Protocol of the Session on March 23, 2017

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich wollte noch mal sagen, wir stimmen es direkt ab, und das war unser Antrag.

Eine weitere Wortmeldung, Herr Abgeordneter Rudy.

(Zwischenruf Abg. Rudy, AfD: Habe ich noch Redezeit?)

Ja, selbstverständlich.

Ich weiß jetzt nicht, wer in diesem Saal schon mal in der Ostukraine oder in der Ukraine war. Ich kann nur sagen, ich war oft dort, ich war auch oft in Russland. Natürlich ist der russische Rubel untergegangen, aber sehen Sie mal die Ukraine. Was bringt der Ukraine das jetzt, diese ganze verfahrene Situation? Die Wirtschaftsleistung hat sich halbiert, der Schuldenstand verdoppelt, die Preissteigerung beträgt 46 Prozent, die Poroschenko-Regierung hat nur noch 15 Prozent Zustimmung. Man kann nicht ewig warten; dieses Minsker Abkommen wird wahrscheinlich unter solchen Umständen nie ratifiziert, wird nie voll erfüllt. Wir sollten diese Russlandsanktionen jetzt beenden und sollten unserem Antrag zustimmen. Das wäre das Beste für das Land, das wäre auch für die Ukraine besser,

(Beifall AfD)

für die Ostukraine natürlich auch und für Russland und für Deutschland. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. König und Abg. Dittes, DIE LINKE: Und für die Welt!)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Hauptsache, nicht die gan- ze Welt!)

Danke schön. Weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten liegen mir nicht vor. Vonseiten der Landesregierung Herr Minister Tiefensee, bitte schön.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren – ich kriege den Spaß nicht mit, aber Hauptsache Sie amüsieren sich.

Nichts sehnlicher wünschte ich mir, als dass der Konflikt in der Ukraine aufhört, dass die Frage der Krim gelöst wird. Nichts sehnlicher wünschte ich mir, als dass Russland ein Partner wird, ein Kooperationspartner zur Befriedung der Konflikte außerhalb der Ukraine. Nichts wünschte ich mir mehr, als dass die Sanktionen beendet wären, dass wir zu einer normalen Partnerschaft auf allen Gebieten kommen. Ich bin mir sicher, da sind wir uns einig.

(Beifall CDU, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber die Situation, die wir heute besprechen, ist unendlich komplex, hat eine lange Vorgeschichte und hat eine Phase seit 2014, die schwierig ist, und die Frage ist offen, wie das weitergeht. Im Kern haben wir es mit zwei Interessen zu tun. Das eine Interesse ist das der Außenpolitik und das andere ist das Interesse der Wirtschaftspolitik, was hier zu besprechen ist. Im Übrigen ist es in Berlin genauso wie hier auch zu diskutieren, dass die Außenpolitik ganz besonders stark darauf dringen muss, dass eine völkerrechtswidrige Annexion, Unterstützung von Rebellen nicht ohne Antwort bleiben kann. Wir wissen, dass eine adäquate Antwort, also zum Beispiel eine kriegerische Auseinandersetzung, durch die EU nicht möglich ist. Auf der anderen Seite haben wir die Wirtschaftspolitik, die natürlich am liebsten sehen würde, dass wir einen freien Handel miteinander haben, nicht zuletzt der Tendenzen wegen, die hier mehrfach angesprochen worden sind. Aber es ist eben nicht so, dass eins ohne das andere geht. Wir haben es mit einem komplexen System zu tun. Deshalb kann es nicht so, wie Sie in Ihrem Ein-Zeilen-Antrag fordern, eine bedingungslose Aufhebung der Sanktionen geben, denn dann müssten Sie ein anderes Instrument nennen, wie man auf diese – ich wiederhole noch einmal – völkerrechtswidrige Annexion bzw. die Unterstützung der Rebellen in der Ostukraine reagieren sollte. Da es kein anderes Mittel gibt, ist das momentan das probate Mittel. Es ist interessant, dass sämtliche EU-Staaten, die ja Einstimmigkeit brauchen, die Sanktionen noch einmal bis Ende Juli 2017 verlängert haben. Wenn das also so ist, dann ist die Frage: Was ist eigentlich zu fordern? Die meisten unter uns hier haben kontinuierlich immer wieder dasselbe gefordert: Lasst uns alles dafür tun, dass das

Minsker Abkommen erfüllt wird, die Sanktionen vollständig wegfallen können, und lasst uns alles dafür tun, dass wir Schritt für Schritt Minsk umsetzen und Schritt für Schritt die Sanktionen beenden. Das ist, soweit ich sehe, Konsens. Das findet sich auch in diesem Antrag wieder, für den ich sehr dankbar bin, dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen und der CDU.

Wie ist es jetzt um die Wirtschaft bestellt? Ich könnte endlos Beispiele aufzählen, aus denen hervorgeht, dass die Wirtschaft tatsächlich ächzt und darunter leidet. Natürlich bringt es manch kleinen Betrieb, der ganz stark im Russlandgeschäft war, um. Natürlich kenne ich die Zahlen, dass von 360 Unternehmen, die vor 2014 Exporte nach Russland hatten, jetzt gerade mal 218 übrig geblieben sind. Deshalb muss sich der Wirtschaftsminister Thüringens wünschen, dass die Sanktionen Schritt für Schritt zurückgehen. Aber er muss auch das Primat der Politik, das Primat der Außenpolitik sehen und einräumen: Wir sind also in einem Kontext, der das nicht ohne Weiteres zulässt.

Die Exporte aus Thüringen nach Russland sind nicht stärker als im Bundesdurchschnitt zurückgegangen. Auch vor 2014 – im Jahre 2013 – rangierte Russland an 14. Stelle, was den Export Thüringens ins Ausland anbetrifft. Wir sind jetzt bei 1,4 Prozent des Exportvolumens insgesamt Thüringens, der nach Russland geht.

Ich bin Prof. Voigt sehr dankbar, dass er auf etwas hingewiesen hat, auf das ich noch mal stärker hinweisen will. Es ist nicht monokausal, dass der Export zurückgegangen ist, sondern Ölpreis und ein nicht modernes, veraltetes, nicht effizientes Wirtschaftssystem in Russland tragen dazu bei, dass nicht importiert werden kann. Das sind nicht nur die Sanktionen. Dass die Wirtschaftskraft Russlands zurückgeht, hat wesentlich mehr Einflüsse und Ursachen als nur die Sanktionen.

Was können wir tun? Wir müssen alles dafür tun, dass der Kontakt mit Russland aufrechterhalten bleibt. Ich reise am Dienstag nach Tatarstan, nach Kasan, habe dort die Ehre, die erste Arbeitsgruppensitzung Thüringen-Tatarstan zu eröffnen. Ich bin, weil das gefragt wurde, einer von denjenigen, die sehr oft in der Ukraine waren. Meine Stadt Leipzig, in der ich Oberbürgermeister war, war Partnerstadt von Kiew, deshalb kenne ich das Gebiet dort sehr gut, die Mentalität, und kann mir auch in etwa einen Reim darauf machen, wie die Bevölkerung jetzt darunter leidet. Tote sind zu beklagen, Verletzte; Wasser und Strom fehlen; es ist eine unerträgliche Situation.

Gegenüber Russland andererseits eben Flagge zu zeigen und deutlich zu machen, ja, wir sind bereit, Kontakte einzugehen, das ist die andere Seite der Medaille. Wir unterstützen Unternehmen, wenn sie auf Messen gehen. Ich bin mit dem Herrn Minister

präsidenten im letzten Jahr in Moskau und in Kasan gewesen. Wir unterstützen Kooperationen zwischen Unternehmen, soweit sie von der Sanktion nicht betroffen sind. Wir informieren mit den Kammern über die Situation in Russland und wir hoffen auf anderen Gebieten, außerhalb der Wirtschaft, die Kontakte halten und verstärken zu können und das deutlich zu machen, zum Beispiel in Richtung der Hochschulen und Universitäten – wir wissen, dass die am wenigsten Ursache sind für die Situation, die jetzt besteht –, also einerseits akzeptieren, dass die Außenpolitik Grenzen setzen muss, andererseits anmahnen, ja, Schritt für Schritt die Sanktionen zurückfahren und auf der anderen Seite Kontakte pflegen, wo es irgend möglich ist. Das ist meiner Ansicht nach die richtige Vorgehensweise. Deshalb begrüße ich sehr den Antrag der CDU und der Regierungskoalition. Es ist in der Reihenfolge sehr klug geschrieben, auch im Verweis auf die Weltpolitik. Es ist genau die richtige Antwort, die wir einer Bevölkerung geben müssen bzw. den Unternehmen, die uns zu Recht fragen, wie es weitergehen soll. Vielen Dank.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht, sodass ich die Aussprache

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Ronny, tritt noch mal ans Pult!)

(Heiterkeit CDU, DIE LINKE, SPD)

schließe. Der Abgeordnete Rudy möchte nicht noch mal reden.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das würde ich gern erleben!)

Ich schließe damit die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag zunächst der AfD. Ausschussüberweisung ist nicht beantragt worden, sodass wir direkt über den Antrag abstimmen. Ich bitte um das Handzeichen, wer für den Antrag ist. Das sind die Stimmen der AfD-Fraktion. Danke schön. Gegenstimmen? Aus den Koalitionsfraktionen, der CDU-Fraktion und vom Abgeordneten Gentele. Damit mit Mehrheit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Alternativantrag der Fraktionen der CDU, Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Hier ist auch keine Ausschussüberweisung beantragt worden. Ich frage, wer für diesen Antrag ist. Das sind die Stimmen der Koalitionsfraktionen, der CDU-Fraktion und des Abgeordneten Gentele. Gegenstimmen? Die sind aus der AfD-Fraktion. Damit ist dieser Antrag mit Mehrheit angenommen.

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und darf damit die heutige Sitzung schließen. Ich wünsche Ihnen allen einen schönen Abend und einen guten Heimweg. Bis morgen früh!

Ende: 19.33 Uhr