Ich sage Ihnen: Das wird nicht verfangen, nicht bei den Unternehmerinnen und Unternehmern, die sich für die Stärkung der deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen engagieren, und auch nicht bei den vielen Thüringerinnen und Thüringern, die sich trotz der komplizierten Zeiten um die deutsch-russische Freundschaft in Städtepartnerschaften, bei kulturellen und sportlichen Austauschen und auch beim Tourismus verdient machen.
Rassisten und Faschisten leisten dazu mit Sicherheit keinen Beitrag – ganz im Gegenteil. Deshalb kann dieser Antrag der AfD von der Linken nur abgelehnt werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich aus persönlicher Sicht noch ein paar Worte zu den Vorrednern Herrn Bühl und Herrn Müller ausführen. Der geschätzte Kollege Müller von den Grünen ist in seinem Redebeitrag etwas ausgeufert. Deshalb möchte ich dazu aus meinen ganz persönlichen Erfahrungen Widerspruch anmelden und Nachdenken anregen. Die übergroße Mehrheit der Russen sind im geografischen Sinne Europäer wie wir und schon allein deshalb genauso wie wir an einer friedlichen und wirtschaftlich gedeihlichen Koexistenz interessiert. Politik in beiden Ländern muss Wege suchen und finden für eine Stabilisierung und den Ausbau der Beziehungen, nicht für eine stetige Eskalation. Dafür sollte man zumindest den ehrlichen Versuch unternehmen, den Partner auf der anderen Seite zu verstehen. Deshalb empfehle ich Ihnen das Buch der Autorin Gabriele Krone‑Schmalz „Russland verstehen“. Ich glaube, sie ist relativ unverdächtig, Mitglied der Linkspartei zu sein und irgendwie ideologisch vorgeprägt zu werden. Dort kann man unter anderem nachlesen, als wie glaubwürdig in Russland Appelle an Völkerrecht aus Staaten, die selber aktiv das Völkerrecht verletzt haben in Europa, wahrgenommen werden. Dort kann man nachlesen, wie es bewertet wird, wenn Truppen der Nato einschließlich der Bundeswehr an der russischen Westgrenze aufmarschieren. Dort kann man auch nachlesen, was sozusagen für Diskussionen geführt werden, die in Russland oft als ausschließliches Russland-Bashing wahrgenommen werden und die überhaupt gar keinen Beitrag zu dem leisten, was eigentlich dringend notwendig wäre, nämlich das Gespräch zu intensivieren. Nicht nur wegen der Wirtschaft, sondern vor allem auch wegen der Friedenssicherung in Europa
sollte wieder stärker, als das in den letzten Monaten und Jahren tatsächlich praktiziert wurde, in einen Dialog eingetreten werden.
Vielleicht gibt es ja über die anstehenden Feiertage die Möglichkeit, das eine oder andere gute Buch zu lesen, deswegen diese Buchempfehlung, die auch an Herrn Bühl geht. Vielleicht kann man dann ein Stück weit mit Perspektivwechsel eine gute Differenzierung hinbekommen, die wir im Verhältnis zu Russland, das verbessert werden muss – unbestritten –, brauchen. Daran arbeiten wir in Zukunft, ich hoffe, auch hier im Thüringer Landtag, zumindest auf der demokratischen Seite des Thüringer Landtags. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Schubert. Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Doch, Abgeordneter Hey von der SPD-Fraktion, bitte schön.
Frau Präsidentin, vielen Dank, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Aust, Sie spiegeln mit Ihrem Antrag vor, dass Ihnen die Interessen der Thüringer Wirtschaft, logischerweise dann auch der Bediensteten, der Beschäftigten in dieser Thüringer Wirtschaft besonders am Herzen liegen, wenn Sie darauf verweisen, dass die Sanktionen gegen die Russische Föderation völliger Irrsinn sind und wieder aufgehoben werden müssten.
Ich will Ihnen mal eins sagen, Herr Aust, eine Zahl: 942 Millionen Euro, fast 1 Milliarde Euro, das ist die Außenhandelsbilanz des Freistaats Thüringen mit dem Vereinigten Königreich, also Großbritannien, im Jahr 2018. Neuere Zahlen liegen mir im Moment noch nicht vor. Ich habe sie nicht gleich googeln können. Fast 1 Milliarde Euro! Zu dem Zeitpunkt, als Großbritannien den Austritt aus der Europäischen Union beschloss – da waren Sie noch nicht im Landtag, Herr Aust, Ihre Fraktion allerdings schon –, hat sich hinter Herrn Höcke jedes Fraktionsmitglied auf dem Fraktionsflur – an diesem Tag war nämlich gerade Landtagsdebatte – versammelt hinter einer Flagge des Vereinigten Königreichs und sie haben den Brexit gefeiert.
1 Milliarde Euro Außenhandelsbilanz unserer Beschäftigten in der Thüringer Industrie an ein für uns heute noch nicht klar bezifferbares Manöver! Keiner weiß, was dieser Brexit für Großbritannien, auch für
die Europäische Union in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren überhaupt noch bringen wird. Und da sage ich Ihnen ganz deutlich: Zum damaligen Zeitpunkt und auch heute sind Ihnen die Beschäftigten der Thüringer Industrie, insbesondere was die Außenhandelsbilanz zu Großbritannien gewesen ist, völlig wumpe! Völlig wumpe!
Ich sage Ihnen noch eins: Sie gehen auf die Gründe, die es im Moment gibt, diese Sanktionen gegenüber der Russischen Föderation aufrechtzuerhalten, in Ihrem Antrag ja auch gar nicht ein. Und mit Sicherheit, auch seitens der SPD, beobachten wir mit Sorge, dass sich zwischen der Europäischen Union, auch anderen geopolitischen Kräften und Russland das Klima immer mehr verschlechtert. Klar, einer der großen Sozialdemokraten Deutschlands, Willy Brandt, hat mal dieses Motto unter der damaligen Ägide „Wandel durch Annäherung“ in Europa schwer nach vorn gebracht. Klar!
Aber Fakt ist, auf diese Gründe sind Sie hier überhaupt nicht eingegangen. Und noch einmal: Vor vier Wochen, während Sie hier stehen und angeblich die Interessen und Belange der Thüringer Wirtschaft zu vertreten versuchen, vor vier Wochen beschließt Ihre Partei in Dresden, dass es am besten wäre, wenn ganz Deutschlang aus der Europäischen Union austreten würde.
und das muss bei diesem Antrag, wenn Sie nur allein Thüringen und Russland betrachten, auch mal mit betrachtet werden –,
wenn eine Wirtschaftsnation wie Deutschland, die sich natürlich in irgendeiner Form auch in ihrer Außenhandelsbilanz innerhalb der Europäischen Union mit definiert, deren Beschäftige, deren Betriebe, egal ob im Groß- oder mittelständischen Bereich, letzten Endes davon leben, dass dieser Handel floriert, sich einer so unerträglichen Debatte einer angeblichen Alternative für Deutschland entgegenstellen muss, das zeigt vor allem eines: Sie sind dort hinten in diesem Saal absolute wirtschaftspolitische Napfsülzen. Ich danke Ihnen.
Ich habe jetzt aus den Reihen der Abgeordneten keine weiteren Wortmeldungen. Doch, Herr Abgeordneter Aust.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin noch mal ganz kurz nach vorn, um hier wie üblich die Fake News der anderen zu korrigieren. Wir haben in Dresden vor sechs Wochen beschlossen, dass wir zurückkehren möchten zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Das war das erfolgreiche Modell!
Der zweite Punkt ist: Na ja, es ist schon interessant, wie sich hier die eine oder andere Position verändert hat. Vor ein paar Wochen beispielsweise oder vor ein paar Monaten sagte noch Herr Ministerpräsident Ramelow, im Dezember 2019 – ich zitiere –: „Oberstes Ziel muss sein, die Lage der Zivilbevölkerung zu verbessern,“ – das habe auch ich erwähnt – „eine Lockerung oder Beendigung der bislang ohnehin wirkungslosen Sanktionen könnte den Friedensprozess befördern.“ Davon wollen Sie heute anscheinend nichts mehr wissen.
(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Haben Sie wieder nicht richtig zugehört? Er erzählt nur Halblügen!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, gibt es weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten? Das sehe ich nicht. Wünscht die Landesregierung das Wort? Frau Staatssekretärin Kerst.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete, ich möchte an dieser Stelle ganz kurz dennoch die Möglichkeit nutzen, für die Landesregierung zu sprechen. Es wurde bereits viel erwähnt zu den Sanktionen und zu den Instrumenten, die da an den Tag gelegt worden sind. Besonders für Thüringen und die Wirtschaft möchte ich aber noch mal
einige Punkte benennen: Die Sanktionen, die eben schon genannt worden sind, sind tatsächlich für beide Seiten negativ gewesen. Und ja, es ist richtig, dass der Anteil der Exporte nach Russland nun bei rund 1,9 Prozent der Gesamtexporte Thüringens liegt. Es ist auch richtig, dass im Vergleich zu 2014 die Zahl der Thüringer Unternehmen, die Exportbeziehungen nach Russland unterhielten, gesunken ist, und zwar von 360 Unternehmen auf 217 Unternehmen.
Allerdings ist es nicht richtig – und das ist mir jetzt noch mal ganz besonders wichtig, damit das keine Klein-Klein-Diskussion wird –, dass dies zwangläufig nur auf die Russlandsanktionen zurückzuführen ist. Es hat auch etwas mit dem Ölpreisverfall zu tun und es hat damit zu tun, dass Russland sich in einer Situation befindet, in der massive Wirtschaftsreformen notwendig sind und es diese strukturellen Reformen durchführen muss. Es ist auch nicht richtig, dass nur Thüringen davon betroffen ist, schon gar nicht überproportional. Es gab bereits 2015 die ersten Anzeichen, weil die Exporte schon damals zurückgegangen sind – heute vor sechs Jahren, wenn man das zurückrechnet. Dass die Exporte in Thüringen tatsächlich rückläufig sind, sieht man auch daran, dass 2013 Russland nur Platz 14 der wichtigsten Exportpartner eingenommen hat. Von daher ist es für uns wichtig, darauf zu schauen, dass die EU im Dezember 2020 einer Verlängerung der Sanktionen zugestimmt hat. Wir werden dafür sorgen und müssen auch schauen, dass wir uns nicht auseinanderdividieren, sondern einheitlich handeln.
Für die Thüringer Unternehmen bedeutet das ganz konkret – das wurde eben schon angesprochen –, dass die internationalen Beziehungen mit Thüringen weitergeführt werden. Besonders jetzt in der Pandemie wurden die Beziehungen eher vertieft. Sie wurden über das bereits erwähnte Digitalformat im September letzten Jahres durch meinen Minister fortgeführt. Wir sind im stetigen Kontakt und unterstützen die Unternehmen dabei, dass sie entsprechend auf Messen teilnehmen können – soweit sie stattfinden können –, dass sie weiter Gemeinschaftsstände wahrnehmen können und dass auch hier noch Angebote des Bundes zur Exportfinanzierung zur Verfügung stehen, zum Beispiel in Form von Euler-Hermes-Bürgschaften. Von daher sehen wir intensive Beziehungen der Thüringer Unternehmen in diesem Fall zu Tatarstan, wollen die weiterführen und werden auch weiter daran arbeiten, dass sich die Beziehungen vertiefen. Vielen Dank.
Damit ist die Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft beantragt. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das ist die AfDFraktion. Gegenstimmen? Das sind die übrigen Fraktionen. Gibt es Stimmenthaltungen? Ist das eine Enthaltung? Bei einigen Stimmenthaltungen aus der CDU-Fraktion und aus der FDP-Fraktion ist damit die Überweisung abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag. Wer dem Antrag in der Drucksache 7/1643 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das ist die AfD-Fraktion. Gibt es Gegenstimmen? Das sind die Fraktionen der Koalition und der FDP-Fraktion. Gibt es Stimmenthaltungen? Bei Enthaltung der CDU-Fraktion und einer FDP-Abgeordneten ist damit der Antrag abgelehnt. Vielen Dank.