Protocol of the Session on August 17, 2017

(Beifall CDU, AfD)

Wir leben in Deutschland in einem Rechtsstaat, in dem uns unsere Verfassung das Recht gibt, unsere Meinung zu äußern und sich dafür auch zu versammeln. Davon haben in Hamburg viele Menschen friedlich Gebrauch gemacht. Das gehört zur Ehrlichkeit dazu, aber es gehört eben auch dazu, dass

nicht nur Einzelne dieses Recht ausgenutzt haben, um ihren Aggressionen freien Lauf zu lassen und um die Vertreter der staatlichen Ordnung, unsere Polizisten, anzugreifen. Mit freier Meinungsäußerung hat dies absolut nichts zu tun. Das sind Straftaten. Wer mit Stahlgeschossen auf Polizisten losgeht, wer schwere Steine auf Häuserdächern lagert, um diese auf Polizisten zu werfen, lässt nicht nur das Menschliche vermissen, sondern dem fehlt es an Respekt gegenüber dem Staat, schlimmer noch, der zeigt seinen Hass auf unsere Demokratie und keine Achtung vor dem menschlichen Leben.

(Beifall CDU, AfD)

Und während die Bilder von Hamburg noch nachhallen, gesellen sich neue Bilder aus meiner Heimat dazu, und das hat mich auch bewogen, heute hier nach vorn zu treten, denn Themar wurde ja nun mehrfach heute angesprochen. Der Innenminister hat heute zu Recht gesagt, dass hier ein Schwerpunkt in der Betrachtung auf dem Thema „Rechtsextremismus“ liegt. Dass sich in Themar Nazis aus ganz Europa versammeln, das bestürzt mich. Ausdrücklich möchte ich an dieser Stelle heute hier allen Menschen aus Themar und der Umgebung danken, die sich friedlich gegen diese Veranstaltung eingesetzt haben.

(Beifall im Hause)

Das erfordert nicht nur Engagement, sondern das erfordert vor allem Mut. Ich möchte heute hier auch unserer Kreisverwaltung danken – der Innenminister hat die Einzelfallprüfung auch schon angesprochen –, die sich letztlich bemüht hat, den rechtlichen Rahmen voll ausgeschöpft hat, um diese Veranstaltung zu verhindern. Die Versammlungsfreiheit ist konstituierend für unsere Demokratie und daher mit höchster Sorgfalt zu prüfen. Wir sind, Herr Höcke, kein Gesinnungsstaat und wir dürfen auch keiner werden. Das Versammlungsrecht darf kein Werkzeugkasten für amtierende Regierungen sein.

Aber ich möchte auch noch mal den Blick nach Thüringen lenken, weil wir das heute schon ein paar Mal hatten: Hier – Kollege Fiedler hat es angesprochen –, wenn wir von Gesinnung und über die Eindrücke reden, können wir uns als Fraktion nicht dahinter stellen, wenn Sie, Rot-Rot-Grün als gewählte Politiker, die Verantwortung für unser Land tragen, mit Slogans wie „All cops are bastards – Alle Polizisten sind Bastarde“ werben. Dafür gibt es von meiner Fraktion ein ganz klares Nein.

(Beifall CDU)

Den Einsatzkräften in Themar möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich noch mal meinen Dank aussprechen. Sie haben trotz des Spuks dort für Ordnung und Sicherheit gesorgt. Sie haben das auch wahrnehmbar getan, denn die Menschen in Themar hatten trotzdem ein Sicherheitsgefühl durch die anwesenden Polizistinnen und Polizisten, und das

(Abg. Adams)

zeigt auch das Vertrauen in den Staat. Aber in der ohnehin schwierigen Lage, die nicht nur ein paar Stunden andauerte, mit Vorbereitung und Anreise, mit Einsatz bis in die Nachtstunden, ist es natürlich schwierig, wenn scheinbar ein zusätzlicher Druck auf unsere Polizeibeamten durch zusätzliche Beobachtung entsteht. Ich möchte an dieser Stelle doch noch mal auf die parlamentarischen Beobachter eingehen. Wenn bei den Beamten der Eindruck vermittelt wird, dass man auf Fehler der Polizei wartet, dann trägt das nicht unbedingt zur Entspannung der Situation bei.

(Zwischenruf Abg. Kräuter, DIE LINKE: Ein Schwachsinn, was Sie hier erzählen!)

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Eine Frechheit, was Sie hier erzählen!)

Aber auch der Darstellung von Herrn Kräuter, dass die CDU nicht dabei gewesen ist, möchte ich heute hier ausdrücklich widersprechen. Ich war an diesem Tage mehrfach in Themar auf dem Markt vor Ort, habe dort geredet und habe mich auch bei unseren Polizeibeamten über die Situation informiert. Wenn ich dann auf Twitter Bilder fröhlicher Abgeordneter sehe, die sich zuprosten, mit dem Hashtag #wirsindalleAntifa, dann muss ich sagen, dann kann sich eben nicht jeder dahinter versammeln. Ich begrüße es ausdrücklich, wenn sich Menschen in vielfältiger Weise gegen neonazistische Strukturen einsetzen, aber der Protest gegen diesen braunen Ungeist heiligt auch nicht alle Mittel. Wenn jetzt in Südthüringen von Linken-Abgeordneten dafür geworben wird, doch die antifaschistischen Strukturen zu legitimieren, inklusive der autonomen Gruppen, dann halte ich das für den falschen Weg. Wir haben heute schon gehört, welche Aussagen im Internet kursieren, auch für Südthüringen. Dahinter kann sich kein Demokrat versammeln.

Kundgebungen gegen Rechtsextremisten mit der linksextremistischen Antifa zu begegnen und zu gestalten, halte ich für falsch. Herr Poppenhäger, ich muss Ihnen an dieser Stelle auch widersprechen, Sie haben die Zahlen der autonomen Gruppen für Thüringen offengelegt, die Zahlen heute gesagt. Aber genauso wie das – ich sage mal – im Bereich des Rechtsextremismus möglich ist, ist es auch im Bereich dieser antifaschistischen Gruppen möglich, diese autonomen Szenen über soziale Netzwerke über Thüringen hinaus zusammenzurufen. Das möchte ich eben nicht. Der Antrag von Rot-RotGrün unterstreicht hier auch noch mal – Herr Fiedler hat schon darauf Bezug genommen –, dass hier zu zivilem Ungehorsam aufgerufen wird oder dass ziviler Ungehorsam zu einer lebendigen Demokratie dazugehört.

Wir werden Ihren Anträgen nicht zustimmen. Der Antrag der AfD sieht nur den Terror von links, das ist nicht zielführend, ebenso wie man bei Rot-Rot

Grün nur den Terror von rechts sieht. Leider gehört beides zu unserer Wirklichkeit, deshalb sind wir generell gegen Terror, egal ob von rechts, links oder von anderen Extremisten.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Aber verstanden haben Sie nichts, Frau Floß- mann!)

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Oberpeinlich!)

Ich wünsche mir auch für Thüringen, Herr Kollege Höhn, dass wir eine ehrliche Debatte darüber führen, wie die Strukturen ausgebaut sind und nicht nur den Blick auf das eine haben. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Es gibt eine weitere Wortmeldung. Abgeordnete Henfling, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Präsidentin, ich hatte ja fast vermutet, dass Frau Floßmann hier heute noch mal so in diese Debatte reingehen wird. Ich kann einige Sachen hier einfach so nicht stehen lassen, weil die einfach eine unglaubliche Frechheit sind.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Floßmann, die Kolleginnen und Kollegen, die in Themar vor Ort waren, waren dort nicht, um Druck auf die Polizei auszuüben. Wenn Sie dabei gewesen wären und wenn Sie sich damit auseinandergesetzt hätten, dann hätten Sie auch gewusst, dass wir auch mit der Polizei einen sehr guten Dialog im Vorfeld geführt haben, dass wir uns mit dem Innenministerium auseinandergesetzt haben, und dass wir uns sehr eng mit der Polizei vor Ort abgestimmt haben, was wir dort machen wollen, was wir als unsere Aufgabe sehen und was wir vor allen Dingen dort nicht wollen. Wir wollen nämlich nicht Druck auf die Polizei ausüben, damit die ihre Arbeit nicht machen kann, sondern wir haben uns als Parlamentarier in der Rolle gesehen, einerseits zu schauen, ob das polizeiliche Konzept vor Ort aufgeht.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Das können Sie beurteilen!? Ausgerechnet Sie!?)

Das halten wir übrigens für eine Aufgabe von Parlamentarierinnen und Parlamentariern, dass sie Exekutivorgane auch kontrollieren, das ist ihr Recht und ihre Aufgabe. Auf der anderen Seite waren wir vor Ort, um dort die Demonstrierenden und die Themarer Bürgerinnen und Bürger auch zu unterstützen. Dass Sie es wieder schaffen, wie Sie es in den letzten Wochen auch getan haben, hier den

(Abg. Floßmann)

Protest zu diskreditieren und antifaschistische Gruppen mit Neonazis gleichzusetzen, die dort zu Tausenden aufmarschiert sind,

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Heul doch, heul doch, heul doch!)

die gewaltbereit waren und die ganz andere Gedanken pflegen als die Menschen, die sich dort dagegengestellt haben, finde ich eine Unverschämtheit, dass Sie das wieder tun und dass Sie so tun, als wäre das das Normalste der Welt.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich hoffe wirklich, dass die Themarerinnen und Themarer und auch die Menschen in Südthüringen in den letzten Wochen mitbekommen haben, in welchen Topf Sie sie dort als die Abgeordnete von vor Ort werfen. Ich hoffe, dass das auch Konsequenzen für Sie hat. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächste Rednerin hat die Abgeordnete Muhsal, Fraktion der AfD das Wort. Meine Damen und Herren, ich bitte darum, die Zwiegespräche einzustellen. Jetzt hat die Abgeordnete Muhsal das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Besucher, ich muss sagen, ich bin doch erstaunt, welche Kapriolen hier von allen Fraktionen der rot-rot-grünen Regierungskoalition gedreht werden, um der Realität zu entfliehen.

(Beifall AfD)

Ich möchte mit der SPD beginnen, da wir ja nun ein SPD-geführtes Innenministerium haben. Frau Schwesig hat schon vor längerer Zeit gesagt, Linksextremismus sei ein aufgebauschtes Problem. Das war vor Hamburg. Herr Poppenhäger schließt daran an und sagt: Eigentlich brauchen wir keine Extremismusklausel. Es ist alles gar nicht so schlimm. Aber die Polizei, die kriegt ja bessere Schutzausrüstung. Wunderbar, toll – das hilft nicht weiter. Und ich muss sagen, ich finde diese Ausführungen, die Sie hier machen, ich finde das infam, so mit der Polizei und so mit unserem Sicherheitsapparat umzugehen.

Zeitgleich habe ich gesehen, Sigmar Gabriel, ebenfalls SPD, sagt: Wir haben kein Problem mit dem Linksterrorismus in Deutschland. – Das war heute, das war nach Hamburg. Sie ignorieren diese Probleme. Menschlich kann ich das gar nicht verstehen und politisch sehe ich dahinter nur eine Zielrichtung, nämlich die Zielrichtung zu sagen, das sind ja

eigentlich die Leute, die mir nutzen, deswegen ist das alles nicht so schlimm. Das ist ebenfalls infam.

(Beifall AfD)

Der Bezug zum Thüringer Landtag, da möchte ich mal drei Beispiele nehmen – wobei ich nicht ganz sehen kann, was mit meiner Redezeit ist, ich dachte eigentlich, ich hätte noch ein bisschen mehr. Wir haben hier im Thüringer Landtag eine Abgeordnete, die jubelt auf Twitter, wenn Leute vom Dach eines fünfstöckigen Hauses mit Wasserbomben beworfen werden. Sie verteilt Kaffee an Blockierer, freut sich darüber, dass sie da sind und sie bedankt sich im Plenum hier vor Ort bei der Antifa und sagt auch noch: „Macht weiter so!“ Das war vor Hamburg.

(Beifall CDU, AfD)

Wir haben einen Abgeordneten im Thüringer Landtag, der sich nicht zu schade dafür ist, zur Polizei zu gehen und nachzufragen, wo denn wohl Leute, die bei uns am Infostand stehen, wohnen – von der Polizei Auskunft zu verlangen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Wir haben einen Chef der Staatskanzlei, der offenbar meint, der Ministertitel reicht ihm nicht, der offenbar meint, der Professorentitel reicht ihm nicht. Nein, er hält die Bezeichnung „Linksextremist“ für einen Ehrentitel, stellt sich hierher und verleiht sich quasi selbst den Titel „Minister Prof. Dr. Linksextremist h. c. Hoff“. Das ist infam und das ist einer Landesregierung unwürdig.

(Beifall AfD)

Das ist noch nicht alles. Wir alle haben es hier erlebt. Bei einer Demonstration hier vor dem Thüringer Landtag haben sich Abgeordnete dieses Hauses,

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Gegen die Polizei gewendet!)

ebenfalls aus den regierungstragenden Fraktionen zum Schwarzen Block gestellt, vor den Schwarzen Block gestellt und die Thüringer Polizei an ihrer Arbeit gehindert. Auch das gehört zur Realität in Thüringen dazu. Diese Koalition, diese Regierung schützt Linksextremismus, sie fördert Linksextremismus und jeder von Ihnen – Sie haben das Ganze ja auch in Ihrem Antrag sehr verharmlosend dargestellt, ich möchte mal aus dem Antrag diesen Satz zitieren: „Protest und ziviler Ungehorsam sind hingegen notwendige Bestandteile einer lebendigen Demokratie.“ Das heißt, Sie gehen einfach hin und sagen diese Dinge: Wir sagen natürlich, wir sind gegen Gewalt, aber eigentlich sind sie gar nicht so schlimm. – Sie kleben einfach das Etikett „ziviler Ungehorsam“ drauf und dann ist das alles ganz, ganz toll.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist schon wieder gelogen!)

(Abg. Henfling)