Es haben sich vor Ort viele – Lehrer, Eltern und Schüler – gemeinsam entschieden: „Wir wollen die Gemeinschaftsschule“ – zum Teil gegen den erbitterten Widerstand der CDU.
Sie stellen sich hier hin und fordern, dass jeder das Bildungsangebot bekommen muss, das er sich wünscht. Und da, wo sich Eltern und Schüler und Lehrer ein Bildungsangebot „Gemeinschaftsschule“ gewünscht haben, haben Sie nichts anderes getan, als Bremsklötze in den Weg zu legen. So sieht Ihre Konsistenz im Denken aus.
Wenn Sie hier sagen, dass es eine Besserstellung hinsichtlich der Lehrerzuweisung gibt, dann wissen Sie auch nicht, wovon Sie reden. Die Gemeinschaftsschule hat nämlich gegenüber der Regelschule eine höhere Stundentafel, weil sie in der Differenzierung für drei unterschiedliche Abschlüsse das Angebot machen muss. Und mit einer höheren Stundentafel geht natürlich ein höherer Personaleinsatz einher. Das ist doch völlig selbstverständlich. Da geht es nicht um Besserstellung, sondern da geht es darum, dass die Gemeinschaftsschule alle Möglichkeiten hat, sich vernünftig zu entwickeln.
Oder wollen Sie, dass die Schüler, die in der Gemeinschaftsschule sind, schlechtere Bedingungen haben als auf dem Gymnasium, schlechtere Bedingungen als auf der Regelschule? Wenn Sie das wollen, dann sagen Sie es. Dann stellen Sie sich aber auch draußen hin, dort, wo Gemeinschaftsschulen sind, und sagen Sie den Eltern ins Gesicht, dass Sie dort die Bedingungen verschlechtern wollen! Wollen Sie das? Dann kommen Sie her und erklären Sie es hier – bitte!
Dann melden Sie sich und erklären, dass Sie die Bedingungen an den Gemeinschaftsschulen verschlechtern wollen!
(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Wie viele Gemeinschaftsschulen... haben wir ja nach der letzten Wahl gesehen!)
Und das sind nicht Schulen, die irgendein Landtag oder eine Landesregierung den Leuten vor Ort aufgedrückt hat, sondern das sind alles Entscheidungen von Lehrern, Eltern und Schülern, weil nur auf Beschluss der Schulkonferenz Gemeinschaftsschulen entstehen konnten.
Liebe Kollegen, es kann auf jeden Fall noch jemand von der CDU-Fraktion reden, aber jetzt redet Herr Matschie, und ich bitte um etwas mehr Ruhe, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Danke, Herr Präsident. Werte Kolleginnen und Kollegen, wenn man Sie mal darauf hinweist, wie inkonsistent Ihr schulpolitisches Denken ist, dann verstehe ich, dass Sie da aufgeregt werden. Aber besser noch wäre, nachzudenken, wie man zu einem schlüssigen Konzept kommt.
Jetzt will ich Ihnen das an einem dritten Punkt deutlich machen: In Ihrem Antrag „Kleine eigenständige Grundschulen erhalten“ – nun wissen Sie erstens, dass über das Schulnetz nicht der Landtag entscheidet,
sondern die Politiker vor Ort. Und wenn Sie da mal in die Vergangenheit zurückgehen, Herr Tischner, dann wissen Sie, dass auch CDU-Landräte zum Teil kleine Grundschulen geschlossen haben, Schulstandorte zusammengelegt haben, ganz ohne dass es irgendeinen Druck aus dem Landtag gab. Und wenn Sie sich an die letzte Legislaturperiode erinnern – Herr Tischner, da saßen Sie noch nicht hier, aber Herr Voigt, der auch gerade laut schreit, saß schon hier.
(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Ich habe im Kreistag für die Gemeinschafts- schulen die Hand gehoben!)
Ja, toll, Herr Voigt. Und jetzt wollen Sie die Bedingungen verschlechtern, das verstehe ich dann gar nicht, Sie haben für die Gemeinschaftsschulen die Hand gehoben und jetzt wollen Sie die Bedingungen verschlechtern.
Aber zurück zum Schulnetz und zu den kleinen Grundschulen. Herr Voigt, es war damals in der letzten Legislaturperiode die CDU in Gestalt des Finanzministers Voß, die massiven Druck aufgemacht hat: Wir müssen endlich Schulgrößen festlegen, das geht nicht so weiter mit den ganzen kleinen Schulen. Das waren Sie, die diesen Druck aufgemacht haben, und jetzt tun Sie so, als hätten Sie mit dem Thema überhaupt nichts zu tun.
Nein, wenn man in der eigenen Logik bleiben will, dann muss man natürlich die Frage stellen: Wie gehen wir mit kleinen Schulstandorten um? Ich glaube, uns eint ja das Interesse, dass man gerade Grundschulen so wohnortnah wie möglich erhalten muss. Gleichzeitig muss man aber natürlich auch gucken, wie man Personal effektiv und effizient einsetzen kann. Deshalb reicht es nicht, einfach hier hinzuschreiben, kleine eigenständige Grundschulen erhalten. Das Spannende ist doch, Wege zu finden, wie wir wohnortnah unterrichten können und gleichzeitig einen effizienten Personaleinsatz steuern können. Deshalb diskutieren wir zum Beispiel über solche Modelle wie beispielsweise Sprengelschulen, die genau das ermöglichen sollen.
Zum Schluss noch ein Satz zu dem, was Sie, Herr Tischner, gesagt haben, dass hier versucht wird, alle gleichzumachen und dass Menschen ja unterschiedlich sind. Sie wissen das doch eigentlich besser. Zum einen gibt es international viele Beispiele von Schulsystemen, die viel weniger differenziert sind als unseres – ich nehme jetzt nur mal das finnische Schulsystem mit hervorragenden Leistungen im internationalen Vergleich, weil es eben nicht darauf ankommt, wie stark ein Schulsystem äußerlich differenziert ist, sondern weil es darauf ankommt, wie gut die pädagogischen Angebote innerhalb eines Schulsystems für Schülerinnen und Schüler differenziert sind.
Da ist die Gemeinschaftsschule eine Möglichkeit, ein sehr differenziertes Angebot innerhalb einer Schulart zu machen, das ganz unterschiedlichen Schülerinnen und Schülern gerecht werden kann. Das wissen Sie auch, Herr Tischner.
Und deshalb bitte ich zum Schluss: Lassen Sie uns zu einer rationalen Debatte zurückfinden, wenn es um die Schulentwicklung geht. Diese ideologischen Auseinandersetzungen – hier die Einheitsschule und dort das differenzierte Schulsystem – gehören ins vergangene Jahrhundert.
Zeigen Sie, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen von der CDU, dass Sie im 21. Jahrhundert angekommen sind, und reden Sie mit uns über moderne Schulkonzepte im Land.
Weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten, Frau Muhsal oder Herr Höcke? Wer möchte zuerst? Frau Muhsal, bitte. Sie haben 5 Minuten.
Ja, ich darf zuerst – ich beeile mich auch. Ich habe nur eine kurze Sache zu sagen. Ich möchte noch mal auf den Alternativantrag der CDU eingehen und warum er so unglaubwürdig ist. Abgesehen davon freue ich mich natürlich, dass wir so eine engagierte Debatte zum gegliederten Schulsystem hier ausgelöst haben.
Herr Tischner, ich habe ja gedacht, Sie haben wenigstens den Mut, mal zu Ihrem Zitat hier Stellung zu nehmen, was Sie gegeben haben, dass Sie selbst der Meinung sind, dass wir eigentlich mit den Linken Hand in Hand gehen. Ich habe das noch mal herausgesucht, um Ihnen das mal vorzuhalten.
„Wollen Sie im Kern nicht beide das Gleiche für das Thüringer Bildungssystem und streiten oft nur um des Streites Willen?“ Und daraufhin haben Sie,
Herr Tischner, geantwortet – also mit „beide“ sind Sie und Herr Wolf gemeint: „Ich weiß nicht, ob wir beide am Ende wirklich das Gleiche wollen.“ Das ist ein Ausspruch. Eine angeblich bürgerliche Partei weiß nicht, ob sie das Gleiche will wie die Linke. Das ist ein Armutszeugnis und das macht Ihren Antrag hier vollkommen unglaubwürdig.
Das Problem, das finde ich auch interessant, hat Herr Matschie – ich freue mich, dass ich Sie zum ersten oder zum zweiten Mal hier gehört habe. Einmal haben Sie zum Abstimmungsverhalten geredet. Sachlich habe ich Sie zum ersten Mal hier reden hören, das fand ich erst mal gut, nicht weil ich mit Ihnen inhaltlich in der Zielrichtung Ihrer Sache einer Meinung wäre, aber weil natürlich die Kritik, die Sie vorgetragen haben zur Inklusion und zur Gemeinschaftsschule, was die CDU gemacht hat, natürlich voll ins Schwarze trifft. Sie haben es jetzt noch mal aufs Brot geschmiert bekommen. Sie behaupten immer, Sie würden sich für irgendwas einsetzen, was Sie selbst verursacht haben im Bereich Inklusion und im Bereich Gemeinschaftsschulen.