Protocol of the Session on March 5, 2025

Ebene die Ansage und das Versprechen gegeben wird, ihr könnt, wenn ihr wollt, in diesem Land als Lehrer arbeiten, auch das ist neu, dass wir so verbindlich sehr frühzeitig sagen, ja, ihr könnt in diesem Land als Lehrer arbeiten. Und deswegen ändert sich auch in dieser Frage etwas.

Ich will ein weiteres Thema ansprechen. Sie haben in der Begründung für Ihre Aktuelle Stunde das Thema „Krieg und Frieden“ angesprochen. Ja, das BSW macht in dieser Frage auch den Unterschied in dieser Regierungskoalition. Wir haben im Bundesrat erst vor einigen Tagen eine Ukraine-Resolution besprochen. Wir haben andere Fragen, auch der Außenpolitik im Bundesrat behandelt. Natürlich macht es einen Unterschied, dass auch das BSW in dieser Koalition sein Wort macht. Das muss einem persönlich auch nicht immer gefallen. Aber es wird deutlich, dass gerade in diesen Fragen von Krieg und Frieden auch eine klare ostdeutsche Perspektive im Bundesrat eingebracht wird. Das hat auch etwas damit zu tun, dass das BSW Teil dieser Koalition ist.

(Beifall BSW)

Ich will auch noch mal die Frage der inneren Sicherheit ansprechen. Auch da liegt ein klarer Fokus auf der Frage des Bevölkerungsschutzes. Man kann darüber diskutieren, ob es ausreicht, dass man nur Abteilungen schafft. Aber allein das zeigt doch, dass wir einen guten Fokus haben, die innere Sicherheit künftig noch breiter im Sinne des Bevölkerungsschutzes zu verstehen und das auch in der Regierung klar zu verankern.

(Minister Gruhner)

Es geht um Veränderungen in der Sache, es geht aber auch um Veränderungen im Stil. Und ja: Viele Menschen waren es ziemlich überdrüssig, dass die Ampel in Berlin nur gestritten hat oder sehr viel gestritten hat. Das bestreiten auch jene nicht, die Teil dieser Ampel waren. Deswegen ist es als Schlussfolgerung dieser Bundestagswahl wichtig – und das nehmen wir auch für unsere Regierung hier in Anspruch –, dass man als Mannschaft geschlossen, gemeinsam arbeitet, dass man intern diskutiert, dass man dort auch Meinungsunterschiede intern austrägt, aber dass man nach außen geschlossen auftritt. Ich glaube, das ist dieser Regierung bisher ziemlich gut gelungen. Es wird nicht ausbleiben, dass wir auch mal öffentlich streiten, aber dass wir in einer Zeit, in der es wahrlich große Probleme gibt, die uns einerseits hinterlassen wurden, aber die vor allem auch mit großer Wucht auf diese Regierung zukommen, dass es da gelingt, Unterschiede, Meinungsverschiedenheiten intern auszutragen und in kurzer Zeit gemeinsam gute Lösungen auf den Weg zu bringen. Auch das ist eine Veränderung im Stil, vor allem mit Blick auf Berlin.

Deswegen will ich auch sagen: Sie werden als größte Oppositionsfraktion diese Regierung auch nicht auseinandertreiben. Sie werden sie nicht nach links treiben, nicht nach rechts treiben, sondern für diese Koalition ist klar: Thüringen wird aus der Mitte regiert. Wir sind eine Regierung, die im Mannschaftsspiel arbeitet. Auch das, finde ich, ist eine ganz hervorragende Änderung, und auch das macht deutlich, dass wir natürlich das wahrnehmen, was Menschen auf den Keks geht, nämlich wenn Regierung mehr streitet als gemeinsam arbeitet. Und das machen wir jetzt deutlich.

(Beifall CDU, BSW, SPD)

Ich will noch mal eine letzte und dritte Schlussfolgerung unterstreichen, die für uns als Regierung wichtig ist. Ja, wir müssen natürlich Vertrauen zurückgewinnen – und ich glaube, das gilt für alle, die politisch Verantwortung tragen. Es steht völlig außer Frage, dass viele Menschen ziemlich unzufrieden sind. Das hat im Übrigen auch damit was zu tun, dass sich in sehr kurzer Zeit gerade ziemlich viel um uns herum verändert. Kollegin Marx hat gerade eine Rede gestern im US-Kongress angesprochen. Wir erleben doch gerade in diesen Tagen, dass Gewissheiten ziemlich ins Schwanken kommen. Deswegen ist das natürlich auch ein Grund, warum viele Menschen in Sorge sind, aber auch unzufrieden sind. Deswegen will ich eins sagen: Es geht doch am Ende darum, dass wir mit Ernsthaftigkeit Politik betreiben, dass wir uns hier nicht einfach hinstellen und bejubeln, wie Wahlergebnisse sind, sondern dass wir miteinander in der Sache Schlussfolgerungen ziehen und dann auch ernsthaft überlegen, was am Ende Lösungen sein können. Es reicht nicht, sich die Welt einfach irgendwie so zu wünschen, wie man sie gern hätte, sondern am Ende ist Politik die Kunst des Machbaren. Und das will ich auch noch mal deutlich machen: Thüringen hat schon ein bisschen mehr verdient als nur Schlechtreden. Deswegen gehen wir unsere Themen jetzt auch wirklich mit Zuversicht an. Am Ende – und das will ich noch mal zum Schluss sagen – braucht es doch immer Politik, die sich ihrer Verantwortung auch wirklich stellt, die sich auch nicht vor unangenehmen Entscheidungen drückt.

Weil wir Bernhard Vogel heute hier gedacht haben, will ich noch mal zitieren, was er gesagt hat. Er hat mal gesagt: Diese Verantwortung ist kein Anspruch, sondern diese Verantwortung wird ein Dienst sein. Ich glaube, diesen Dienst muss man sich immer wieder in Erinnerung rufen. Und das ist genau das, was diese Regierung tut. Vielen Dank.

(Beifall CDU, BSW, SPD)

(Minister Gruhner)

Vielen Dank, Herr Minister Gruhner. Minister Gruhner hat die Redezeit von 10 Minuten überschritten. Damit bekommen alle Fraktionen noch mal eine zusätzliche Redezeit von 2 Minuten. Gibt es noch Wortmeldungen? Herr Abgeordneter Höcke.

Vielen Dank, Herr Präsident. Herr Minister Gruhner, Sie haben eine Regierungserklärung gehalten. Wir sind im Rahmen einer Aktuellen Stunde unterwegs, wo es gewöhnlich keine Debatten gibt, das müssten Sie auch als gewesener Landtagsabgeordneter eigentlich einordnen können. Aber es gibt zwei Dinge, auf die ich noch mal explizit eingehen will; erstens Ihren Schlussteil, wo Sie das große Miteinander beschworen haben.

Ich habe in meiner Rede darauf hingewiesen, dass wir in dieser Plenarsitzung noch einen umfangreichen Änderungsantrag für die Geschäftsordnung beschließen werden, wenn denn die demokratischen Fraktionen als Block zusammenstehen, mit dem massiv die Minderheitenrechte der größten Oppositionsfraktion im Thüringer Landtag eingeschränkt werden. Die Zielsetzung ist klar: Es soll verhindert werden, dass man mit der größten Fraktion, mit der mit Abstand größten Fraktion im Thüringer Landtag überhaupt mal redet, bevor irgendwelche Initiativen gestartet werden. Das ist das Gegenteil von demokratischer Kultur, die Sie hier gerade schaufensterartig beschrieben haben, das ist demokratische Unkultur.

(Beifall AfD)

Zum Stichwort „Meinungsfreiheit“, sehr geehrter Minister Gruhner: Zwei Drittel der Deutschen – ich weiß nicht, in welcher Blase Sie leben – trauen sich öffentlich nicht mehr, ihre politische Meinung zu sagen. Nach 1990 war der Wert genau umgedreht, da trauten sich 75 Prozent der Deutschen, öffentlich ihre Meinung zu sagen. Woher kommt denn das negative Meinungsklima? Das resultiert aus einer schlechten Entwicklung beginnend 2017 mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Jetzt haben wir den Digital Services Act auf europäischer Ebene. Wir haben Kontokündigungen von Dissidenten, Kontokündigungen von Kreisverbänden. Meinem Kreisverband ist vor Kurzem das Konto gekündigt worden aus politischen Gründen. Wir haben mittlerweile deutsche Staatsanwälte, die sich darüber lustig machen, dass sie Hausdurchsuchungen anordnen bei Menschen, die sich mal etwas robuster gegenüber Politikern ausgedrückt haben – die bekommen eine Hausdurchsuchung. Wir haben ein Klima der Einschüchterung in Deutschland,

(Beifall AfD)

das auch auf Ihr Konto und auch auf das Konto der CDU geht. Also, mit Verlaub, da muss ich ganz viel Wasser in den Wein gießen. Wir können gern im Nachgang noch mal darüber reden.

Kommen Sie bitte zum Ende.

Aber hier muss ich doch deutlich sagen: Hier haben Sie am Thema vorbeigeredet und haben schöngefärbt. Dazu sind wir ja da als AfD: Tacheles zu reden und die Realität in das Hohe Haus zu holen. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Gibt es weitere Wortmeldungen? Das, sehe ich, ist nicht der Fall. Dann schließe ich den ersten Teil der Aktuellen Stunde und rufe den zweiten Teil der Aktuellen Stunde auf

b) auf Antrag der Fraktion Die Linke zu dem Thema: „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit in Thüringen – Equal Pay Day als Mahnung und Auftrag“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 8/561 -

Ich eröffne die Aussprache und erteile der Abgeordneten Lena Saniye Güngör für die Fraktion Die Linke das Wort.

Danke, sehr geehrter Herr Präsident. Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer am Livestream und hier im Raum – tief durchatmen –, jetzt geht es wirklich um Inhalte. Sowas machen wir hier nämlich auch. Und zwar fällt der diesjährige Equal Pay Day ja in die Woche unserer Plenarzeit. Der Equal Pay Day 2025 führt uns vor Augen, dass Frauen immer noch bis in den März hinein ohne Entlohnung arbeiten würden, um auf das Jahresgehalt von Männern zu kommen. Das bedeutet, dass Frauen in Thüringen im Schnitt immer noch weniger verdienen als Männer, und zwar auch bei vergleichbarer Qualifikation und bei gleicher Tätigkeit. Das ist immer noch ein Lohnrückstand von 6 Prozent. Da kann man jetzt sagen, dass es im Bundesdurchschnitt vielleicht doch gar nicht so schlecht aussieht, aber da bitte ich alle, sich die Zahlen wirklich genau anzugucken, weil wir wissen, dass dieser geringere Lohnunterschied eben auch was mit dem geringeren Lohnniveau insgesamt in Ostdeutschland und eben auch in Thüringen

zu tun hat und sich allein daher die Differenz erklären lässt. Wir wissen, dass diese Unterschiede keine individuelle Wahl oder eine individuelle Leistungsbescheinigung sind, sondern eben auf strukturelle Unterschiede zurückzuführen sind. Sie sind damit das Ergebnis politischer und gesellschaftlicher Strukturen und das hat nicht nur damit zu tun, dass Frauen weiterhin häufig in schlechter bezahlten Berufen sind, weiterhin häufiger in Teilzeit arbeiten, sobald Kinder da sind, sondern dass sie auch immer noch den Großteil der unbezahlten Sorgearbeit, der sogenannten Care-Arbeit übernehmen. Und wir haben in den letzten Tagen auch den, ich glaube, immer noch weniger sichtbaren Equal Care Day gehabt und es macht natürlich Sinn, dass auch der Equal Care Day so wenig sichtbar ist, weil wir ja auch insgesamt die Sorgearbeit in unserer Gesellschaft so wenig sichtbar haben. Wir hatten gestern bei uns in Jena eine sehr schöne Aktion zu diesen beiden Tagen und ich fand das ganz spannend. Da meinte eine Passantin zu mir: „Wissen Sie, es geht ja gar nicht darum, wer die Wäsche macht oder daran denkt, was für den Einkauf besorgt werden muss. Es geht vor allem auch darum, wer weiß, wann die Eltern und die Schwiegereltern zum nächsten Arzttermin müssen, und wer sie dahinfährt oder wer die aktuellen Angaben in der Kita mal wieder überprüft hat und sich da in der Kommunikation mit der Erzieherin befindet. – Also, es sind all diese vielen kleinen Tätigkeiten, die eben immer mal fünf Minuten kosten und insgesamt weiter in großer Hand der Frauen liegen. Und ich sage dabei ganz klar: Ich glaube, wir dürfen uns als Gesellschaft nicht daran gewöhnen, dass, selbst wenn Frauen die gleiche Anzahl von Erwerbsstunden pro Woche leisten wie ihre Männer, sie immer noch einen so

viel höheren Anteil der Sorgearbeit zu leisten haben. All das führt dann eben nicht dazu, dass Frauen und Männer auf dem Arbeitsmarkt die gleichen Chancen und die gleichen Möglichkeiten haben.

Wir haben bereits auch schon zum letzten Plenum, da wurde es aus Zeitgründen nicht aufgerufen, als Linksfraktion hier einen Antrag zum Thema „Geschlechtergerechtigkeit am Arbeitsmarkt“ auf den Tisch gelegt, der konkrete Vorschläge beinhaltet; ich will nur einige davon nennen. Es geht darum, endlich Schluss zu machen mit dem Ehegattensplitting, das ist ein veraltetes System der individuellen Besteuerung, weil wir wissen, dass Frauen darüber langfristig in Abhängigkeiten geraten. Wir wissen zweitens, dass es endlich eine Aufwertung von den sogenannten Sorgearbeiten, also von den Berufsgruppen in der Pflege, in der Bildung, in den Dienstleistungen braucht. Wir müssen hier für eine stärkere Tarifbindung sorgen und drittens müssen wir dafür sorgen, dass es endlich ein Recht auf Vollzeit und auf planbare Arbeitszeiten gibt, also eine garantierte Rückkehr von Teilzeit in Vollzeit, nachdem man ein Kind bekommen hat. All das sind Punkte. Im besten Fall würden wir die natürlich auch für Männer diskutieren, aber da so wenig Männer nach der Geburt ihres Kindes in Teilzeit gehen, geschweige denn überhaupt Elternmonate machen, die über den Sommerurlaub hinausgehen, reden wir an der Stelle eben doch immer wieder nur von Frauen, die in diese strukturellen Fallen tappen.

Wir wissen auch, dass wir eine bessere Transparenz, eine bessere Kontrolle brauchen und dass die EUEntgelttransparenzrichtlinie endlich in deutsches Recht überführt werden muss, denn Unternehmen sollten offenlegen, was Frauen und Männer bei ihnen verdienen, damit gleicher Lohn für gleiche Arbeit notfalls eben auch gerichtlich verfügbar ist, und das – das ist wichtig in einem Bundesland wie Thüringen – eben auch unabhängig von der Größe des Betriebs. Hier sagen wir als Linke, Thüringen kann vorangehen, denn Thüringen sollte ein Land der Lohngerechtigkeit werden. Wir haben es in den letzten zehn Jahren geschafft, dass der Niedriglohnsektor immer weiter abgebaut worden ist, aber er ist natürlich noch nicht vollständig zurückgedrängt, und wir wissen, dass in prekären Beschäftigungen auf dem Thüringer Arbeitsmarkt überdurchschnittlich Frauen zu finden sind. Deswegen, als Linke stehen wir ganz klar an der Seite derjenigen, die egal ob beim Equal Pay Day, beim Equal Care Day oder jetzt am Samstag beim feministischen Kampftag auf der Straße sind, wir stehen auch an der Seite derjenigen, die diese Kämpfe hier im Parlament weiterführen.

Abschließend möchte ich sagen für all diejenigen, die glauben, dass Geschlechtergerechtigkeit irgendein Gedöns ist, das man noch macht, und nice to have ist, wenn man die Gelegenheit hat: Nein, Geschlechtergerechtigkeit ist ein unverzichtbarer Bestandteil einer gerechten Gesellschaft. Vielen Dank.

(Beifall Die Linke)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Güngör. Als Nächstes rufe ich für die Fraktion der CDU Frau Abgeordnete Croll auf.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Zuschauer, als Erstes möchte ich natürlich deutlich sagen, dass die CDU-Fraktion vollumfänglich hinter der Botschaft des Equal Pay Day steht.

(Beifall CDU)

(Abg. Güngör)

Es ist wichtig, dies auch zu thematisieren und ein deutliches Zeichen gegen die Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern zu setzen. Es ist unakzeptabel, dass Frauen bei gleicher Qualifikation, Berufserfahrung, Arbeitszeit und Position schlechter bezahlt werden als Männer. Ich glaube, für uns alle sollte gelten: gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Als langjährige Unternehmerin stehe ich auch hinter dieser Forderung. Je früher dieser Tag im Jahr stattfindet, umso geringer ist die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern. An diesem Tag – Sie hatten es gesagt –, am 7. März, begehen wir ihn und wir sehen auch, dass sich was getan hat, denn vor fünf Jahren lag dieser Tag noch am 17. März. Wir sehen damit auch, dass die Lohnlücke ein Stück weit kleiner geworden ist. Der sogenannte Gender-Pay-Gap lag 2023 bei 18 Prozent und ist 2024 auf 16 Prozent gesunken. Laut dem Statistischen Bundesamt ist das der stärkste Rückgang seit Beginn der Berechnung im Jahr 2006.

Wenn wir uns mal anschauen – Sie hatten es auch gesagt –, in Ostdeutschland liegt die Lohnlücke nur bei 5 Prozent, in Westdeutschland hingegen bei 17 Prozent. Wenn wir aber Deutschland insgesamt in Europa betrachten, dann liegen wir weit hinten. Wir sprechen jetzt von dem unbereinigten Wert und wir als CDU sagen deutlich: Für uns ist der bereinigte Gender-Pay-Gap die aussagekräftigere Größe. Wir müssen da auch ein Stück weit differenzieren. Der unbereinigte Wert wird also an dem Bruttostundenlohn aller berufstätigen Männer und Frauen berechnet, während der bereinigte Gender-Pay-Gap auch strukturelle Faktoren mitberücksichtigt wie die Unterschiede bei den Berufen, Beschäftigungsumfang oder auch den Bildungsstand. So kann man also den größten Teil der Lohnlücke erklären, aber die bereinigte Lohnlücke liegt immer noch bei 6 Prozent, also 6 Prozent ist die Obergrenze der möglichen Verdienstdiskriminierung. Diese können wir nicht genau bestimmen, weil bestimmte lohnrelevante Einflussfaktoren nicht zur Verfügung stehen, zum Beispiel berufliche Auszeiten wegen Schwangerschaft, Kinderbetreuung oder Pflege eines Angehörigen. Genau an diesen strukturellen Unterschieden müssen wir arbeiten. Wir als Politik haben gemeinsam die Aufgabe, bestmögliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Was aus unserer Sicht auch noch gravierend ist, ist, dass bei dem unbereinigten Gender-Pay-Gap ganze Bereiche ausgelassen werden, wie zum Beispiel die öffentliche Verwaltung, Sozialversicherung oder alle Unternehmen unter zehn Beschäftigen werden gar nicht mit reingerechnet. Davon haben wir in Thüringen eine ganze Menge.

Wir sehen also auf der einen Seite der Medaille die Rahmenbedingungen der Politik und das Aufmerksammachen, was sehr wichtig ist. Auf der anderen Seite der Medaille ist auch die Gesellschaft in Verantwortung. Die Gesellschaft sollte auch ein Stück weit umdenken und veraltete Stigmata aufbrechen. Fakt ist – und das wurde auch schon angesprochen –, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht zulasten der Frauen. Es steht festgeschrieben, dass die Frauen 72 Milliarden Stunden in Deutschland im Schnitt im Jahr unbezahlte Care-Arbeit leisten. Da brauchen wir eine gerechtere Verteilung dieser Sorgearbeit.

In der Gesellschaft passiert schon viel. Auch die Unternehmen versuchen, am Arbeitsmarkt gute Lösungen zu finden. Die Statistiken zeigen, dass wir auf einem guten Weg sind. Wir sind als Politik gefordert, bestmögliche Rahmenbedingungen zu schaffen, um gerade Frauen mit Kindern gleiche Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu gewährleisten, zum Beispiel durch flexible Arbeitszeiten, aber auch Arbeitszeitmodelle für verschiedene Lebensphasen.

Wir halten also abschließend fest: Für uns ist der Kampf gegen den Gender-Pay-Gap von Frauen und Männern eine Gemeinschaftsaufgabe von Politik und Gesellschaft auf allen Ebenen. Wir können optimistisch in die Zukunft schauen und arbeiten an dem Thema weiter. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, BSW, SPD)

Vielen Dank, Frau Croll. Als Nächsten rufe ich für die Fraktion des BSW Herrn Abgeordneten Quasebarth auf.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Zuschauer am Livestream! Lassen Sie mich Ihnen kurz eine Geschichte erzählen, um zu erläutern, worum es uns heute geht.

Es ist die Geschichte von Anna. Anna ist eine hochqualifizierte Ingenieurin. Sie lebt, sie arbeitet in Jena, sie hat studiert, sie hat hart gearbeitet und sie hat sich in ihrer Branche einen Namen gemacht. Doch trotz gleicher Qualifikation, gleicher Verantwortung und gleicher Arbeitszeit verdient sie eben weniger als ihre männlichen Kollegen. Und das nicht nur, weil sie eine Frau ist, ihr Gehalt liegt auch unter dem, was ein Ingenieur mit gleicher Erfahrung in München oder Hamburg verdienen würde. Was bedeutet das nun für sie? Weniger finanzieller Spielraum, geringere Rentenansprüche und das Gefühl, für gleiche Arbeit eben nicht den gleichen Lohn zu erhalten. Anna steht stellvertretend für viele Frauen und für viele Beschäftigte im Osten Deutschlands. Frauen verdienen in Deutschland durchschnittlich weniger als Männer. Ein Umstand, der nicht allein durch individuelle Berufswahl oder Arbeitszeiten erklärt werden kann. Vielmehr sind strukturelle Faktoren maßgeblich. Frauen arbeiten häufiger in schlechter bezahlten Branchen, seltener in Führungspositionen, und selbst bei vergleichbarer Qualifikation und Tätigkeit bekommen sie niedrigere Löhne. Dies hat nicht nur kurzfristige Auswirkungen auf die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen, sondern es führt eben auch langfristig zu einer geschlechterbedingten Rentenlücke.

Parallel zur geschlechterspezifischen Lohnlücke zeigt sich auch eine fortbestehende wirtschaftliche Spaltung zwischen Ost- und Westdeutschland. Wir haben es schon gehört. Trotz der Erfolge des wirtschaftlichen Aufholprozesses verdienen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den neuen Bundesländern im Durchschnitt weniger als ihre westdeutschen Kolleginnen und Kollegen. Diese Disparität hat strukturelle Ursachen. Etwa eine geringere Tarifbindung oder das Fehlen von Konzernzentralen in ostdeutschen Regionen. Somit zeigt

sich: Wo Tarifverträge fehlen oder die Arbeiterschaft nicht ausreichend organisiert ist, da sind Lohnunterschiede besonders ausgeprägt. Sei es zwischen Frauen und Männern oder eben auch zwischen Ost und West. Wir müssen also begreifen, dass gerechtere Löhne keine Selbstverständlichkeit sind. Sie entstehen nicht zufällig. Sie werden erkämpft. Ein zentraler Hebel dafür ist die Tarifbindung. Untersuchungen belegen, dass Unternehmen mit Tarifverträgen eine geringere Lohnlücke zwischen Frauen und Männern aufweisen als tariflose Betriebe. Gleiches gilt für die Ost-West-Lohnschere. Je höher die Tarifbindung in einer Region, desto geringer das Lohngefälle.

(Beifall BSW)

Wer die Lohnlücke schließen will, muss also auch die Tarifbindung stärken, und das bedeutet, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen sich zusammenschließen, sich organisieren und ihre Interessen gemeinsam vertreten.

Das Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen setzt an einem wichtigen Punkt an. Es verpflichtet Unternehmen ab einer bestimmten Größe, Berichtspflichten zur Entgeltgleichheit zu erfüllen. Doch genau diese Berichtspflichten sind eben auch ein Problem. Die Regelungen greifen längst nicht für alle Arbeitgeber. Kleinere und mittlere Unternehmen, in denen ein erheblicher Teil der Beschäftigten tätig ist, unterliegen häufig keiner Berichtspflicht. Daraus ergibt sich eine klare Konsequenz: Nicht jedes

Unternehmen kann oder muss Transparenz garantieren, aber die Beschäftigten selbst können es, indem sie sich organisieren und für gerechtere Löhne eintreten.