Protocol of the Session on June 1, 2017

Die Kommunikation mit der Verwaltung gestaltet sich für Bürger und Unternehmen oftmals unnötig kompliziert. So fordern viele Arbeitsabläufe in der Kommunikation mit Thüringer Behörden händische Unterschriften, gegebenenfalls sogar das persönliche Erscheinen. Diese strengen Vorgaben sind an einigen Stellen berechtigt, an anderen jedoch nicht mehr zeitgemäß. Insbesondere sind diese strengen Vorgaben in Bezug auf die Umsetzung des am 9. Mai 2017 veröffentlichten Entwurfs des Thüringer E-Government-Gesetzes hinderlich. Der Bund hat bereits im Jahr 2014 eine öffentlich zugängliche Datenbank fertiggestellt, in der alle relevanten Gesetze einschließlich Paragrafen, die für eine elektronische Kommunikation mit der Behörde hinderlich sind, aufgelistet sind. Auf Basis dieser sogenannten Normenscreeningdatenbank können Bundesgesetze sukzessive novelliert werden, um das E-Government wirkungsvoll umzusetzen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Ist das Normenscreening in Thüringen für die wichtigsten und am häufigsten genutzten Verwaltungsleistungen für Thüringer Bürger abgeschlossen und wenn nein, zu welchem Zeitpunkt ist der Abschluss geplant?

2. Existiert in Thüringen eine in Analogie des Bundes öffentlich zugängliche Normenscreening-Datenbank und wenn nein, welche Gründe sprechen gegen eine Veröffentlichung?

3. Welche Potenziale könnten sich durch eine partizipatorische und interaktive Onlinedatenbank zum Normenscreening ergeben, um auch die Gesetzesadressaten beim zügigen Aufbau einer vollständigen Normenscreening-Datenbank einzubinden?

4. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung, den § 11 Abs. 2 der Gemeinsamen Geschäftsordnung für die Landesregierung sowie für die Ministerien und die Staatskanzlei des Freistaats Thüringen um den Punkt „Auswirkungen auf das elektronische Verwaltungshandeln“ zu ergänzen, und wie begründet sie ihre Auffassung?

Für die Landesregierung antwortet die Staatskanzlei, Herr Prof. Dr. Hoff.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, lieber Herr Krumpe! Ich beantworte die Fragen 1 bis 3 in einem Zusammenhang und

würde dann noch mal separat auf die Frage 4 eingehen.

Das verfassungsrechtliche Prinzip der Gewaltenteilung legt die Aufgabe der Normenprüfungen in die Hände der Exekutive und den Normerlass in die Hände der Legislative. Auch ohne eine entsprechende Onlinedatenbank können sich die Normenadressaten gegenwärtig schon mit entsprechenden gesetzgeberischen Vorschlägen sowohl an die Landesregierung als auch an die Ministerien, den Landtag und deren Mitglieder wenden. Gleichwohl ist festzustellen, dass es ein Normenscreening, so wie Sie es angesprochen haben, für die wichtigsten und häufigsten genutzten Verwaltungsleistungen für Thüringer Bürgerinnen und Bürger bislang nicht gibt. Vor diesem Hintergrund haben wir uns entschieden, die Erfahrungen des Bundes mit der dortigen Normenscreening-Datenbank hinsichtlich Aufwand und Ertrag einzuschätzen, gehen bei dieser Einschätzung aber zum derzeitigen Punkt von der Annahme aus, dass sich Aufwand und Ertrag bei einer Übertragung auf Thüringen nicht unmittelbar ergeben, wollen aber eben genau dies auswerten. Die interministerielle Arbeitsgruppe – also IMAG – „Stellenabbau/Aufgabenkritik“, die bis Anfang des Jahres 2017 tätig war, hat ressortübergreifend geprüft, bestehende Genehmigungspflichten in Anzeigepflichten umzuwandeln, Standards, so auch Schriftformerfordernisse, zu reduzieren und die Einführung von Genehmigungsfiktionen vorzunehmen und zu erweitern. Am 23. Januar 2017 wurden von den Ministerien und der Staatskanzlei unterbreitete Vorschläge zur Erleichterung von Genehmigungsund Schriftformerfordernissen sowie zum Standardabbau beschlossen. Die Ministerien und die Staatskanzlei sollen Genehmigungspflichten im Verwaltungsverfahren nach Möglichkeit in Anzeigepflichten umwandeln, Genehmigungsfiktionen vornehmen und auf eine Erleichterung der Schriftformerfordernisse im Verwaltungsverfahren hinwirken, unter anderem durch eine erweiterte Anwendung von Textformen gemäß § 126b des Bürgerlichen Gesetzbuchs, kurz BGB, und elektronischen Signaturen. Die zweckentsprechende Anpassung von Personal-, Sach- und Verwaltungsstandards bleibt eine Daueraufgabe.

Bezüglich der Schriftformerfordernisse – das ist ja ein Thema, was uns immer wieder beschäftigt – ist zu berücksichtigen, dass § 3a Abs. 2 des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetzes mit Wirkung vom 1. Juli 2014 für das Verwaltungsverfahren die qualifizierte elektronische Signatur schon neben die Schriftform gestellt hat, sodass alle Dienststellen des Landes und der Kommunen in Thüringen bereits jetzt ohne weitere zentrale Regelung die Option haben, den Vollzug auf ein elektronisches Verfahren umzustellen, sobald die technischen Voraussetzungen der elektronischen Signatur gegeben sind. Das ist beim zentralen Thüringer Antragssys

tem für Verwaltungsleistung, kurz ThAVEL, bereits der Fall. Unter anderem mit Blick darauf ist die Landesregierung bestrebt, die Rahmenbedingungen für das E-Government zu verbessern, und hat zu diesem Zweck einen E-Government-Gesetzentwurf vorgelegt. Ich sage aber auch ganz bewusst: Die Herstellung der technischen Voraussetzungen ist ein Problem, das vielfach, auch auf kommunaler Seite, an Schwierigkeiten stößt, was auch Beweis dafür ist, dass es eine Schwierigkeit ist, dass wir bisher nicht in der Lage gewesen sind, im Land einen gemeinsamen Land- und kommunalen ITDienstleistungsverbund zu schaffen.

Ich komme zu Ihrer Frage 4 und gebe darauf folgende Antwort: Im Entwurf der Prüffragen zum Normerlass, auf die in einer Änderung des § 23 der Gemeinsamen Geschäftsordnung für die Landesregierung sowie für die Ministerien und die Staatskanzlei verwiesen werden soll, ist ein ganzer Abschnitt zum E-Government vorgesehen. So soll zum Beispiel stets erfragt werden, ob beim Normerlass eine elektronisch unterstützte Datenverarbeitung und Datennutzung durch Bürgerinnen und Bürger, aber auch Unternehmen sowie durch die Verwaltung möglich ist, ob auf Formerfordernisse zugunsten elektronischer Datenverarbeitung verzichtet werden kann und ob Informationen von anderen als den bisher vorgesehenen öffentlichen Stellen einfacher bezogen werden können. Soweit im Bereich der Landesregierung Einvernehmen zu einer Änderung der Thüringer Gemeinsamen Geschäftsordnung geschaffen ist, soll unter anderem eine derartige Regelung in Kraft treten. Das setzt aber, wie gesagt, eine bisher noch nicht erfolgte Einigung innerhalb der Landesregierung über die Änderung der Gemeinsamen Geschäftsordnung insgesamt voraus. Ich hoffe, dass wir hier zügig zu einem Abschluss des Verfahrens kommen.

Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Minister. Gibt es Nachfragen? Jawohl. Herr Abgeordneter Krumpe, bitte schön.

Lediglich eine. Herzlichen Dank für die Ausführungen. Wurde für Thüringen bereits ein Katalog erstellt, welcher die häufigsten genutzten Verwaltungsdienstleistungen konkretisiert, und falls ja, können Sie die häufig genutzten Verwaltungsdienstleistungen – was per se ein unscharfer Begriff ist – bereits zum heutigen Zeitpunkt benennen?

Vor dem Hintergrund der Ausführungen, die ich gemacht habe, wurde bisher kein Verwaltungsauftrag erteilt, einen entsprechenden Katalog zu erstellen, weil der Wert dieses Katalogs zum Zeitpunkt einer noch nicht getroffenen Entscheidung, ob eine Übertragung der Normenscreening-Datenbank auf Thüringen notwendig und sinnvoll im Hinblick auf Aufwand und Ertrag ist, nicht feststeht. Das heißt also: Wenn wir uns entscheiden würden, eine solche Normenscreening-Datenbank zu machen, dann müsste der Katalog selbstverständlich hergestellt werden. Das setzt aber erst mal die Entscheidung darüber voraus. Insofern haben wir uns zunächst auf die anderen Sachverhalte, die Sie in Ihren ersten vier Fragen gestellt hatten, konzentriert.

Vielen Dank, Herr Minister. Wir kommen zur nächsten Anfrage durch den Fragesteller Herrn Abgeordneten Kuschel, Fraktion Die Linke, in Drucksache 6/3956.

Danke, Herr Präsident.

Aktueller Stand der Freiwilligkeitsphase für den Zusammenschluss von kreisangehörigen Gemeinden

Das vom Landtag beschlossene Vorschaltgesetz zur Durchführung der Gebietsreform in Thüringen räumt in Artikel 1 § 6 den Gemeinden eine Freiwilligkeitsphase für Gemeindeneugliederungen ein. Demnach sind Anträge auf Bildung von freiwilligen Gemeindestrukturen durch Auflösung und Zusammenschluss oder Eingliederung, die den Vorgaben dieses Gesetzes entsprechen, bis zum 31. Oktober 2017 auf dem Dienstweg bei dem für Kommunalrecht zuständigen Ministerium zu stellen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viele Gemeinden haben bisher Anträge nach Artikel 1 § 6 Abs. 2 des Thüringer GebietsreformVorschaltgesetzes eingebracht (bitte auflisten nach Gemeinde, Fusionswunsch, Datum der Einbrin- gung)?

2. Welche Anträge werden dem Landtag zu welchem Zeitpunkt zur Entscheidung vorgelegt?

3. Mit wie vielen Gemeinden wurden seitens des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales bzw. des Thüringer Landesverwaltungsamts Beratungsgespräche im Zusammenhang mit der Nutzung der Freiwilligkeitsphase für Gemeindeneugliederungen gemäß Artikel 1 § 6 Abs. 2 des Thüringer Gebietsreform-Vorschaltgesetzes mit welchem Ergebnis geführt?

(Minister Prof. Dr. Hoff)

4. Wie bewertet in diesem Zusammenhang die Landesregierung den aktuellen Stand der Freiwilligkeitsphase für den Zusammenschluss von kreisangehörigen Gemeinden?

Für die Landesregierung antwortet Herr Staatssekretär Götze.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kuschel beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Die Antwort zu Frage 1: Bisher liegen 19 Anträge auf Bildung von freiwilligen Gemeindestrukturen im Sinne des § 6 Abs. 2 ThürGVG vor, an denen insgesamt 70 Gemeinden beteiligt sind. Nach Landkreisen aufgelistet handelt es sich dabei um folgende Anträge:

- aus dem Landkreis Altenburger Land ein Antrag auf Eingliederung von vier der fünf Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Wieratal – es handelt sich dabei um die Gemeinden Frohnsdorf, Jückelberg, Langenleuba-Niederhain, Ziegelheim – in die Gemeinde Nobitz vom 28. Februar 2017,

- aus dem Landkreis Eichsfeld ein Antrag auf Eingliederung der Gemeinde Hundeshagen in die Stadt Leinefelde-Worbis vom 23. Dezember 2016,

- aus dem Landkreis Gotha ein Antrag der Gemeinden Günthersleben-Wechmar und Drei Gleichen auf Zusammenschluss zur Landgemeinde Drei Gleichen vom 28. Dezember 2016 sowie ein weiterer Antrag von zehn der zwölf Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Mittleres Nessetal – es handelt sich dabei um die Gemeinden Brüheim, Bufleben, Friedrichswerth, Goldbach, Haina, Hochheim, Remstädt, Wangenheim, Warza und Westhausen – auf Zusammenschluss zur Landgemeinde Nessetal vom 21. Februar 2017,

- aus dem Landkreis Hildburghausen ein Antrag auf Eingliederung der Gemeinden Nahetal-Waldau und Sankt Kilian in die Stadt Schleusingen vom 21. Dezember 2015, ergänzt am 24. Oktober 2016,

- aus dem Landkreis Ilm-Kreis ein Antrag auf Eingliederung der Gemeinde Ilmtal in die Stadt Stadtilm vom 2. Februar 2017 und ein weiterer Antrag auf Eingliederung der Stadt Langewiesen und der Gemeinde Wolfsberg sowie der Stadt Gehren und der Gemeinde Pennewitz in die Stadt Ilmenau vom 12. April 2017,

- aus dem Landkreis Nordhausen ein Antrag auf Eingliederung der Gemeinde Buchholz in die Stadt Nordhausen vom 22. Februar 2017 und ein weiterer

Antrag auf Eingliederung der Gemeinden Harztor, Harzungen, Herrmannsacker und Neustadt in die Gemeinde Harztor vom 24. Februar 2017,

- aus dem Landkreis Saalfeld-Rudolstadt ein Antrag auf Eingliederung der Gemeinde Saalfelder Höhe in die Stadt Saalfeld an der Saale vom 21. Dezember 2016, ein Antrag auf Eingliederung der Gemeinde Kamsdorf in die Gemeinde Unterwellenborn vom 23. Februar 2017 und ein weiterer Antrag auf Eingliederung der Gemeinde Dröbischau in die Stadt Königsee-Rottenbach vom 23. Februar 2017,

- aus dem Landkreis Schmalkalden-Meiningen ein Antrag der Stadt Brotterode-Trusetal und der Gemeinde Floh-Seligenthal auf Zusammenschluss zur Einheitsgemeinde Inselsbergstadt vom 22. Februar 2017, ein Antrag auf Eingliederung der Gemeinde Springstille in die Stadt Schmalkalden vom 28. Februar 2017, ein weiterer Antrag auf Eingliederung der Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Haselgrund, außer der Gemeinde Springstille, in die Stadt Steinbach-Hallenberg vom 27. Februar 2017,

- aus dem Landkreis Sömmerda ein Antrag der Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Straußfurt, bestehend aus Gangloffsömmern, Haßleben, Henschleben, Riethnordhausen, Schwerstedt, Straußfurt, Werningshausen und Wundersleben, auf Zusammenschluss zur Landgemeinde Gera-Unstrut vom 24. Februar 2017,

- aus dem Landkreis Sonneberg ein Antrag der Gemeinden Föritz, Judenbach und Neuhaus-Schierschnitz auf Zusammenschluss zur Gemeinde Föritztal vom Januar 2017, zuletzt ergänzt am 25. August 2017,

- aus dem Landkreis Wartburgkreis ein Antrag auf Eingliederung der Gemeinden Marksuhl und Wolfsburg-Unkeroda in die Gemeinde Gerstungen vom 23. Februar 2017 und

- aus dem Weimarer Land ein Antrag auf Eingliederung der Gemeinden Kromsdorf, Leutenthal und Rohrbach in die Gemeinde Ilmtal-Weinstraße vom 22. Februar 2017.

Die Antwort zu Frage 2 lautet: Es ist vorgesehen, dem Landtag im Januar 2017 den Entwurf des Thüringer Gesetzes zur freiwilligen Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden zur Beratung und Beschlussfassung vorzulegen. Eine Entscheidung über die darin enthaltenen Regelungsfälle trifft die Landesregierung im Ergebnis der Kabinettsbefassung zum Referentenentwurf dieses Gesetzes. Der erste Kabinettsdurchgang des Referentenentwurfs ist, wie bereits in der Antwort auf die Anfrage des Abgeordneten Worm ausgeführt, noch vor der Sommerpause geplant. Ein zweites und abschließendes Gemeindeneugliederungsgesetz sollte dem Landtag im Jahr 2018 zugeleitet werden.

(Abg. Kuschel)

Die Fragen 3 und 4 möchte ich zusammen beantworten: Seit Juli 2016 haben auf Fachebene des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 169 Beratungsgespräche mit Vertretern von 157 der insgesamt 219 kommunalen Strukturen – damit sind die Verwaltungsgemeinschaften, erfüllenden Gemeinden und eigenständigen Gemeinden gemeint – stattgefunden. Das entspricht mehr als zwei Dritteln aller kommunalen Strukturen Thüringens. Im Vordergrund der Gespräche steht die Nutzung der Freiwilligkeitsphase der Gebietsreform. In Auswertung der Beratungsgespräche im Innenministerium kann festgestellt werden, dass sich eine Vielzahl der Verantwortungsträger vor Ort den aktuellen und künftigen Herausforderungen stellt und sich auf freiwilliger Basis konstruktiv in den Prozess der Schaffung zukunftsfähiger kommunaler Strukturen einbringt. Die Landesregierung begrüßt diese große Bereitschaft zur Nutzung der Freiwilligkeitsphase ausdrücklich.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Gibt es Nachfragen? Das kann ich nicht erkennen. Dann kommen wir zur nächsten Anfrage. Fragesteller ist Herr Abgeordneter Tischner, CDU-Fraktion, mit der Drucksache 6/3970.

Vielen Dank.

Lehrermangel an der Regelschule „Gotthold Ephraim Lessing“ in Greiz