Protocol of the Session on May 7, 2021

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 14

Stellplatzinitiative an Thüringer Autobahnen Antrag der Fraktion der FDP - Drucksache 7/1651 -

Wünscht die Fraktion der FDP das Wort zur Begründung? Herr Abgeordneter Bergner.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren, entlang der Autobahnen im Freistaat Thüringen besteht ein erhebliches Defizit an Lkw‑Stellplätzen. Laut Zahlen des zuständigen Ministeriums und des zuständigen Ministers sind es derzeit 942 Stellplätze allein in Thüringen. Insbesondere am Abend und in der Nacht sind die bestehenden Rastanlagen massiv überlastet. Auch an Wochenenden sind freie Stellplätze mehr als nur Mangelware.

Diese Entwicklung wird sich in den kommenden Jahren weiter verschärfen, nicht nur durch die Zunahme der Paketlieferungen durch den Boom im

Onlinehandel. Auch allgemein wird sich laut der Prognose der Warenverkehr auf den Straßen jährlich weiter steigern.

Die Knappheit von Stellplätzen ist ein erhebliches Problem für die Lkw-Fahrer. Einerseits müssen und sollen sie ihre vorgeschriebenen Ruhezeiten einhalten. Diese werden von Polizei und BAG mit Nachdruck kontrolliert – das ist auch richtig so. Andererseits finden sie keine geeigneten Parkflächen, um dies zu tun.

Dieser Zustand, meine Damen und Herren, führt leider immer wieder dazu, dass die vorhandenen Anlagen überbelegt werden. Zufahrten, Rettungswege, selbst die Abfahrten zu den Park- und Rastanlagen werden als Stellflächen missbraucht. Teilweise wird sogar widerrechtlich auf dem Standstreifen entlang der Autobahnen geparkt. Es kommt auch immer wieder vor, dass die Fahrer in Gewerbegebiete entlang der Verkehrswege ausweichen, sehr zum Leidwesen der Anlieger. Fehlende Sanitäreinrichtungen, Abgeschiedenheit, keine Möglichkeit, Abfälle zu entsorgen, es ließen sich noch mehr Begleiterscheinungen aufzählen. Das sind alles Punkte, die nicht von einer sonderlichen Wertschätzung zeugen für die, die unsere Versorgung sicherstellen.

(Beifall FDP)

Dabei will ich hier noch einmal betonen: Ich mache den Lkw-Fahrern keinen Vorwurf, sie müssen sich ja irgendwo hinstellen. Die Entscheidung zwischen Wildparken und der Überschreitung der Ruhezeiten ist die Wahl zwischen Pest und Cholera, meine Damen und Herren.

(Beifall AfD, FDP)

Es ist eine Situation, die nicht mehr haltbar ist. Es gefährdet zum einen die Situation der Lkw-Fahrer, aber eben auch die Verkehrssicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer auf den Autobahnen. Jeder hat schon einmal Bilder gesehen von einem Pkw, der unter einen Auflieger gefahren ist. Für die Insassen lässt sich ein solcher Unfall kaum überleben. Tragische Unfälle sind uns allen präsent. Statt nur auf den Ausbau von Rastanlagen zu setzen, der selbstverständlich notwendig ist und vom Ministerium angekündigt wurde, sollte auch ein anderer Weg geprüft werden.

Der Neubau von Rastanlagen ist ein langwieriger und teurer Prozess. Die Planungsprozesse sind mir persönlich sehr bewusst. Flächenankauf, Bürgerbeteiligung usw. verzögern die Schaffung von Stellplätzen über Jahre. Dazu kommt: Man muss die Anlagen eben nicht nur planen, sondern auch noch bauen. Eine Alternative, meine Damen und Herren,

können hierbei die Modelle Kompakt- und Kolonnenparken sein. Bestehende Anlagen können dabei vergleichsweise günstig umgebaut und ertüchtigt werden. Deswegen unser Vorstoß, als Land die Situation für das Transportgewerbe zu verbessern, zumal diese beiden Modelle ermöglichen, Flächenverbrauch zu reduzieren, was uns allen ein gemeinsames Anliegen sein sollte.

(Beifall FDP)

Erlauben Sie mir noch eine Anmerkung zu dem Punkt, dass sich die Zuständigkeiten formal geändert haben: Das stimmt. Aber selbst wenn der Übergang zu der neuen Autobahngesellschaft schon funktionieren würde, haben wir als Land Thüringen ein vitales Interesse an der Lösung des beschriebenen Problems. Jeder Bürgermeister würde sich genauso bei Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen gegenüber dem Straßenbaulastträger starkmachen, wenn es um die Interessen seiner Kommune geht. Wir sollten uns für die Interessen unseres Landes starkmachen.

(Beifall FDP)

Meine Damen und Herren, natürlich weiß ich, dass die Termine inzwischen schon längst fortgeschritten sind. Der Antrag ist ja nun nicht mehr ganz jung. Aber trotzdem würde ich mich freuen, wenn wir mit Ihnen im Ausschuss in die Debatte kommen könnten, wie man bei diesem Thema sinnvoll weiterkommen kann. Und deswegen beantrage ich schon jetzt namens meiner Fraktion die Überweisung an den Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten. Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen.

(Beifall AfD, FDP)

Vielen Dank. Damit eröffne ich die Aussprache und als Erster erhält Abgeordneter Rudy für die Fraktion der AfD das Wort.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin, Kollegen Abgeordnete, liebe Gäste auf der Tribüne und im Netz, in Thüringen stehen derzeit nur ca. 2.750 Lkw-Stellplätze zur Verfügung. Da ist dringender Handlungsbedarf. Wenn ich nach einer Plenarsitzung die 120 Kilometer vom Thüringer Landtag zu mir nach Hause fahre, führt mich dieser Weg in weiten Teilen über die A 4 – ein Weg, der mir besonders in den Morgen- und Abendstunden immer wieder das Problem überfüllter Stellplätze und übermüdeter Lkw-Fahrer vor Augen führt. Verzweifelt werden Lücken auf den Parkplätzen gesucht

und wütend wird um eine solche Lücke gestritten, wenn sich eine findet – ein Armutszeugnis für ein Land wie Thüringen und eine Zumutung für LkwFahrer.

(Beifall AfD)

Diese Kapitäne der Landstraße oder der Autobahn sind Menschen, die nicht nur in Corona-Zeiten dafür sorgen, dass täglich die Regale im Supermarkt gefüllt und wir alle mit Lebensmitteln versorgt werden können. Darum lassen Sie mich erst einmal den vielen Lkw-Fahrern danken, die sich jeden Tag für uns sprichwörtlich den Rücken krummfahren.

(Beifall AfD)

Zwar ist es richtig, dass der Güterverkehr ständig wächst und der Ausbau der Stellplätze länger dauert, doch hätte man auch früher mit dem Ausbau beginnen können. In Anbetracht der Tatsache, dass über 900 Stellplätze in Thüringen fehlen, sind die von der Landesregierung bis 2028 geplanten ca. 440 neuen Stellplätze für Lkw schlicht ein Witz. Daher begrüßen wir den Antrag der FDP-Fraktion ausdrücklich. Es ist jedoch nur ein kleiner Schritt. Langfristig muss noch mehr Güterverkehr auf die Schiene verlagert werden. Überall dort, wo es möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist, setzen wir uns im Sinne von Umweltverträglichkeit und Verkehrssicherheit für den Schienengüterverkehr anstatt des Transports von Waren auf der Straße ein. Dazu bedarf es jedoch einer geeigneten Infrastruktur, einer Infrastruktur, die von der rot-rot-grünen Landesregierung stiefmütterlich behandelt wird, lassen sich doch mit Ideologieprojekten viel leichter Lorbeeren von der eigenen Anhängerschaft verdienen. Die oft auf den Rastplätzen aus der Not kreuz und quer abgestellten Lkw sind auch für Pkw-Fahrer, Motorradfahrer und Fußgänger ein hohes Sicherheitsrisiko. Auffahrunfälle auf nicht beleuchtete Lkw an Brems- und Beschleunigungsstreifen sind keine Seltenheit und es bleibt den Lkw-Fahrern nur übrig, wild zu parken, um ihre Ruhezeiten einhalten zu können, wie mein Vorredner auch schon erwähnt hat. Hinzu kommen teilweise unwürdige Verhältnisse bei den WCs und Waschgelegenheiten, die nicht für eine so hohe Auslastung ausgelegt sind. Die oft als Geheimtipp unter Lkw-Fahrern kursierenden Gewerbegebiete werden nicht nur immer voller, sie sehen aufgrund von Vermüllungen und Ähnlichem oft auch desaströs aus. Daher ist das Grundproblem nicht neu.

Seit vielen Jahren eint die betroffenen Dörfer und Kleinstädte an den Autobahnen, dass sie unfreiwillig zu einem Schauplatz einer europaweiten Entwicklung im Fernverkehr werden. Umgefahrene Straßenlaternen, Müll und kaputte Gehwege sind

(Abg. Bergner)

da nur eine kleine Auswahl. Die Möglichkeit des Kompakt- und Kolonnenparkens und der Umbau bestehender Anlagen kann aber zumindest mittelfristig für eine gewisse Linderung bei den Lkw-Fahrern sorgen.

Die Landesregierung muss endlich die Bremse lösen, damit sie die kritische Parkplatzsituation auf den Autobahnen in Thüringen endlich spürbar verbessert. Dabei müssen auch digitale Lösungen zur Anwendung gebracht werden. Das spart Zeit und schont die Lkw-Fahrer zusätzlich. Aber das ist bei der bisherigen Politik der Landesregierung wohl ein erfolgloses Hoffen.

Wir stimmen jedenfalls dem Antrag der FDP zu. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Für die Fraktion Die Linke erhält jetzt Abgeordnete Lukin das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, wir behandeln heute die Drucksache 7/1651 vom 21.09.2020, ein Antrag der FDP „Stellplatzinitiative an Thüringer Autobahnen“. Ich möchte zuerst den positiven Ansatz dieses Antrags hervorheben, der den Umbau von Autobahnraststätten und Parkplätzen vor den Ausbau stellt und zweitens ein wichtiges Thema aufgreift, wenn wir die gegenwärtige Situation der Lkw-Fahrer auf Autobahnen, Parkplätzen und Rastplätzen betrachten.

(Beifall FDP)

Aber bevor ich auf den Antrag noch etwas näher eingehe, würde ich generell vorausschicken, dass auch Neubau und Umbau von Parkplätzen an Autobahnen nur Teillösungen sein können. Solange es nicht Politikziel ist, mehr Güterverkehr auf die Schiene zu bringen, solange der Lkw-Anteil an Güterverkehr 71,5 Prozent beträgt, wird der Bedarf steigen und er wird auch nicht befriedigt werden können.

Die Situation wurde 2018 von der BASt, der Bundesanstalt für Straßenbau, noch einmal in einer Zählung dargestellt. Gegenwärtig fehlen 23.000 Stellplätze im Umfeld der Bundesautobahn und laut Logistikverbänden waren in den letzten zwölf Jahren zwar 18.000 neue zusätzliche Stellplätze geschaffen worden, aber es reicht nicht, um die Lkw-Fahrer für die Lenk- und Ruhezeiten sinnvoll auszustatten und ihnen sozusagen auch ein menschenwürdiges Übernachten zu ermöglichen.

Das Problem ist aber an dieser Stelle noch ein anderes. Wenn wir uns den Inhalt angucken, so soll die Landesregierung beauftragt werden, Möglichkeiten zum Kompakt- und Kolonnenparken zu prüfen und bis Ende 2020 ein Konzept vorzulegen. Herr Bergner hatte zwar schon gesagt, dass es datumsmäßig überaltert ist, aber, liebe Kollegen, es wäre doch sinnvoll gewesen, dann eine Neufassung vorzulegen und vor allen Dingen in dieser Neufassung auch zu berücksichtigen, dass nicht nur die Termine verändert werden, die ja eigentlich nicht mehr zutreffen können, sondern in die Vorlage auch eingebaut werden muss, dass sich seit dem 01.01.2021 die Bundesautobahnen samt Rastplätzen und samt Parkplätzen in der Verwaltung der Bundesautobahngesellschaft befinden. Ich mag die mögen oder nicht, das ist nicht das Problem; aber die rechtliche Situation ist eine völlig andere als beim Einreichen des Antrags. Demzufolge sehen wir diesen Antrag an dieser Stelle auch sehr kritisch. Denn in Vorbereitung der Übergabe der Bundesautobahnen, der Rastplätze und Parkplätze an die Autobahngesellschaft wurden bereits zahlreiche Initiativen zur Überprüfung der Rastplätze durch die Landesregierungen der 16 Bundesstaaten und natürlich auch Thüringens durchgeführt. Wenn wir uns die Parkplätze in Thüringen angucken, so sind nur die wenigsten für dieses Vorhaben geeignet und so auch die jetzigen Einschätzungen seitens der Bundesautobahngesellschaft und des Bundes.

Wenn wir uns angucken, wird für Thüringen lediglich das sozusagen normale Schaffen von Parkplätzen, aber nicht der Umbau von Raststätten vorgesehen. Das müssen wir einfach auch zur Kenntnis nehmen und deswegen ist der Antrag eigentlich sehr, sehr eingeengt und wird dem Problem, das vor uns steht, nämlich die Situation der Lkw-Fahrer entscheidend zu verbessern, in diesem Falle auch nicht gerecht. Das muss man so sagen.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Stimmt nicht!)

Wir können uns noch mal anschauen, was jetzt seitens des Bundes in dem – ich zitiere noch mal – „bundeseinheitlichen Lkw-Parkleitsystem an Autobahnen“, das ist ein theoretischer Teil – durchgeführt wurde und sich in der Testphase befindet bis 2030, dass dort sozusagen die Hausaufgaben des Freistaats gemacht wurden und dass der Bund und zahlreiche andere Möglichkeiten der Verbesserung der Situation mit in Erwägung zieht. Das heißt einmal, nicht nur die effektivere Bewirtschaftung und auch die Mischnutzung von Lkw, Pkw, das Rückwärtseinparken, die Überplanung von Grünflächen, alle diese Maßnahmen sind bei der Neugestaltung der Parkplätze mit angeführt. Aber auch ein Förder

(Abg. Rudy)

programm wurde aufgelegt für die Schaffung von Parkplätzen in Autobahnnähe, in den vorhandenen Industrie- und Gewerbegebieten, bei der Umgestaltung von Bauhöfen. Hier gibt es zahlreiche Neuerungen, das heißt 70 Prozent Förderung für Neuund Ausbau und 90 Prozent Förderung durch den Bund für die Umgestaltung von Betriebshöfen. Klar sind sie an bestimmte Kriterien gebunden, wie zum Beispiel an die Anzahl der Lkw-Parkplätze, an das Vorhandensein sanitärer Einrichtungen, an die Belegungsgraderfassung und auch an die ganzjährige Öffnung von 18.00 bis 6.00 Uhr. Aber all das spiegelt dieser Antrag nicht wider.

Thüringen hat sich in dieser Hinsicht, was die Suche nach Möglichkeiten von Parkplätzen in Autobahnnähe angeht, auch auf den Weg gemacht. Das heißt also, wenn wir uns die Bundesstrategie anschauen, die jetzt veröffentlicht wird und sich in der Endphase befindet, und wenn wir uns auch das ansehen, was Thüringen bereits zugearbeitet hat, dann kann man eigentlich nur sagen, es ist ein sehr, sehr gut gemeinter Antrag. Er hat möglicherweise auch vor zwei Jahren noch seine Berechtigung gehabt, aber in diesem Falle würde sich eine Diskussion im Ausschuss an der Stelle zwar zu einer Thematik lohnen, aber nicht zu diesem Antrag. Das muss ich an dieser Stelle leider so sagen. Sie haben ein Thema aufgegriffen, das für alle hier sehr wichtig ist,

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Was soll denn dieser Eiertanz?)

das auch durch die Logistikverbände immer wieder herangetragen wird, ein sehr soziales Thema, das auch gerade für den durchgehenden Lkw-Verkehr – Thüringen ist ein Transitland – notwendig ist, aber mit dieser sehr begrenzten Sicht auf ein Projekt, das für die meisten Thüringer Parkplätze schon aufgrund der Größenordnung

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Das stimmt doch gar nicht!)

gar nicht infrage kommt, ist das etwas schwierig, Herr Bergner. Ich würde sagen, wenn wir uns mit dieser Thematik beschäftigen, dann sollte es mit einem neuen Antrag sein, es sollte die Netzstrategie des Bundes berücksichtigen und es sollte die Thüringer Landesregierung, wenn, dann hinterfragen, welche Zuarbeiten dazu geliefert wurden. Aber dieses Thema, was sie hier vorschlagen, ist eben nur eine, ich will mal sagen, schon überalterte Sicht und es wäre vielleicht sinnvoll gewesen, damit wir diesen Antrag in die Ausschüsse hätten überweisen können, dann wenigstens eine Neufassung vorzulegen. Wie gesagt, an der Stelle wäre es besser ge

wesen, sie hätten dieses Thema noch einmal überarbeitet. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen Dank. Für die CDU-Fraktion erhält jetzt Abgeordneter Malsch das Wort.