Protocol of the Session on May 7, 2021

Jetzt komme ich zu dem Teil, wo ich wirklich persönlich auch Bauchschmerzen kriege, und ich meine, dass es meine Vorredner schon so ein Stück angedeutet haben. Im Prinzip – und das muss ich sagen, das zieht sich quasi durch alle vier Anträge – sehen Sie meiner Meinung nach oft den Menschen eher als Profitobjekt.

(Zwischenruf Abg. Montag, FDP: Was?)

Ich denke, ich kann jetzt für die SPD und vielleicht auch für Rot-Rot-Grün sprechen, aus unserer Sicht ist Gesundheit keine Ware, es ist auch kein Wirtschaftsposten, sondern man muss eben auch Privatsphäre, man muss Individualität beachten. Man muss den menschlichen Kontakt betrachten. Es ist kein digitaler Goldesel. Ich weiß jetzt gar nicht, wer von meinen Vorrednern gerade den Datenschutz angesprochen hatte. Das sind so Dinge, das taucht, glaube ich, so gut wie gar nicht in Ihren Anträgen auf, wo es darum geht, wie kann man Innovation so verbinden, dass trotz allem das Individuum natürlich im Vordergrund steht.

Wohin uns rein wirtschaftliche Betrachtungen im Gesundheitswesen führen, das haben wir in der Vergangenheit auch an manchen Dingen schmerzlich erfahren. Ich bin mir sicher, das wollen Sie eigentlich nicht damit implizieren, denn wenn man zum Beispiel auf den Missbrauch der Fallpauschalen guckt oder wenn man sich anschaut, wie Konzerne, die natürlich profitorientiert arbeiten müssen, im Gesundheitssystem teilweise ihren Personalabbau betreiben oder das Outsourcen von Leistungen, sei es im Hygienebereich oder anderen, wenn wir dort in diesen Häusern mal auf Lunge und Niere testen würden, ich bin mir sicher, dass da in der Leistungsverbesserung auch noch viel Luft nach oben wäre.

Deswegen meine Frage an Sie: Warum brauchen wir eigentlich ein zusätzlich komplett neues Kompetenzzentrum? Sollten wir nicht einfach – und da beziehe ich mich wirklich noch mal auf mein vorangegangenes Beispiel aus Baden-Württemberg – unsere Kompetenzen nutzen, die wir haben, sollten wir die nicht ausbauen, sollten wir nicht hierauf den Fokus legen und auf bessere Vernetzung und auf eine gute Förderung unserer bereits bestehenden Projekte setzen?

Zusammenfassend kann ich vielleicht sagen, Ihr Antrag ist unter dem Strich für mich auf jeden Fall gut, ein gutes Thema. Er ist auch auf jeden Fall wichtig für jede Art unserer zukünftigen Planung. Ohne Digitalisierung geht da meiner Meinung nach auch wirklich nichts. Ich halte es nur für ein Büro

kratiemonster, jetzt eine komplett neue Behörde zu schaffen. Für meinen Geschmack ist er auch ein bisschen zu profitorientiert. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Als nächster Redner erhält Herr Abgeordneter Müller von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir beraten jetzt den dritten Antrag der FDP zum Thema der digitalen Gesundheitsfürsorge und ein vierter soll noch folgen. Wir hatten bereits im letzten Plenum im Bereich der Digitalisierung in der Verwaltung einen ähnlichen Weg, dass ein Konzeptpapier der FDP etwas aufgestückelt und in einzelnen Tranchen hier besprochen wurde, so jetzt auch im Gesundheitsbereich. Nun gut.

Beim Thema „Gesundheit“ hat Ihre Fraktion ein Konzeptpapier erstellt, was Sie jetzt stückchenweise hier in den Landtag einbringen; ein Konzept auf vier Anträge geteilt, vier Tagesordnungspunkte, vier Mal reden. Wir werden sehen, wie viel Innovation tatsächlich drinsteckt.

In diesem Antrag fordern Sie im Wesentlichen die Einführung eines neuen Studiengangs „Digital Health“, die Aufnahme von Medizininformatik in das Curriculum des Medizinstudiums und die Stärkung von Weiterbildung im Bereich E-Health. Das ist – gelinde gesagt – jetzt nicht so der ganz große Wurf. Digitalisierung ist bereits Schwerpunkt der aktuellen Ziel- und Leistungsvereinbarung zwischen dem Ministerium und dem UKJ. Dort wird bereits ebenfalls die Weiterentwicklung des Masterplans Medizinstudium 2020 besonders im Bereich der digitalen Medizin festgeschrieben. Hier sollen neben digitaler Lehre und Forschung weitere Praxisfelder etabliert werden. Die FSU arbeitet hier eng mit dem Michael-Stifel-Zentrum in Jena zusammen. Dieses hat sich zum Ziel gesetzt, die interdisziplinäre Forschung und Lehre auf dem Gebiet der datengetriebenen und simulationsbasierten Wissenschaften zu fördern. An dem Zentrum arbeiten Wissenschaftstreibende verschiedener Fachgebiete zusammen; ein Fokus bildet dabei der Fachbereich Medizin. Hier wurden bereits Curricula im Bereich medizinische Informatik bearbeitet und umgesetzt. Medizinische Informatik und Gesundheitstelematik sind sowohl im Pflichtcurriculum als auch im Wahlpflichtbereich der Studiengänge Medizin und Zahnmedizin

(Abg. Dr. Klisch)

berücksichtigt. Alle Studierenden dieser beiden Studiengänge absolvieren den Pflichtkurs Methodenlehre/Medizinische Informatik und im Wahlpflichtbereich werden die Angebote mit medizininformatischen Schwerpunkten ausgebaut. Dies bedeutet neue Kursmodule zur künstlichen Intelligenz in der Medizin, zu rechnergestützter Terminologie und Klassifikationssystemen, zu Algorithmen und Entscheidungsunterstützungen sowie zur Entscheidungsanalyse.

Die Weiterentwicklungen im Bereich der Medizin sind also schon deutlich in Gang gesetzt. Ich sehe nicht, was Ihr Antrag für eine Innovation herbeibringen soll. Im Gegenteil: Akteure im Wissenschaftsbereich haben gezeigt, dass sie die aktuellen Herausforderungen sehen und sich diesen Herausforderungen auch stellen. Dafür hätte es dieses Antrags nicht bedurft und vor allem auch keiner von oben verordneten Strategie.

Wir haben stattdessen mit dem Hochschulgesetz die Voraussetzungen für eine freie und starke Wissenschaft gegeben und diese Strukturen können sich nachhaltig entfalten. Die Notwendigkeit von neuen Studiengängen entwickelt sich in der Forschung und damit in den Hochschulen. Diese Strukturen wollen wir stärken. Ihren Antrag, liebe FDP, werden wir ablehnen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen Dank. Als nächster Redner erhält Abgeordneter Henkel von der CDU das Wort. Nein? Es waren hier zwei Redner gemeldet.

(Zwischenruf Abg. Zippel, CDU: Ich habe das alles schon mit gesagt!)

Dann ist Herr Montag von der FDP dran.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Lauerwald, vielleicht ganz kurz, Sie haben ja vorhin gesagt, überall, wo die FDP draufsteht, ist Digitalisierung drin. Das nehme ich jetzt erst mal grundsätzlich als Lob. Es stimmt aber nicht, denn wir sind gesundheitspolitisch ein Vollsortimenter. Ich darf nur erinnern an Anträge wie Medizinstudienplätze, unsere Initiative, die noch da ist, zur Krankenhausplanung, zur Frage der Niederlassungsförderung, das haben Sie ja auch überwiesen, oder eben zur Frage der Neugestaltung der Notfallversorgung. Insofern dürfen Sie das als weiteren Baustein verstehen, wie wir als Freie Demokraten uns gesundheitspolitisch positio

nieren und das Gesundheitssystem in Thüringen weiterentwickeln wollen.

Liebe Frau Dr. Klisch, wir sind natürlich mitnichten eine Partei, die Gesundheit als Markt betrachtet.

(Heiterkeit AfD)

Ich weiß, das verstehen viele nicht, vor allen Dingen die nicht, die bei den Linken noch nicht mal die eigene Position kennen. Aber ich helfe Ihnen da gern weiter. Ein Markt hat bestimmte Voraussetzungen und zunächst mal ist eine Marktteilnahme freiwillig. Das kann bei einem Anbieter sein, das hört aber mindestens beim Patienten auf. Zeigen Sie mir den Patienten, der freiwillig krank wird. Also es ist kein klassischer Markt. Richtig ist, wir wollen Wettbewerbselemente als Effizienzelemente im Bereich der Gesundheit haben. Deswegen sagen wir „Wettbewerb“, deswegen achten wir auf Trägervielfalt. Daraus zu machen, wir würden nicht vom Patienten her denken, ist falsch, weil wir zig Lösungen vorschlagen, die beides schaffen, zum einen die Perspektive derjenigen, die versorgen, in den Blick zu nehmen, als auch die Perspektive derjenigen, die versorgt werden müssen, in den Mittelpunkt der Politik und in den Mittelpunkt unserer Anträge und damit auch in den Mittelpunkt der Initiativen und der Debatte zu stellen.

(Beifall FDP)

Da hilft es vielleicht, noch mal zu schauen, was wir tatsächlich vorschlagen.

Ich möchte jetzt strukturiert durchgehen – Herr Müller hat eben gesagt, hier macht die FDP schon wieder vier Anträge. Das ist das Problem, weil wir die Dinge komplex darstellen, wenn sie komplex sind. Es gibt andere Fraktionen, die haben sich auch in Anträgen zur Gesundheit bzw. zur Digitalisierung im Gesundheitswesen geäußert. Da sind das zwei Zeilen. Das wird der Problematik, glaube ich, aus unserer Sicht nicht gerecht, weil – auch das hat Frau Dr. Klisch richtig angemerkt – es ein komplexes Feld ist und andere uns nicht nur überholt haben, sondern uns weit enteilt sind.

Aber ich fange an. Erster Antrag, „Zukunftsindustrien sichern, eHealth- und MedTech-Cluster im Freistaat Thüringen schaffen“: Was wollen wir damit? Forschung und Entwicklung sind zentrale Säulen, um die Qualität der Versorgung zu verbessern. Wir diskutieren viel darüber, wie wir beispielsweise Strukturwandel gestalten können. Und wie tue ich das? Nicht mit einem Stuhlkreis, wie es die Landesregierung beispielsweise bei der Automobilindustrie vorschlägt, sondern man schaut zuerst auf die Potenziale, die man selbst im Land hat, um die zu heben, Innovationen freizusetzen und dann auch um

(Abg. Müller)

zusetzen. Gerade digitale Lösungen helfen nicht in jedem Fall, die Welt zu verbessern. Sie sind aber immer Anlass, beispielsweise für einen effizienteren Einsatz von Personal.

Es ist die Frage der Behandlungsqualität. Dafür sind bestimmte Voraussetzungen nötig, um Innovationen zu entwickeln und sie letztlich in die Versorgung zu bringen. Deswegen wollen wir diesen EHealth- und MedTech-Standort Thüringen stärken. Dazu gehört eine hochschulübergreifende Partnerschaft der Medizinischen Fakultät der FSU Jena und des Instituts für Biomedizinische Technik und Informatik der TU Ilmenau, auch die Förderung der Zusammenarbeit der beiden Hochschulen, beispielsweise mit dem Technologie- und Innovationspark Jena und den Akteuren und Vertretern der Thüringer Gesundheitswirtschaft, die aus industriegetriebenen, industriellen Vorschlägen und technologiegetriebenen Innovationen patientenorientierte Lösungen entwickeln. Es braucht die Unterstützung, dass man digitale Gesundheit zusammendenkt und digitale Gesundheitslösungen zusammendenkt und sektorenübergreifend denkt.

Wir sind der Überzeugung, dass es hier einen Anstoß braucht, um diese Akteure zusammenzubringen. Andere Bundesländer sind da sehr viel weiter, auch wenn ich noch manche Strukturdefizite sehe. Ich komme nachher noch mal darauf zurück, weil Sie gesagt haben: Mensch, warum wollt Ihr für Digitalisierung so ein Kompetenzzentrum, das ist doch für ein Problem viel zu groß gedacht – ich komme gleich dazu –, das Gesundheitswesen in seinen Strukturen braucht deutlich mehr Innovationen, eben nicht nur bei der Frage der Digitalisierung.

Ich will vielleicht ein/zwei Sachen zum Beirat sagen – Kompetenz, auch von außen: Herr Müller, Sie haben gefragt, warum macht das die FDP eigentlich, vertraut sie denn nicht denjenigen, die ihr die Informationen für ihre Reden liefern? Herr Müller, Sie können sicher sein: Jede einzelne Initiative, die wir einbringen, die mag kontrovers sein, die können wir auch kontrovers diskutieren. Ich verlange gar nicht, dass man dem zustimmen muss. Aber Sie können sich sicher sein, dass sie mit all denjenigen abgestimmt ist, die dafür Verantwortung tragen und die am Ende davon profitieren wollen. Deswegen ist es schade, wenn man sich dann irgendetwas raussucht – ich komme gleich zu diesem besonderen Studiengang, den Sie hier eben angesprochen haben –, wie viel E-Health tatsächlich bisher in dieser Lösung steckt.

Aber was bedeutet „zurück zur Konzentration auf die Chancen von E-Health und MedTech“: Es ist ein Wachstumsmarkt. Wir haben mittlerweile 11.000 kleine Unternehmen mit weniger als 20 Mitarbeitern

und – typischer Mittelstand – rund 1.200 Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern und insgesamt einen Umsatz im Jahr 2019 von 33 Milliarden Euro. Das Thema ist heute schon mal im Bereich der Wasserstoffindustrie aufgekommen: Wenn wir die Innovationen nicht in Thüringen selbst tätigen, die sich von Thüringen aus in die Welt verbreiten, werden wir gar nicht die Chance haben, nicht nur auf individuelle Lösungen für unser Land zu setzen, sondern am Ende auch die Arbeitsplätze zu sichern, die nicht mit einem Zentrum gesichert werden – ich sage das noch mal und schaue den Kollegen Schubert an, weil der exemplarisch dafür steht –, indem man sich mit der Automobilindustrie auseinandersetzt und am grünen Tisch Lösungen entwickelt. Das ist der falsche Weg. Wir setzen auf die Potenziale, die wir haben!

(Beifall FDP)

Ich will noch mal zu dem Kompetenzzentrum kommen. Frau Dr. Klisch hat berechtigterweise gefragt, warum die FDP nur für digitale Lösungen ein Kompetenzzentrum schaffen will. Da darf ich mal etwas aus persönlicher Erfahrung sagen: Es geht explizit nicht nur um eine digitale Ausrichtung, sondern es geht darum, dass wir ein Kompetenzzentrum schaffen, in dem man Projekte umsetzt, und zwar Projekte, die das Gesundheitswesen dringend benötigt. Wie lange, Frau Dr. Klisch, diskutieren wir denn schon in der Politik beispielsweise über sektorenübergreifende Versorgung? Deswegen heißt unser Kompetenzzentrum auch Kompetenzzentrum zur Entwicklung innovativer Versorgungsformen. Das ist nicht nur digital, da geht es auch um Strukturreformen, die wir dringend anbringen müssen, beispielsweise, wenn wir über die Frage kleiner Krankenhausstandorte sprechen. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Sektorenübergreifende Versorgung“ ist nicht vorangekommen. Einzelne Bundesländer haben sich auf den Weg gemacht, ihre Strukturen neu aufzustellen und Projektmanagementkompetenzen in ihren Strukturen zu schaffen, beispielsweise Brandenburg, auch Sachsen. Viele Projekte scheitern leider, weil der Gesundheitsbereich einer ist, der nicht nur komplex ist, sondern wo auch bestimmte Anbieter oder Akteure eine bestimmte Macht oder Stärke haben, die man vielleicht in anderen Bereichen so nicht findet. Eine Krankenkasse mit zig Millionen Mitgliedern ist ein anderer Akteur, als man es vielleicht bei sich vor der Haustür findet. Deswegen brauchen wir Projektmanagementkompetenzen und belastbare Ergebnisse, gesicherte Erkenntnisse sowie die Translation von Wissen in die Realität, also die Übersetzung, das Rollout von erfolgreichen Projektvorschlägen; das sagt auch das Sachverständigengutachten. Deswegen unser

Vorschlag der Gründung eines Kompetenzzentrums.

Damit sind wir auch gar nicht allein. Ja, unser Antrag ist schon ein Jahr alt. Aber auch die Kolleginnen und Kollegen im Niedersächsischen Landtag haben – ich glaube, Anfang Mai – eine Enquetekommission zu Ende gebracht. Die Kommission hat einen Bericht vorgelegt, der Folgendes sagt: Sie identifiziert die festgefahrenen Strukturen bei der Frage der Erreichung der digitalen Gesundheitsziele. Es sind der geringe Einsatz von Ressourcen, das Fehlen von Projektmanagementkapazitäten und leider hin und wieder auch der fehlende Gestaltungswille der politischen Entscheider. Ich glaube, das ist – wenn es von uns als Landtag getrieben ist, unterstützt durch ein Ministerium, wenn man Digitalisierung als Chance zunächst nur und alleinig für die bessere Versorgung von Patientinnen und Patienten sieht – ein geringer Preis dafür, dass wir am Ende vielleicht nicht nur bei der Digitalisierung vorankommen, sondern insgesamt unser Gesundheitswesen ein Ort der Innovation wird.

(Beifall FDP)

Die Frage der medizinischen Aus- und Weiterbildung gehört aber auch dazu – das hat Herr Müller ein bisschen bestritten, das sei alles auf einem guten Weg. Das nicht in den Blick zu nehmen, wäre ein großer Fehler, denn das Gegenteil ist der Fall. Wir dürfen nicht – das haben wir in den letzten Jahren getan – immer nur auf die technologische Seite schauen: Welche Lösungen können denn Programmiererinnen und Programmierer oder Techniker entwickeln? Sondern es fehlt immer auch die Perspektive desjenigen, der die Lösung anwenden muss, sei es der Patient oder der Arzt. Heute stand ein großer Artikel in der Zeitung, es gibt die Untersuchung, dass die digitale Gesundheitskompetenz sogar abnimmt, auch in dem Bereich, in dem die Heilerbringer tätig sind. Es fehlt auf gut Deutsch die Kompetenz der Ärztinnen und Ärzte. Dem müssen wir entgegenwirken: zum einen beim Beginn der ärztlichen Karriere – das ist das Studium –, auf der anderen Seite auch bei der Frage der Weiterbildung. Wir wissen sehr genau, dass das zuvorderst Aufgabe der Selbstverwaltung ist, beispielsweise durch die Landesärztekammern. Aber auch da ist – glaube ich – ein Miteinanderreden immer besser als ein Übereinanderreden.

Wir haben hier verschiedene Vorschläge gemacht. Ich will vielleicht nur mal auf das eingehen, was auch Herr Müller gesagt hat, inwieweit denn die Frage von digitalen Gesundheitslösungen im Medizinbereich studierbar ist, sich also Wissen anzueignen. An der Universität Jena gibt es einen ganz wunderbaren Studiengang, einen Masterstudien

gang, der heißt „eHealth and Communication“. Der geht über drei Semester, kostet 12.900 Euro. Neben all den anderen Kommunikationssachen, die ja auch wichtig sind – was glauben Sie denn, wie hoch der Anteil dessen ist, wobei es um digitale Gesundheitslösungen und deren Anwendungen geht? In lediglich einem Semester ist das mit einer Semesterwochenstunde Studieninhalt. Das ist natürlich viel zu wenig, weil es sich auch gar nicht an Medizinerinnen und Mediziner richtet, sondern an diejenigen, die dann eher im medizinnahen Bereich arbeiten, also eher an Kommunikationsleute und nicht an die, die am Ende des Tages unsere Patienten versorgen sollen.

Genauso wichtig ist es aber, meine Damen und Herren, am Ende diejenigen nicht zu vergessen – was auch angesprochen worden ist –, denen am Ende tatsächlich die Lösungen zugutekommen sollen, das sind die Patientinnen und Patienten. Da haben wir beispielsweise Untersuchungen der AOK. Wir haben die Untersuchungen der Universität in Bielefeld, die über die letzten Jahre festgestellt hat, dass diese Gesundheitskompetenz sogar noch weiter abnimmt, als gestärkt wird. Bei Gesundheitskompetenz geht es nicht nur um den Satz „an apple a day keeps the doctor away“, sondern es ist die Frage: Wie gehe ich eigentlich mit Therapieempfehlungen um? Wie ordne ich eigentlich Gesundheitsmaßnahmen, Therapieempfehlungen ein? Wie kann ich die Compliance sicherstellen, damit ich am Ende tatsächlich gemeinsam mit dem behandelnden Arzt oder der behandelnden Ärztin zum Therapieerfolg komme? Das ist am Ende Gesundheitskompetenz und das ist eben mehr, als die Landesgesundheitskonferenz – Frau Ministerin, wie heißt sie korrekt? –

(Zuruf Werner, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie: Landesge- sundheitskonferenz!)

Landesgesundheitskonferenz anbieten kann. Ganz ehrlich, das ist nun wirklich nichts, was in irgendeiner Art und Weise geeignet wäre, außer dass man darüber gesprochen hat und da sitzen alle Akteure am Tisch. Unterhalten Sie sich doch mal mit den Kolleginnen und Kollegen, was die davon halten. Die Frage ist doch, was tut man dann mit den Erkenntnissen, wenn man beispielsweise sagt, ja, Digitalisierung ist wichtig. Wir müssen es an die Patientinnen und Patienten bringen. Das können nur Krankenkassen sein, das können nur die Ärzte sein und da hilft am Ende so was leider nur sehr eingeschränkt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sehen auch auf Bundesebene, dass Digitalisierung im Gesundheitswesen ein Megatrend ist, leider aus

meiner Sicht oder aus unserer Sicht der FDP nicht besonders gut umgesetzt, da natürlich auch Minister Spahn droht, bei fehlender Umsetzung, was die Anschlussfähigkeit von Arztpraxen, aber auch von Krankenhäusern betrifft, die Vergütung zu streichen. Er rückt jetzt ein bisschen davon ab, weil natürlich hier und dort strukturelle Voraussetzungen fehlen, weil man vielleicht auch auf die falsche Technologie gesetzt hat. Heute sind smarte Lösungen sehr viel einfacher möglich, als man beispielsweise noch vor zehn, 15 Jahren erdacht hat. So lange sind leider Innovationszeiträume im deutschen Gesundheitswesen.

Meine Damen und Herren, denken wir diese vier Anträge zusammen, denken wir sie gemeinsam und lassen Sie uns doch gemeinsam den Weg gehen, dass am Ende Thüringen nicht immer hinterherlaufen muss, sondern vielleicht sogar mal vor der Welle ist. Ich würde mich sehr freuen. Vielen Dank, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall FDP)