Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Zuschauer am Livestream! Wahnsinn, was man aus diesen Anträgen hier für eine Rede machen kann. Keine Ahnung, wo er das hergeholt hat. Herr Abgeordneter Montag, Respekt, wie man aus so wenig so viel machen kann!
Über Ihre medizinischen Kompetenzen als Vollversorger lasse ich mich nicht aus, das ist nicht mein Kerngebiet. Dass Sie allerdings auf digitalpolitischer Ebene doch eher als Discounter bzw. Restpostenmarkt daherkommen, das werde ich Ihnen in den nächsten Minuten noch mal kurz erläutern.
In den vier Anträgen, die wir hier vorliegen haben und die wir glücklicherweise alle in einem Tagesordnungspunkt abarbeiten dürfen, stehen so markige Schlagworte wie „E-Health“, „MedTech-Cluster“ oder „Digital Divide“. Die Ideen dahinter sollen sehr viel Großes versprechen, sind aber beim Lesen der Anträge doch wenig innovativ und einfach nicht zu Ende gedacht. Die FDP-Fraktion setzt damit eine Reihe von Anträgen im Plenum zum Thema „Digitalisierung“ fort, deren Ausführungen bereits von der Landesregierung in der Umsetzung sind.
Da ich jetzt hier wirklich darauf verzichte, am Freitagnachmittag lange Reden zu schwingen, möchte ich nur auf ein paar Aspekte eingehen, und zwar hier in dem Falle ganz konkret auf Ihre zwei Anträge in den Drucksachen 7/1716 und 7/1713 aus 2020. In Drucksache 7/1716 wird von einem Aktionsplan Gesundheitskompetenz 4.0 geredet, indem die digitale Gesundheitskompetenz der Patientinnen und Patienten, besonders der von älteren Menschen gefördert werden soll. Ich gebe Ihnen ja insoweit tatsächlich auch recht, dass dies, was Sie da vorhaben, ohne Medienkompetenz und ohne entsprechende Kompetenz an Endgeräten einfach nicht funktionieren kann.
Problematisch finde ich allerdings bei der Geschichte, liebe FDP-Fraktion, dass Sie immer davon ausgehen, dass alle über smarte Endgeräte verfügen und dass jeder auch damit umgehen möchte und dass alle ein Smartphone besitzen und dieses alle benutzen können, dass das alles so selbstverständlich ist. Sie versuchen das immer so zu verkaufen, als wäre die Gesellschaft schon so weit, dass es alles ohne Probleme ablaufen kann.
Sie haben mir im letzten Plenum Altersdiskriminierung vorgeworfen – ich habe es noch mal im Protokoll nachgelesen –, weil ich gesagt habe, dass es vor allen Dingen ältere Menschen sind, die Probleme bekommen werden, diese smarten Endgeräte so zu verwenden, dass sie auch tatsächlich sinnvoll genutzt sind. Ich persönlich sage Ihnen an dieser Stelle eines: Das ist aus meiner Sicht keine Diskriminierung, wenn ich das so deutlich sage, sondern das ist Anerkennung von Lebensrealitäten.
Außerdem gibt es auch jüngere Menschen, die sich bewusst gegen smarte Endgeräte wenden, die sich bewusst dazu entscheiden, auf das Smartphone zu verzichten. Und das Thema „Digitales Fasten“ ist eben nicht mehr nur noch um Ostern ein Thema, sondern mittlerweile auch durchaus in einer ganzen Generation bekannt. Und wie schon beim letzten Mal – der eine oder andere erinnert sich vielleicht – möchten Sie jetzt hier mit dem großen digitalen Holzhammer auf alles Analoge draufhauen und glauben, damit was Brauchbares für die Bürgerinnen und Bürger zu fabrizieren. Ich denke, es ist eher sinnvoll, mehrere Möglichkeiten offenzuhalten und die digitale Gesundheits- und Medienkompetenz nicht allein auf die Patientinnen abzuwälzen, sondern besonders Praxen, Krankenhäuser und Dienstleistungsunternehmen im Gesundheitsbereich in die Pflicht zu nehmen.
Thüringer Hochschulen mehr Zusammenarbeit, um Ihre Innovationscluster zu etablieren. Konkret fordern Sie eine übergreifende Partnerschaft der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität und des Instituts für Biomedizinische Technik und Informatik der Technischen Universität Ilmenau. Eine solche Zusammenarbeit ist immer zu begrüßen, aber auch hier wirkt Ihr Antrag einfach etwas aus der Zeit gefallen. Denn der Ausbau der Gesundheitswissenschaften mit Blick auf die Thüringer Gesundheitswirtschaft ist längst eines der Spezialisierungsfelder in den Leitlinien zur Hochschulentwicklungsplanung 2025, die bereits vor drei Jahren
dem Thüringer Landtag vorgelegt wurden. Dabei war die regionale Vernetzung im Bereich der Ingenieurswissenschaft ein Ergebnis der Evaluierung durch den Wirtschaftsrat aus dem Jahr 2017, indem der Ausbau der regionalen Vernetzung auch ein Themenfeld der Medizintechnik ist.
Lassen Sie mich noch ein paar Gedanken äußern: Ich hätte mir gewünscht, dass Sie nach der Beantwortung Ihrer Großen Anfrage vom 7. April Ihre Anträge, die wir jetzt hier behandeln, einfach noch mal überarbeitet hätten. Oder, Herr Montag, ich versuche es mal, in einer Sprache zu formulieren, die Sie offensichtlich lieber sprechen als deutsch: Ihre frühe Beta-Version der Anträge hätte dringend ein Update, wenn nicht sogar ein Upgrade gebraucht, um es mit viel Augenzudrücken überhaupt noch als early access releasen zu können.
Der Antwort der Landesregierung können Sie zum Beispiel entnehmen, dass es im Jahr 2020 bereits eine Arbeitsgruppe zum Entwurf einer „E-HealthStrategie Thüringen“ gegeben hat und dass diese darüber mit dem Kernelement einer stärker digitalen, datenbasierten Gesundheitsversorgung und der strategischen Ausrichtung der weiteren Digitalisierung des Thüringer Gesundheitswesens beraten hat. Diese Arbeit soll in diesem Jahr und auch in den nächsten Jahren fortgesetzt werden. Das nächste Ziel ist, in einem umfassenden Konsultationsprozess möglichst viele in Thüringen arbeitende Verbände, Organisationen und Institutionen einzubeziehen. Ihre Ideen, sei es in Anträgen oder Strategiepapieren einzelner Abgeordneter Ihrer Fraktion, zum Thema „Digitalisierung im Gesundheitswesen“ werden von dieser Landesregierung bereits umgesetzt. Wir werden daher diese Anträge ablehnen. Vielen Dank.
Lieber Herr Weltzien, vielen Dank für Ihren Redebeitrag. Ich habe hier und da mal schmunzeln müssen – auch rhetorisch wirklich gut, aber inhaltlich ein bisschen schräg.
Lieber Herr Weltzien, ganz kurz nur noch mal: Ich finde es super, dass Sie diese Arbeitsgruppe angesprochen haben, die interministerielle Arbeitsgruppe. Davon hat man auch mal in der Gesundheitslandschaft was gehört. Wissen Sie, wann die das letzte Mal getagt hat? Am 27. August 2019! Im Gegensatz zu Ihnen kenne ich das Papier, über das dort gesprochen worden ist.
Das hat es nämlich nie bis zur Reife geschafft, aus guten Gründen nicht. Das hätte es bei mir in der Qualität noch nicht mal aus dem Arbeitskreis herausgeschafft.
Also, sorry, wir können uns hier unterhalten, wenn es um Lösungen geht oder Sie machen hier so weiter mit Ihrem Schauspiel. Ganz ehrlich, das ist nicht das Niveau, auf dem ich normalerweise diskutiere.
Das wissen Sie vielleicht nicht. Es ist oft genug hier angesprochen worden und Sie tun so, als ob das überhaupt kein Problem sei – die Kollegin, die vielleicht auch dann noch länger ausfällt. So macht man leider keine dauerhafte, stringente Politik im Sinne der Patientinnen und Patienten.
Ich bin hier von der Opposition in diesem Parlament und ich werde es mir nicht nehmen lassen, Ihnen immer und immer und immer wieder den Spiegel vorzuhalten, wenn Sie draußen herumlaufen und erzählen, mit Papieren haben Sie das Problem gelöst.
Sie haben seit Jahren nichts angefasst. Wo ist denn die sektorenübergreifende Versorgung? Sie ist nicht vorhanden. Deswegen werden wir Ihnen hier, auch wenn es leidenschaftlich ist, immer wieder den Spiegel vorhalten. Deswegen, Herr Weltzien, Sie haben recht, Digitalisierung ist nicht die Lösung aller Probleme. Da sind wir uns doch sogar einig. Deswegen werbe ich dafür, dass man versucht, die unterschiedlichen Sichtweisen, die es geben kann – ich rede ja heute noch nicht mal über die Krankenhausstruktur. Da verstehe ich, dass wir gar nicht zusammenkommen können. Aber das man eine Frage, ein Problem erkennt, das der Lösung bedarf, und dass man als regierungstragende Abgeordnete merkt, dass die eigene Landesregierung dort vielleicht bisher zu wenig getan hat, das kann man wenigstens anerkennen. Damit wären Sie nicht allein, nicht nur mit uns und anderen Teilen der Opposition, sondern vor allen Dingen mit den Ärztinnen und Ärzten und den Patienten draußen in diesem Land. Vielen Dank.
Gibt es weitere Redemeldungen? Das sehe ich nicht. Dann hat jetzt die Landesregierung das Wort. Sie antwortet in zwei Ressorts, zunächst Frau Ministerin Werner.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, es wurde schon gesagt, die Fraktion der FDP fordert mit ihrem vorliegenden Antrag, ein Kompetenzzentrum zur Entwicklung innovativer Versorgungsformen im Ge
sundheitssystem zu gründen, um damit die Chancen der Digitalisierung zu nutzen. Das ist erst mal nicht falsch, wir sind uns einig, Digitalisierung des Gesundheitswesens ist ein Gebot der Vernunft. EHealth und Telemedizin können ihre Potenziale nur voll entfalten, wenn eine sektorenübergreifende medizinische Versorgung stattfinden kann. Die Forderung allerdings, in Thüringen ein Kompetenzzentrum zu gründen, ist aus meiner Sicht plakativ, denn der Antrag berücksichtigt nicht bereits vorhandene Strukturen und Initiativen der Landesregierung. Ebenso nicht berücksichtigt werden die Gesetzesvorhaben auf Bundesebene, die gerade in jüngster Zeit neue Perspektiven für die Entwicklung und Einführung innovativer sektorenübergreifender Versorgungsformen eröffnet haben. Aber die Anträge sind auch nicht schädlich, weil sie doch die Möglichkeit geben, noch mal aktuell zu informieren, welche Strukturen derzeit bestehen.
Auf Landesebene wurde mit der Einbeziehung von E-Health und Telemedizin in die Digitalstrategie Thüringen die Grundlage für breit aufgestellte Projekte gelegt. Als besonderes positives Beispiel möchte ich auf das Projekt „Digitalisierung der Notfallversorgung“ hinweisen, das mit 554.000 Euro durch mein Haus gefördert wird. Im Notfall müssen Informationen zwischen Leitstellen, Rettungsdienst oder Notarzt sowie ambulanten und stationären Bereichen ausgetauscht werden. In unserem Pilotprojekt „Elektronische Einsatzdatenerfassung und ‑übertragung für den Notfalldienst“ wird das unter Nutzung der Digitaltechnik erprobt. Die Federführung hat die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen. Die Rückmeldungen aus dem Projekt sind sehr positiv. Prozessoptimierungen haben im Bereich des Rettungswesens einen immensen Einfluss auf die Abläufe und damit auf die Gesundheit der zu behandelnden Patientinnen und Patienten. Die Zeit ist hier oft ein entscheidender Faktor. Das heißt, digitale telemedizinische Lösungen bergen ein großes Potenzial. In einem weiteren Schritt werden Kliniken an das System angebunden. Das hat bereits begonnen. Wir wollen die komplette Digitalisierung der Rettungskette erreichen, einschließlich des Zugriffs auf digitale Patientenakten – natürlich immer unter Einhaltung hoher Datenschutzstandards.