Herr Staatssekretär, Sie hatten ausgeführt, dass sich die neonazistisch geprägte Gruppe mehrfach umbenannt hat. Meine Frage dazu: Ist die Führungsstruktur jeweils gleich geblieben, auch unter der neuen Gruppenbezeichnung, oder hat sich die Führungsstruktur geändert?
Dazu liegen mir hier keine Erkenntnisse vor. Die Frage kann ich Ihnen vom Pult aus nicht beantworten.
Die zweite Frage: Sie haben nichts gesagt zur Größenordnung der sich mehrfach umbenannten Gruppierung.
Das war zu Frage 1. Die Größenordnung bewegt sich nach meinen Informationen, wenn wir von dieser Tätergruppe – will ich es jetzt mal nennen – sprechen, im einstelligen Bereich.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Nächster Fragesteller ist Herr Abgeordneter Henke von der Fraktion der AfD mit der Drucksache 6/4068.
Laut Presseberichten vom 9. Juni 2017 – zum Beispiel in „Südthüringer Zeitung“ – haben auf dem Jüdischen Friedhof in Gotha Unbekannte 20 Grabsteine mit rechtsradikalen Symbolen beschmiert.
1. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung hinsichtlich der Tatverdächtigen vor? Bitte insbesondere auf die Zuordnung zur politisch motivierten Kriminalität, organisationalen Zugehörigkeit und eventuell vorliegende Vorstrafen eingehen.
2. Wie viele Beschädigungen oder Verunstaltungen von bzw. Angriffe auf jüdische Einrichtungen, Denkmäler und Friedhöfe fanden seit dem 1. Januar 2012 in Thüringen statt? Bitte nach Jahresscheiben aufschlüsseln.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Henke beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Die Antwort zu Frage 1: Der Vorfall ist Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen. Unter Hinweis auf Artikel 67 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen und § 477 Abs. 2 Satz 1 der Strafprozessordnung sehe ich insbesondere aus Datenschutzgründen und vor dem Hintergrund der im Strafverfahren zu beachtenden Unschuldsvermutung von Angaben zu diesem Sachverhalt ab.
Die Antwort zu Frage 2: Im Zeitraum vom 01.01.2012 bis 31.12.2016 wurden insgesamt 21 Straftaten im Sinne der Fragestellung polizeilich registriert. Davon wurden im Jahr 2012 zwei Delikte, im Jahr 2013 zwei Delikte, im Jahr 2014 ein Delikt, im Jahr 2015 sechs Delikte und im Jahr 2016 zehn Straftaten festgestellt.
Falls sich jemand gewundert haben sollte, dass ich die Frage in der Drucksache 6/4067 von Frau Abgeordneter Becker, SPD-Fraktion, nicht aufgerufen habe: Diese Frage wurde von der Fragestellerin zurückgezogen.
Wir kommen dann in der Reihenfolge zur nächsten Anfrage durch den Abgeordneten Kuschel, Fraktion Die Linke, in Drucksache 6/4069.
Kennzeichnung von Ortseingangsschildern im Zusammenhang mit der Neubildung von Einheitsbzw. Landgemeinden
Im Zusammenhang mit der Neubildung von Einheits- bzw. Landgemeinden spielt immer wieder die Kennzeichnung von Ortseingangsschildern bei Ortsteilen bzw. Ortschaften bei Bürgerinnen und Bürgern eine große Rolle. So erscheint beispielsweise in Dielsdorf, einem Ortsteil von Schloßvippach im Landkreis Sömmerda, lediglich der Name des Ortsteils auf dem Ortseingangsschild. Auch auf den Ortseingangsschildern der Ortschaften der Landgemeinde Ilmtal-Weinstraße, Landkreis Weimarer Land, fehlt ein Hinweis auf den Gemeindenamen. Die Gemeinden unterliegen der Rechtsaufsicht des Landes.
1. In welcher konkreten Art und Weise bzw. auf welcher Rechtsgrundlage muss im Zusammenhang mit der Neubildung von Einheits- bzw. Landgemeinden eine Veränderung der Kennzeichnung der Ortseingangsschilder in den neuen Ortsteilen bzw. Ortschaften pflichtig erfolgen?
2. Welche Behörde ist in diesem Zusammenhang zuständig und in welchem Zeitrahmen muss die veränderte Beschilderung erfolgen?
Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft, Herr Staatssekretär Sühl.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kuschel beantworte ich für die Thüringer Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Ortseingänge werden mit der sogenannten gelben Ortstafel, Zeichen 310 der Straßenverkehrsordnung, kurz StVO, gekennzeichnet. Die Regelungen für die verkehrsrechtliche Anordnung dieser amtlichen Verkehrszeichen sind mit der bundesweit gültigen StVO und der dazugehörigen Verwaltungsvorschrift vorgegeben. Ortstafeln sind Bestandteil der Wegweisung und haben eine straßenverkehrsrechtliche Wirkung. Erforderliche Änderungen, zum Beispiel aufgrund von Gemeindeneugliederungen oder Umbenennungen, sind daher zeitnah umzusetzen.
Zu Frage 2: Zuständig für die verkehrsrechtliche Anordnung von Ortstafeln sind die unteren Straßenverkehrsbehörden. Dies sind in Thüringen Landkreise, kreisfreie Städte, große kreisangehörige Gemeinden oder Gemeinden ab 10.000 Einwohnern, denen auf Antrag diese Funktion übertragen wurde. Auf Grundlage der verkehrsrechtlichen Anordnung muss der jeweilige Straßenbaulastträger die Aufstellung bzw. Änderung der Ortstafel vornehmen. Dies hat zeitnah zu erfolgen.
Zu Frage 3: Ausnahmen von der Straßenverkehrsordnung kann nach § 46 StVO in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller entsprechend der Thüringer Zuständigkeitsregelung das Landesverwaltungsamt erteilen. Bei den vom Fragesteller genannten Beispielen sind die Ortstafeln innerhalb einer Gemeinde teilweise unterschiedlich und entsprechen nicht vollständig den StVO-Vorgaben. Begründet wird dies einerseits mit den entstehenden Kosten und andererseits mit der fehlenden Akzeptanz durch die Bürgerinnen und Bürger. So wurde in Dielsdorf die Beschriftung der Ortstafeln mehrfach den gesetzlichen Bestimmungen angepasst. Dielsdorf wurde am 1. März 1974 eingemeindet und gehört seitdem zur Gemeinde Schloßvippach, vor der Gebietsreform 1994 gehörte der Ort zum Landkreis Erfurt-Land und danach zum Landkreis Sömmerda. Korrekt müsste auf den Ortstafeln an beiden Ortseingängen der L 1054 „Dielsdorf, Gemeinde Schloßvippach, Landkreis Sömmerda“ stehen. Die Bürgerinnen und Bürger von Dielsdorf akzeptieren dies jedoch nicht und die Ortstafeln wurden mehrfach überklebt bzw. übersprüht. Das Straßenbauamt als Baulastträger hat die Ortstafeln mehrmals gereinigt bzw. ausgetauscht. Nachdem die Kosten unverhältnismäßig hoch wurden, wurden in Abstimmung mit der Verwaltungsgemeinschaft die Ortstafeln mit der Beschriftung „Dielsdorf, Landkreis Sömmerda“ aufgestellt.
Bei den Ortstafeln der Gemeinde Ilmtal-Weinstraße ist es noch ein wenig komplizierter. Zum 01.01.2014 wurde aus den Mitgliedsgemeinschaften der Verwaltungsgemeinschaft Ilmtal-Weinstraße die Landgemeinde Ilmtal-Weinstraße gebildet. Die Verwaltungsgemeinschaft Ilmtal-Weinstraße bestand aus neun Mitgliedsgemeinden, wobei drei der
neun Mitgliedsgemeinden noch Ortsteile besaßen. Im Jahr 2014 wurden seitens der unteren Verkehrsbehörde drei verkehrsrechtliche Anordnungen, getrennt nach Straßenbaulastträger Bundes-, Landes, Kreis- oder Gemeindestraßen, zur Aufstellung neuer Ortstafeln erlassen. Angeordnet wurde aus Kostengründen an Bundes-, Landes-, Kreisstraßen jedoch lediglich der Austausch von Ortstafeln, deren Bezeichnungen nach der Änderung der Verwaltungsstruktur auch tatsächlich falsch waren wie zum Beispiel „Wersdorf, Gemeinde Pfiffelbach, Kreis Weimarer Land“ in neu „Wersdorf, Gemeinde Ilmtal-Weinstraße, Kreis Weimarer Land“. Die übrigen Ortstafeln, wie zum Beispiel „Niederroßla, Kreis Weimarer Land“, wurden im Hinblick auf eine mögliche Gebietsreform mit Änderung der Landkreisbezeichnung vorerst nicht geändert, da deren aktuelle Aufschrift nicht falsch ist. Die Ortstafeln an den Gemeindestraßen, das ist der kleinste Anteil, wurden von der neuen Gemeinde Ilmtal-Weinstraße angepasst. Mit der Umsetzung der Gebietsreform werden selbstverständlich alle Ortstafeln mit der neuen Gemeinde- und Landkreisbezeichnung versehen und entsprechend ausgetauscht.
Danke, Herr Präsident. Herr Staatssekretär, wenn sich wie im Fall Dielsdorf aufzeigt, dass das von den Bürgerinnen und Bürgern einer Gemeinde, die 1974 – habe ich es jetzt richtig verstanden? – eingemeindet wurde, nicht akzeptiert wird, stellt sich die Frage, inwieweit man die Bezeichnung auf den Ortsschildern so flexibilisieren oder liberalisieren kann, dass dort das Meinungsbild der Bürgerinnen und Bürger Berücksichtigung findet. Denn es kann ja nicht sein, dass man sagt in so einem Beispiel: Ungehorsam, also rechtswidriges Handeln, lässt den Staat irgendwann kapitulieren und dann wird es eben nicht gemacht. Dann wäre es besser, das gesetzlich zu regulieren und so eine Liberalisierungsvorschrift einzufügen. Inwieweit ist das möglich und können wir das als Land oder müssen das die Bundesbehörden machen?
Herr Abgeordneter, ich halte das für einen vernünftigen Vorschlag und ich denke auch, dass wir dafür keine Bundesrechte brechen müssen, sondern
dass das Land das in eigener Fähigkeit, in eigener Rechtsmöglichkeit tun kann. Und das sollten wir jetzt bei der anstehenden Verwaltungs-, Gebiets-, und Funktionalreform auch entsprechend angehen. Danke schön.
Ich sehe noch einen weiteren Nachfragebedarf, Herr Staatssekretär. Sie dürfen das Pult noch nicht ganz verlassen. Der Abgeordnete Fiedler verspürt den Wunsch nach einer weiteren Frage.
Heftiger Wunsch! Ich habe dreimal jetzt von Ihnen, Herr Staatssekretär, gehört, bei einer zukünftigen Gebietsreform – ich verkürze das Ganze – wird das und das gemacht. Was machen Sie denn, wenn keine Gebietsreform kommt?
Also, Herr Kollege Fiedler, es war definitiv eine Antwort. Dass die Antwort Sie nicht zufriedenstellt, dafür habe ich durchaus Verständnis.
Wir kommen jetzt zur nächsten Frage, eine Fragestellung der Abgeordneten Henfling, Bündnis 90/Die Grünen, in Drucksache 6/4074.
Sicherstellung von Pressefreiheit und Berichterstattung bei extrem rechten Konzerten und Versammlungen unter freiem Himmel in Thüringen