Und dann bin ich – ehrlich gesagt – auch ein bisschen enttäuscht in der Art und Weise der Diskussion, die ja auch zwischenzeitlich auch kam, als dann der Minister persönlich angegriffen wurde, dann aber reingerufen wurde, das hätte ich nicht getan. Ich glaube, das ist auch so ein Muster von einer Reaktion, das kennen wir eigentlich nur aus einer anderen Ecke – erst den Skandal zu produzieren und dann so zu tun, als sei man es nicht gewesen. Dann soll man doch bitte dazu stehen, wenn man es einmal gesagt hat und sich dann wenigstens entschuldigen, wenn klargestellt wird, dass es am Ende nicht so ist.
(Zwischenruf Abg. Zippel, CDU: Das ist doch so! Er hat es doch umgedeutet! Jetzt fangen Sie genauso an!)
Dann will ich nur noch mal sagen, weil gesagt wurde, das sei hier eine Vorlesung gewesen, der Kommentar sei mir erlaubt: Ich glaube, 45 Minuten sachliche Auseinandersetzung im Sinne einer – bezeichnen Sie dann
gern als – Vorlesung sind sicherlich wertvoller, als 30 Minuten Wahlkampfplattitüden, wo nicht eine einzige Zukunftsvision für dieses Land tatsächlich auch an den Tag gelegt wird.
Nach dem kleinen Faktencheck will ich es dabei bewenden und auch beispielsweise für die Regierungserklärung noch mal einen kleinen Dank an den Minister aussprechen – der Bezug zur Gemeinde Barchfeld-Immelborn trifft mich natürlich auch ganz persönlich, weil das meine Heimatgemeinde ist. Ich bin auch froh, dass es dort eine linke Gemeinderatsabgeordnete gibt, die sich beispielsweise gerade gegen den Verkauf des kommunalen Wohnungseigentums stemmt.
Das zeigt nämlich auch, dass es den Unterschied macht, wer dort im Gemeinderat sitzt. Ich bin ganz zuversichtlich, dass auch nach dem Wechsel von einigen zu einer anderen Partei nach den Gemeinderatswahlen wieder eine starke Linke-Fraktion im Gemeinderat sitzen wird.
Jetzt will ich aber das versuchen, was der Minister auch in der Regierungserklärung gemacht hat, nämlich tatsächlich – Benjamin Hoff hat es bezeichnet als die Tiefenbohrung. Man könnte gewissermaßen auch sagen, der Thüringen-Monitor ist am Ende beides – einerseits eine Momentaufnahme, aber gewissermaßen
auch ein Langzeit-EKG der Thüringer Gesellschaft. Die vorgelegten Daten und Zahlen bieten uns doch eigentlich gerade heute hier in dieser Debatte mal die Möglichkeit, mit Vereinfachungen aufzuhören, tatsächlich Dinge zu hinterfragen, in einen Kontext zu setzen, die soziale, politische und strukturelle Natur von verschiedensten Einstellungen tatsächlich auch zu bewerten und dann tatsächlich auch die Schlussfolgerungen zu ziehen.
Deswegen will ich mich dem Dank an das Team von Frau Dr. Marion Reiser von der Friedrich-Schiller-Universität und auch dem Kompetenzzentrum für Rechtsextremismusforschung, Demokratiebildung und gesellschaftliche Integration noch mal wirklich anschließen, denn viel zu selten haben wir die Möglichkeit, hier im Hohen Rund tatsächlich in dieser Tiefe uns mit diesen Fragen zur Demokratiezufriedenheit, zur Einstellung der Thüringerinnen und Thüringer tatsächlich mal auseinander zu setzen und dann auch die Schwerpunkte
dann auch entsprechend zu diskutieren, die eben diese sind, wie der Fachkräftemangel, die Digitalisierung oder auch die Transformationsprozesse in diesem Jahr. Deswegen noch mal der herzliche Dank auch von meiner Seite an das Team für das vorgelegte Werk, das wir heute hier diskutieren.
Man muss dann – dazu komme ich dann noch mal im Verlauf – das eine oder andere nochmal rekapitulieren, wenn wir uns den Befragungszeitraum angucken, dann werden vielleicht auch manche Befunde noch
mal ein Stück weit eingeordnet. Der Befragungszeitraum im Herbst 2023 war verbunden – vielleicht erinnern sich noch einige – mit zwei sehr intensiven bundespolitischen Debatten. Das eine war die im Rahmen der Haushaltsdebatte – da entbrannte eine Diskussion über die Rolle und Funktionsweise des Sozial- und Wohlfahrtsstaates. Wir erinnern uns dabei auch an die immer noch virulente Bürgerinnengelddebatte. Es herrschte aber ebenso auf der bundespolitischen Ebene ein Abschottungsdiskurs, als es darum ging, das scheinbar nur noch darüber diskutiert wurde, wie die Zäune an den Außengrenzen höher gezogen werden sollen und möglichst auch das Asylrecht noch geschliffen werden soll. Da war es Bodo Ramelow und auch wenigen anderen zu verdanken, dass es in dieser aufgeheizten Stimmung und Debatte dann doch noch Stimmen der Menschlichkeit gab, als es dann nämlich eben darum ging, die eigentliche Frage in den Mittelpunkt zu rücken, nicht, wie schotten wir uns ab, sondern, wie schaffen wir es, diejenigen in den Mittelpunkt
der Debatte zu stellen, die zu uns kommen und dann tatsächlich für sie hier die besten Bedingungen zu schaffen, damit sie hier ankommen können, auf eigenen Füßen stehen können, Teil dieser Gesellschaft werden können und gemeinsam mit uns diese Gesellschaft auch gestalten können. In diesen Zeitraum und in diese Debatte fällt auch der Befragungszeitraum und das muss man noch mal rekapitulieren.
Ebenso passt aber auch die Debatte zum Thüringen-Monitor jetzt unmittelbar in die Zeit vor den 1. Mai. Da will ich es auch noch mal sagen, weil natürlich wieder sehr einfach und holzschnittartig das Bild von Thüringen und der aktuellen Wirtschaftssituation gezeichnet wurde: Man muss doch mal ganz ehrlich schauen, wo wir stehen, und zwar auch in all der Komplexität. Da verstehe ich zwar den oppositionellen Reflex, aber diese Vereinfachung hilft nicht bei der Bearbeitung der politischen Herausforderungen, wenn dann am Ende immer nur an jeder Ecke und an jedem Ende das Bild vom niedergewirtschafteten Thüringen gezeichnet wird, das mit der roten Laterne in der Hand durch die Bundesrepublik läuft. Das sind am Ende nur Kampfbegriffe, die Menschen verunsichern, aber die in keiner Art und Weise zur Lösung der eigentlichen Probleme hier im Land beitragen.
Wir konstatieren – das ist auch schon gesagt worden –, Thüringen ist immer noch in einem Aufholprozess. Ich sage die Zahlen gerne noch mal: Das Bruttoinlandsprodukt ist von 2018 bis 2022 in Thüringen um 16,1 Prozent gestiegen, liegt damit über dem Bundesdurchschnitt. Die Arbeitsproduktivität ist in dem Zeitraum ebenso um 17,8 Prozent gestiegen, liegt ebenso über dem bundesweiten Schnitt, und auf die Entwicklung der Bruttolöhne ist der Minister ja auch schon eingegangen. Das zeigt, wir sind in einer guten Entwicklung des Aufholens und können erst mal zur Bewertung konstatieren: Thüringen weist bei der Wirtschaftskraft zweistellige Wachstumsraten auf, bei der Produktivität und bei den Gehältern. Wer da von „niedergewirtschaftet“ und „roter Laterne“ redet, verschließt die Augen vor der Wirklichkeit und trägt in keiner Art und Weise zu einer sachlichen Diskussion bei.
Sachlich wäre es dann, die Punkte einzuordnen und dann in der bundesweiten Rolle zu schauen – das Ost-West-Gefälle wurde schon thematisiert, der Unterschied beispielsweise bei der Tarifbindung, die im Osten immer noch deutlich niedriger ist, beim Bruttomonatsverdienst, wo das Statistische Bundesamt erst am Anfang dieses Monats die Zahlen noch mal auf den Tisch gelegt hat: im Westen ca. 4.500 Euro, im Osten 3.700 Euro. Da ist also auch nach 34 Jahren deutscher Einheit noch Luft nach oben. Wir haben beispielsweise auch bei der Durchschnittsarbeitszeit immer noch einen Unterschied. In Ostdeutschland beträgt die durchschnittliche Wochenarbeitszeit 38,7 Stunden, in Westdeutschland 37,6. Und dann diskutieren wir das alles in dem Kontext, dass wir in Thüringen vor der Herausforderung stehen, bis 2035 385.000 Menschen in der Arbeitswelt zu ersetzen, die in ihren wohlverdienten Ruhestand gehen. Das wird Lücken reißen. Die müssen natürlich durch Personal besetzt werden. Das wird aber eben auch dazu führen müssen, dass wir Strukturen verändern müssen. Diese beiden Fragestellungen müssten wir in aller Tiefe dann entsprechend hier im Parlament bearbeiten statt platter Attitüden, die dann einfach hier nur so im Raum liegen bleiben.
Deswegen müssen wir aber auch, wenn viele Menschen nachvollziehbar Sorge um die Zukunft haben, nicht die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, sondern wir müssen – und das macht der Thüringen-Monitor, diese Chance bietet er – uns dann auch die Potenziale anschauen, die wir haben, in diesem Punkt dann entsprechend zu agieren. Da steht natürlich die Frage im Fokus, wie wir es schaffen, Fachkräfte zu gewinnen und auch hier zu halten. Da will ich noch mal ganz klar sagen: Der Minister hat davon gesprochen, Thüringen ist ein Einwanderungsland. Das bleiben wir aber nur, wenn Menschen nicht Angst
haben müssen, und Angsträume entstehen da, wo rassistische Stimmungsmache entsteht und wo dann eben keine Menschen mehr zu uns kommen und andere überlegen, zu gehen. Deswegen ist Weltoffenheit eine gesamtgesellschaftliche und eine politische Verantwortung von uns allen, diese zu verteidigen, diese zu leben und diese zu gestalten als eine zentrale Gelingensbedingung der Fachkräftegewinnung hier in Thüringen.
Da will ich an dieser Stelle auch mal kleineren Initiativen und Projekten meinen Dank aussprechen. Wir hatten erst vor Kurzem in der Landeswissenschaftskonferenz eine Vertreterin des Projekts Wort: Weltoffene Region Thüringens. Die hat einfach mal eine Zahl genannt, die dann doch überrascht. Beispielsweise wurden die Studierenden an der Hochschule von Schmalkalden mal befragt: 44 Prozent der internationalen Studierenden sagen, sie könnten sich vorstellen, in der Region zu bleiben. Das muss man sich erst mal auf der Zunge zergehen lassen. Aber zeitgleich ist die Frage, wo sie überhaupt in der Region bleiben können. Wir sehen mit den Daten und Zahlen aus dem Thüringen-Monitor dann eben eine andere Situation. Was macht jetzt das Team aus diesem Projekt? Es geht in die Unternehmen und begleitet Maßnahmen zur interkulturellen Öffnung, bei der Organisationsentwicklung, bei der Personalentwicklung und ‑beratung und versucht so, gezielt Ressentiments sowohl im Betrieb als auch im Umfeld abzubauen, um dann zu ermöglichen, dass Menschen, die hierbleiben wollen, auch hierbleiben können. Sie erfüllen damit gewissermaßen als einer von vielen Akteuren eine Vorbildfunktion, weil sie diesen Prozess so gestalten, dass er auf andere Regionen übertragbar ist. Ich denke, darauf sollten wir aufbauen, denn das ist ein Instrument, auf der einen Seite eine Bleibeperspektive für diejenigen, die hierbleiben wollen, zu schaffen, aber sich auf der anderen Seite bewusst mit dem Problem auseinanderzusetzen: Ist es überhaupt insbesondere bei einer kleinteiligen Unternehmensstruktur in den Regionen möglich? Deswegen an dieser Stelle vielen Dank an das Projekt und das Team aus dem WORT-Projekt, die dort in der Region gerade aktiv sind.
Es sind aber nicht nur diese Projekte, es sind insbesondere dann eben auch die Initiativen, die Bündnisse vor Ort, die nämlich auch noch mal dazu beitragen. Denn es ist das eine, in einem Unternehmen einen Prozess zu suchen, wie wir in die Öffnung kommen, um Schließungsprozesse zu vermeiden, das andere ist es aber auch, drum herum ein gesellschaftliches Klima und eine Stimmung zu schaffen, die eben auch zum Bleiben bewegt. Deswegen ist es eben auch so wichtig – und wir werden das ja in verschiedensten Aspekten oder haben das auch schon diskutiert –, dann auch zu schauen, wie schaffen wir es, Menschen in dem Engagement dann auch entsprechend zu unterstützen, wenn sie sich vor Ort in demokratischen und zivilgesellschaftlichen Organisationen und Bündnissen dafür einsetzen, dass ein weltoffenes Klima auch in der Region gelebt wird. Und auch all denjenigen, die sich damit tagtäglich ehrenamtlich befassen und beschäftigen und sich dafür einsetzen, gilt an dieser Stelle der Dank, denn sie gehören genauso dazu, wenn wir darüber reden, Thüringen weltoffen zu gestalten.
Wie notwendig das ist und dass auch aus meiner Sicht dieses Projekt WORT an der richtigen Stelle ansetzt, das zeigt der Thüringen-Monitor sehr konkret, wenn wir dann eben nicht nur auf die kleinteilige Unternehmensstruktur und auch den hohen Fachkräftebedarf gucken, sondern sehen, dass eben 28 Prozent der befragten Arbeitgeberinnen gesagt haben, das Instrument der gezielten Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland nutzen sie oder davon haben sie Gebrauch gemacht, während gleichzeitig 64 Prozent der Arbeitgeberinnen das explizit für sich ausschließen, insbesondere dann 72 Prozent der Betriebe, die weniger
als zehn Beschäftigte haben, sagen: Wir können Stellen oft nicht besetzen. Das ist ein Widerspruch, mit dem umzugehen ist, und der zeigt aber eben auch genau, wo die Handlungsoption dann liegt. Das habe ich bei der Frage der interkulturellen Öffnung zur Vermeidung von Schließungsprozessen bei den Unternehmen dann eben auch schon benannt.
Dann will ich aber auch noch mal sagen: Wir beginnen bei dem ganzen Prozess ja auch nicht bei Null. Wir müssen uns ja auch noch mal die Zahlen vergegenwärtigen. Wir reden von 62.000 sozialversicherungspflichtig beschäftigten Menschen in Thüringen ohne deutschen Pass, das sind 7,7 Prozent, übrigens 22.000 mehr als noch 2018, und es lässt sich auch konstatieren – da waren auch schon passende Überschriften beispielsweise im „Freien Wort“ –, das sind dann eben auch diejenigen, die unter anderem gemeinsam mit den Kolleginnen mit deutschem Pass dann auch hier den Laden am Laufen halten, insbesondere in den Bereichen, über die wir ja auch schon in vielfältiger Art und Weise hier geredet haben, der Gastronomie, dem Baugewerbe oder der Nahrungsmittelindustrie.
Auch bei der Anzahl der ausländischen Auszubildenden ist die Zahl und die Quote von 4,1 Prozent im Jahr 2016 auf 7,4 Prozent gestiegen. Das heißt, wir bringen dort bereits eine Entwicklung mit und auf der können wir dann entsprechend aufbauen. Da braucht es dann aber auch ein gegenseitiges Verständnis dafür. Das habe ich erst letztens bei Gesprächen in Pflegeeinrichtungen in Ilmenau gehört, und da gab es die Bereitschaft zu sagen, na klar, kommen dort Leute, die haben nicht sofort die fertigen Sprachkenntnisse, die brauchen Zeit zum Lernen und sie brauchen aber auch Kolleginnen und Kollegen, die sich diese Zeit auch nehmen und nehmen können, um dann auch hier die neuen Kolleginnen beim Ankommen zu unterstützen. Das war ein Verständnis, wo ich gemerkt habe, da wird die Weltoffenheit, die Öffnung, das Wissen darum, dass man sich gegenseitig braucht, gelebt. Das ist das, worauf wir aufbauen müssen, wenn wir von Willkommenskultur sprechen.
Da will ich übrigens auch mal den IHK-Präsidenten erwähnen, der mit Blick auf den Thüringen-Monitor das auch noch mal auf den Punkt gebracht hat, ähnlich wie auch Bodo Ramelow das immer schon gesagt hat – Zitat –: Wir brauchen jede helfende Hand und jeden klugen Kopf und dabei ist es egal, wo er oder sie herkommt. – Das muss das Verständnis sein, das wir leben müssen, wenn wir darüber reden, wie wir Menschen hier das Ankommen erleichtern und ihnen hier tatsächlich auch eine Bleibeperspektive geben. Statt elendige Debatten darüber zu führen, wie hoch Abschiebezahlen sind, wie sinnvoll oder unsinnig eine Arbeitspflicht ist, sollten wir doch endlich Debatten darüber führen, wie wir Menschen den Weg ebnen, wie sie hier von ihrer eigenen Hände Arbeit tatsächlich ihr Leben selbst gestalten können.
Das sind dann eben die konkreten Fragen, für die sich auch der Ministerpräsident im Bund eingesetzt hat,
wenn es um die Frage des Spurwechsel geht, wenn es um das gemeinsame Kommunizieren mit den Unternehmen geht, wie die Öffnung stattfindet und wie aber beispielsweise auch einheitliche Verfahrensrichtlinien in den Ausländerinnenbehörden eine Möglichkeit sind, auch hier ein besseres Ankommen zu ermöglichen. Und da hat ja beispielsweise – das sei an der Stelle noch gesagt – auch die Enquetekommission „Rassismus“ der vergangenen Legislatur uns einiges an Maßnahmen mit auf den Tisch gelegt, die genau an dieser Stelle auch mit ansetzen. Denn am Ende muss es doch egal sein, woher die Menschen kommen, sondern es muss darum gehen, dass wir gemeinsam mit Ihnen diese Zukunft hier in Thüringen gestalten.
Damit das aber geht – und dann komme ich zum Punkt des 1. Mai –, muss es natürlich auch darum gehen, dass es für alle Menschen in diesem Land gute Arbeitsbedingungen gibt und trotz der allgemeinen positiven Entwicklung der Wirtschaftskraft des Freistaats haben natürlich auch die Befragten im Thüringen-Monitor
auf die Herausforderungen hingewiesen. Der Minister hat es in der Regierungserklärung schon gesagt: Wir sind nicht diejenigen, die allein durch Gesetze an dieser Stelle entscheiden. Es ist natürlich die Aufgabe der Sozialpartnerinnen und Sozialpartner, der starken Gewerkschaften auch der Arbeitgeberinnen. Aber ich will es auch noch mal sagen an dieser Stelle, weil es nicht unterzubewerten ist: Wir tragen hier als Politik oder als Politiker im Land, als Landtag und Landesregierung natürlich auch eine gemeinsame Verantwortung für die öffentliche Hand und deswegen war es uns als Linke gemeinsam auch mit Rot-Rot-Grün immer ein Anliegen, da zu sagen, wir müssen auch die entsprechenden Rahmenbedingungen setzen. Ich denke da an die Erfolge in den letzten zehn Jahren, wenn es um die Anpassung jetzt auch noch mal in dieser Legislatur beim vergabespezifischen Mindestlohn geht, wo man sich noch mal sagen muss, ab dem 1. Januar 2025 wird dieser in Thüringen bei 14 Euro liegen. Die Instrumente zur Stärkung der Tarifbindung, um für einen fairen Wettbewerb zu sorgen, weil der Markt vielleicht Angebot und Nachfrage regelt, aber nicht soziale und ökologische Standards im Blick hat, und darüber hinaus auch zu sagen: Gute Arbeit ist uns wichtig, und deswegen ist das Vergabegesetz und dort, wo für als öffentliche Hand eine Verantwortung haben, eine entsprechende Stellschraube, damit die Beschäftigten in Thüringen auch hier die Unterstützung durch das Land erfahren.
Gute Löhne sind das eine, Zeit zu haben, damit sich das Leben nicht allein um Arbeit dreht, ist das andere. Deswegen ist auch die Debatte um die Arbeitszeitverkürzung eine wichtige. Auch das zeigt aus meiner Sicht bspw. die Benennung des Themas im Thüringen-Monitor. Deswegen sage ich es an dieser Stelle noch mal: Die Debatte über Arbeitszeitverkürzung ist kein linkes Wolkenkuckucksheim. Aus Gesprächen mit Unternehmen und Beschäftigten, die bereits in Thüringen diesen Weg gegangen sind, entweder Vier-Tage-Woche oder 35-Stunden-Woche, hören wir ganz klar: Die Produktivität steigt, der Stress wird reduziert. Beispielhaft zu nennen sind hier die Waldkliniken Eisenberg mit dem entsprechenden Tarifvertrag oder bspw. auch Rocco Funke mit seinem Bautrocknungsunternehmen im Eichsfeld, die ganz klar zeigen: Weniger Stress entlastet am Ende jeden Einzelnen, aber auch das Gesamtsystem, das Gesundheitssystem, verhindert immer mehr Arbeitsverdichtung, schafft mehr Zeit für Freunde, Familie, Hobbies und auch das Ehrenamt, politische Partizipation. Damit zeigt sich: Dort, wo es die Möglichkeiten gibt, sollten sie genutzt werden, weil sie gut für alle sind. Ich bin alldenjenigen dankbar, die sich da bereits schon auf den Weg machen. Deswegen sollten wir auch in dieser Debatte ein bisschen abrüsten und den Fokus tatsächlich darauf legen, was es für die Beschäftigten und die Unternehmen auf beiden Seiten bringt und am Ende auch, welchen Mehrwert es für die Gesellschaft hat.
Weitere Maßnahmen zur Sicherung des Fachkräftebedarfs werden im Thüringen-Monitor genannt. Ich will an einer Stelle nur noch mal darauf hinweisen, da geht es um das Thema „Flexibilisierung der Erwerbsmöglichkeiten über den Renten- und Pensionseintritt hinaus“, bzw. ein Stück weit davor warnen – Abg. Kemmerich wird ja noch reden –, daraus dann die falschen Schlüsse zu ziehen, denn bspw. wirbt ja gerade die FDP im Bund in ihrem 12-Punkte-Papier zur Wirtschaftswende für einen flexiblen Renteneintritt und die Abschaffung der abschlagsfreien Rente ab 63.
denn lediglich 3 Prozent der Beschäftigten sehen in der Erhöhung des Renteneintritts eine Lösung für den Fachkräftemangel. Zu den weiteren Maßnahmen der FDP auf Bundesebene reicht dann eigentlich auch zu sagen, was Marcel Fratzscher vom DIW gesagt hat: Das ist nichts anderes als Sozialstaatspopulismus, der am Ende bei einer tatsächlichen Wirtschaftswende in der Bundesrepublik an keiner Stelle hilft.
An der Stelle will ich auch noch mal sagen, wenn es um die Frage des Renteneintritts geht; die Frage können Sie ja vielleicht gleich beantworten angesichts der Perspektive in der jungen Generation, werte Kolleginnen der FDP: Glauben Sie denn wirklich, die junge Generation von heute hätte Lust, bis 70 oder länger zu arbeiten, oder glauben Sie, die Menschen in diesem Land gewinnen Vertrauen in den Staat, wenn einfach auf ihre Erwerbsbiografie gepfiffen wird und damit auch auf eine sichere Rente? Ich glaube, kaum. Auch das sollte die gemeinsame Verantwortung sein, einerseits den Menschen in der Zukunft und nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben eine möglichst sichere Rente zu gewährleisten, die dann auch zum Leben reicht, und nicht darüber zu reden, wie wir Menschen immer noch länger arbeiten lassen.