Protocol of the Session on December 8, 2023

(Beifall CDU)

Vielen Dank. Als Nächster erhält Abgeordneter Möller für die Fraktion der SPD das Wort.

Vielen Dank. Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauer auf der Tribüne und am Livestream! Herr Dr. König, vielleicht führen wir die Fachdebatte gleich fort, die Sie jetzt angesetzt haben, denn der Antrag der AfD ist tatsächlich aus der Zeit gefallen. Wir regeln und diskutieren hier gerade etwas, wo wir schon viel weiter und viel konkreter sind als das, was der AfD-Antrag will, insbesondere was die Praktikumsvergütung anbelangt.

Herr Dr. König, dann will ich das noch mal aufnehmen, was Sie gerade sagten. Ich glaube, das ist ein Grundmissverständnis, dem Sie hier unterliegen, bei dem Thema des Kindergartengesetzes, das Sie vorgelegt haben. Wir ermöglichen erstmals mit diesem Entwurf, dass Ausbildungskosten, seien es Praktikumskosten oder andere Kosten, die im Zusammenhang mit der Ausbildung in einer Einrichtung entstehen, refinanziert werden. Das ist neu, das ist auch ein Vorteil für die Einrichtungen. Das wissen Sie auch, weil wir damit Sorge tragen, dass Ausbildung eben Teil des Kindergartensystems ist und nicht außerhalb liegt, und endlich damit mal geregelt ist, dass auch Ausbildungskosten, das heißt, die Vergütung von den Auszubildenden, die Kosten für die Praxisanleiter, die Kosten, die auf die Einrichtungen insgesamt zufallen, auch tatsächlich im System abgebildet werden. Und dann zahlt das System diese und dieses System ist in Thüringen nun mal im Regelfall so, dass 50 Prozent – das sagen die Zahlen – der Kosten einer Einrichtung das Land finanziert, 40 Prozent die Kommune und 10 Prozent die Elternbeiträge. Das ist das, was gerade die Realität im Kindergartengesetz und die Realität vor Ort ist.

Weil Sie gerade den Kopf schütteln, liebe Kollegen der CDU: So ist die Situation vor Ort in den Gemeinden. 50 Prozent der Kosten des Kindergartens werden aus Landesmitteln finanziert, und da gehört die Ausbildung grundständig mit rein. Deswegen ist das, was wir im Rahmen der Kita-Novelle vorgelegt haben, eine Verbesserung und deswegen werbe ich hier ausdrücklich dafür, dass wir diese Novelle auch in dieser Legislatur noch über die Bühne kriegen, weil sie absolut notwendig ist.

Wir haben heute hier schon viel über die Folgen von Corona diskutiert, wir haben sehr wenig darüber gesprochen, was das eigentlich für die Fachkräfte im Bildungs- und Erziehungsbereich für eine hohe Belastung war und insbesondere in Einrichtungen gerade der Jugendhilfe und im Kindergarten bis heute ist, weswegen wir dringend die Verbesserungen im frühkindlichen Bereich brauchen. Da sind die Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspfleger sehr explizit mit gemeint, weil – mein Kollege Reinhardt hat auch das schon angesprochen – der Aspekt, dass die Heilerziehungspflege in der Vergangenheit nicht den Stellenwert hatte, den sie tatsächlich als Fachkräfte haben, ein eklatantes Problem ist. Ich bin den Kolleginnen und Kollegen aus der Kayser-Schule hier in Erfurt, die vor eineinhalb Jahren hier sich auf den Weg gemacht haben mit einer Petition, viel Mut, auch mit Unterstützung ihrer Gewerkschaft ver.di, sich hier an den Landtag zu stellen

(Abg. Dr. König)

und zu sagen, hier, ihr habt uns jahrelang vergessen, ändert das bitte, wirklich sehr dankbar, denn das hat ja wachgerüttelt.

(Beifall DIE LINKE)

Das hat ja dafür gesorgt, dass wir in zwei Gesetzentwürfen, die wir hier in dieses Parlament eingebracht haben, ihre Situation berücksichtigt haben, sowohl im Kindergarten – da muss ich Sie ein Stück weit ergänzen, Herr Dr. König – als auch in der Jugendhilfe. Denn das Problem, dass es keine Praxisvergütung in der Jugendhilfe gibt, ist ja erkannt. Mit unserem Gesetzentwurf zum Thüringer Kinder- und JugendhilfeAusführungsgesetz, den wir im Sommer dieses Jahrs eingebracht haben, haben wir explizit eine Regelung

eingeführt, dass es eine Förderung für die Praxisanteile in den Hilfen zur Erziehung und anderen Bereichen der Jugendhilfe für die Heilerziehungspfleger, für die Erzieher, also für alle Ausbildungsberufe in diesem Bereich geben soll.

Deswegen ein zweiter Aspekt: Es ist wichtig, dass wir auch dieses Gesetz in diesem Landtag in dieser Legislatur noch verabschieden. Und auch da werbe ich sozusagen um Mehrheiten.

(Beifall DIE LINKE)

Wir brauchen diese beiden Gesetzesänderungen, um die Frage der sozialen Absicherung, der sozialen Infrastruktur und der Fachkräfte im Sozialbereich zu sichern, sie zu unterstützen und zu fördern, all das, was Sie gerade selbst sagten, weil die das ermöglichen. Dementsprechend belassen Sie es bitte nicht bei den Worten hier, sondern lassen Sie Taten folgen. Die Gesetze sind im Parlament, sie müssen verabschiedet werden, sie brauchen eine Mehrheit und damit insbesondere die Unterstützung der CDU. Wir sind dazu gesprächsbereit.

Ein Wort noch zum Beruf der Heilerziehungspflege. Die Heilerziehungspflegerinnen sind fachlich umfassend ausgebildete und dringend benötigte Fachkräfte im Bereich von Erziehung, Betreuung und Bildung junger Menschen und gehören zu den sogenannten SAGE-Berufen – soziale Arbeit, Gesundheit und Pflege sowie Erziehung –. Dazu gehört die integrative Kindergarten- und Schularbeit, die Betreuung von körperlich und/ oder geistig beeinträchtigten Menschen und der Bereich der Altenpflege. Sie sind also in einem wirklich

großen Bereich einsetzbare Fachkräfte, die mit Liebe und mit großer Leidenschaft, aber auch mit einer gehörigen Portion fachlichem Know-how die Brücke bilden zwischen dem Regelsystem der Erziehung und Bildung und dem, wo wir insbesondere die Inklusion benötigen für Menschen mit Behinderung.

Da bin ich meiner Kollegin Rothe-Beinlich sehr dankbar, die das hier noch mal auf den Punkt gebracht hat, wie wirklich zynisch schon die AfD mit ihrem Antrag hier versucht, über Schönwetterreden deutlich zu machen, dass sie einer Berufsgruppe helfen will, der sie eigentlich die Legitimation entziehen will, indem sie sagt, die Inklusion, insbesondere da, wo Heilerziehungspflegerinnen gebraucht werden, wäre ideologisches Zeug, was man nicht bräuchte und abgeschafft gehört. Das ist der Skandal, liebe Kolleginnen und Kollegen, über den es weiter zu diskutieren gilt. Deswegen werden wir diesen Antrag auch ablehnen und ich werbe nochmals um die Unterstützung für die Novellierung des Kindergartengesetzes und des Thüringer Kinderund Jugendhilfe-Ausführungsgesetzes, denn das bringt die Fachkräfteentwicklung voran, das bringt die jungen Leute voran – und denen möchte ich noch mal explizit danken. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Vielen Dank. Herr Abgeordneter Aust.

(Abg. Möller)

Vielen herzlichen Dank, Frau Präsidentin, dass ich noch mal das Wort erhalte. Lassen Sie mich noch mal zwei, drei Aspekte aus der Diskussion aufnehmen. Das Erste ist: Unser Antrag stammt vom 07.12.2022. Der Gesetzentwurf wurde eingebracht am 24.10.2023. Mit anderen Worten, wir haben damals mit unserem Antrag bereits den Impuls gesetzt, dass es überhaupt jetzt diesen Gesetzentwurf gibt und dass das jetzt im Ausschuss diskutiert wird.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Möller, SPD: Im Juni haben wir den Gesetzentwurf eingebracht!)

Im Übrigen, Herr König, genau das Gleiche haben Sie ja gerade eben auch von hier vorn noch mal bestätigt bei der Abschaffung des Schulgeldes in den Gesundheitsfachberufen. Wir haben damals mit unserem Antrag den Impuls gesetzt, den die CDU – glücklicherweise, gar keine Frage – aufgenommen hat. Auch hier haben wir den Impuls gesetzt, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Dann wurde das Thema „Inklusion“ auch noch mal angesprochen. Ich möchte das wirklich noch mal hier erwähnen. Es geht nicht darum, dass man beispielsweise Kindern mit Behinderung den Zugang zu regulären Schulen verbieten möchte oder ihnen nicht gewähren möchte. Das, was wir möchten, ist, dass gemeinsam die Eltern mit den Kindern und den Lehrern entscheiden, was das Beste für das Kind ist.

(Unruhe DIE LINKE)

Das ist das, was wir möchten. Darauf haben sie auch ein Recht, aber dazu braucht es Wahlfreiheit. Wenn Sie die Förderschulen abschaffen, gibt es eine De-facto-Pflicht, dass diese Kinder an die Regelschulen müssen.

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Keine einzige ist abgeschafft worden, das sind Lügen! Herr Aust, hören Sie auf zu lügen!)

Das lehnen wir ab, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall AfD)

Dann möchte ich noch mal auf einen letzten Aspekt eingehen, weil Frau Rothe-Beinlich gerade eben wieder einmal unglücklicherweise in eine solche Debatte den vergifteten Vorwurf eines NS-Vergleichs hineingebracht hat. Erstens, diejenigen, die die Inklusion kritisieren,

(Zwischenruf Abg. Möller, SPD: Sie kritisieren sie nicht, Sie wollen sie abschaffen, Herr Aust, das ist ein Unterschied!)

haben keinerlei ideologische Nähe zu dem fürchterlichen und verbrecherischen Regime des Nationalsozialismus. Dass Sie hier diejenigen, die die Inklusion, wie Sie das machen, in diese Nähe stellen und damit ganze Teile dieser Gesellschaft in dieser Art und Weise diffamieren, ist wirklich unmöglich.

(Beifall AfD)

Herr Klonovsky hat aus meiner Sicht dazu das Passende gesagt, das möchte ich an dieser Stelle zitieren: „Wer heutzutage in einer politischen Debatte den Begriff ‚Nazi‘ gegen wen auch immer in Feld führt, ist aus ethischer Sicht ein Lump, aus historischer Sicht ein Verharmloser und aus intellektueller Sicht eine Null.“

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Schubert, DIE LINKE: Das sehen Gerichte anders, Herr Aust!)

Herr Wolf.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Aust, da wir hier auch vor Publikum diskutieren, mag es Ihnen nachgesehen sein, Sie als Sozialpolitiker – und da Sie sowieso bald versuchen, von Europa aus die Welt mit Ihrem Gift zu beglücken –haben nicht mehr den Blick darauf, was tatsächlich in Thüringen in den Gesetzen steht. Erstens steht sowohl im Kindergartengesetz als auch im Schulgesetz, und das beinhaltet Inklusion, dass die Regeleinrichtung die allgemein bildende Schule oder der normale Kindergarten ist. Zweitens haben wir in unserem Schulgesetz 2019 geregelt, dass jedes Kind auf Antrag der Eltern und/oder der Schulleitung ein Gutachten erhält, wenn das notwendig ist. In diesem Gutachten wird geregelt, welche Fördermaßnahmen dieses Kind erhält. Seitdem stellen wir fest, dass die förderpädagogischen Einrichtungen in Thüringen wieder deutlich an Kinderzahlen zunehmen. Das mag man jetzt bedauern. Ich finde das richtig, denn drittens haben wir in unserem Schulgesetz geregelt, dass da, wo die personellen, sächlichen, räumlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind, das Kind an die Förderschule gehen kann. Die Eltern können widersprechen. Das ist was anderes. Also hören Sie bitte auf – noch als letzter Punkt – zu behaupten, wir würden förderpädagogische Einrichtungen schließen. Es ist schlicht falsch. Wenn, dann haben die Schulträger, die Landkreise, die förderpädagogischen Einrichtungen geschlossen, aber selbst das ist das letzte Mal vor zehn Jahren in Nordthüringen vorgekommen, seitdem nicht. Die werden gebraucht, die sind am Netz. Hören Sie auf, hier Ihre Lügen zu verbreiten, es tut der Debatte nicht gut. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat sich Abgeordneter König noch einmal zu Wort gemeldet.

Herr Aust, meiner Meinung nach bringt es nicht viel, wenn man über Dinge diskutiert, wer hier zuerst den Impuls eingebracht hat oder wer nicht. Wenn Sie schauen, die Petition der Heilerziehungspfleger im Januar 2022, Ihr Antrag ist aus dem Dezember, da können Sie dreimal raten, wer dazu jetzt den Impuls gesetzt hat.

(Beifall CDU)

Das andere ist Gesundheitsfachberufe, können Sie auch schauen, wer eine schriftliche Anfrage dazu gestellt hat, das war auch vor Ihrem Antrag. Also, wie gesagt, es lohnt sich nicht, die Diskussion zu führen. Das sind die Fakten, die hier vorliegen.

Ich will nur noch mal zu Herrn Möller sagen: Die Zuordnung zu den Betriebskosten bei der ganzen Sache vergessen Sie – es gibt eine pauschale Zuordnung. Das heißt, es kommt alles in einen großen Topf und wird per Gießkanne auf die einzelnen Gemeinden verteilt. Das ist auch das Problem, das wir bei der Diskussion von den 1.200 Euro Erstattung bei der praxisintegrierten Ausbildung hatten, dass, wenn man das mit der Gießkanne macht, auch die davon profitieren, die nicht ausbilden. Genau das hätten wir in dem Sinne auch. Das heißt, alle bekommen mehr Geld. Aber wenn man vor Ort dann einen Praktikanten hat und der im Monat eine Vergütung von 1.600 Euro ungefähr hat,

(Abg. Aust)

Ihre Redezeit ist abgelaufen, Herr König.

dann ist das nicht ausreichend für die Gemeinden, mit denen die Träger dann verhandeln, und das führt dazu, dass Ausbildung

Herr König!

nicht stattfindet. Herzlichen Dank.

Vielen Dank. Gibt es jetzt weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten? Das sehe ich nicht. Für die Landesregierung erhält Staatssekretär Speitkamp das Wort.