Nein, es ist nicht kostenfrei, aber es ist natürlich eine Pauschale, die man bezahlen muss, die aber die Studenten gern bezahlen, weil es nämlich sinnvoll ist.
Und wenn ich mit IHK-Vertretern spreche, dann sagen die mir auch, sie wären durchaus bereit gewesen, mit Ihnen gemeinsam Lösungen zu verhandeln, aber es scheint ja nicht viel gekommen zu sein.
(Zwischenruf Keller, Ministerin für Infrastruk- tur und Landwirtschaft: Sind wir doch dabei! Herr Bühl, jetzt sind Sie auf ganz dünnem Eis!)
Sie führen hier aktuell etwas ein, das an den Bedürfnissen der Betroffenen vorbeigeht. Das muss ich sagen. Da müssen Sie eindeutig noch einmal ran. Deswegen haben wir das auch noch mal als Forderung aufgenommen, zumal der Prozess ja schon lange läuft. Wir reden schon seit zwei Jahren über dieses Thema. Frau Keller, ich schätze Sie ja sonst wirklich sehr, aber dass das Verkehrsministerium so lange braucht, um da voranzukommen, das ist doch schon ein Zeichen, dass irgendwo etwas nicht funktionieren kann. Da muss man wirklich ran.
Das zusammenfassend zu dem Änderungsantrag, den wir heute eingebracht haben. Es ist eine wichtige Diskussion, die heute nicht abgeschlossen werden sollte, im Gastgewerbe für die Bedingungen zu sorgen, weil sich das Problem wirklich nicht so
leicht entschärfen lässt. Von daher bitte ich darum, heute unseren Änderungen, unserem Antrag zuzustimmen, um in dem Bereich weiter voranzukommen und vor allen Dingen gemeinsam voranzukommen, denn die Probleme kann man nicht ideologisch verengt betrachten. Das sind Probleme, die für das Land strukturell wirklich große Herausforderungen bieten werden.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete, sehr verehrte Zuschauer am Livestream! „So viel wie nötig, aber so wenig wie möglich“ – wenn es um das Thema „Bürokratie“ geht, kann diesen Leitsatz hier im Hohen Hause wohl jeder unterschreiben. Kollege Wucherpfennig hat berichtet, dass wir zu beiden Anträgen im Wirtschaftsausschuss eine umfangreiche Anhörung durchgeführt haben. Bevor ich auf einzelne Ergebnisse eingehe, gestatten Sie mir zunächst eine grundsätzliche Bemerkung zum Thema „Bürokratie“. Die meisten Menschen denken beim Thema „Bürokratie“ an die unangenehme Pflicht zum Ausfüllen von Formularen oder das Warten in einer Warteschlange im Landratsamt oder in der Gemeinde. Es mag sein, dass sich der Sinn solcher Pflichten für den Einzelnen unmittelbar nicht erschließt. Ich möchte jedoch davor warnen, diese Haltung zur Maxime politischen Handelns zu erheben. Denn Dokumentationspflichten, Prüfungen und Nachweise sind kein Selbstzweck, sondern wurden vom Gesetzgeber vorgesehen, um Arbeits-, Gesundheits- und Verbraucherschutz durchzusetzen. Es zeigt sich aber, dass der Thüringer Landtag in der Vergangenheit offenbar recht sparsam mit bürokratiefördernden Gesetzen umgegangen ist. Die Arbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammern hat in ihrer Stellungnahme eine Auflistung bürokratischer Belastungen im Gastgewerbe vorgelegt, in der sie insgesamt 88 Aufgaben bzw. Prüfungen aufzählt. Von diesen 88 resultieren aber nur neun aus Landesgesetzen. Wir sollten daher nicht den Eindruck erwecken, der Thüringer Landesgesetzgeber sei der Verursacher überbordender Bürokratie.
Ich will zwei Gesetze, die von der CDU auch in ihrem Antrag und in der Öffentlichkeit immer wieder kritisiert werden, erwähnen: Das Mindestlohngesetz und das Arbeitszeitgesetz. Das ist vor allem dann interessant, wenn man das zweite große, in der Anhörung benannte Problem mit in den Blick nimmt – den Fachkräftemangel. Die Zahl der neu ausgebildeten Fachkräfte in Thüringen bleibt in der Gastro
nomie seit Langem hinter dem Bedarf zurück. Das liegt auch daran, dass das Gastgewerbe unter Schulabgängern mit seinen branchenbedingt flexiblen Arbeitszeiten oftmals am Wochenende und einer im Vergleich zu anderen Branchen niedrigeren Bezahlung als unattraktiv gilt.
Wenn deutschlandweit von 6.000 vom Zoll geprüften Unternehmen gegen 1.700 ein Ermittlungsverfahren wegen Verstoß gegen das Mindestlohngesetz eingeleitet wird, trägt dies dazu bei, dieses Bild zu festigen.
Auch die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit weist in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass selbst die Bezahlung nach Mindestlohnniveau weder national, noch international in der Lage ist, im Wettbewerb um Fachkräfte zu bestehen. Vor diesem Hintergrund tut man der Gastronomie mit Ihren Forderungen nach noch flexiblerem Arbeitseinsatz, längerer Arbeitszeit und weniger Kontrolle beim Mindestlohn, alles andere als einen Gefallen.
Nur gemeinsam kann es den Tarifpartnern gelingen, die Attraktivität des Gastgewerbes für Fachkräfte zu erhöhen. Dazu gehören neben den Fragen der Arbeitszeit und der Entlohnung auch die Weiterbildung, Qualifizierung und Spracherwerb für Auszubildende nicht deutscher Herkunft. Dazu gehören auch Anstrengungen zur Verbesserungen der Servicequalität. Dazu gehört natürlich auch, Hinweise der Gastronomie zum Bürokratieabbau, unter Beachtung von Arbeits- Verbraucher- und Gesundheitsschutz zu überprüfen und – sofern landesrechtlich möglich – umzusetzen.
Mit unserem Alternativantrag greifen wir diese Aspekte auf und werden die Landesregierung bitten, diese Aufgaben auch anzupacken. Ich werbe daher abschließend für die Zustimmung zu unserem Antrag. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Besucherinnen und Besucher, werte Kolleginnen und Kollegen, wir reden heute hier über zwei Anträge, um das Thüringer Gaststättengewerbe für die zukünftigen Herausforderungen wieder fit zu machen. Mich hat es
schon damals sehr verwundert, dass die CDU diesen Antrag überhaupt gestellt hatte. Denn wenn ich mir die Zahlen über die Entwicklung des Gastgewerbes in den zurückliegenden Jahren in Thüringen ansehe, so ist eigentlich schon seit 2011 klar, dass hier schon längst hätte etwas unternommen werden müssen. Aber offensichtlich fehlte damals der Mut, ein umfassendes Konzept vorzulegen, und Maßnahmen, die vielleicht schon damals hätten eingeleitet werden können, sind offensichtlich konsequent verschleppt worden.
(Zwischenruf Abg. Bühl, CDU: Das war da- mals schon SPD-Wirtschaftsministerium. Hätten Sie machen können!)
Doch lassen Sie uns noch einmal die Anhörung im Ausschuss Revue passieren und lassen Sie mich zusammenfassen, wo die Probleme in der Branche liegen. Es ist ganz eindeutig die Fachkräftesituation. So ist es bei der Podiumsdiskussion der IHK in dieser Woche zur Halbzeitbilanz unserer Koalition gekommen, dass 67 Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmer – das betrifft jetzt nicht nur die Hotel- und Gaststättenbereiche – angegeben haben, dass für eine Standortentscheidung insbesondere die Fachkräftesituation vor Ort eines der wichtigsten Kriterien darstellt. Dieser Aussage der Unternehmer stimmen wir, Bündnis 90/Die Grünen, vollumfänglich zu, denn wir wollen und müssen die Fachkräftesituation in Thüringen verbessern. Wir wollen, dass sich die jungen Menschen in Thüringen wohlfühlen und nach der Schulausbildung in eine berufliche Ausbildung eintreten und eben nicht aus Thüringen abwandern. Doch wo liegen die Kernpunkte gerade in diesem Bereich? In der Anhörung haben beispielsweise die DGB-Jugend und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten auf Folgendes hingewiesen; ich zitiere aus dem Protokoll: Das Gastgewerbe als Ausbildungsbranche hat nicht nur einen schlechten Ruf, auch in den Ausbildungsreporten, die die DGB-Jugend jährlich erhebt, kommen Ausbildungsberufe aus dieser Branche besonders schlecht weg. Das liegt mitunter daran, dass die Ausbildung nicht als Lernverhältnis gelebt wird. Vielmehr verrichten die Azubis die gleichen Aufgaben wie Angestellte im Betrieb und das für viel weniger Geld. – Weiter heißt es da: Das schlechte Abschneiden der Ausbildungsberufe in unseren Umfragen liegt auch an der geringen Ausbildungsvergütung der Branche. – An dieser Stelle muss ich dann auch einmal ehrlich in Richtung der Unternehmer feststellen, dass die Politik eben nicht für jede Fehlentwicklung verantwortlich gemacht werden kann. Vielmehr muss die Branche auch faire Arbeitsbedingungen vorhalten, um attraktiv für Auszubildende zu sein.
Arbeitsplätze nicht verstehen, wenn eben gerade diese es doch in der Hand haben, etwas an der Situation mit zu verändern.
Denn was ist die Quintessenz dieser Entwicklung? Die Jugendlichen suchen sich andere Branchen für ihre Ausbildung oder sie wandern in andere Bundesländer ab, wo die Arbeitsbedingungen und die Lohnsituation zusammenpassen.
Wenn der zweite Fall eintritt, wird es relativ schwierig, sie jemals wieder nach Thüringen zurückzuholen und für den hiesigen Arbeitsmarkt zu gewinnen. Die NGG stellt in ihrer Stellungnahme weiterhin fest, dass im Hotel- und Gaststättengewerbe die Arbeitsorganisation der Betriebe oftmals ungenügend ist und gesetzlich und tariflich geregelte Arbeitszeiten missachtet werden. Gerade auf junge Menschen, die auf der Suche nach Arbeit oder einem Ausbildungsplatz sind, wirken diese Bedingungen eher abschreckend als motivationsfördernd. Arbeitszeit muss, gerade in der Ausbildung, planbar und zuverlässig sein, um mit Familie und Freizeit vereinbart zu werden. Auch dieser Umstand ist in den Unternehmen bekannt, wie ich bei der IHK vor zwei Tagen erfahren habe, als der Präsident Dieter Bauhaus in seiner Eröffnungsrede in etwa so formulierte: Früher wollten wir nur viel arbeiten und heutzutage wollen die Leute so etwas wie eine Work-Life-Balance vorweisen können. Meiner Meinung nach trifft er damit den Nagel auf den Kopf. Einen solchen Wandel gibt es aber nicht erst seit gestern, sondern die Entwicklung hat sich über mehrere Jahre vollzogen. Die Unternehmen sind gezwungen, sich dieser gesellschaftlichen veränderten Entwicklung zu stellen.
Wir wissen, das ist nur ein Teilbereich der Probleme, denen wir uns stellen müssen, aber ich habe diesen Teilbereich bewusst noch einmal ausgewählt, um zu verdeutlichen, dass wir aufhören müssen zu warten, wo denn die Fachkräfte nun endlich einmal vom Himmel fallen sollen.
Die Betriebe haben es oft wirklich selbst in der Hand, wie sie geeignetes Personal finden und in den Betrieben halten können. In diesem Zusammenhang spielt die oftmals gescholtene Bürokratie – das haben wir eben gehört – zumindest für den Punkt, den wir von Thüringen aus bewegen können, eine eher untergeordnete Rolle. Dabei sind es häufig hausgemachte Probleme. Wir von der Koalition unterstützen diejenigen Unternehmerinnen und Unternehmen, die sich engagiert und innovativ den neuen Herausforderungen eines sich ständig verändernden Marktes zu stellen bereit sind.
Damit mir keine Einsichtigkeit vorgeworfen wird, zitiere ich auch gern noch einmal die dwif-Consulting, die im Rahmen der Untersuchung für eine neue Tourismuskonzeption Folgendes in der Anhörung festgestellt hat: Wesentlich für die zukünftige Entwicklung des Arbeitsmarktes sind zusätzlich zur Frage der Höhe von Löhnen und Gehältern unter anderem Aktivitäten zur Imageverbesserung, eine stärkere Integration älterer Arbeitskräfte und eine Steigerung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. – Diese Feststellung kann man nur noch einmal unterstreichen. Sie beschreibt genau die Herausforderungen, die anstehen.
Doch gehen wir noch einmal prinzipiell einen Schritt zurück. Der DEHOGA stellt in seiner Stellungnahme fest, dass immer mehr kleinere Unternehmen, vor allem Familienbetriebe, aufgrund der Altersstruktur und der geringen Umsätze aufgeben. Auch das haben wir eben schon einmal gehört. Nachfolger sind mit großen regionalen Unterschieden oft nicht auffindbar. Mit dieser Entwicklung hat ein Kreislauf eingesetzt, den man nur schwer wieder aufbrechen kann. Schließen die Gaststätten in den Orten, dann bleiben die Touristen weg und die Umsätze sinken, nicht nur bei den verbliebenen touristischen Betrieben. Wir müssen deshalb überlegen, wie wir es schaffen, Gaststätten zu erhalten. Ein Blick in das touristisch erfolgreiche Bayern hilft, denn dort gibt es mehrere Initiativen, um etwas gegen das Wirtshaussterben auf dem Land zu unternehmen. Doch dort sind die Voraussetzungen noch einmal ganz andere. Mit Bayern beispielsweise verbindet der Tourist Gastfreundschaft und Geselligkeit. Genau diese Attribute sind es, die notwendig sind, um eine Emotionalität zwischen Gast und Region herzustellen. Uns muss es gelingen, diese Attribute auch zukünftig mit einem Urlaub in Thüringen in Verbindung zu bringen.
Da haben wir ganz offensichtlich Nachholbedarf. Mit rationalen Gesichtspunkten oder über lediglich den Preis wird es Thüringen, auch das haben wir immer wieder gehört, im Wettbewerb mit anderen Urlaubsregionen ausgesprochen schwer haben. Gastfreundschaft und Geselligkeit beginnen bereits mit der Außendarstellung. Rechtsrock-Konzerte, Schweineköpfe auf Kreuzen oder Aufmärsche von Thügida, AfD und Co. vermitteln Gästen eher ein Gefühl des Nichtwillkommenseins in diesem Bundesland.
Und das ist genau das, was die Leute, die da mitmarschieren oder initialisieren, nicht verstehen. Sie schaden in einem erheblichen Maße dem Ansehen Thüringens auf nationalen Tourismusmärkten und auf internationalen Tourismusmärkten. Hier brau
chen wir ein Umdenken und einen Imagewandel. Rechtsradikale, rechtsextreme und verkappte Nationalisten haben hier in Thüringen aus meiner Sicht nichts verloren und nichts zu suchen.
Die Thüringerinnen und Thüringer müssen in allen Regionen eine Willkommenskultur vorleben und erkennen, dass die Zeiten der Abschottung und Isolation auch hier bald vorbei sind. Weltoffenheit und Gastfreundschaft schafft Arbeitsplätze und führt dazu, dass sich alle Menschen bei uns wohlfühlen und dieses auch über unsere Landesgrenzen hinaus verbreiten. Davon profitieren dann auch nicht nur die Tourismusbranche, sondern alle Wirtschaftszweige, denn womit werben beispielsweise Länder wie Bayern oder Schleswig-Holstein. Es ist der Slogan „Arbeiten und Leben, wo andere Urlaub machen“ und den kann man momentan für Thüringen offensichtlich nicht ansatzweise unterschreiben.
Herr Kollege Müller, einen kleinen Augenblick, die Abgeordnete Floßmann möchte Ihnen gern eine Zwischenfrage stellen.
Herr Müller, geben Sie mir recht, wenn wir immer wieder diese Rechtsrockkonzerte auch bei allen Themen ansprechen, dass wir selbst immer wieder dem Image von Thüringen schaden?