Protocol of the Session on November 3, 2017

duale Ausbildung als solches unwahrscheinlich wichtig ist, genauso wie das Unternehmertun.

Aber eins muss ich Ihnen an dieser Stelle sagen: Wenn Sie den Titel „Duale Ausbildung stärken, Unternehmertum fördern!“ wählen, dann ist nicht das in der Packung, was oben auf der Packung steht. Wir in der Regierung, die drei Kollegen, Herr Wolfgang Tiefensee und Frau Heike Werner, die sich für dieses Feld sozusagen in Dreieinigkeit verantwortlich zeigen, haben überlegt, wer denn hier eigentlich von uns jetzt tatsächlich reden sollte. Wir haben versucht, in den Inhalt und die Tiefe des Antrags einzudringen. Wir haben uns gefragt: Wie nähern wir uns denn diesem Thema? Also ich könnte mir ja das Weißbuch der Bundesarbeitsministerin nehmen, Arbeit 4.0, und sagen: Wie verändert sich die Arbeitswelt und welche Anforderungen sind an zukünftige Fachkräfte in der Wirtschaft, aber auch im Dienstleistungsbereich und in anderen Berufsfeldern tatsächlich erforderlich und wie muss sich die Berufsausbildung, aber auch das Studium – aber wir sind jetzt bei der Berufsausbildung –, wie muss sich also die berufliche Ausbildung tatsächlich verändern?

Aber weit gefehlt, dieser Ansatz ist hier nicht zu finden. Ich könnte mich auch so nähern, dass ich sage, es sind viele Unternehmerinnen und Unternehmer im Freistaat in einem gewissen Alter, wo zu erwarten ist, dass sie in den nächsten fünf, sieben Jahren in den wohlverdienten Ruhestand treten und wir also auch Nachfolgerinnen und Nachfolger brauchen, die im Freistaat nicht in der Größenordnung zur Verfügung stehen. Oder wir wollen, dass sich viele junge Menschen und auch ein paar ältere selbstständig machen, deswegen muss man das Unternehmertum stärken, also insgesamt in der Gesellschaft ein positives Image, eine positive Kultur für Unternehmertum schaffen. Dann müsste Wolfgang Tiefensee als zuständiger Minister hier reden, um einfach die Zuständigkeit zu sehen.

Nehmen wir jetzt Ihren Antrag her, dann stelle ich fest, es geht in erster Linie – das haben einige Rednerinnen und Redner schon deutlich gemacht – um Herausforderungen und Anforderungen, die im schulischen Bereich liegen, also was muss in der Schule passieren, damit junge Leute sich auch einem gewerblichen Beruf, einer handwerklichen Tätigkeit mehr öffnen. Das war der Grund, da haben wir nicht lange würfeln brauchen, es hieß: Helmut, du musst ran, Helmut Holter, du sprichst zu dem Thema. Deswegen spreche ich hier.

Ich will eins sagen, erstens – so wie eben deutlich gemacht –: Ich bin ganz klar, auch als linker Politiker, für Unternehmertum. Ich bin für eine ganz klare Kultur und Anerkennung der Unternehmerinnen und Unternehmer durch die Gesellschaft. Der Thüringen-Monitor, der am Montag veröffentlicht und gestern hier debattiert wurde, drückt ja auch im

Freistaat aus, dass es eine hohe Anerkennung derer gibt, die sich in der Selbstständigkeit befinden und unternehmerisch tätig sind. Ich halte das einfach für wichtig und das ist meines Erachtens auch seitens der Koalition nur zu unterstützen. Diese Menschen verdienen Dank und Anerkennung und verdienen auch die Unterstützung der Politik. Ich hoffe, dass es hier eine große Übereinstimmung über die Fraktionsgrenzen hinweg gibt.

Zweitens bin ich seit Jahren unterwegs, jetzt hier im Freistaat Thüringen, um für die duale Ausbildung zu werben. Es ist mir einfach wichtig. Viele der Rednerinnen und Redner haben darauf aufmerksam gemacht, dass die duale Ausbildung, wie Herr Bühl es sagte, ein Exportschlager ist. Da bin ich genau Ihrer Meinung. Aber es gibt im Zusammenhang mit europäischen Prozessen durchaus auch die Gefahr, dass Grundsätze der dualen Ausbildung der Bundesrepublik Deutschland nicht nur hinterfragt, sondern ausgehöhlt werden. Deswegen halte ich es auch für richtig und für notwendig, dass hier im Landtag von Thüringen ganz klar eine Position zur Stärkung der dualen Ausbildung formuliert wird. Wenn die Debatte bisher bei allen Kontroversen eines gebracht hat, dann würde ich mir doch wünschen, dass der Landtag – und da bin ich dann wirklich wieder bei Ihnen, bei Ihrem Antrag – möglichst übereinstimmend ein Signal in die Thüringer Gesellschaft aussendet: Duale Ausbildung ist uns wichtig, wir stehen dazu. Liebe Jugendliche, ihr habt eine Chance sowohl im Studium, aber auch eine sehr gute Chance über die duale Ausbildung, um eine berufliche Karriere, auch eine private und familiäre Karriere aufzubauen. – Deswegen ist es meines Erachtens wichtig und richtig, dass wir das, was Sie anregen, auch weiter im Ausschuss diskutieren, um das zu untersetzen.

Meine Kritik bleibt: Sie greifen eine Facette heraus, was in der Schule getan werden muss, um diesen Teil der Stärkung der beruflichen Ausbildung, der dualen Ausbildung, tatsächlich voranzubringen. So weit vielleicht einige Vorbemerkungen.

Weiterhin muss man sagen, dass die duale Ausbildung natürlich nicht erst mit dem Ausbildungsvertrag beginnt, sondern – da haben Sie vollkommen recht – in der Schule. Da läuft ja auch einiges. Die Berufsorientierung, die hier schon angesprochen wurde, ist da mit das wichtigste Instrument neben dem, was im schulischen Unterricht selbst vermittelt wird. Die duale Ausbildung selbst, dieses System der Verbindung von Theorie und Praxis, steht für sich. Das will ich hier im Einzelnen gar nicht erläutern. Das könnten Sie sicherlich genauso gut. Ich bin aber der Überzeugung, dass die duale Ausbildung neben dem gesellschaftsfähigen Erfordernis auch noch eins mit einbringt: Sie kann nämlich ganz konkret auf die individuellen Bedürfnisse des einzelnen Jugendlichen abstellen. Das, was in Ihrem Antrag auch nicht zum Ausdruck kommt – Kati

(Minister für Bildung, Jugend und Sport Holter)

Engel ist darauf eingegangen –, ist die Frage, wie dann eigentlich der Übergang von Schule in Beruf funktioniert. Diese Übergangsphase tatsächlich zu unterstützen und jedem dort eine Chance zu geben – ich rede jetzt über diejenigen, die nicht zum Studium gehen wollen –, halte ich für richtig und für notwendig. Deswegen ist es meines Erachtens auch klar und notwendig – das, was über das Arbeitsministerium erfolgt –, die entsprechenden Unterstützungssysteme weiterzuentwickeln. Ich komme im Einzelnen darauf zurück.

Wir haben natürlich – und da teile ich nicht die Aussagen von Frau Muhsal, wie sie den demografischen Wandel so vom Tisch fegt – eine Herausforderung.

(Zwischenruf Abg. Muhsal, AfD: Ich habe ge- sagt, dass es politische Fehlstellungen gibt und dass Sie das verniedlichen, dass es am demografischen Wandel liegt!)

Okay, also es gibt den demografischen Wandel, da sind wir uns sicherlich einig.

Auf alle Fälle ist eines klar: Wir werden zukünftig weniger Menschen haben, die auf den Arbeitsmarkt drängen und damit auch in die Ausbildung generell und damit auch in die berufliche Ausbildung. Torsten Wolf hat es gesagt, von einstmals 80.000 Schülerinnen und Schülern an den berufsbildenden Schulen haben wir zurzeit 42.000. Das war die Halbierung, von der der Kollege gerade gesprochen hat. Wir müssen da entsprechend reagieren. Auf der einen Seite geht es darum, nicht nur junge Leute auszubilden, sondern diese jungen Leute auch im Land zu halten. Machen wir uns nichts vor, es werden viele junge Leute hier in Thüringen ausgebildet, sie werden aber möglicherweise oder auch garantiert abgeworben. Das hat etwas damit zu tun, welche Attraktivität der Freistaat, die Unternehmen vom Freistaat ganz konkret anbieten. Wir sprachen ja hier schon über Tariftreue und andere Entwicklungen im Bereich des Lohns und der Gehälter. Das will ich im Einzelnen hier nicht ausführen. Aber wir sollten nicht nur halten, sondern sollten auch diejenigen, die gegangen sind, einladen, wiederzukommen. Das hat was mit konkreten Bedingungen zu tun, an denen der Wirtschaftsminister mit den Kammern ganz konkret arbeitet. Wir sind nach meiner Auffassung auf einem guten Weg im Freistaat, um die duale berufliche Ausbildung attraktiv zu erhalten und sie auch weiterzuentwickeln. Das geht nur mit den vielfältigen Akteuren – die Vorrednerinnen und Vorredner sind darauf eingegangen.

Im Freistaat gibt es die Landesstrategie zur praxisnahen Berufsorientierung. Diese ist die Grundlage für die Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure, also der Schülerinnen und Schüler sowieso, der Lehrerinnen und Lehrer, der Eltern, aber auch der verschiedenen Partnerinnen und Partner aus der

Wirtschaft, aus den Gewerkschaften, der Wissenschaft und der Bundesagentur für Arbeit. Hier wird alles zusammengeführt. Da bin ich wieder bei der CDU. Dass diese Koordinierung, die Zusammenarbeit noch deutlich verstärkt und verbessert werden kann, ist gar keine Frage. Darüber müssen wir dann reden, wie man das ganz konkret machen kann. Da gibt es auch aus meiner Sicht noch viele Dinge, die so nebeneinander herlaufen. Das tatsächlich zu bündeln und stärker zu fokussieren an den Schulen, halte ich für richtig.

Ich hatte schon deutlich gemacht, dass wir als die drei zuständigen Ministerien – Arbeitsministerium, Wirtschaftsministerium und Bildungsministerium – sehr eng zusammenarbeiten. Wir arbeiten auch mit den Partnerinnen und Partnern zusammen, mit den Kammern sowieso, aber auch mit den Wirtschaftsund Sozialpartnern. Auch ich, Herr Bühl, habe mit den Kammern gesprochen, zumindest jetzt in meinen ersten Wochen mit der Handwerkskammer Erfurt und auch mit der IHK zu Erfurt. Wir stehen gemeinsam dazu, die duale Ausbildung zu stärken. Da sind wir uns auch einig. Ich halte es – um darauf zu reflektieren, was Kati Engel angesprochen hatte – für richtig, dass wir über die Orientierung oder Neuausrichtung und Weiterentwicklung der Berufsorientierung gemeinsam reden. Ich habe mit den Kammern verabredet, dass wir im Frühjahr 2018 beginnen, darüber zu sprechen, wie sich Berufsorientierung im Freistaat aufstellen muss und aufstellen wird, wenn zu erwarten ist, dass die ESFFörderung – Kati Engel ist darauf eingegangen – dann nicht mehr stattfinden wird, weil diese ESFFörderung, diese Mittel auslaufen werden. Die Thüringer Allianz für Berufsbildung und Fachkräfteentwicklung sieht den Schwerpunkt in der Weiterentwicklung der Berufsorientierung. Wie das ganz konkret aussehen soll, habe ich eben angedeutet.

Es geht tatsächlich darum, diese Ausbildungsketten zu garantieren, nicht nur für diejenigen, die mit Migrationshintergrund nach Thüringen kommen, sondern auch für diejenigen, die hier geboren wurden und dann eine Zukunft in einem Beruf ganz konkret suchen. Da gibt es Maßnahmen, da will ich einige aufzählen. Also, es geht um die Weiterentwicklung der praxisnahen Berufsorientierung, dieses Angebot soll flächendeckend angeboten werden. Es geht um eine gemeinsame kontinuierliche Qualitätssicherung durch das Land und die Bundesagentur für Arbeit. Es geht auch darum, dass die Berufs- und Studienorientierung an den Gymnasien weiterentwickelt wird. Sie haben zu dem Handwerkergymnasium, Herr Bühl, gesprochen. Da haben wir, glaube ich, identische oder übereinstimmende Auffassungen. Auch darüber müssen wir reden, wie viel Berufsorientierung denn an den Gymnasien stattfinden soll, um tatsächlich den Gymnasiasten deutlich zu machen, auch sie haben eine Chance in einem gewerblichen Beruf, vielleicht vor dem Studium.

(Minister für Bildung, Jugend und Sport Holter)

Das hatten einige auch schon ausgeführt. Andere, die über den Regelschulweg kommen, haben über die Berufsausbildung natürlich auch einen Weg zum Studium. Der Wege gibt es da viele, die muss man aber deutlich machen.

Es geht um die Verstetigung der Berufseinstiegsbegleitung und die Weiterentwicklung der Berufsberatung. Ich bin der Überzeugung, mit diesem ganzen Strauß von Maßnahmen den Jugendlichen eine bewusste Entscheidung zu ermöglichen. Eine bewusste Entscheidung zu treffen, welchen Beruf sie wählen wollen – so verstehe ich zumindest Ihren Antrag –, halte ich für richtig und für notwendig. Neben den Zukunftschancen in der Wirtschaft in Thüringen oder generell in Thüringen halte ich es für wichtig, dass eine bewusste Berufsentscheidung getroffen wird, damit man sich dann möglichst nicht neu orientieren muss, was ja manchmal auch tatsächlich notwendig ist. Wir müssen darüber reden, wie die Jugendberufsagenturen sich weiterentwickeln. Mit Frau Werner hatte ich gerade dieser Tage darüber gesprochen. Ich halte das in diesem Zusammenhang für wichtig, um auch mit der Bundesagentur für Arbeit eine stringente und übereinstimmende Arbeit hinzubekommen.

Es gibt die Initiative „Abschluss und Anschluss – Bildungsketten bis zum Ausbildungsabschluss“. Darin kommt das zum Ausdruck, was ich gerade angesprochen habe. Es ist mir wichtig, dass es hier an allen Schulen praxisbezogene Testverfahren konkret gibt.

Ein wichtiger weiterer Baustein sind praxisnahe Maßnahmen – darüber ist gesprochen worden –, die sich auch in der Schulförderrichtlinie ganz konkret widerspiegeln. Diese Maßnahmen sollen flächendeckend an allen Regelschulen, Förderschulen und Gemeinschaftsschulen angeboten werden. Zu den Förderschulen will ich anmerken: Ja, die Förderschülerinnen und -schüler bekommen ein Ticket, ein Zertifikat, ein Zeugnis, dass sie die Schule erfolgreich abgeschlossen haben. Aber leider ist es zurzeit so, dass nicht durch alle Ausbildungsbetriebe diese Zeugnisse anerkannt werden, um damit einen Berufseinstieg zu ermöglichen. Auch darüber muss man reden, denn wir brauchen angesichts des bestehenden Fachkräftebedarfs generell jede und jeden im Freistaat.

Wir haben, meine Damen und Herren, viele Herausforderungen vor uns. Es geht nicht nur darum, die duale Ausbildung verbal zu stärken, sondern sie auch mit konkreten Maßnahmen zu untersetzen. Dazu bedarf es vieler Akteure. Darüber habe ich gesprochen. Aber ich will auch sagen, wie Schulen ganz konkret unterstützt werden. Es gibt auf der einen Seite das internetbasierte Evaluationsinstrument, welches auch angewendet wird, und es gibt das Thüringer Berufswahlsiegel. Das ist eine Zertifizierung der Thüringer Schulen, welches vergeben

wird. Ich halte es für wichtig, deutlich zu machen, welche Schulen mit gutem Beispiel vorangehen, um auch den Jugendlichen – ja, in dem Falle den Jugendlichen – deutlich zu machen, dass sie hier gut aufgehoben sind, um tatsächlich eine entsprechend qualifizierte Berufswahlentscheidung treffen zu können. Ja, und wir haben Veränderungen vorgenommen, dass also die Beratungslehrerinnen und Beratungslehrer bzw. diejenigen Lehrerinnen und Lehrer, die in diesem Bereich arbeiten, zwei Lehrerwochenstunden zusätzlich erhalten. Wir werden auch die Beratungslehrer in den nächsten Jahren konkret fortbilden, weil es meines Erachtens auch hier notwendig ist, diese Lehrkräfte darauf zu orientieren, was die veränderte Berufswelt ganz konkret mit sich bringt.

Meine Damen und Herren, also nochmals meinen Dank an die CDU-Fraktion, dass sie dieses Thema in den Landtag gebracht hat. Da waren sich, glaube ich, alle einig. Ich bin der Auffassung, der Antrag umfasst nicht vollständig das, was Sie mit dem Titel zum Ausdruck gebracht haben, damit habe ich begonnen. Nichtsdestotrotz bin ich der Hoffnung, dass Sie als Landtag und wir als Regierung nicht nur den Jugendlichen, sondern eigentlich allen Menschen im Freistaat Thüringen deutlich sagen können: Duale Ausbildung lohnt sich. Mit einer guten dualen Ausbildung hat man eine gute Zukunft im Freistaat. – Das sollte unser Credo sein. – Wenn wir daran arbeiten, könnte es passieren – das wäre auch mein Wunsch, da reiche ich Ihnen die Hand, das wäre mein Wunsch, das dann deutlich zu zeigen –, einen gemeinsamen Antrag zu machen, damit die Gesellschaft weiß, dass die Politik, sowohl der Landtag als auch die Regierung, hinter der dualen Ausbildung und hinter den Unternehmen im Freistaat steht. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. Weitere Wortmeldungen sehe ich jetzt nicht. Damit schließe ich die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung über den Antrag. Es ist die Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft beantragt worden und es ist die Überweisung an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport beantragt worden. Weitere Überweisungen waren nicht gewollt, sodass wir jetzt darüber abstimmen.

Wer für die Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der CDU-Fraktion – danke schön – und einige aus der SPD. Gegenstimmen? Aus den Koalitionsfraktionen abzüglich derer, die vorhin gestimmt haben. Herr Warnecke, Sie haben eben noch mit der CDU gestimmt.

(Minister für Bildung, Jugend und Sport Holter)

(Zwischenruf Abg. Warnecke, SPD: Habe ich nicht!)

Haben Sie nicht? Also Ihr Arm war oben, das kann man von hier vorn ganz eindeutig so belegen. Aber wir führen die Abstimmung einfach noch mal durch. Sie haben nur auf die CDU zeigen wollen, deswegen wiederholen wir die Abstimmung. Wer also für die Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der CDU-Fraktion, danke schön. Gegenstimmen? Aus den Koalitionsfraktionen und der AfD-Fraktion. Enthaltungen? Keine. Damit mit Mehrheit abgelehnt.

Es ist die Überweisung an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport beantragt worden. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Die Koalitionsfraktionen, die CDU-Fraktion und in Teilen die AfD-Fraktion. Gegenstimmen? AfD-Fraktion. Enthaltungen? Keine. Damit mit Mehrheit an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport überwiesen.

Ich schließe damit diesen Tageordnungspunkt.

Wir kommen jetzt, weil die Abarbeitung der Plenarsitzung vorgesehen hat, dass wir den Tagesordnungspunkt 28 auf jeden Fall noch aufrufen, zum Tagesordnungspunkt 28

Landkreise und kreisfreie Städte beim erweiterten Unterhaltsvorschuss „nicht im Regen stehen lassen“ – schnelles Geld für alleinerziehende Mütter und Väter auch in Thüringen Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/4634 dazu: Unterhaltsvorschuss finanziell absichern – Bearbeitungszeiten verkürzen Entschließungsantrag der Fraktion der AfD - Drucksache 6/4710

Ich frage die CDU-Fraktion – Abgeordneter Thamm möchte gern seinen Antrag begründen. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Mitglieder des Hauses, sehr geehrte Gäste, plötzlich alleinerziehend – wenn Ehen und Partnerschaften auseinanderbrechen, sind es nicht nur emotionale Härten, sondern es ist auch häufig mit finanziell spürbaren Einschnitten im weiteren Leben verbunden, auch wenn der Elternteil bzw. der Partner weiter die Pflicht hat, seinen Teil zum Unterhalt zu leisten. So kommen laut Statistik circa 50 Prozent der Unterhaltspflichtigen der Verpflichtung nicht nach

und von den restlichen Unterhaltspflichtigen kommt wiederum nur die Hälfte unregelmäßig oder nicht ausreichend ihrer Pflicht nach, den Unterhalt für Kinder zu leisten. Alleinerziehende Elternteile stehen in einer solchen Situation vor völlig neuen Herausforderungen und müssen sich im Alltag als alleinerziehende Mütter und Väter mit Kindern einer Vielzahl von Belastungen stellen. Wir empfinden größten Respekt vor denjenigen, die die große Verantwortung allein schultern, Kinder gut aufwachsen zu lassen.

Vor diesem Hintergrund hat der Bund im Juni dieses Jahres die Änderung des Gesetzes zum Unterhaltsvorschuss für alleinerziehende Mütter und Väter auf den Weg gebracht. Der Unterhaltsvorschuss ist nun bis zum 18. Lebensjahr erweitert und die zeitliche Begrenzung von 72 Monaten wurde aufgehoben. Damit kommt die Bundesregierung der Verpflichtung gegenüber den Alleinerziehenden und deren Kindern nach, der Armutsprävention und Armutsbekämpfung bei diesem Personenkreis entgegenzusteuern. Hier wird mit Bundesmitteln die Situation einer der von Armut gefährdetsten Personengruppe in der Gesellschaft verbessert und nachhaltig gestärkt. Mithilfe des Unterhaltsgesetzes lässt sich die Situation wenigstens über einen begrenzten Zeitraum mildern.

In Ihrem Antrag „Armut bekämpfen – Armutsprävention stärken“ vom 02.11.2016 fordern Sie die Landesregierung unter Punkt 3 d) auf, sich genau für diese Änderung starkzumachen. Nun ist sie da, die Änderung vom Unterhaltsvorschussgesetz, und die Bezugsberechtigten können Anträge stellen. Aber es hapert an der Umsetzung, weil Sie sich verweigern, den Kommunen das Geld zu geben, um das Gesetz zügig und zeitnah umzusetzen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das ist gelogen!)

Es ist mittlerweile ein Antragsvolumen, das die Schätzungen und die Aussagen durch den Landkreistag in diesem Sommer weit übersteigt. Die damalige Forderung nach dem personellen Mehrbedarf wird nicht ausreichen, um das Antragsvolumen zeitnah abzuarbeiten – so auch die Aussage in der vorigen Woche auf dem Gemeinde- und Städtebund-Tag durch den Vorsitzenden. Der Landkreistag hat im September in einem einstimmigen Präsidiumsbeschluss und in einer Pressemitteilung die Landesregierung aufgefordert, diese Leistungen für die Bearbeitung der Anträge für 2017 auszugleichen, und gesagt – ich zitiere –, dass die 7 Millionen Euro bereits 2017 notwendig sind, um Kinderarmut in Thüringen zu bekämpfen. Durch Ihre Weigerung, die Kommunen in der Umsetzung des Gesetzes zu unterstützen, haben die Schwächsten der Gesellschaft den Nachteil, wenn sie nicht zu dem Geld kommen,

(Präsident Carius)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das ist doch ein Rechtsanspruch!)

welches ihnen als Ersatzleistung für den gezahlten Unterhaltsvorschuss eines Elternteils zusteht, zeitnah und schnell.

Es ist für uns völlig unverständlich, dass Sie einen Antrag „Armut bekämpfen – Armutsprävention stärken“ einbringen, eine Anhörung durchgeführt wird und Ihr Handeln genau das infrage stellt bzw. verzögert. Wir möchten deshalb mit diesem Antrag von Ihnen wissen, wie der Stand der Umsetzung des Gesetzes ist und wie Sie die Kommunen bei der Bewältigung der Erweiterung der Aufgabe unterstützen, damit die alleinerziehenden Mütter und Väter und deren Kinder die Leistung zeitnah bekommen, die ihnen laut Gesetz zusteht. Danke.

(Beifall CDU)

Vielen Dank. Wünscht die AfD-Fraktion das Wort zur Begründung ihres Entschließungsantrags? Momentan nicht erkennbar. Dann freue ich mich, dass die Landesregierung einen Sofortbericht angekündigt hat. Frau Ministerin Werner, Sie erhalten das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, zunächst möchte ich auch noch mal – wie von Herrn Thamm angesprochen – auf die große Herausforderung eingehen, die Alleinerziehende hier in Deutschland haben. Wir wissen, wenn Menschen alleinerziehend werden, ist das leider oft mit einem großen Armutsrisiko verbunden, dem diese Menschen dann unterworfen sind. Ich sehe auch, dass es ein Skandal ist, dass dann insbesondere die Väter – so ist es leider meistens – ihren Verpflichtungen des entsprechenden Unterhalts nicht nachkommen. Es ist gut, dass der Staat hier auch Verantwortung übernimmt.