Protocol of the Session on March 24, 2017

(Ministerin Keller)

Aufgrund der besonderen Betroffenheit und politischen Bedeutung befasste sich das Kabinett am 29. November 2016 mit der Stellungnahme im oben genannten vorförmlichen Verfahren. Mit den nachfolgenden Aussagen komme ich der Bitte der Antragsteller nach, über die Eckpunkte dieser Stellungnahme zu berichten. Thüringen fordert in seiner Stellungnahme eine faire und gleichmäßige Verteilung des Übertragungsnetzausbaus zwischen den Bundesländern. Ein zentraler Vorteil der Übertragung der Zuständigkeit für länderübergreifende Stromübertragungsnetze von den Ländern auf den Bund im Zuge der Energiewende ist doch gerade die Möglichkeit gewordene großräumige Perspektive. Die Landesregierung weist darauf hin, dass die separat durch die Übertragungsnetzbetreiber vorgestellten Planungen im Zusammenhang zu betrachten sind. Drei von vier Erdkabel-GleichstromÜbertragungsleitungen des Bundesbedarfsplangesetzes würden durch Thüringen verlaufen, nämlich SuedLink-Vorhaben Nummer 3, SuedLink-Vorhaben Nummer 4 und SuedOstLink. Das vierte Vorhaben wäre übrigens das Vorhaben „Ultranet“ von Emden über Osterath bei Düsseldorf bis Philippsburg bei Speyer. Es entsteht der Eindruck, als ob die besonders vielfältige und intakte Thüringer Kultur- und Naturlandschaft im Vergleich mit anderen Regionen Deutschlands weniger gewichtet wird.

Sehr geehrte Damen und Herren, Thüringen befürwortet ausdrücklich die Energiewende.

(Beifall SPD)

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Nein, das stimmt nicht, Frau Ministerin!)

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Nur Sie!)

Schauen Sie sich erst mal Ihren Antrag an, bevor Sie hier in diese fachlich orientierte Rede einsteigen. Dann hätten Sie ihn sich eigentlich sparen können.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sehr geehrte Damen und Herren, der Freistaat leistet mit der Thüringer Strombrücke und Planungen für Vorhaben der Netzverstärkung sowie Pumpspeicherwerke bereits einen enormen Beitrag zum Gelingen der Energiewende. Der mit dem raschen Ausbau der erneuerbaren Energien eng im Zusammenhang stehende Ausbau des Höchstspannungsnetzes darf jedoch nicht zu unverhältnismäßigen Belastungen einzelner Regionen und der Umwelt führen. Das Thema „Netzausbau“ ist übrigens regelmäßig Gegenstand von Besprechungen zwischen den Chefs der Staatskanzleien und Ministerpräsidenten. Zuletzt meldete Thüringen das Thema „Ungleiche Belastung der Länder durch den Übertragungsnetzausbau“ zur Ministerpräsidentenkonferenz am 16. März 2017 für den sogenannten Kamin an. Anlass ist der veröffentlichte SuedLink-Vor

schlagskorridor durch Thüringen. Der Ministerpräsident wies darauf hin, dass die Energiewende eine gesamtdeutsche Aufgabe ist und nicht einseitig zulasten weniger Länder und Regionen gehen darf. Der Ministerpräsident wird das Thema auch in der nächsten MPK-Ost am 6. April 2017 wieder ansprechen.

Die Landesregierung hat in ihrer Stellungnahme im vorförmlichen Verfahren unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die Vorhaben Nummer 3 und 4 deutlich von der direkten Luftlinie einer gemeinsamen Stammstrecke in Richtung Osten abweichen, sodass Zweifel an einer angemessenen Umsetzung des Gebots der Geradlinigkeit bestehen. Gemäß § 6 NABEG sind infrage kommende Alternativen vorzuschlagen. Den bisher vorgesehenen Planungen fehlen diese tatsächlichen Alternativen im Sinne einer großräumigen Betrachtung. Es ist stattdessen vor allem eine Fokussierung auf regionale oder kleinräumige Alternativen im Grenzraum Hessen – Thüringen entlang der Luftlinie nach Grafenrheinfeld erfolgt. Um diesen Mangel im Sinne der bundespolitischen Bedeutung des Vorhabens zu beheben, sind Alternativen entlang der Luftlinie nach Großgartach für tatsächliche Vergleichsmöglichkeiten zu ergänzen – darauf komme ich später noch einmal zurück.

Außerdem ist der Planungsgrundsatz der Trassenbündelung in den bisherigen Planungsansätzen ungenügend berücksichtigt worden. Dies ist nachzuholen. Die Bundesautobahn A 7 bietet in weiten Teilen ebenso geeignete Bündelungsoptionen wie die Stromnetzneubauvorhaben Wahle – Mecklar und Mecklar – Grafenrheinfeld.

Die möglichen Trassenkorridorsegmente wurden durch die verschiedenen Fachbereiche, Naturschutz, Raumordnung, Bodenschutz, Wasserwirtschaft, Forstwirtschaft, Landwirtschaft und Denkmalschutz, sehr gründlich beurteilt und bewertet. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass das Projekt SuedLink im Thüringer Abschnitt Landschaftsräume mit teilweise hohen bis sehr hohen Wertigkeiten betrifft. Im Einzelnen wurden Trassenkorridorsegmente mit sehr hohem Konfliktpotenzial identifiziert, denn diese durchqueren Naturschutzgebiete, Natura2000-Gebiete, das Biosphärenreservat Rhön und Landschaftsschutzgebiete. Zudem werden zahlreiche Bereiche tangiert, die aufgrund ihrer hohen naturschutzfachlichen Wertigkeit als Schutzgebiete ausgewiesen werden sollen. Das betrifft insbesondere das Grüne Band, für das das Gesetzgebungsverfahren zur Ausweisung als Nationales Naturmonument begonnen wurde. Nach der Verbändebeteiligung soll der Gesetzentwurf überarbeitet und dem Kabinett zur Übergabe an den Thüringer Landtag zugeleitet werden. Für Thüringen hat das Grüne Band als bundesweit längste Biotopverbundachse und als einzigartiges Zeugnis der jüngeren deutschen Geschichte als Erinnerungslandschaft größte

(Ministerin Keller)

Bedeutung. Das Grüne Band Deutschland ist das einzig existierende großräumige Biotopverbundsystem der Bundesrepublik und damit von nationalem Interesse. Der Thüringer Teil des Grünen Bands verkörpert einen repräsentativen Abschnitt der europäischen Geschichte und ist gleichzeitig ein wichtiger Teil des internationalen 2.500 Kilometer langen Biotopverbundsystems Green Belt. Insofern wird bei einer möglichen Querung durch den SuedLink erhebliches Konfliktpotenzial gesehen.

Darüber hinaus sind auch weitere Schutzgebiete mit deutlich höherer Schutzwirkung als bisher zu berücksichtigen. Insbesondere das Biosphärenreservat Rhön hat ein striktes Veränderungsverbot in seiner Kernzone und ist daher in die Raumwiderstandsklasse I* einzustufen. Diese Einstufung trifft auch für den Nationalpark Hainich zu. Darüber hinaus ist die Pflege- und Entwicklungszone des Biosphärenreservats Rhön in die Raumwiderstandsklasse I einzustufen. Soweit Waldgebiete betroffen sind, ist mit negativen Auswirkungen zu rechnen, da auch für die Verlegung von Erdkabeln ein Arbeitsstreifen kahlzuschlagen ist, dessen partiell zulässige Wiederbewaldung in der Regel viele Jahrzehnte in Anspruch nehmen wird. Außerdem ist im unmittelbar verbleibenden Sicherungsstreifen dauerhaft keine Waldbestockung mehr zulässig. Zu erwartende Flächeninanspruchnahmen zulasten der Landwirtschaft betragen etwa 250 Hektar, sodass Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen mit finanzieller Bewertung betroffener Flächen und Böden unausweichlich sind. Die gesamte Stellungnahme finden Sie natürlich auf der Internetseite des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft.

Mit dem vorliegenden Antrag unter 1. b) wird nach weiteren Schritten im Verlauf des Genehmigungsprozesses gefragt. Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass der eigentliche Genehmigungsprozess wohl im Jahr 2019 mit der Einleitung des Planfeststellungsverfahrens nach § 19 NABEG beginnt. Aktuell befinden wir uns zu Beginn der Phase der Bundesfachplanung nach § 6 NABEG, konkret bei der Festlegung des Untersuchungsrahmens. Die Bundesfachplanung ist mit dem Raumordnungsverfahren der Länder vergleichbar. Da die Übertragungsnetzbetreiber ihre Anträge auf Bundesfachplanung eingereicht haben bzw. dies in den nächsten Tagen und Wochen tun werden, ist jetzt die Bundesnetzagentur als zuständige Bundesbehörde in der Pflicht.

Bereits unmittelbar nach Bekanntwerden des Vorzugskorridorverlaufs durch Thüringen am 7. März 2017 habe ich deutlich gemacht, dass ich von der Bundesnetzagentur erwarte, für einen ordnungsgemäßen Verfahrensablauf zu sorgen und dies den Beteiligten – wenn nötig – nochmals klarzumachen. Die Bundesnetzagentur hat nun zu prüfen, ob die Antragsunterlagen den rechtlichen und fachlichen Ansprüchen genügen.

Ich meine, die Antragsunterlagen genügen den rechtlichen Anforderungen nicht. Aus diesem Grund habe ich mich am 17. März 2017 schriftlich an den Präsidenten der Bundesnetzagentur gewandt. Die bereits in meiner Stellungnahme vom 29. November 2016 zum Ausdruck gebrachten Bedenken haben sich nunmehr erhärtet. Ich möchte dies konkretisieren und damit auf das eingangs angesprochene Gebot der Geradlinigkeit zurückkommen.

Der Bundesgesetzgeber hat nachweislich einen geradlinigen Verlauf gewollt. Aus dem NABEG, aus der Gesetzesbegründung und dem Positionspapier der Bundesnetzagentur von April 2016 geht eindeutig hervor, dass das Gebot der Geradlinigkeit nicht lediglich einer unter vielen Abwägungsbelangen ist, sondern dass die Geradlinigkeit vom Gesetzgeber zum Idealmaßstab erhoben wurde. Der Bundestag hat als Gesetzgeber eine Prüfung vorgegeben, die von der Luftlinie ausgeht und deren Ergebnis sich dieser weitestmöglich anzunähern hat. Dieser klar erklärte gesetzgeberische Wille darf im Rahmen der Bundesfachplanung nicht ignoriert werden. Wird im Planungsprozess das besondere Gewicht des Gebots der Geradlinigkeit und der besondere Auftrag des Gesetzgebers an die Bundesnetzagentur verkannt, so handelt es sich dabei um einen Abwägungsfehler. Dieser Fehler im Planungs- und Abwägungsprozess hat bisher dazu geführt, dass sich die Planungen der Erdkabel-Übertragungsleitung SuedLink auf Thüringen fokussieren. Wird dieser Fehler jetzt nicht behoben, besteht die Gefahr, dass das Vorhaben SuedLink am Ende des Planungsprozesses aufgrund von Fehlern, die zu Beginn gemacht worden sind, scheitert. Im Mathematikunterricht in der Schule würde man das als Folgefehler bezeichnen. Das Ergebnis stimmt; wie man zu dem Ergebnis kommt, ist falsch. Bekanntlich kommt man mit dem Folgeergebnis also nicht zum richtigen Endergebnis. In der Schule wird das genauso auch bewertet. Es ist nun Aufgabe der Bundesnetzagentur, dafür zu sorgen, dass dieser Fehler behoben wird. Ich sehe dafür nur die eine Lösung, nämlich dass ein zusätzlicher Trassenkorridor bzw. ein zusätzliches Trassenkorridornetz entlang der Luftlinie zwischen Brunsbüttel und Großgartach ergänzt und das Gebot der Geradlinigkeit in allen Verfahrensschritten mit dem notwendigen Gewicht eingestellt wird. Damit würden von der Luftlinie weiter entfernte Korridorverläufe, wie zum Beispiel derjenige östlich von Eisenach, in der Eignung abgewertet werden müssen. Bei Behringen in der Gemeinde Hörselberg-Hainich verläuft der Trassenkorridorvorschlag etwa 50 Kilometer von der Luftlinie bei Sontra in Hessen entfernt, und zwar in Ostwestrichtung, also quer zur Luftlinie. Entspricht das noch der gebotenen Orientierung der Geradlinigkeit? Ich meine, nein.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Ministerin Keller)

Thüringen beabsichtigt im Rahmen der Stellungnahme zur Antragskonferenz, einen Erdkabelkorridorvorschlag in das Vorhaben einzubringen, der sich im Gegensatz zu den bisherigen Vorschlägen tatsächlich an dem gesetzlich geforderten geradlinigen Verlauf des Bundesbedarfsplanvorhabens Nummer 3 von Brunsbüttel nach Großgartach orientiert. Nur damit wird unseres Erachtens die notwendige Rechtssicherheit und Transparenz der Planungsprozesse im Sinne der Energiewende gewährleistet. Der nächste formelle Verfahrensschritt wäre die Abgabe einer Stellungnahme zur und die Beteiligung an der Antragskonferenz, es sei denn, die Bundesnetzagentur zieht vorher die Reißleine. Konkrete Termine für die Antragskonferenzen sind mir bisher noch nicht bekannt. Ich gehe aber davon aus, dass die für Thüringen bedeutsamen Antragskonferenzen im Mai dieses Jahres stattfinden werden. Thüringen wird, wie schon im November 2016, eine detaillierte Stellungnahme abgeben. Zur Stellungnahme ist – wie auch schon im vorförmlichen Verfahren – ein Kabinettsbeschluss vorgesehen. Neben den einzelnen fachlichen Belangen werden voraussichtlich die Aspekte Geradlinigkeit des Trassenkorridors und Bündelungsgebot mit bestehenden oder geplanten Infrastrukturen im Mittelpunkt der Stellungnahme stehen. Wohl im nächsten Jahr erfolgt die Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 9 NABEG durch die Bundesnetzagentur, also im Verfahren der Bundesfachplanung.

Sehr geehrte Damen und Herren, zum Abschluss meines Beitrags möchte ich noch auf den Aspekt der möglichen Klage gegen das Vorhaben eingehen. Nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in § 15 Abs. 3 Satz 2 NABEG kann die Entscheidung im Abschluss der Bundesfachplanung erst im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens gegen die nachlaufende Zulassungsentscheidung für Ausbaumaßnahmen gerichtlich überprüft werden. Die nachlaufende Zulassungsentscheidung ist das Planfeststellungsverfahren. Das heißt, eine Klage wäre nicht gegen den im Ergebnis der Bundesfachplanung festgelegten Trassenkorridor möglich, sondern erst gegen den Planfeststellungsbeschluss; dieser läge wohl in etwa vier Jahren vor. Klageberechtigt ist jeder, der in eigenen Rechten betroffen ist. Das sind beispielsweise Grundstückseigentümer, über deren Grundstück die Trasse verlaufen soll, Gebietskörperschaften, die in ihren Planungsrechten betroffen sind, und Umweltverbände im Rahmen ihres Verbandsklagerechts. Zuständiges Gericht für eine Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss wäre gemäß § 6 Bundesbedarfsplangesetz in Verbindung mit § 50 Abs. 1 Nr. 6 Verwaltungsgerichtsordnung in erster und letzter Instanz das Bundesverwaltungsgericht. Allerdings würden erst dann auch etwaige Fehler zu Beginn des Verfahrens überprüft werden, Fehler, auf die wir bereits jetzt hinweisen. Der Folgefehler im Anfang würde sich also ganz am Ende auswirken. Insofern ist die

Bundesnetzagentur schon im gegenwärtigen Verfahrensstadium gut beraten, es gar nicht so weit kommen zu lassen und wir sind gut beraten, fachlich und rechtlich gut zu agieren, um am Ende zu einem guten Ergebnis für Thüringen und die Menschen Thüringens zu kommen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Ich frage: Wer wünscht die Beratung zum Sofortbericht? Das sind alle Fraktionen, soweit ich das überschaue. Auf Verlangen aller Fraktionen eröffne ich die Beratung zum Sofortbericht zu Nummer 1 des Antrags und gleichzeitig die Aussprache zu Nummer 2 des Antrags sowie zum Alternativantrag. Als Erster hat Abgeordneter Gruhner für die CDU-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will auch Herrn Christoph Friedrich aus der Gemeinde Rhönblick begrüßen, er ist dort Vorsitzender der Bürgerinitiative gegen SuedLink. Frau Ministerin, zunächst erst mal herzlichen Dank für Ihren Sofortbericht.

Ich will zunächst unterstreichen, dass ich es ausdrücklich richtig finde, dass wir gemeinsam mit den Koalitionsfraktionen hier zu einem gemeinsamen Antrag, den wir als Fraktion angeregt hatten, gefunden haben, weil es durchaus zeigt, dass wir in großer Gemeinschaft auch für Thüringen Verantwortung wahrnehmen. Deswegen, Kollege Möller, zunächst ein Wort zu Ihnen: Schauen Sie, es gibt nicht nur erhebliche Unterschiede zwischen Regierungsarbeit und Oppositionsarbeit, es gibt auch erhebliche Unterschiede in der Oppositionsarbeit.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Sie sprechen ein wahres Wort gelassen aus!)

Hören Sie gut zu! Schauen Sie, auch in der Oppositionsarbeit ist es richtig, dass man Verantwortung für dieses Land wahrnimmt und nicht nur Klamauk macht. Wir haben uns als CDU-Fraktion dazu entschieden, dass wir Verantwortung für dieses Land wahrnehmen und dass wir nicht nur einseitig parteipolitisch Kapital schlagen wollen.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD)

Deswegen will ich Ihnen sehr deutlich sagen: Für uns stehen die Interessen Thüringens zuerst im Vordergrund und nicht die Interessen unserer eigenen Partei. Und deswegen will ich Ihnen auch in aller Fairness sagen: Man kann in der Sache über das, was Sie in Ihrem Antrag geschrieben haben,

(Ministerin Keller)

über alles reden, das ist überhaupt nicht das Thema, nur hilft das konkret in dieser Frage zum Thema „SuedLink“ überhaupt nicht weiter. Man kann immer alles groß malen, aber die Wahrheit ist immer konkret. Deswegen wäre es gut gewesen für die betroffenen Menschen in der Region, die gerade bangen, dass ihre Landschaft massive Eingriffe erfährt, wenn auch Sie eine Antwort gegeben hätten, wie Sie mit dieser Frage umgehen wollen. Leider lassen Sie das deutlich vermissen.

(Beifall CDU, SPD)

Ich finde, weil es heute um SuedLink geht, müssen wir drei Signale aussenden. Ich habe den Eindruck, dass wir uns da sehr einig sind. Erstens wollen wir keine weiteren energiepolitischen Zumutungen für die Menschen und für die Natur im Freistaat. Deswegen ist das klare Signal dieses Tages ein deutliches und unmissverständliches Nein zum SuedLink durch Thüringen.

(Beifall CDU; Ramelow, Ministerpräsident)

Das Zweite: Wir wollen nicht zulassen, dass Thüringen zum Lastesel dieser Nation gemacht wird.

Drittens fordern wir tatsächlich Gerechtigkeit und Fairness beim Netzausbau in Deutschland ein. Deswegen fordern wir, dass die Lasten der Energiewende in Deutschland insgesamt auch fair verteilt werden müssen.

Lassen Sie mich zunächst auch noch mal klar sagen: Wir stehen uneingeschränkt als CDU-Fraktion dafür, dass die Energiewende mit ihren großen Herausforderungen, die es zweifelsohne gibt, zum Erfolg geführt wird. Aber wir sagen auch: Natürlich wird es in den nächsten Jahren weitere Korrekturen brauchen, wenn die Energiewende erfolgreich sein wird. Wir haben das auch immer hier im Haus gesagt: Wir wollen natürlich auch da immer wieder entsprechend Augenmaß einfordern.

Wenn ich sage, dass wir einen Erfolg der Energiewende wollen, dann heißt das, dass wir immer wieder deutlich machen: Energiewende ist auch eine Frage von gesamtdeutscher Verantwortung, es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Deswegen müssen wir auch immer sagen: Die Chancen und Herausforderungen der Energiewende müssen gleichmäßig verteilt werden. Natürlich soll jede Region in diesem Land an der Wertschöpfung, die die Energiewende bietet, teilnehmen können. Aber dann gebührt die Gerechtigkeit unter den Regionen auch, dass jeder gleichberechtigt die Lasten der Energiewende tragen muss. Das gilt im Besonderen für den Netzausbau. Beim Netzausbau geht es einerseits darum, dass wir die Kosten fair verteilen. Wir haben in der Vergangenheit immer wieder hier im Haus auch über die Frage der gerechten Verteilung der Netzentgelte gesprochen. Das ist die eine Seite von Fairness in der Frage des Netzausbaus. Die andere Seite der Fairness beim Netzausbau ist

natürlich die Frage: Wo wird gebaut? Wie wird gebaut? Deswegen sind das die beiden Punkte, die wir hier auch immer wieder deutlich machen müssen.

Die Ministerin hat es angesprochen: Mit der Thüringer Strombrücke und auch mit der geplanten Trasse durch Ostthüringen ist das Maß des Zumutbaren in Thüringen deutlich erreicht. Das müssen wir gegenüber der Bundesregierung immer wieder deutlich machen und das tun wir als CDU-Fraktion auch.

Bevor ich im Konkreten zu SuedLink weiter komme, will ich aber auch noch einmal sagen: Ich finde, man sollte durchaus auch mal anregen, wenn es denn Länder gibt, die im besonderen Maße, wie es für Thüringen der Fall ist, hier schon Verantwortung beim Netzausbau wahrnehmen, dann kann man auch vom Bund insgesamt einfordern – das hat ja auch die Vorgängerregierung immer wieder gesagt –, dass es entsprechende Entschädigungen des Bundes geben muss – da kann man auch über finanzielle Entschädigungen mal reden – und dass man aber dann unterstützt, wenn solche Trassen gebaut werden; wenn jetzt wie im Ostthüringer Fall erdverkabelt werden soll, dass wir auch mal darüber sprechen, wie man dann zumindest die Energiewende auch zur Digitalwende noch stärker machen kann, dass man über die Frage spricht: Wie können wir die entsprechenden Korridore auch nutzen, um beispielsweise im Bereich des Glasfaserkabels weiter voranzukommen, um tatsächlich zumindest diejenigen, die betroffen sind, noch in irgendeiner Art und Weise mit positiven Effekten begleiten zu können? Ich finde zumindest, das sollten wir auch einfordern. Wenn wir so einen starken Beitrag bringen, dann muss auch dieser starke Beitrag in Zukunft stärker honoriert werden.

Ich will auch noch einmal deutlich sagen: Natürlich bekennen wir uns insgesamt zum Netzausbau. Es wäre unredlich zu sagen, wir wollen die Energiewende, aber wir wollen keinen Netzausbau. Wer A sagt, muss auch B sagen. Deswegen bekennen wir uns zum Netzausbau. Ich will die Notwendigkeit auch noch einmal an zwei Dingen verdeutlichen. Wir hatten ungefähr vor 20 Jahren in Deutschland 1.000 Erzeuger von Strom. Wir haben heute fast 2 Millionen Erzeuger von Strom. Früher floss der Strom sozusagen immer nur in eine Richtung – vom Übertragungsnetz ins Verteilernetz zum Verbraucher –, heute fließt der Strom in beide Richtungen.

Das heißt, jeder, der generell Netzausbau ignoriert und sagt, das ist überhaupt nicht notwendig, der ignoriert natürlich, dass wir eine völlig andere Situation in diesem Land haben. Deswegen gehört es auch zur Redlichkeit, dass wir deutlich sagen: Ja, wir brauchen Netzausbau, aber auch da gibt es Unterschiede, wie man es richtig machen sollte. Des

wegen gilt in diesem Zusammenhang, dass wir viel stärkere Anstrengungen unternehmen müssen, was die Speicherforschung betrifft. Auch das ist nach wie vor eine offene Flanke der Energiewende. Wir müssen auch konkret im Bereich des Netzausbaus viel stärker das Thema von Hybridlösungen einfordern, also das gemeinsame Führen von Wechselund Gleichstromleitungen. Da gibt es die entsprechenden Aussagen, da gibt es auch die entsprechenden Forderungen aus den unterschiedlichen politischen Lagern. Deswegen ist das auch ein Punkt, den wir in diesem Zusammenhang mit einfordern müssen. Natürlich müssen wir auch noch viel mehr steuernd eingreifen, dass Energie auch dort produziert wird, wo sie tatsächlich gebraucht wird, damit wir diese langen Übertragungswege in dem Maße nicht mehr brauchen.

Zum SuedLink will ich sehr klar sagen, dass wir der Überzeugung sind, dass es sich zu kämpfen lohnt, weil die Messen natürlich noch nicht gelesen sind. Auch das ist das wichtige Signal, was wir an die Bürger senden müssen. Es lohnt sich, dass Politik, Verwaltung, Bürger gemeinsam an dieser Stelle kämpfen. Wir stehen, würde ich sagen, eher am Anfang, schon ein bisschen fortgeschritten, aber eher am Anfang der Frage und noch nicht am Ende. Deswegen ist es richtig, dass wir hier auch in Thüringen gemeinsamen Schulterschluss üben. Die Bundesfachplanung wird voraussichtlich, das ist ausgeführt worden, erst Ende 2018 mit einem verbindlichen Trassenkorridor feststehen. Insofern sollten wir diese Zeit nutzen, um eine breite und starke Allianz gegen den SuedLink in diesem Land zu formen.

TenneT hat auch deutlich gemacht, dass sie unterschiedliche Varianten sehen, nämlich die jetzt präferierte Variante, wo Thüringen maßgeblich betroffen ist, und eine andere Variante durch Hessen. Wenn selbst der Netzbetreiber zwei Varianten auf den Tisch legt, dann sagen wir auch, da ist natürlich die Bundesnetzagentur jetzt ganz massiv am Zug, sich auf diese Variante durch Hessen zu konzentrieren. Das hat im Übrigen auch nicht mit dem Sankt-Florians-Prinzip zu tun, sondern wir sagen sehr deutlich: Erstens tragen wir bereits Lasten und zweitens gibt es gute Argumente, die sind aus naturschutzfachlicher Perspektive vorgetragen worden, die sehr konkret dafür sprechen, dass die jetzt vorgeschlagene Variante nicht mit dem im Einklang steht, was es auch an naturschutzrechtlichen Hindernissen gibt. Das Grüne Band ist angesprochen worden, aber wir könnten die Rhön nennen, wir könnten Biosphärenreservate nennen und viele mehr. Wir sind auch der Überzeugung, dass das in dem richtigen Maße noch nicht berücksichtigt worden ist, sodass hier die klare Aufforderung an die Bundesnetzagentur gilt, sehr deutlich die Variante durch Hessen mit in Betracht zu ziehen.