Ende 2016 trat die Verordnung nach einem langen Abstimmungsprozess im Thüringer Wald in Kraft. Eine verdoppelte Gebietsgröße, eine einheitliche Verordnung und ein neuer Name sind das Ergebnis, ein Ergebnis, das in enger Abstimmung mit den Akteuren vor Ort erzielt wurde. Nicht nur über den Namen, sondern auch über die Ziele, die in den verschiedenen Regionen und in den verschiedenen Zonen des Biosphärenreservats verfolgt werden, gab es einen sehr umfangreichen Austausch. Eine Schutzgebietsausweisung im Konsens mit den Betroffenen – und da sind wir ganz nah beieinander, Frau Tasch – ist nicht nur zielführend und effizient, es ist auch die effektivste Vorgehensweise. Ein Biosphärenreservat lebt im hohen Maße davon, dass die Menschen vor Ort seine Zielsetzungen mittragen und umsetzen. Das können sie nur, wenn sie einbezogen werden wie im Fall der Biosphärenreservatsverordnung oder im Fall der noch fortzuschreibenden Rahmenkonzeption.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zwei der genannten Empfehlungen an die Landesregierung sind schon umgesetzt, nun steht noch die letzte Aufgabe – die internationale Anerkennung als UNESCO-Biosphärenreservat – an. Dazu wurde ein zwischen den Ressorts abgestimmter Entwurf des Antrags auf UNESCO-Anerkennung für das Biosphärenreservat Thüringer Wald erarbeitet. Dieser liegt zurzeit bei den betroffenen Kommunen zur Abstimmung und bis Mitte April erwarten wir von
dort die Rückmeldung. Parallel dazu wurde der Entwurf dem in Deutschland für die Biosphärenreservate zuständigen Gremium der UNESCO, dem MAB National Committee, zur Vorbegutachtung übersandt. Am 26. April dieses Jahres wird das MAB National Committee das Biosphärenreservat vor Ort in Augenschein nehmen und wir werden gemeinsam den Anerkennungsantrag besprechen. Da uns das Biosphärenreservat sehr wichtig ist, wird Frau Ministerin Siegesmund das MAB National Committee persönlich begleiten und die Diskussion dort vor Ort führen.
Die Mitglieder des MAB National Committees können bei dieser Gelegenheit das Ende 2015 eröffnete Informationszentrum des Biosphärenreservats besichtigen. Dies war, wie ich eingangs schon erwähnt hatte, der zweite große Kritikpunkt der UNESCO. Wir konnten dieses Defizit beseitigen und damit auch einen weiteren Fortschritt bei der Bildungsarbeit des Biosphärenreservats erzielen, aber auch ein attraktives Schlechtwetterangebot, das die touristische Attraktivität des Gebiets erhöht, einweihen.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf das zurückliegende Jahr der Nationalen Naturlandschaften kurz hinweisen. Die Naturparks, Biosphärenreservate und auch der Nationalpark Hainich standen im letzten Jahr im Mittelpunkt des Thüringer Tourismusmarketings. Im Thüringer Wald haben das Biosphärenreservat und der Naturpark mit ihren Partnern an einem Strang gezogen und einen wichtigen Beitrag zur Ausgestaltung dieses besonderen Jahres, dieses Jahres der Nationalen Naturlandschaften, geleistet. Die Felix-Reuter-Konzerte, aber auch die Wanderangebote, die dort ohne Voranmeldung möglich waren, möchte ich hier besonders hervorheben. Über 400.000 Euro hat unser Ministerium 2016 zur Verfügung gestellt, um das Marketing für das Jahr der Nationalen Naturlandschaften 2016 gemeinsam mit der TTG durchzuführen. Wenn Herr Gruhner hier wäre, könnte er bemerken, dass wir nicht nur für die Energiegewinner werben, sondern eben auch für die Nationalen Naturlandschaften. Alle Nationalen Naturlandschaften Thüringens wurden personell verstärkt in den letzten Jahren – eine überaus wichtige Maßnahme, um mit den Akteuren vor Ort gemeinsam agieren zu können. Die Ergebnisse sprechen für sich, da die Zusammenarbeit der touristischen Akteure wesentlich verbessert werden konnte. Einmal mehr wurden damit von der Landesregierung wichtige Weichenstellungen in die richtige Richtung für die Stärkung des Tourismus im Thüringer Wald vorgenommen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin davon überzeugt, dass überall dort, wo Mensch und Natur gemeinsam gedacht werden, die ganze Region profitieren kann. Das Biosphärenreservat Thüringer Wald als Modellregion für nachhaltige Ent
wicklung hat auf diesem Weg wichtige Fortschritte erzielt. Diese Fortschritte gemeinsam zu verstetigen und auszubauen ist das Ziel der Thüringer Landesregierung und ganz besonders natürlich auch das Ziel unseres Ministeriums. Vielen Dank.
Danke schön, Herr Staatssekretär. Ich schließe den ersten Teil und rufe auf den zweiten Teil der Aktuellen Stunde
b) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Thema: „Chancen der Freiwilligkeitsphase der Gemeindegebietsreform in Thüringen aktiv nutzen“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/3620
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, wie jede Reform, so hat auch die auf den Weg gebrachte Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform Chancen und Risiken. Es gilt jetzt, die Chancen zu nutzen, die Risiken zu begrenzen und für diese Risiken gemeinsam mit allen Beteiligten Lösungen zu finden. Wer nur auf Risiken verweist und dabei Ängste schürt, der will letztlich Stagnation in diesem Land. Dadurch werden die Kommunen immer weniger in der Lage sein, die aktuellen und künftigen Herausforderungen zu bewältigen und zu meistern. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass kommunale Verwaltung auch noch in zehn Jahren funktioniert. Dabei steht nicht nur die Stärkung der Mittel- und Oberzentren im Mittelpunkt, wie oftmals in der Debatte dargestellt wird, sondern wir stärken im gleichen Maße den ländlichen Raum. Dort befinden sich bekanntermaßen 80 ausgewiesene Grundzentren, die nach den Vorgaben des Vorschaltgesetzes gestärkt werden. Nach dem Inhalt des Leitbildes, das die Landesregierung im Dezember 2015 beschlossen hat, können weitere Grundzentren im ländlichen Raum gebildet werden, soweit die Voraussetzungen dafür gegeben sind. Die sind im Landesentwicklungsprogramm 2025 beschrieben.
Den Medien war zu entnehmen, dass Bürgerinnen und Bürger weitere Informationsbedarfe zur anstehenden Reform haben. Gleichzeitig wurde aber auch mal abgefragt, wie viel Kontakte die Bürgerinnen und Bürger in Thüringen eigentlich zu kommu
nalen Verwaltungen haben. Die übergroße Mehrzahl der Befragten hatte in den letzten zwölf Monaten gar keinen Kontakt. Durchschnittlich wird angegeben, dass zwei Kontakte im Jahr mit kommunalen Behörden notwendig sind. Insofern kann man nur appellieren, manche Debatte in dieser Hinsicht einfach nur zu versachlichen
und nicht Untergangsszenarien zu beschreiben und dem Bürger einzureden, dass eine Entfremdung zwischen Bürgerinnen und Bürgern und Verwaltung eintreten würde.
Meine Damen und Herren, das Vorschaltgesetz eröffnet eine Vielzahl von Optionen, die es so nach Abschluss der Freiwilligkeitsphase für die Gemeinden nicht mehr geben wird. In der Freiwilligkeitsphase können die Gemeinden zwischen drei Gemeindemodellen auswählen und dabei jeweils eine Gemeindeneubildung oder eine Eingemeindung vornehmen, also insgesamt sechs Modelle. Es gibt Finanzhilfen und Strukturbegleithilfen in der Freiwilligkeitsphase. Es können Fusionen und Eingemeindungsverträge abgeschlossen werden, bis hin zu solchen Optionen wie die Erweiterung des Gemeinderats oder das Festzurren von Aufgaben, die in den Ortsteilen oder Ortschaften verbleiben. In dem Zusammenhang ist ein Brief, den Landtagsabgeordnete der CDU an Bürgermeisterinnen und Bürgermeister versenden, wenig hilfreich und im Graubereich dessen, was ordnungspolitisches und gesetzgeberisches Handeln betrifft. Dort werden nämlich Gemeinden aufgefordert, abzuwarten und gegenwärtig keine Entscheidungen in der Freiwilligkeitsphase zu treffen.
Und man setzt sich dafür ein oder man meint, die Klage bei einem Verfassungsgericht ist bereits gleichzusetzen mit der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes. Das führt natürlich zu Verunsicherung. Wir müssen jetzt sagen, die Bürgermeister, die auf derartige Dinge reinfallen, vergeben eben diese Chancen der Freiwilligkeit. Bis Oktober ist die Zeit schnell abgelaufen. Aber unsere Wahrnehmung ist, 70 Prozent der Gemeinden beschäftigen sich inzwischen ganz konkret mit Neustrukturierungsplänen, mit verschiedenen Varianten. In über 20 Fällen gibt es bereits konkrete Anträge mit nahezu 80 Gemeinden, die also jetzt schon die Neugliederung zum 01.01.2018 beantragt haben. Diese Antragsphase war mal bis 28.02. begrenzt und ist jetzt noch mal erweitert worden. Und auch hier liegen uns Informationen vor, dass in den nächsten Tagen weitere Gemeinden einen entsprechenden Antrag bereits zur Neugliederung in diesem Jahr zum 01.01.2018 stellen werden. Es gibt nur einige wenige Funktionsträger, die bewusst diese Reform blockieren, aktuell Herr Schmidt, VG-Vorsitzender „An der Mar
ke“, im Nebenamt Vorsitzender der CDU im Kreistag in Sömmerda, der die Reform als „Spaßphase“ bezeichnet und bewusst zum gesetzwidrigen Handeln auffordert. Das ist sehr bedenklich. Danke.
Der von Ihnen zitierte Herr Schmidt ist Kreistagsfraktionsvorsitzender, darf ich vielleicht kurz ergänzen.
(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Dan- ke für die Klarstellung, Herr Präsident! Das macht es nicht besser!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsident, liebe Gäste hier im Thüringer Landtag! Klarheit, das ist ein wichtiger Punkt bei jeder großen Reform. Wir sind uns alle einig, dass es bei der Klarheit und Vorausbestimmbarkeit innerhalb so großer Reformprozesse niemals ein Hundertprozent geben kann, es könnte immer ein Etwas-Mehr sein. Aber das ist hier in diesem Landtag auch häufig diskutiert worden.
Die Klarheit in der Reform ist durch das Vorschaltgesetz in Kraft gesetzt worden. Wir haben nicht nur ein Leitbild beschlossen, wir haben nicht nur hier im Landtag gesagt, wohin wir die Thüringer Kommunen weiter qualifizieren wollen, sondern wir haben in einem Gesetz für alle verbindlich geregelt, wie man die Sache auch angehen will. Die Opposition hier im Thüringer Landtag hat das zu keinem Zeitpunkt akzeptiert, dass diese Klarheit nun geschaffen ist – so wie Kollege Kuschel zum Schluss ausgeführt hat –, im Gegenteil, Sie schreiben heute noch Briefe an Kommunen und sagen: Es ist gar nicht klar, obwohl das im Gesetz steht; also handelt mal lieber nicht, das wird besser sein. Für meinen Begriff ist es das gute Recht der Opposition, sich konträr zu einem Gesetz zu stellen, das von der Koalition, von der Mehrheit im Thüringer Landtag, verabschiedet wurde. Nicht in Ordnung – das muss hier deutlich gesagt werden – ist es allerdings, dies als besser für die Kommunen darzustellen.
Das ist nicht in Ordnung, denn – und auch das ist vorhin schon gesagt worden – in dem Prozess einer Reform muss man sich konstruktiv verhalten, auch wenn man als Opposition dort noch etwas auf den Weg bringen will. Man muss konstruktiv bleiben, sonst kann man nicht gestalten. Nur Nein zu
sagen, führt in die Sackgasse und in der befindet sich die CDU, meine sehr verehrten Damen und Herren, leider zunehmend.
Wir sind der Meinung – da hilft wirklich ein Blick über unsere Landesgrenzen, sehr nah, aber auch sehr weit hinweg –, dass es genug gute Beispiele dafür gibt, dass große Reformen, die in der Bevölkerung immer umstritten sind – auch das ist unbenommen –, immer auch ein gutes Ergebnis bringen. Eine sehr weit zurückliegende Reform war die Gebietsreform in Baden-Württemberg. Man hat die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und gesagt: Hier in unserem Ländle darf so etwas auf keinen Fall passieren! Und heute? Baden-Württemberg und seine Kommunen sind strahlendes Vorbild für viele, viele Länder.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Mut ist die Grundlage für Zukunft. Deshalb sind wir für diese Gebietsreform. Deshalb werben wir dafür, sich konstruktiv damit auseinanderzusetzen. Wir fordern die CDU auf, mit der Panikmache, mit dem Verunsichern der Bevölkerung aufzuhören und sich mit uns konstruktiv auseinanderzusetzen bei den Einzelfragen, aber aufzuhören mit der Panikmache, mit der Verunsicherung unserer Thüringer Kommunen. Vielen Dank.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Präsident! Der Titel dieser Aktuellen Stunde „Chancen der Freiwilligkeit nutzen“ – die gesamte Politik besteht aus einem Abwägen von Chancen und Risiken. Es gab übrigens mal einen großen Kanzler der Bundesrepublik Deutschland, der gesagt hat: Nur wer Risiken eingeht, hat auch Chancen. – So weit will ich an der Stelle gar nicht gehen. Es ist aber auf jeden Fall ein Motto, was an der Stelle auch weiterhilft.
Freiwilligkeitsphase: Meine Damen und Herren, ich mache darauf aufmerksam, dass eine Freiwilligkeitsphase im Zuge einer Gebietsreform auf ein Urteil des Landesverfassungsgerichts zurückgeht. Das dürfte, glaube ich, bekannt sein. Schon in den 90er-Jahren hat aber das Gericht in einem speziellen Fall allgemeine Grundsätze für das Ablaufen künftiger Gebietsstrukturveränderungen aufgezeigt. Ein ganz wesentliches Element einer solchen Reform – auch das hat das Gericht als Vorgabe ge
macht – nach einer öffentlichen Leitliniendiskussion – auch das haben die Koalition und die Regierung getan – ist: Im Anschluss daran hat sich eine Freiwilligkeitsphase zur Neugliederung anzuschließen. Genau in dieser Phase befinden wir uns jetzt. Wir geben den Kommunen die Möglichkeit, sich im Rahmen der Vorgaben, die das Vorschaltgesetz macht, freiwillig zu neuen Körperschaften zusammenzufinden. Wenn jetzt politisch Verantwortliche dieses Landes in unserem Freistaat umherfahren und den Bürgermeistern, den Gemeinderäten, den Stadträten erzählen: „Ihr braucht an der Stelle nichts zu tun“ – der Kollege eben hat es treffend ausgedrückt: eine konkrete Aufforderung, wenn man so will, zum gesetzwidrigen Handeln –, dann ist das mit „fahrlässig“ vollkommen unzureichend beschrieben.
Das ist eine Vorgehensweise, meine Damen und Herren, die ist schon bewusst destruktiv angelegt. Ich halte Ihnen vor, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, dass Sie an dieser Stelle Ihrer landespolitischen Verantwortung und der Verantwortung als Opposition insgesamt in keiner Weise nachkommen.
Sie dürfen Ihre Meinung sagen, so oft und so viel Sie wollen, daran wird Sie niemand hindern, Herr Kollege. Das können Sie mir glauben. Aber Sie werden gestatten, dass ich meine Meinung über Ihr Vorgehen an dieser Stelle auch ganz deutlich zum Ausdruck bringe.
Wenn wir dann im Zuge dieses Verfahrens den Kommunen die Möglichkeit geben – das ist zwar nicht das vordergründige Ziel, wie uns immer unterstellt wird –, auch finanzielle Zuwendungen auf diesem Weg mit in Anspruch zu nehmen, und die Kommunen aber aufgefordert werden, genau das nicht zu tun, dann bekommt der Begriff des „destruktiven Verhaltens“ an dieser Stelle noch mal eine ganz neue Dimension.