Protocol of the Session on May 7, 2021

Also bitte, kann ich immer noch?

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Ja, sicher dürfen Sie!)

Herr Aust, Sie können einfach weitersprechen.

(Zwischenruf Abg. Bühl, CDU: Kann er eben nicht!)

Ich sehe keine Notwendigkeit, größer zu intervenieren. Wenn Sie nicht weitersprechen, ist es Ihre Entscheidung.

Ich möchte noch einmal darauf zurückkommen, was Herr Dr. Hartwig aus unserer Bundestagsfraktion sagte. Er ist Vertreter einer Partei, die Souveränität für unser Land zurückgewinnen will. Deshalb bin ich der festen Überzeugung, dass wir auch nicht die Souveränität anderer Länder untergraben sollten. Aber genau das machen diese Sanktionen.

(Beifall AfD)

Es ist nicht unsere Aufgabe, die Moralkeule zu schwingen und anderen unsere Weltsicht aufzuzwingen,

(Zwischenruf Abg. Wahl, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es geht um Menschenrechte!)

sondern uns sachlich zum Wohle der eigenen Bevölkerung einzusetzen, von der wir gewählt worden sind.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Müller, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es geht um die Anerkennung in- ternationaler Rechte und die Annexion eines anderen Staates!)

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Besonders in der aktuellen Wirtschaftskrise müssen wir endlich Vernunft walten lassen und die Wirtschaft wieder in Gang bringen. Die Aufhebung der Sanktionen ist daher unerlässlich. Handeln Sie jetzt! Vielen herzlichen Dank.

(Beifall AfD)

Als Nächster erhält Abgeordneter Schubert für die Fraktion Die Linke das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, auch die Zuseher und Zuhörer am Livestream, hoffentlich viele Vertreter der Thüringer Wirtschaft

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Die haben jetzt abgeschaltet!)

und auch viele, die sich engagiert einsetzen für die deutsch-russische Freundschaft!

(Beifall DIE LINKE)

Die Stärkung der Thüringer Wirtschaft ist die Überschrift dieses AfD-Antrags, der bei Lichte besehen, ein neuer, aber auch wiederholt untauglicher Versuch ist, mit billigster Effekthascherei eine Wirtschaftskompetenz nachzuweisen, die einfach nicht da ist.

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Braga, AfD: Damit kennen Sie sich ja aus!)

Dieser Antrag reiht sich nahtlos auch in die Wortmeldung zum letzten Tagesordnungspunkt ein, wo nichts Neues, nichts Innovatives oder gar Diskussionswürdiges tatsächlich zur Stärkung der Thürin

ger Wirtschaft vorgebracht wurde. Es ist ein Stück weit politisches Unvermögen dieser Fraktion.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist das Stichwort. Politisches Unvermögen, wie wir es auch mit diesem Antrag wieder erleben, wurde vom langjährigen russischen Ministerpräsidenten Wiktor Tschernomyrdin mit folgendem Satz zusammengefasst, der inzwischen als geflügeltes Wort Eingang in die russische Alltagssprache fand: „khoteli kak luchshe a poluchilos' kak vsegda [хотели как лучше а получилось как всегда].“ –

(Beifall DIE LINKE)

Wir wollten zwar das Beste, aber es kam so wie immer. – Wobei selbst das Wollen bei der AfD bezweifelt werden muss. Ich komme noch darauf zurück.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es braucht diesen Antrag nicht, um sich für die Aufhebung der wirkungslosen und kontraproduktiven Russlandsanktionen zu engagieren, denn das hat Ministerpräsident Bodo Ramelow seit 2014 wiederholt und mit Nachdruck gefordert.

(Zwischenruf Abg. Braga, AfD: Gemacht hat er aber nichts! Das ist der Punkt!)

Es braucht diesen Antrag nicht, um die Wirtschaftsbeziehungen mit Russland zu stärken. Auch da wird seit Jahren ein klarer Kurs gefahren durch die engagierte Arbeit der LEG in Thüringen mit Thüringen International, wie erst jüngst wieder beim virtuellen Außenwirtschaftstag zu erleben war und durch die freundschaftlichen Bande mit unserer Partnerregion Tatarstan, die der Ministerpräsident aktiv vorangetrieben hat. Ich erinnere an den Besuch einer Regierungsdelegation in Kasan. Das ist gut und richtig im Interesse der Menschen und auch der Wirtschaft in beiden Ländern.

(Beifall DIE LINKE)

Wir als Linke sind davon überzeugt, bei den globalen Herausforderungen, wie Klimawandel, Digitalisierung und auch der Bekämpfung der Pandemie, bieten sich für die Thüringer Wirtschaft eine ganze Reihe von Möglichkeiten zur Intensivierung des Außenhandels mit Russland, die sich auf die Tradition jahrzehntelang gewachsener Wirtschaftsbeziehungen stützen können. Das ist auch möglich bei aller Kritik, die man an der aktuellen russischen Außenund Innenpolitik haben kann und haben muss, wo aber zum Beispiel auch der Wirtschaftsaustausch mit China belegt, dass das eine das andere eben nicht ausschließt. Deshalb muss das große Poten

(Abg. Aust)

zial der Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen mit Russland endlich von politischen Blockaden befreit werden. Aber das, meine sehr geehrten Damen und Herren, erreicht man keineswegs mit diesem AfD-Antrag.

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Braga, AfD: Dann bringen Sie doch selber etwas ein!)

Ganz im Gegenteil!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist pure Heuchelei, dass hier die AfD einen Antrag zur vermeintlichen Stärkung der Thüringer Wirtschaft vorlegt, die AfD, die in ihrer Programmatik für den kommenden Wahltag

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Mach doch bessere Vorschläge!)

am 26. September den Austritt Deutschlands aus der EU verlangt.

(Zwischenruf Abg. Braga, AfD: Zu Recht!)

Ihre Scheinheiligkeit ist kaum noch zu überbieten, denn der Schaden für unsere Wirtschaft auch hier in Thüringen wäre gigantisch.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die politischen Ziele, dieser selbst ernannten Alternative sind höchst gefährlich, geradezu toxisch für die Thüringer Wirtschaft. Es ist – gelinde gesagt – eine Schande. Es ist vielmehr eine Provokation, dass die AfD hier am Vorabend des Tags der Befreiung vom Faschismus den Anschein erwecken will, sich um die Beziehung zu Russland verdient zu machen, wo doch ihr Fraktionsvorsitzender Höcke – wo ist er eigentlich? – eine erinnerungspolitische Wende von 180 Grad einfordert.

(Zwischenruf Abg. Czuppon, AfD: Zum The- ma! Zum Thema sprechen!)

Zur Erinnerung – auch für Sie: Nur mit einem unermesslichen Blutzoll mit Millionen Toten wurde die Befreiung vom Faschismus möglich und die Hauptlast dieses von deutschen Faschisten angezettelten Krieges trugen die Völker der Sowjetunion. Kurz vor dem 80. Jahrestag des Überfalls von Nazideutschland auf die Sowjetunion wollen also die geistigen Erben von

(Zwischenruf Abg. Czuppon, AfD: Zum The- ma!)

Nationalismus und Rassismus die Erinnerung daran umkehren, sich als Russlandfreunde generieren.