Ich sage Ihnen auch, warum: Bleiberecht für alle, auch für die Illegalsten – so lässt sich das rot-rotgrüne Herumgestolpere und Herumgeeiere in der Asyl- und Ausländerpolitik in Thüringen zusammenfassen. Der hier zu behandelnde Antrag, meine Damen und Herren, reiht sich da nahtlos ein. Man denke an den Winterabschiebestopp, den haben wir noch in guter Erinnerung, an den faktisch ganzjährigen Abschiebestopp durch fehlenden Rechtsvollzug, an die stark gestiegenen Härtefälle in der gleichnamigen Kommission und die vorsätzlich fehlenden Abschiebeplätze. Das heißt, Ihr Antrag ist schon aus dem Grund, weil es faktisch gar keine Abschiebungen gibt – ich glaube, die Abschiebungen pro Jahr sind ungefähr genauso viele wie das, was in fünf Stunden an Neuen hereinkommt –, völlig sinnlos.
Damit alle, aber auch wirklich aus Ihrer Sicht ausnahmslos alle, im rot-grünen Ramelüringen bleiben dürfen, meine Damen und Herren – egal, ob legal, illegal oder scheinlegal –, ist Ihnen von links jedes Mittel recht,
auch wenn Ihnen, wie in diesem Fall, mal wieder ganz offensichtlich alle Argumente und Fakten fehlen. Sie sind blind für die Realität, meine Damen und Herren auf der linken Seite bis zur SPD. Aber man weiß ja, dass Sie mit Ihren substanzlosen Fantasien immer wieder gern hausieren gehen und daran festhalten. Wenn Sie auch nur einen schmalen Zugang zur Realität und zur Wirklichkeit draußen hätten, wäre dieser Antrag spätestens nach den Februarberatungen im Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz im Mülleimer oder in der Altpapiertonne verschwunden und nie wieder aufgetaucht.
Denn in der Sitzung am 17. Februar dieses Jahres – Herr Herrgott hatte schon darauf angespielt – erfuhren wir erstaunt, dass in den Jahren 2015 bis 2017, also über zwei Jahre, kein einziges Strafverfahren gescheitert wäre, weil Zeugen – übrigens sollen die Zeugen ja auch alle bleiben dürfen, wenn ich mich da richtig erinnere, es geht ja nicht um Opfer, sondern auch um alle Zeugen, dazu komme ich gleich noch –, oder Opfer abgeschoben worden wären. Nicht einmal derartige Probleme seien bekannt, teilte ein Sitzungsteilnehmer aus der Exekutive mit und ließ spekulieren, dass nicht bekannt ja nicht heißen würde, dass es das nicht gäbe – soso. Und auf weitere Nachfrage räumte er ein, dass sein Gefühl ihn rechte Gewalttaten vermuten ließe. Da muss man schmunzeln oder auch ein bisschen lauter lachen. Wenn das nicht der Klassiker zum Postfaktischen und zur durch und durch ideologischen
Verblendung ist. Das ist also der Ansatz eines Mitglieds der Exekutive gewesen, um zu einem Antrag zu sprechen: Er hätte ein Gefühl, Fakten gebe es nicht, aber es könnte ja so sein. Also bereits hier steht schon zum zweiten Mal fest, dass Ihr Antrag gänzlich überflüssig ist, so überflüssig wie – ich habe lange nach einem Vergleich gesucht – ein Linksextremist in der Staatskanzlei.
Aber da ich noch ein bisschen Redezeit habe und beim Durchlesen des Antrags gemerkt habe, dass die Ministeriumsspitze einige Nachhilfe im Bereich des Asyl- und Ausländerrechts braucht, noch Folgendes: Ihr Machwerk, das Sie hier vorgelegt haben, ist nämlich auch juristisch gesehen völlig überflüssig und mehr als bedenklich. Schon heute existieren Rechtsnormen, die den Aufenthalt sogar vollziehbar Ausreisepflichtiger ermöglichen. Schauen Sie einfach in § 60 a Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes. Es kann sogar eine Aufenthaltserlaubnis für vollziehbar Ausreisepflichtige erteilt werden, die Opfer von bestimmten Straftaten, wie Menschenhandel, Zwangsprostitution, Zwangsarbeit, Ausbeutung der Arbeitskraft sowie Ausbeutung unter Ausnutzung einer Freiheitsberaubung sind – § 25 Aufenthaltsgesetz. Auch dies gibt es schon. Das deutsche Aufenthaltsrecht, meine Damen und Herren, bietet also bereits jetzt Hilfsbedürftigen, aber auch den Bleibewilligen so viele Schlupflöcher, wie der Schweizer Käse Löcher hat.
Und wenn Sie in Ihrem Antrag meinen, man müsste die Ausländerbehörden per Erlass oder wie auch immer dazu auffordern – Zitat – „sämtliche aufenthaltsrechtlichen Ermessensspielräume zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen und Duldungen“ bei Opfern rechtsextremistischer und rassistischer Gewalt und deren Angehörigen zu nutzen, so weise ich darauf hin, dass die Ausländerbehörden bereits nach geltender Rechtslage dazu angehalten sind, die besondere Situation des Ausländers sorgfältig zu prüfen, bevor sie eine Entscheidung über die Aufenthaltsbeendigung treffen, und – das habe ich ja gerade gesagt – diese Entscheidung wird sowieso so gut wie nie getroffen. Sie misstrauen also mal wieder unseren Landkreisen und kreisfreien Städten und wollen sie ideologisch gängeln, statt ihnen etwa über die Aufstockung von Kapazitäten bei der zentralen Abschiebestelle den Rücken zu stärken. So viel auch hier zu Ihrem Verhältnis zur kommunalen Familie. Aber davon halten Sie ja sowieso nichts, liebe Rot-Rot-Grüne.
Nicht besser, sondern eher schlechter sieht es bei der Polizei aus. Die ist ja generell so etwas wie das personifizierte Schmuddelkind, Sündenbock und
Prügelknabe dieser aus der Staatskanzlei linksextremistisch geführten und im Landtag von Linksextremisten und AfD-Überläufern abhängigen Landesregierung.
Dieses tiefe linke Misstrauen gegenüber unserer Polizei drückt die Formulierung, nach der die Landesregierung aufgefordert wird – Zitat –, „dafür Sorge zu tragen, dass in allen Fällen rechter und rassistisch motivierter Gewaltstraftaten die Ausländerbehörden von Beginn an über entsprechende Ermittlungen informiert werden sollen“, aus. Ich will darauf hinweisen, dass in der bereits erwähnten Februar-Sitzung des Justizausschusses deutlich zum Ausdruck gebracht wurde, dass die Polizei schon jetzt die Möglichkeit hat, die Ausländerbehörden darüber zu informieren, eine Person, der unter Umständen die Abschiebung droht – Klammer auf: Sie droht aber so gut wie nie. Klammer zu –, als Zeugen zu benötigen. Dieser Hinweis in Ihrem Antrag lässt mich vermuten, dass das Innenministerium hierfür offenbar nicht hinreichend sorgt. Und damit weisen Sie wohl auf eine weitere offene Flanke Ihres ja schon sturmreif geschossenen Innenministers Poppenhäger – ist der schon zurückgetreten oder warum ist er nicht hier? – hin. Wie auch immer, wir von der AfD und vielleicht auch von der CDU sagen: Danke, Polizei.
Diese Polizei hätte wie wir alle in Thüringen eine bessere Landesregierung verdient. Aber das wird demnächst schon werden – Björn, oder? Unter deiner Leitung, denke ich mal, kriegen wir das wieder hin. Da muss die CDU jetzt nicht klatschen, also das war jetzt nur für die AfD gedacht.
So viel, meine Damen und Herren, zur Detailkritik an Ihren völlig überflüssigen, unausgereiften und ausschließlich ideologisch motivierten Vorhaben.
Noch mal zum Allgemeinen: Ihr Antrag verstößt auch ganz klar gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Artikels 3 Grundgesetz. Vermeintliche Opfer rassistischer und rechtsextremer Gewalt sollen plötzlich ohne weitere Erläuterung gegenüber Opfern zum Beispiel linksmotivierter oder gar nicht politisch motivierter Gewalt bevorzugt werden. Warum das? Haben Sie das nicht zu Ende gedacht? Das ist doch für jeden normal Denkenden völlig klar und eindeutig, dass Gewalt gleich Gewalt ist, egal von wem sie ausgeübt wird. Und Gewalt ist immer gleich verwerflich und gleich zu ahnden.
Damit bestätigen Sie von Rot-Grün mal wieder, wie weltfremd und abgehoben und gerade nicht normal denkend Sie sind. Deshalb für Sie vom Ramelow
Block noch mal zum Mitschreiben – ich will meine Zeit hier ja ausnutzen –: Geschädigten und Opfern ist es egal, von wem sie zusammengeschlagen werden. Die physischen und psychischen Folgen unterscheiden sich wohl kaum, egal ob jemand von einem rechten Gewalttäter, von einem linken Gewalttäter – beispielsweise aus der Brutstätte im Tal der Könige –, von einem muslimischen Gewalttäter, von einem katholischen Gewalttäter, einem evangelischen oder was für einem Gewalttäter überfallen, verletzt und malträtiert wird. Das ist dem Opfer wurscht. Warum bevorzugen Sie eine Opfergruppe?
Was ist im Übrigen mit Opfern religiös motivierter Gewalt, zum Beispiel christlichen Asylbewerbern, die von Muslimen in Asylbewerberunterkünften angegriffen und verletzt werden? Die sind nach der Auffassung der Ramelow-Koalition offenbar nicht schutzwürdig.
Aber nach Ihrer Ideologie dürfte es sie ja gar nicht geben und da blenden Sie auch gern die Wirklichkeit mal wieder aus.
Mit dem Aufenthaltsrecht, meine Damen und Herren, hat es übrigens auch nichts zu tun, wenn Sie über Strafprävention reden. Sie brechen mit dieser abstrusen Absicht jede Rechtssystematik so wie vorhin auch schon beim TOP 19, als Sie mit Ihrem Antrag die Gewaltenteilung durchbrochen haben. Das setzt sich hier offenbar nahtlos fort.
Bei Ihrem Antrag stellen sich Fragen über Fragen, wie Sie sehen. Ich will nur noch ein paar aufwerfen. Mein Kollege Möller und ich wollten eine Große Anfrage daraus machen, es sind dann zwei Kleine Anfragen daraus geworden, die 2110 und die 2111. Ich bin gespannt, welche Fakten letztendlich geliefert werden, wie viele Strafverfahren tatsächlich so in Gefahr sind bei den Tatbeständen, die Sie vermuten.
Und dann gibt es natürlich noch den Fall des Missbrauchs. Was ist denn mit dem Vorbringen falscher Tatsachen? Was ist, wenn sich herausstellt, dass es doch nicht der böse Nazi war, der das Hakenkreuz eintätowiert hat, sondern jemand selbst, wie es ja auch schon öfter vorkam. Welche Ausschlussgründe, wie eigene Straffälligkeit der Zeugen und der Opfer, sehen Sie vor?
Und schließlich – ich erinnere an den TOP 15 – ist alles ziemlich ungeklärt. Wenn die ganze Asylbewerberunterkunft aus vermeintlichen Zeugen
besteht, was ist denn dann? Dann prügeln sich zwei Syrer in der Unterkunft, 250 gucken zu, die bleiben dann alle, bis geklärt wird, ob eine Straftat vorliegt und wer es war? Vielleicht war es ja ein rechtsradikaler Syrer, der sich da ausgetobt hat. Man weiß es nicht!
Im Endeffekt erreichen Sie damit Ihr Ziel – ich hatte eingangs darauf hingewiesen – ein Bleiberecht für alle, egal welcher Status, jeder, der kommt, soll bleiben dürfen, auch mit den dümmsten Ausreden oder Ansichten.
untereinander? Dazu gab es auch eine Kleine Anfrage von mir. 2016 gab es fast 1.500 Polizeieinsätze im Umfeld von Asylbewerberunterkünften. 1.500 Polizeieinsätze. Daraus wurden 900 Ermittlungsverfahren. Ich erzähle immer gern wieder draußen auch diese Zahlen, 900 Ermittlungsverfahren wegen Straftaten im Umfeld von Asylbewerberunterkünften. Wie viele davon hatten einen rechten Hintergrund? 3 Prozent, meine Damen und Herren! Etwa 97 Prozent hatten also gar nichts mit Rechtsextremismus zu tun. Das waren Auseinandersetzungen untereinander. Die mit Abstand größten Straftaten oder die häufigsten Straftaten waren Körperverletzungen von Asylbewerbern untereinander. Also da liegen die tatsächlichen Probleme und nicht da, wo Sie sie lösen wollen. Soweit der Ausflug in die für Sie wahrscheinlich schmerzhafte Realität und das muss bitter für Sie sein. Ich sehe es an Ihren Leichenbittermienen, meine Damen und Herren von Rot-Rot-Grün.
Wir lehnen daher zusammengefasst diesen ideologisch motivierten, undurchdachten, empirisch durch nichts belegten Antrag ab. Dieser Antrag – wir vermuten – hat seinen Grund wahrscheinlich darin, die Koalitionsatmosphäre etwas zu befrieden – gibst du dem einen, nimmst du dem anderen. Da machen wir nicht mit und empfehlen daher die schnellstmögliche Überweisung in die Altpapiertonne. Vielen Dank.
Als nächste Rednerin hat Abgeordnete Astrid Rothe-Beinlich, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, dieser Antrag für ein humanitäres Bleiberecht für Opfer rassistischer und rechter Gewalt ist Ausdruck unseres Politikverständnisses und Ausdruck unserer Politik, einer menschensrechtsorientierten Flüchtlingspolitik.
Mit dem vorliegenden Antrag bekennen wir uns zu unserer Verantwortung – damit kann die AfD ja gemeinhin wenig anfangen – gegenüber den Opfern rechter und rassistischer Gewalt insbesondere gegenüber Geflüchteten, die Opfer einer solchen Gewalttat wurden. Und nein, Herr Herrgott, es sind keine zufälligen Opfer. Es geht hier um Menschen, die schlicht und ergreifend deshalb zum Opfer werden, weil sie woanders herkommen, weil sie eine andere Herkunft haben, weil sie offensichtlich anders aussehen. Begründet sind derartige Übergriffe in der Ideologie der Ungleichheit.
Begründet sind solche Übergriffe in der Ideologie der Ungleichheit. Das ist übrigens das Kennzeichen für rechte Straftaten schlechthin, dass sie sich in einer Ideologie der Ungleichheit begründen. Wenn man sich den Brandenburger Erlass einmal anschaut, der im Dezember letzten Jahres auf den Weg gebracht wurde und seitdem Anwendung findet, dann ist es dort auch genauso begründet und lässt sich natürlich auch übertragen auf Angriffe, wie sie eben hier dargestellt wurden, wie beispielsweise gegen Menschen, die andersgläubig sind und woanders herkommen, weil das auch auf eine Ideologie der Ungleichheit absetzt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch an einer anderen Stelle hat es Herr Herrgott leider nicht verstanden oder wollte es nicht verstehen. Es geht eben nicht um eine Besserbehandlung oder Ähnliches, denn diejenigen, die Opfer werden und um die es uns geht, sind Geflüchtete, sind Menschen ohne einen Aufenthaltstitel, der ihnen erlaubt, hier zu sein und zu bleiben. Wenn Sie oder ich Opfer einer Straftat werden, laufen wir nicht Gefahr, abgeschoben zu werden, wohl aber Geflüchtete, meine sehr geehrten Damen und Herren. Nur weil es dafür keine passende Statistik gibt oder weil dafür keine Zahlen vorliegen, heißt das nicht, dass das nicht passiert. Erst vorgestern Nacht