Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Rothe-Beinlich in Drucksache 6/3812 auf und bitte Sie, diese vorzutragen.
Sogenannter „Antikapitalistischer Aktionstag“ der neonazistischen Partei Der III. Weg auch in Gera – Übergriff am Rande der Demonstration
Unter dem Motto: „Kapitalismus zerschlagen! – Für Familie, Heimat und Tradition“ veranstalteten Mitglieder der neonazistischen Partei Der III. Weg am Samstag, den 22. April 2017, einen bundesweiten sogenannten „Antikapitalistischen Aktionstag“. In Thüringen war Gera davon betroffen. Dort fanden laut Presseberichterstattung zwei Standkundgebungen, eine davon gegen 14 Uhr vor dem Geraer Stadtmuseum, statt. Außerdem gab es einen Aufzug durch die Geraer Innenstadt – laut Presseberichterstattung mit circa 35 Teilnehmenden. Am Rande desselben kam es zu einer körperlichen Auseinandersetzung mit einem Versammlungsteilnehmer, der laut „Thüringischer Landeszeitung“ danach von der Versammlung ausgeschlossen wurde. Außerdem soll es in Pößneck am gleichen Tag eine sogenannte Siegesfeier des III. Weges gegeben haben. Laut einem Internetauftritt soll die Demonstration in Gera dazu gedient haben, wenige Tage vor dem 1. Mai, zu dem Neonazis bundesweit nach Gera mobilisierten – Zitat –, „darauf hinzuweisen, warum wir am Arbeiterkampftag auf den Straßen der Otto-Dix-Stadt ein klares Zeichen gegen den ausbeuterischen Kapitalismus setzen werden“.
1. Wer hat die Standkundgebungen und die Demonstration des III. Weges in Gera wann und mit wie vielen Teilnehmenden bei der Stadt Gera angemeldet und welche Auflagen gab es für die Veranstaltungen?
2. Was passierte genau am Rande der Demonstration, als es zu körperlichen Auseinandersetzungen gekommen sein soll, und wie bewertet die Landesregierung den Vorfall?
3. Wie bewertet die Landesregierung den bundesweiten Aufruf von Neonazis, ausgerechnet für Veranstaltungen am 1. Mai in Thüringen erneut zu mobilisieren, und welche Sicherheitsvorkehrungen wurden getroffen, um die Feiern der Gewerkschaften zum 1. Mai adäquat zu schützen, damit sich Vorkommnisse wie vor wenigen Jahren in Weimar nicht wiederholen?
4. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die sogenannte Siegesfeier der Partei des III. Weges am 22. April 2017 in Pößneck (Teilneh
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Rothe-Beinlich beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Die Antwort zu Frage 1: Die Vorsitzende des sogenannten Stützpunkts Ostthüringen der Partei Der III. Weg hatte die beiden öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel in Gera, zu der jeweils fünf Teilnehmer angekündigt wurden, angemeldet. Für die Anmeldung der anschließenden öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel mit Aufzug zeichnete der Vorsitzende des sogenannten Stützpunkts Vogtland verantwortlich. Der Veranstalter rechnete mit 35 bis 40 Teilnehmern. Alle drei Versammlungen sind am 20. April 2017 angemeldet worden. Über die Art und Anzahl der Auflagen entscheidet die zuständige Versammlungsbehörde jeweils unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Versammlungsbehörde hat dabei das Versammlungsgesetz stets im Lichte der grundlegenden Bedeutung der Versammlungsfreiheit gemäß Artikel 8 Abs. 1 Grundgesetz auszulegen und sich bei Maßnahmen auf das zu beschränken, was zum Schutze gleichwertiger anderer Rechtsgüter notwendig ist. In diesem Sinne hat die Stadtverwaltung Gera am 21. April 2017 für alle drei Versammlungen Auflagenbescheide erlassen. Es wurden Auflagen hinsichtlich der Zufahrt für Not- und Rettungsfahrzeuge, zur Sicherstellung selbst verlegter Versorgungsleitungen, zur Lautstärkeregelung, dem Tragen von Sicherheitswesten als Kennzeichnung der Ordner, dem Alkoholverbot und dem grundsätzlichen Verbot des Mitführens von Hunden erteilt. Darüber hinaus wurden die Pflichten des Versammlungsleiters bzw. seines Stellvertreters festgelegt. Diese hatten für den ordnungsgemäßen Ablauf der Versammlung zu sorgen und insbesondere im Rahmen ihrer rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten sicherzustellen, dass Rechtsverstöße weder begonnen noch vollendet werden. Kommt es zu Ausschreitungen einzelner unfriedlicher Teilnehmer und können diese Ausschreitungen durch Weisung des Versammlungsleiters, gegebenenfalls seines Stellvertreters, nicht unterbunden werden, so hatten diese die Polizei zu informieren. Auch hatten sie darauf hinzuwirken, dass unfriedliche Teilnehmer isoliert werden. Der Versammlungsleiter hatte zudem den Teilnehmern das Ende der Versamm
Die Antwort zu Frage 2: Während des im Zeitraum von 16.00 bis 20.00 Uhr in der Geraer Innenstadt angemeldeten Aufzugs der Partei Der III. Weg kam es gegen 16.12 Uhr zu einer tätlichen Auseinandersetzung. Anlass dieser war eine Flyerverteilung durch die Versammlungsteilnehmer. Ein Passant lehnte die Annahme eines angebotenen Flyers ab bzw. ließ diesen zu Boden fallen. Daraufhin wurde er von dem Verteiler körperlich attackiert und erhielt von diesem einen Faustschlag. Weitere Handlungen wurden durch das sofortige Eingreifen der Einsatzbeamten unterbunden. Der Versammlungsteilnehmer wurde von der Versammlung ausgeschlossen und erhielt nach Abschluss der polizeilichen Identitätsfeststellung vor Ort einen Platzverweis. In der weiteren Folge wurde eine Anzeige wegen Körperverletzung gefertigt, welche aktuell durch die Kriminalpolizeiinspektion Gera bearbeitet wird. Der Vorfall zeigt einmal mehr, dass Rechtsextremisten ihre Ziele häufig auch rücksichtslos mittels Gewalt verfolgen und diese stets einer konsequenten staatlichen Reaktion bedarf.
Die Antwort zu Frage 3: Der 1. Mai gilt unter Rechtsextremisten als wichtiger Gedenktag. Sie sehen sich dabei in der Tradition des Nationalsozialismus. Seit 1933 wurde der 1. Mai als Tag der nationalen Arbeit im damaligen Deutschen Reich zum gesetzlichen Feiertag erklärt. Letztendlich versuchen Rechtsextremisten durch solche Aufrufe, in unerträglicher Weise die aktuelle demokratische Widmung des Feiertags erneut im nationalsozialistischen Sinne zu prägen. Die Landespolizeidirektion bereitete anlässlich der für den 30. April und den 1. Mai stattfindenden Versammlungs- und Veranstaltungslagen einen begleitenden landesweiten Polizeieinsatz vor und führte diesen durch. Hierzu
wurde ein angemessener Kräfte- und Mitteleinsatz gemäß den vorliegenden Lageerkenntnissen gewählt. Die Schwerpunkte lagen auf den Versammlungslagen in Erfurt und Gera. Überdies wurden unter anderem vor dem Hintergrund der Vorkommnisse vom 1. Mai 2015 in Weimar bei der dort stattgefundenen DGB-Versammlung alle anderen Versammlungslagen in Thüringen mit polizeilichen Maßnahmen im erforderlichen Umfang bedacht. Dabei standen eine öffentliche polizeiliche Präsenz sowie eine niedrige Einschreitquelle bei erkannten Störungen oder Störabsichten im Vordergrund.
Die Antwort zu Frage 4: Zu einer Siegesfeier der Partei Der III. Weg am 22. April in Pößneck liegen der Landesregierung keine Informationen vor.
Ich kann keine Nachfragen erkennen. Damit schließe ich die heutige Fragestunde mit nur einer Frage. Ich glaube, das ist auch historisch im Thüringer Landtag.
Ich schließe entsprechend der Vereinbarung im Ältestenrat die heutige Plenarsitzung. Ich möchte noch mal darauf aufmerksam machen, dass das Universitätsklinikum Jena heute zum parlamentarischen Abend eingeladen hat und wünsche allen anderen einen guten Nachhauseweg.