien gefährden somit nicht nur deren Arbeit, sondern können langfristig das Vertrauen in die rechtsstaatlichen Kontrollmechanismen untergraben. Mit dieser Reform beseitigen wir strukturelle Hürden, die die Besetzung der Gremien bislang erschwert haben und stellen sicher, dass die Kontrollmechanismen reibungslos funktionieren. Eine effektive parlamentarische Arbeit über nachrichtendienstliche Maßnahmen ist unverzichtbar für eine funktionierende Demokratie. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, BSW, SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Urbach, für die Einbringung, die Begründung. Als Nächstes eröffne ich die Aussprache und rufe für die Fraktion der AfD Herrn Abgeordneten Möller auf.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Nein!)

Er verzichtet auf die Wortmeldung. Dann rufe ich für die Fraktion Die Linke Herrn Abgeordneten Hande auf.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren, als Linke haben wir in der Vergangenheit auch hier schon des Öfteren und hinreichend ausgeführt, warum wir einen Verfassungsschutz in der Form eines Geheimdienstes als problematisch erachten und daher ablehnen – zum Beispiel wegen der intransparenten Arbeitsweise und Zweifeln an der Wirksamkeit der Behörde oder dem grundsätzlichen Widerspruch des Selbstverständnisses eines Geheimdienstes gegenüber einer offenen Gesellschaft, oder wegen der fortdauernden methodischen und analytischen Mängel, oder weil er der zugeschriebenen Rolle eines Frühwarnsystems nicht bzw. nicht hinreichend gerecht wird. Das alles, meines sehr geehrten Damen und Herren, ist bekannt. Heute geht es nicht um grundsätzliche Fragen des Geheimdienstes, sondern um die Frage, wie man das kleine bisschen Restkontrolle – wenn ich das so nennen darf –, die das Gesetz vorsieht, am Ende parlamentarisch umsetzen kann.

(Abg. Urbach)

Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat mit seiner Entscheidung 106 aus dem Jahr 2020 noch einmal zur Aufstellung der Parlamentarischen Kontrollkommission geurteilt. Als Linke haben wir dies seinerzeit sehr ernst genommen und schließlich nach einer Vielzahl von Wahlgängen und dem Ergebnis eines fraktionsübergreifenden Mediationsverfahrens im Jahr 2022 gemeinsam mit SPD und Grünen einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht. Obwohl in diesem Mediationsverfahren eine Zweidrittelmehrheit mit der CDU vereinbart wurde, reichte dies leider nicht, um diese Zweidrittelmehrheit auch praktisch im Parlament zu erzielen. Denn während die Linke in den sauren Apfel biss und trotz aller teils auch erheblicher Kritik an den vorgeschlagenen Personen der CDU diese Personen in dieses Kontrollgremium wählte und ihre staatspolitische Verantwortung damit wahrgenommen hat, war das umgekehrt seitens der CDU leider nicht zu spüren. Und so bräuchte es diesen Gesetzentwurf nicht, hätte die CDU damals ihre Verantwortung wahrgenommen. Aber „hätte“, „wäre“, „wenn“ und sei es nun, wie es sei, die Koalitionsfraktionen streben nun, wie gehört, die Absenkung des Quorums auf eine Mehrheit der Abgeordneten an, also 50 Prozent. Aus Sicht meiner Fraktion könnten wir uns – auch basierend auf den Erfahrungen der letzten Jahre hier im Landtag und in Weimar – auch eine Drei-Fünftel-Mehrheit, also 60 Prozent vorstellen. Aber davon werden wir unsere Meinungsbildung jetzt nicht unbedingt abhängig machen.

Für tatsächlich problematisch erachten wir jedoch das komplette Fehlen von Mitgliederzahlen der Gremien. Das heißt, nach den Entwürfen könnten die Gremien in der Theorie mit nur zwei Mitgliedern konstituiert werden. Das hieße rein praktisch, zwei Personen kontrollieren, wie ein Geheimdienst in einem Bundesland mit über 2 Millionen Einwohnern Überwachungsmaßnahmen anordnet oder wie eine Behörde mit einem Budget von über 8 Millionen – 8,6 sind es genau – und über 100 Stellen arbeitet und Maßnahmen durchführt. Daher regen wir an, die Kontrolle nicht abzuschwächen, wie es im Entwurf der Brombeerkoalition ist, sondern eine Mindest- und Maximalzahl der Personen dort mit einzuführen. Ich darf ankündigen, dass Sie in Kürze ein entsprechender Änderungsantrag meiner Fraktion ereilen wird und wir darin eine entsprechende Korridorregelung mit einer Mindestzahl von drei bzw. Maximalzahl von sechs Mitgliedern vorschlagen werden. Andere Regelungen wären sicherlich auch noch diskutierbar aus Sicht meiner Fraktion, aber das werden wir dann zu gegebener Zeit sehen.

Die Urteile des Thüringer Verfassungsgerichtshofs aus den Jahren 2020 und 2024 haben uns unmissverständlich gezeigt, dass parlamentarische Kontrolle nur dann legitim und wirksam ist, wenn sie fair und unter Wahrung der Rechte der Opposition nach Artikel 59 der Verfassung erfolgt. Wir haben dazu auch bereits im Jahr 2022 gesetzlich klargestellt, dass die parlamentarische Opposition stärkemäßig im Landtag als Gesamtheit in der Kommission vertreten sein muss im Verhältnis zur Gesamtheit des regierungstragenden Teils des Landtags.

Das wird nun auch für die G10-Kommission nachvollzogen, das ist aus meiner Sicht folgerichtig. So, sehr geehrte Damen und Herren, hoffe ich, dass wir mit diesem Gesetzentwurf in Verbindung auch mit den von mir angekündigten Nachbesserungen endlich den Stillstand bei den Kommissionswahlen beenden können und bedanke mich für den Augenblick für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall Die Linke)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Hande. Als Nächste rufe ich für die Fraktion der SPD Frau Abgeordnete Marx auf. Keine Wortmeldung?

(Zwischenruf Abg. Marx, SPD: Ich ziehe zurück!)

(Abg. Hande)

Okay. Wünscht die Landesregierung das Wort? Herr Möller, doch noch mal.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste! Erneut wird innerhalb weniger Jahre durch eine Regierungskoalition hier in Thüringen die Überwachungs- und Geheimdienstkontrolle dem letzten Wahlergebnis angepasst. Die Kontrollbefugnisse sollen auf eine Minderheitskoalition beschränkt werden und auf eine privilegierte Opposition, deren Mitwirkung benötigt wird, um überhaupt parlamentarische Mehrheiten zu erreichen. Es ist schon etwas skurril anzusehen. Erst hatten wir eine einfache Mehrheit für die Benennung der Mitglieder, dann ist zu einer Zweidrittelmehrheit gewechselt worden, vor zwei oder drei Jahren war das. Dann hat man gemerkt, man hat die Grube eigentlich für die AfD gegraben, ist aber selbst hineingefallen. Jetzt wechselt man es wieder zurück und ich sagen Ihnen eines: Auch in diese Grube fallen Sie selbst rein.

(Beifall AfD)

Ziel – so schreiben Sie es im Gesetzentwurf – ist, die parlamentarische Kontrolle der Überwachungsmaßnahmen und die Arbeit des Verfassungsschutzes in Thüringen zu stärken und deren effektive Arbeitsfähigkeit sicherzustellen. Meine Damen und Herren, das stimmt nicht, das war es nie und das wird es auch nie sein.

(Beifall AfD)

Wir brauchen uns dazu nur die Arbeit der bisherigen Parlamentarischen Kontrollkommission angucken. Sie alle kennen die Skandale, die beispielsweise um den Verfassungsschutz hier in Thüringen bekannt geworden sind, gerade in den letzten Wochen: Missachtung der Indemnität, Unterdrückung eines Gutachtens, Androhung von Gewalt, Geheimnisverrat an Journalisten. Wir haben hier Skandale ohne Ende, stand davon jemals etwas in der Parlamentarischen Kontrollkommission? Nein. Was für ein Wunder.

(Zwischenruf Abg. Marx, SPD: Das wissen Sie doch gar nicht!)

Natürlich weiß ich das, denn über diesen Bericht, Frau Marx, ist hier berichtet worden, ist hier debattiert worden, und da stand nichts drin, da wurde nichts vorgetragen, nichts dergleichen ist erläutert worden. Und was Sie in Ihrem stillen Kämmerlein machen, was niemanden erreicht, das spielt für die Öffentlichkeit und für die Geheimdienstkontrolle schlicht keine Rolle. Das ist nämlich der springende Punkt.

(Zwischenruf Abg. König-Preuss, Die Linke: Es gab noch keine Debatte zum letzten Bericht!)

(Beifall AfD)

Hauptsächlich geht es darum, die Aufgabe des Verfassungsschutzes letztlich zu decken, und diese Aufgabe besteht im Kampf gegen die stärkste Partei hier im Land, in der Vorbereitung eines Parteienverbots. Genau daran arbeitet der Verfassungsschutz auch fast ausschließlich. Jedenfalls ist so auch die öffentliche Wahrnehmung. Es geht darum, diese Machenschaften zu decken und die Opposition, soweit sie betroffen ist, und das ist sie in dem Fall sehr stark in Form meiner Partei, aus der Kontrolle des Verfassungsschutzes natürlich außen vor zu halten, um dem auch nicht in irgendeiner Weise in die Parade zu fahren.

Meine Damen und Herren, die freiheitliche demokratische Grundordnung hat mehrere Säulen und eine von diesen Säulen ist das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition. Die darf nicht systematisch benachteiligt werden. Aber genau das machen Sie mit diesem Gesetzentwurf.

(Beifall AfD)

(Präsident Dr. König)

Denn Sie unterlaufen dieses Recht auf Ausübung der parlamentarischen Opposition, indem Sie, und zwar gezielt, die Rechtslage den jeweiligen Mehrheitsverhältnissen anpassen. Wo gibt es denn das? Doch nicht in einer Demokratie, meine Damen und Herren.

(Beifall AfD)

Das ist doch geradezu lächerlich. Was Sie dabei vergessen, bei diesen Hütchenspielertricks, Sie zahlen dafür einen Preis. Zum einen signalisieren Sie in die Öffentlichkeit, ausgrenzen ist das Wichtigste. Das haben wir verstanden, darauf werden wir eine Antwort geben, an anderer Stelle. Da gibt es ja auch momentan die Aufregung über die Richter- und Staatsanwaltswahlausschüsse. Aber wo es seltsamerweise bei Ihnen und

beim Richterbund und bei einigen anderen Protagonisten Ihres Gesetzentwurfs keine Aufregung gibt, das ist die Spaltung und Bekämpfung der Opposition, die hier schon seit zehn Jahren stattfindet und die nun ihre Fortsetzung auch in dieser Koalition findet, die doch eigentlich mal alles anders machen wollte.

(Beifall AfD)

Und zweitens, den Konflikt, den Sie gerade vom Zaun brechen, auch mit diesem Gesetzentwurf, dieser Eskalation, das stärkt nicht Sie, sondern uns. Das sehen Sie beispielsweise am letzten Wahlergebnis. Es ist doch nicht so, dass diese Diskussion dieses Wahlergebnis nicht unbeeinflusst gelassen hat. Sie fand ja gerade vor der Wahl statt. Man hat auch entsprechend darüber berichtet. Ich sage Ihnen eins, 39 Prozent der Wähler hier in Thüringen fanden unseren Ansatz, damit umzugehen, durchaus berechtigt. Das kann man wohl feststellen nach diesem Wahlergebnis.

(Beifall AfD)

Und die haben eben verstanden, dass die Verknüpfung der Ausgrenzung in einigen Gremien mit Reaktionen in Bezug auf andere Gremien durchaus politisch sachgerecht ist und rechtlich zulässig ist. Aber egal, 39 Prozent interessieren Sie ja nicht, meine Damen und Herren, Sie wollen ja alles anders machen. Das haben wir auch von Herrn Gruhner gehört.

Schauen wir mal an, was Sie anders machen wollen. Herr Gruhner hat vorhin gesagt, es soll ein Richtungswechsel in der Migrationspolitik geben. Ja, wir sehen, wo der hinführt. Der Richtungswechsel in der Migrationspolitik, der scheitert daran, dass Sie sich einseitig binden an Ihre privilegierte Opposition von der Linken, die eben sagt: Na ja, Abschiebehaft, das wollen wir nicht, das machen wir also nicht mit. Sie scheitern also dabei, die wirklichen Lebensumstände der Thüringer, die die Thüringer auch tatsächlich betreffen und interessieren, zu ändern. Das Einzige, was Sie hinbekommen, ist eine Mehrheit darüber, wie Sie der Opposition Kontrollrechte und Befugnisse nehmen. Und, meine Damen und Herren, das wird Ihnen früher oder später auf die Füße fallen.

(Beifall AfD)

„Die parlamentarische Opposition im Landtag muss im Verhältnis ihrer Stärke zu den regierungstragenden Fraktionen und Parlamentarischen Gruppen im Landtag in der Kommission vertreten sein.“ Das steht jetzt, das ist jetzt die neue Regel, die Sie ja auch im G10-Gesetz einführen wollen; in der PKK ist es schon der Fall. Wir wissen, wie das ausgelegt wird, wie es angewendet wird. In der alten Koalition war es die privilegierte Opposition der CDU, die für die Mehrheitsfindung zuständig war, und jetzt ist es die Linke. Es werden also absehbar von der Opposition nur Linke in diesem Gremium sitzen. Das wissen wir alle. Darum braucht keiner rumreden. Und das, meine Damen und Herren, ist eine systematische Benachteiligung der Opposition bei ihrem ureigenen Kontrollrecht. Wenn Sie das mit einer Kraft machen, die von 33 Prozent

der Menschen gewählt worden ist, dann sind Sie selbst mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung kollidiert und sollten sich vielleicht selbst beobachten.

(Beifall AfD)

Denken Sie bitte auch einfach mal daran, wir hatten bei der Landtagswahl im September 32,8 Prozent aller Stimmen, wir hatten jetzt 39 Prozent der Stimmen. Wo stehen wir in zwei, drei Jahren? Wohin führt das vielleicht bei der Landtagswahl in fünf Jahren? Wollen Sie tatsächlich jetzt schon in Form gießen, wie dann möglicherweise auch Sie behandelt werden? Erwarten Sie dann von uns eine andere Behandlung? Ich kann Ihnen nur dringend raten: Finden Sie wieder zur Konsensorientierung zurück, versuchen Sie, das

Gesprächsangebot der AfD-Fraktion anzunehmen, dann lassen sich viele Probleme hier lösen, auch ohne solche repressiven, autoritären Gesetzentwürfe wie den, den Sie hier vorgelegt haben. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Möller. Gibt es weitere Wortmeldungen? Frau Abgeordnete Marx.

Ja, das ist so ein bisschen das Hase-und-Igel-Spiel. Sie versuchen jetzt hier wieder die Schuldumkehr. Es ist doch die Frage, wer hier sozusagen mit dem Erpressen angefangen hat.

(Unruhe AfD)

Dass wir unser Parlament hier irgendwie demokratiefest machen müssen, das wundert Sie, das finden Sie nicht lustig, aber das hält uns nicht davon ab.

Zunächst mal haben Sie jetzt wieder Vorwürfe gegen den Verfassungsschutz oder namentlich dessen Leiter wiederholt. Das machen Sie immer gern hier im Parlament und lassen das nicht von Gerichten überprüfen. Deswegen wollen wir jetzt auch einen Untersuchungsausschuss. Bestimmte Maßnahmen, die Sie immer als Benachteiligung der Opposition darzustellen versucht haben, haben Sie gar nicht rechtlicher Kontrolle unterzogen, und wenn Sie es getan haben, haben Sie oft genug verloren. Also weinen Sie hier nicht immer ihre Krokodilstränen.