Gleichzeitig stiegen auch die kommunalen Steuereinnahmen, sodass die Kommunen in dem Jahr 2022 gegenüber 2014 über 1,7 Milliarden Euro mehr zur Verfügung haben. Denselben Maßstab an die Kommunen angelegt, wie Sie ihn ans Land anlegen, dass nominell die Haushalte sinken müssen, den möchte ich im Land nicht vertreten. Das müssten Sie mit Ihren Bürgermeistern mal ausdiskutieren. Aber ich möchte so eine Position nicht tragen. Ich weise Ihre Falschdarstellung ganz entschieden zurück.
Nun gehört das so ein bisschen zu der Erzählung der Opposition, dass die Kommunen zu wenig haben. Ich weiß das, ich war ja auch mal Oppositionspolitiker. Unsere kommunalpolitischen Sprecher haben mitunter Ähnliches erzählt.
Wenn wir über Reformen reden – und Sie haben darüber gesprochen –, werden wir über mehr reden müssen als nur über die Höhe des Kommunalen Finanzausgleichs. Ich sage dazu noch einige Punkte. Ich will hier mit einer Legende aufräumen, Herr Voigt, dass Sie die Vertreter der kleinen Gemeinden sind und wir diejenigen, die den Kommunen das Geld nehmen.
Wir als Rot-Rot-Grün haben Ihnen, Herr Voigt, in den Haushaltsverhandlungen einen Vorschlag auf den Tisch gelegt, wie wir die kommunalen Finanzen stärken. Den haben Sie abgelehnt. Wir haben uns dann auf Ihren Vorschlag geeinigt. Und jetzt sage ich Ihnen, was das bedeutet, beispielsweise für den Landkreis Greiz: Mit diesem Landkreis sind aus
diesem Haus ja viele politisch sehr verbunden. Ihr Vorschlag, der sich jetzt hier im Haushalt wiederfindet, bedeutet gegenüber dem Vorschlag von RotRot-Grün, dass die Gemeinden im Landkreis Greiz – ein Landkreis der besonders stark vom Demografiefaktor betroffen ist, der besonders vom ländlichen Raum geprägt ist, der besonderen Nachholbedarf hat, wo viele kleine Gemeinden vorhanden sind –, 340.000 Euro weniger zu haben.
Im Landkreis Gotha sind es 500.000 Euro für die Gemeinden des Landkreises Gotha, im Wartburgkreis sind es 545.000 Euro, die die Gemeinden weniger haben, im Ilm-Kreis haben die Rathäuser 418.000 Euro weniger zur Verfügung, weil Sie auf Ihrem Vorschlag bestanden haben.
Nun kann man ja streiten, ob das fachlich begründet ist. Aber was ich nicht akzeptieren kann, ist die Situation, dass die Gemeinden in diesem Land nach einem Vorschlag von Rot-Rot-Grün besser ausgestattet worden wären als mit Ihrem Vorschlag,
und Sie sich jetzt hier hinstellen und uns vorwerfen, dass wir die Gemeinden ausbluten lassen und Sie würden die Gemeinden vertreten, Herr Voigt. Das funktioniert nicht.
Was Sie aber machen, das Geld ist ja trotzdem auf der kommunalen Ebene, da haben Sie ja recht. Das Geld verbleibt auf der kommunalen Ebene. Sie geben es den Landkreisen. Die Landkreise sind aber im Vergleich zu den Gemeinden ein nicht wirklich gleichwertiger Träger der kommunalen Selbstverwaltung. 80 bis 25 Prozent der Aufgaben der Landkreise sind Aufgaben des Staates, Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises. Was Sie eben in den Beratungen bei der Verlagerung der Zahlung der 130 Millionen Euro zuungunsten der Gemeinden zugunsten der Landkreise vernachlässigt haben, ist,
dass die Landkreise allein aufgrund der Steuerkraftentwicklung der Gemeinden im Jahr 2022 in Höhe von 27 Millionen Euro zusätzlich von der Kreisumlage profitieren werden, was dazu führte, dass Landkreise die Kreisumlage bereits gesenkt haben. Ich finde, wenn wir über den Kommunalen Finanzausgleich reden, dann gehört dazu, die kommunale Fi
nanzsituation zu analysieren, ehrlich zu benennen, einen Kassensturz zu machen, auch darüber zu reden, warum wir einen Investitionsstau auf kommunaler Ebene haben, warum wir über Jahre hinweg
einen Überschuss auf der kommunalen Ebene in einem dreistelligen Millionenbereich haben und wir trotzdem jedes Mal diskutieren, einen dreistelligen Millionenbetrag obendrauf zu geben, worüber dann der Landesrechnungshof am Ende des Jahres sagt, wir haben die Fehlausfälle in Coronazeiten überkompensiert und die Kommunen haben auch in diesem Jahr Überschüsse erwirtschaftet. Das heißt, wenn wir über den Kommunalen Finanzausgleich reden, bin ich sehr dafür, das alte Spiel „Mehr ist mehr“ zu durchbrechen und wirklich über die Qualität des Kommunalen Finanzausgleichs zu reden.
Dazu gehört der Kassensturz, dazu gehört auch das Verhältnis der Finanzierung zu den Aufgaben, das heißt auch eine stärkere Abbildung der StadtUmland-Beziehung. Sie können sich natürlich hier hinstellen, Herr Voigt, und sagen, in den 535 Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnern leben mehr Menschen als in den vier großen Städten Thüringens. Da mögen Sie nominell recht haben. Da will ich Ihnen ja gar nicht widersprechen. Aber Sie verkennen doch, dass diese Menschen zwar in diesen Gemeinden wohnen, dass sie dort leben, aber Kultur, soziale Einrichtungen, wirtschaftliche Einrichtungen in den Städten wahrnehmen, dass diese Zentren auch für die kleinen Gemeinden eine Funktion erfüllen. Das Leben findet nicht allein in einer Gemeinde statt. Das Leben findet zwischen Gemeinden statt, das Leben findet in Thüringen statt. Städte, Zentren und Gemeinden interagieren und geben ein gesamtes Bild, nämlich der räumlichen Entwicklung in Thüringen. Das müssen wir in den Blick nehmen. Die Aufgabenverteilung, die wir nicht gleichmäßig gestalten können, die wir entsprechend der Leistungsfähigkeit, der Sinnhaftigkeit abbilden können, muss sich im Kommunalen Finanzausgleich wiederfinden. Wir müssen auch darüber reden, welchen Investitionsstau wir tatsächlich haben und ob die Investitionen, die dazu beitragen, auch wirklich noch notwendig sind. Dazu haben wir uns verabredet. Der Unterausschuss Kommunaler Finanzausgleich wird weiterreden. Wir müssen darüber reden, wie wir mit den Soziallasten umgehen. Wir können vielleicht alternativ mal Debatten über die Aufgabenwahrnehmung in anderen Strukturen führen, ohne dass wir gleich das hohe Lied der Gebietsreform singen müssen. Aber wir müssen auch
einmal über die Strukturen auf kommunaler Ebene reden. Wir müssen, Herr Innenminister, über einen flächenbezogenen Ansatz im Kommunalen Finanzausgleich, nicht unbedingt über die Einwohnerdichte, sondern wirklich über die Fläche reden, weil diese Thüringen sehr viel deutlicher als die Einwohnerdichte abbildet.
Wir müssen auch darüber reden, wie wir Kommunen wieder haushaltsrechtlich in die Verantwortung und in die Fähigkeit setzen, rentierliche Investitionen insbesondere im Klimabereich auf den Weg zu bringen. Ich will auch sagen, wir müssen über Strukturen und Aufgabenwahrnehmung zwischen den Landkreisen und zwischen den Gemeinden reden. Wir hatten über das Jahr dank des Wortbeitrags des Abgeordneten Bilay eine Diskussion über die Struktur der Gesundheitsämter und die Aufgabenwahrnehmung, die müssen wir jetzt richtig kanalisieren, weil die richtigen Fragen auf dem Tisch liegen.
Wir müssen natürlich auch ein Stück weit über die Effizienz der kommunalen Strukturen reden, über die Aufgabenwahrnehmung, all das gehört auch dazu, wenn wir wirklich über eine KFA-Reform reden. Lassen Sie uns da gemeinsam dieses „Mehr ist mehr“ durchbrechen, sondern wirklich auch mal kreativ, offen denken, manche Ideen entwickeln, manche Ideen auch wieder zur Seite legen und für eine gute Idee dann eben auch mal ein bisschen mehr Zeit investieren, um sie weiterzuentwickeln, um vielleicht dann am Ende eine gute Entscheidung daraus zu machen. Das ist unsere Aufgabe und das würde dann tatsächlich auch einen Politikwechsel beinhalten.
Meine Damen und Herren, der Thüringer Landtag, das Parlament, legt heute die Grundlage für die Handlungsfähigkeit Thüringens in vielen Bereichen – staatliche Verwaltung, kommunale Verwaltung. Die soziale Infrastruktur wird gesichert. Auch die Unternehmen profitieren von diesem Haushalt durch Investitionen, durch Auftragsvergaben, durch Zuschüsse und durch Subventionen.
Wir ermächtigen mit dem Haushalt die Regierung, Geld in der genannten Summe auszugeben. Wir adressieren – das hatte ich auch gesagt – bestimmte Zielvorstellungen und Zielwünsche des Parlaments an die Landesregierung und als Linke-Fraktion – aber da rede ich, denke ich, genauso für die Kollegen von SPD und Grünen – sind wir natür
lich auch froh, auf parlamentarischer Ebene noch Änderungen am Haushaltsentwurf erreicht zu haben. Ich will sie nur kurz aufzählen: im Bereich der örtlichen Jugendförderung, der Schulsozialarbeit, des Studierendenwerks, der Landesantidiskriminierungsstelle, auch die Stärkung der praxisintegrierten Ausbildung als einen wesentlichen Baustein bei einer frühkindlichen Bildung, die Stärkung der Bürgerradios oder der freien Theaterszene als wirkliche Stärkung auch dieses Teils von Kommunikation und Kultur, aber auch die Frage der Blaulichtkampagne und der Stärkung des Katastrophenschutzes und der Feuerwehr, die Stärkung der Integrationsarbeit und auch das Auf-den-Weg-Bringen der für die neuen Bundesländer einmaligen Technologieberatungsstelle für Arbeitnehmerinnen. Das sind alles Verhandlungsergebnisse, auch des Parlaments, die sich sehen lassen können und deswegen können wir auch guten Gewissens heute empfehlen, diesem Haushalt zuzustimmen.
Der Haushaltsgesetzgeber – ich hatte es gesagt – überträgt der Landesregierung auch eine große Verantwortung, die Globale Minderausgabe wirklich verantwortungsvoll umzusetzen. Ich werbe dafür, dass wir hier zumindest als Koalitionsfraktionen auch so verstanden werden, die Verantwortung nicht vollständig aus der Hand geben, sondern die Umsetzung auch in einem engen kollegialen Dialog mitbegleiten zu wollen. Ergänzend zu dieser Bitte an die Landesregierung möchte ich natürlich auch allen Beteiligten – es wurde hier in den Haushaltsberatungen schon mehrfach gesagt – meinen Dank aussprechen. Natürlich freue ich mich jetzt auf die dann sehr sachliche Diskussion zu den Einzelplänen, danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. Ich wünsche und hoffe auf eine große Mehrheit für den Haushalt, den wir heute auf den Weg bringen können. Vielen Dank.
Das Wort erhält für die Fraktion der AfD Herr Fraktionsvorsitzender Abgeordneter Höcke. Bitte, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Damen und Herren im Hohen Hause und vor den Endgeräten, auch von meiner Seite einen wunderschönen guten Morgen! Jetzt haben wir schon zwei Reden gehört, politische Spiegelfechtereien von zwei verlässlichen Partnern, wie sie sich selbst bezeichnen. RRGC ist zusammengewachsen, auch in diesen Haushaltsverhandlungen noch
ein Stück weiter, und man fragt sich, wann denn endlich die Zeit gekommen ist, dass die CDU sich ehrlich macht und dann auch eine formal korrekte Koalition mit den Linken, mit der umbenannten SED hier in Thüringen eingeht.
Deswegen, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, wird es jetzt die erste wirkliche Oppositionsrede geben, die erste Rede, die auch harte Kritik üben muss an dem, was bisher schon gesagt worden ist. Ich habe meine Rede in vier Bereiche aufgeteilt. Ich möchte eingangs zunächst einen Rückblick auf die Haushaltsverhandlungen tätigen. Wir haben ja einen durchgestolperten Haushalt hinter uns, einen Haushalt, der vielen Mitarbeitern die Schweißperlen auf die Stirn getrieben hat, die ununterbrochen im Einsatz waren, einen Haushalt, der leider so organisiert war von den Verhandlungen durch die Landesregierung, dass er viele Stressmomente produziert hat. An der Stelle auch von mir und im Namen der ganzen AfD-Fraktion ein herzliches Dankeschön vor allen Dingen auch an die Mitarbeiter der Landtagsverwaltung.
Ich will mich in einem zweiten Teil an die CDU richten und im dritten Teil auf den Regierungshaushalt zu sprechen kommen. Ich will deutlich machen, warum dieser Haushalt allein von der Systematik eine Minderleistung ist. Im Schlussteil möchte ich noch mal auf die Position und den politischen Willen der AfD zu sprechen kommen und deutlich machen, dass wir unseren Wählerauftrag in die jetzt ablaufenden Haushaltsverhandlungen eingespeist und umgesetzt haben, und unsere Zielvorstellungen für Thüringen und seine Zukunft zusammenfassen.
Bevor ich auf die Sicht bezüglich der Haushaltsverhandlungen zu sprechen komme, möchte ich jetzt einfach noch zwei, drei Sätze zu Ihnen sagen, Herr Voigt, bevor ich dann auch noch die CDU im Allgemeinen und ihre Inhalte aufs Korn nehme. Es sind genau diese Reden, Herr Kollege Voigt, die Reden, wie Sie sie heute auch wieder gehalten haben, eine Phrase nach der anderen, die die Menschen draußen im Land von der Politik entfremden. Es sind genau diese Reden, die in einem deutschen Landtag, in einem deutschen Parlament eigentlich nicht mehr gehalten werden sollten und nicht mehr gehalten werden dürften.
Ich prophezeie Ihnen den politischen Leistenbruch, das möchte ich an dieser Stelle schon mal betonen.
Sie können wirklich alles, Sie können Opposition und Regierung gleichzeitig, Ihre Geschmeidigkeit ist wirklich legendär, anders kann man das nicht einordnen. Ich kann nur hoffen, dass irgendwann in der deutschen Politik, in der thüringischen Politik