1. Welche Gründe werden als verhältnismäßig dafür erachtet, Asylsuchende aus dem gewohnten Lebensumfeld, in dem sich Freundschaften zu dort lebenden deutschen Familien entwickelt, die Eltern sich ehrenamtlich engagiert hatten, die Kinder in der Schule gut integriert waren, an einen anderen Wohnort umzusiedeln?
2. Welche Vorgaben, zum Beispiel rechtsmittelfähiger Bescheid mit Widerspruchsmöglichkeit für die Betroffenen, bzw. welche Abwägungen im Rahmen des Ermessens, zum Beispiel hinsichtlich des Kindeswohls oder der Integrationsbemühungen, sind im verwaltungsrechtlichen Verfahren von den zuständigen Behörden in Fällen der Umsiedelung aus einer Wohnsitzgemeinde in eine andere Gemeinde einzuhalten bzw. vorzunehmen?
3. Hält die Landesregierung das Agieren der genannten Behörde für angemessen und sachgerecht, den Betroffenen jedwede Anhörung, Rechtfertigung oder Ausräumung der Gründe vorzuenthalten?
4. Welche Anstrengungen werden unternommen, um in den Thüringer Landkreisen und kreisfreien Städten einheitliche Vorgehensweisen zu gewährleisten?
Es antwortet für die Landesregierung das Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz. Herr Minister Lauinger hat das Wort, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Berninger beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Antwort auf Frage 1: Für die Änderung der Unterbringung von Asylsuchenden innerhalb der zugewiesenen kommunalen Gebietskörperschaft können verschiedene Gründe maßgeblich sein, wie etwa die Kündigung eines Mietverhältnisses durch einen privaten Vermieter oder der Schutz von Asylsuchenden vor gewalttätigen Übergriffen Dritter. Ob und inwieweit es sich jeweils um eine verhältnismäßige Maßnahme handelt, kann nicht abstrakt beurteilt werden, sondern muss anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls bewertet werden. Grundsätzlich liegt die Unterbringung der Flüchtlinge nach dem Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz in der Verantwortung der Landkreise und kreisfreien Städte.
Antwort auf Frage 2: Die in Thüringen aufzunehmenden Flüchtlinge werden gemäß der Thüringer Flüchtlingsverteilungsverordnung vom Landesverwaltungsamt auf die Landkreise und kreisfreien Städte verteilt. Sofern nach dieser Zuweisungsentscheidung die Zuständigkeit der betreffenden Gebietskörperschaft begründet worden ist, sind auch für die danach zu treffenden Entscheidungen der jeweiligen Gebietskörperschaft über die konkrete Unterbringung und den Aufenthalt der Asylsuchenden die Regelungen des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetzes zu beachten. Daraus folgt, dass danach ergehende Bescheide, die der Anfechtung unterliegen, nach Maßgabe des § 37 Abs. 6 des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetzes eine Rechtsbehelfsbelehrung zu enthalten haben. Daneben müssen sie bei bestehendem behördlichen Ermessen den Anforderungen des § 40 des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetzes entsprechen. Im Falle der Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht, wie es in der Anfrage im konkreten Fall zugrunde liegt, richtet sich die ausländerrechtliche Entscheidung nach § 61 Abs. 1 d des Aufenthaltsgesetzes. Danach ist ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer, dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist, verpflichtet, an einem bestimmten Ort seinen Aufenthalt zu nehmen. Es handelt sich damit um eine Wohnsitzauflage. Die Ausländerbehörde kann eine solche Wohnsitzauflage von Amts wegen oder auf Antrag des Ausländers ändern. Hierbei sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichba
rem Gewicht zu berücksichtigen. Die diesbezügliche Entscheidung ist eine Frage des Einzelfalls unter der Berücksichtigung der jeweils konkreten Umstände. Die betreffende Ausübung des behördlichen Ermessens unterliegt der gerichtlichen Kontrolle nach Maßgabe des § 114 der Verwaltungsgerichtsordnung. Ein Widerspruchsverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung entfällt in ausländerrechtlichen Entscheidungen gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 des Thüringer Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung.
Antwort auf Frage 3: Nach Angaben des Landratsamts Greiz wurden in dem der Anfrage zugrunde liegenden Fall die Ehegatten vom Landratsamt Greiz vor dem Umzug zu einem persönlichen Gespräch geladen und im Rahmen eines Gesprächs die Gründe und die Modalitäten, die das Landratsamt Greiz für den Umzug gesehen hat, erörtert. Danach ist der Bescheid zur Zuweisung einer anderen Unterkunft innerhalb des Landkreises Greiz vom Landratsamt ergangen. Weitere Erkenntnisse liegen nach den Akten der Landesregierung nicht vor.
Antwort auf Frage 4: Wie bei der Antwort zu Frage 1 bereits ausgeführt, liegt die Unterbringung der Flüchtlinge nach dem Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz in der Verantwortung der Landkreise und kreisfreien Städte. Gleichwohl wurden die Landkreise und kreisfreien Städte vom Landesverwaltungsamt dahin gehend sensibilisiert, dass ein Umzug von Flüchtlingen aus Wohnungen in Gemeinschaftsunterkünfte, insbesondere unter integrationspolitischen Gesichtspunkten, mehr als kontraproduktiv ist. Die Landesregierung setzt daher Impulse für die Unterbringung von geflüchteten Menschen in Wohnungen. Dies geschieht insbesondere durch das Auslaufen der Investitionspauschale für die Schaffung von Unterbringungsplätzen in Gemeinschaftsunterkünften und die eingeführte Investitionspauschale für die Schaffung von Unterbringungsplätzen in Wohnungen.
Danke schön. Eine Nachfrage. Herr Minister, Sie haben in der Antwort auf Frage 2 auf die Regelungen nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz zu Bescheid und Rechtsbehelfsbelehrung verwiesen und dann in der Antwort zu Frage 3 über einen Bescheid gesprochen. Hat dieser Bescheid zum Umzug aus Zeulenroda nach Weida eine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten? Können Sie das sagen?
Das kann ich auswendig jetzt hier nicht sagen. Das muss ich noch mal nachprüfen lassen und würde ich Ihnen nachreichen.
Weitere Nachfragen sehe ich nicht. Herr Minister, herzlichen Dank für Ihre Antworten. Herr Abgeordneter Müller hat eine weitere Frage in der Drucksache 6/3976.
Einhaltung der Mindeststandards nach der Thüringer Gemeinschaftsunterkunfts- und Sozialbetreuungsverordnung in Gemeinschaftsunterkünften für Flüchtlinge
Nach Informationen des Fragestellers war die im Jahr 2015 in Containern eingerichtete Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge in Weida im Landkreis Greiz noch bis mindestens zum Sommer 2016 nur ungenügend ausgestattet, beispielsweise war der vorzuhaltende Gemeinschaftsraum bis dato noch ohne Ausstattung, in der Einrichtung gab es keine Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung, sodass dort lebende Kinder sich selbst behelfen und sich beispielsweise zum Spielen in den Wohnräumen der dort untergebrachten Familien treffen mussten.
1. Wie wird die Einhaltung der in der Thüringer Gemeinschaftsunterkunfts- und Sozialbetreuungsverordnung geregelten Mindestbedingungen kontrolliert und sichergestellt?
2. Wann und mit welchen Ergebnissen und Konsequenzen wurde seit Jahresbeginn 2016 die Einhaltung der in der Thüringer Gemeinschaftsunterkunfts- und Sozialbetreuungsverordnung geregelten Mindestbedingungen in den Unterkünften des Landkreises Greiz kontrolliert?
3. Ist es in den Unterkünften der Landkreise untergebrachten Asylsuchenden gestattet, sich zum Spielen oder gemeinsamen Fernsehen in den Wohnräumen zu treffen?
Antwort auf Frage 1: Die Einhaltung der in der Thüringer Gemeinschaftsunterkunfts- und Sozialbetreuungsverordnung geregelten verbindlichen Standards für den Betrieb von Gemeinschaftsunterkünften wird vom Thüringer Landesverwaltungsamt durch Besichtigung der Gemeinschaftsunterkünfte in den Landkreisen und kreisfreien Städten überprüft und auch protokolliert. Zudem sind die kommunalen Gebietskörperschaften zur jährlichen Vorlage eines Tätigkeitsberichts über die Sozialbetreuung verpflichtet.
Vor dem Hintergrund des unerwartet hohen Bedarfs an Unterbringungsplätzen für Geflüchtete ab der zweiten Jahreshälfte 2015 und der damit verbundenen großen Herausforderung für die Landkreise und kreisfreien Städte in Thüringen wurde ab August 2015 die Einhaltung der Mindestanforderungen zeitweilig ausgesetzt und es fanden keine routinemäßigen Überprüfungen der Gemeinschaftsunterkünfte mehr statt. Seit Juni 2016 sind die kommunalen Gebietskörperschaften unter Berücksichtigung einer Übergangszeit bis 30. September 2016 wieder gehalten, die Mindestanforderungen in den Gemeinschaftsunterkünften zu erfüllen. Mit betreffenden Kontrollen hat das Landesverwaltungsamt im August 2016 wieder begonnen.
Antwort auf Frage 2: Das Landesverwaltungsamt hat im August 2016 mit der routinemäßigen Überprüfung von Gemeinschaftsunterkünften in den Landkreisen und kreisfreien Städten begonnen. Bisher hat noch keine Überprüfung von Gemeinschaftsunterkünften im Landkreis Greiz stattgefunden.
Die Antworten auf die Fragen 3 und 4 würde ich aufgrund des Sachzusammenhangs zusammenfassen: Die Thüringer Gemeinschaftsunterkunfts- und Sozialbetreuungsverordnung sieht die Ausstattung von Gemeinschaftsräumen in einer Unterkunft mit einem Fernsehgerät und einem Radiogerät vor. Die so eingerichteten Gemeinschaftsräume bieten den Asylsuchenden Gelegenheit zum Treffen, Unterhalten und Fernsehen, während die Wohnund Schlafräume eine gewisse Rückzugsmöglichkeit bieten sollen. Sofern Kinder in der Unterkunft leben, ist ein Kinderspielzimmer einzurichten. Im Übrigen liegen der Landesregierung derzeit keine Erkenntnisse zur Verfahrensweise in den einzelnen Gemeinschaftsunterkünften der Landkreise und kreisfreien Städte vor.
Herr Minister, Sie haben von der Verpflichtung der Landkreise und kreisfreien Städte berichtet, jährlich einen Bericht zur Sozialbetreuung vorzulegen. Meines Wissens muss der Ende des I. Quartals für das Vorjahr vorgelegt werden. Hat es vom Landkreis Greiz einen solchen Bericht gegeben?
Meine zweite Frage. Sie haben gerade in Beantwortung der letzten beiden Fragen davon gesprochen, dass Gemeinschaftsräume mit TV vorzuhalten sind, ebenso wie Spielzimmer für Kinder, wenn Kinder in der Einrichtung sind. Haben Sie sich in Vorbereitung auf die Anfragen erkundigt, ob es im Landkreis Greiz, gerade in Weida, diesem Containerdorf, einen Gemeinschaftsraum und ein Spielzimmer für Kinder gegeben hat oder gibt?
Die zweite Frage kann ich Ihnen nur so beantworten, dass das die Unterlagen sind, die wir im Moment haben. Da in Greiz noch keine Kontrollen stattgefunden haben, wie ich Ihnen gesagt habe, kann ich Ihnen jetzt auch nichts Näheres dazu sagen.
Als generelle Antwort: Die Vielzahl der Anfragen, die jetzt eingegangen sind, werden wir auch dazu nutzen, uns die Fälle dort noch mal genauer anzuschauen. Im Moment habe ich vonseiten des Landesverwaltungsamts keine weiteren Auskünfte darüber.
Die erste Frage, ob dieser Bericht vorliegt, kann ich Ihnen im Moment hier am Tisch auch nicht beantworten. Das werden wir aber prüfen. Wenn es so ist, dass er am Ende des I. Quartals vorliegen müsste, werden wir schauen, dass er Ihnen zur Verfügung gestellt wird.
Vielen Dank. Noch eine Nachfrage zu den Kontrollen: Gibt es denn angesetzte Kontrolltermine durch das Landesverwaltungsamt und erfolgen diese angekündigt oder unangekündigt im zuständigen Landkreis?
in Zukunft anstehenden Kontrolltermine in einzelnen Gemeinschaftsunterkünften der einzelnen Landkreise vor mir. Das kann ich nicht sagen.
Danke schön. Wir kommen zur Anfrage der Frau Abgeordneten Henfling in der Drucksache 6/3977. Bitte, Frau Abgeordnete.
Regeln für das Betreten der Wohnräume in Flüchtlingsunterkünften durch Beschäftigte der Träger dieser Einrichtungen
Nach Informationen der Fragestellerin (so auch be- reits durch ein Härtefallersuchen dem Thüringer Mi- nisterium für Migration, Justiz und Verbraucher- schutz bekannt) kam es am 11. Juli 2016 zu einem durch die Bewohnerinnen und Bewohner nicht autorisierten Betreten der durch eine serbische RomaFamilie bewohnten Räume in der Gemeinschaftsunterkunft in Weida im Landkreis Greiz durch einen Beschäftigten bzw. den Hausmeister der Einrichtung, während sich nur minderjährige Familienmitglieder in den Räumen aufhielten. Unangekündigt und in Abwesenheit der Eltern begann der Hausmeister damit, Geräte (TV, Antenne) abzubauen.
1. In welchen Fällen ist es mit welcher Begründung Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Einrichtungsträgern oder Behörden gestattet, unaufgefordert und uneingeladen sowie in Abwesenheit der Personensorgeberechtigten sich Zutritt zu öffentlichrechtlich zur Verfügung gestelltem Wohnraum zu verschaffen?
2. Hält die Landesregierung das bereits im Härtefallersuchen geschilderte Vorgehen für angemessen und verhältnismäßig?