dass der Radverkehr eine essenzielle Bedeutung für Thüringen hat. Es darf keine Rolle spielen, dass es mitunter schwierig ist, etwas zu bewegen und zu erreichen, denn es gibt hier nicht nur unterschiedliche Interessen, sondern auch unterschiedliche Zuständigkeiten – Stichwort Straßenbaulastträger. Deshalb müssen wir bei diesem Thema konsequent den Einfluss bzw. die Stellschrauben nutzen, die es gibt und die wir auch haben. Wir wollen, dass der Radverkehr bei allen kommunalen Straßenbauvorhaben mitgedacht und dann auch, wenn möglich, mitbedacht wird, innerorts vorzugsweise mit kostengünstigen Schutzstreifen auf der Fahrbahn, außerorts vorzugsweise als separate Radwege. Wir fordern und unterstützen es auch, wenn dort, wo Landesmittel für den kommunalen Straßenbau auf Grundlage des Thüringer Gemeindeinfrastrukturfördergesetzes fließen, vorrangig exakt die Projekte mit bedacht werden, wo genau diese Maßnahmen berücksichtigt werden können.
Das ist schon alles. Wir befinden uns dabei beispielsweise auf einer Linie mit dem Deutschen Städte- und Gemeindebund, der in jüngster Zeit verstärkt darauf hinweist, dass das Fahrrad zunehmend an Bedeutung für die Verkehrspolitik gewinnt, vor allem in den Kommunen. 82 Prozent aller Menschen wünschen sich nach Angaben des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, dass sich die Politik mehr mit dem Thema „Rad und Radverkehr“ beschäftigt. Es geht um Lebensqualität, um die Attraktivität von Städten und Gemeinden sowie insgesamt um Mobilitätsgewinne. Es ist dabei meiner Meinung nach auch nicht abwegig, alle Straßen zumindest in Betracht zu ziehen. Ich möchte die immer weiter zunehmende Bedeutung der E-Bikes benennen. Deren Bedeutung wird gerade in den nächsten Jahren und Jahrzehnten aufgrund von steigender Effizienz und Verringerung der Anschaffungskosten noch weiter zunehmen. Diese Entwicklung wird dazu führen – und tut es auch bereits –, dass nicht nur gestandene Radfahrerinnen und Radfahrer auf das E-Bike umsteigen, sondern dass die absolute Zahl dieser Nutzergruppe steigen wird. Auch ältere Menschen haben dann wieder die Möglichkeit, bestimmte Wege mit dem Rad zu bewältigen. Gerade deshalb halte ich unser selbst gestecktes Ziel für gerechtfertigt. Deswegen werbe ich weiterhin für die Zustimmung zu unserem Vorhaben und zu dem Antrag, der konsequent bei dem ansetzt, was hier schon von uns beschlossen worden ist. Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, ich möchte mich ganz herzlich bei Ministerin Keller bedanken für den sehr konkreten und ausführlichen Überblick über das Thüringer Radwegenetz, über die Fördermöglichkeiten zum Radwegebau und über die Situation und den Stand, den wir erreicht haben.
Thüringen hat eine Vielzahl von Anstrengungen mit guten Ergebnissen vorzuweisen. Nicht nur der Ausbau und die Weiterführung des touristischen Radwegenetzes wären zu nennen. Meine Kollegen haben den Radroutenplaner und den Mängelmelder, der 2016 eingeführt wurde und gut angenommen wird, schon positiv erwähnt. Neben Sachsen-Anhalt hat Thüringen auch das Alleinstellungsmerkmal, dass wir nach wie vor die kostenlose Fahrradmitnahme im Nahverkehr garantieren. Nicht zu vergessen: Auch auf dem Gebiet der Verkehrssicherheit, angefangen von der Fahrradausbildung, die gemeinsam mit der Polizei durchgeführt wird, bis hin zu Kampagnen zum Tragen des Fahrradhelms, haben wir sehr viel Positives aufzuweisen.
Der Antrag war trotzdem notwendig, denn wir müssen festhalten: Der Radverkehrsanteil bei der Auswahl der Verkehrsmittel ist in Thüringen – sicherlich auch aufgrund der Topografie – noch vergleichsweise unter dem Bundesdurchschnitt, auch der Fahrradbesitz und die Radwegeausstattung. Deswegen wurde im Koalitionsvertrag sehr deutlich verankert, die Mobilität mit dem Fahrrad zu erhöhen, die Fortschreibung des Radwegekonzepts, die erfolgreich läuft, und auch der von Frau Liebetrau bereits erwähnte Beschluss „Radverkehr in Thüringen planvoll und zielstrebig verbessern“ aus dem Jahr 2015 diente diesem Ziel. Hier sind konkrete Zielvorgaben genannt worden. Das betrifft nicht nur die Sanierung und den Neubau von Radverkehrsanlagen, sondern auch die Fragen nach Bike-and-RideFlächen und Abstellflächen in Kommunen, die Überlegungen, die Landesbauordnung eventuell für das Fahrradparken zu überarbeiten, und außerdem eine höhere Öffentlichkeitsarbeit.
Der heutige Antrag – das muss ich einfach sagen – ist die logische Fortsetzung dieses bereits 2015 in die Wege geleiteten Konzepts. Wir denken, dass mit dem Antrag eine Unterstützung und nicht eine Beschneidung der Kommunen vorgenommen wird. Wir wissen – Frau Keller hat das mehrfach erwähnt –, dass die kommunale Zuständigkeit für den Radwegebau die Kommunen vor Probleme stellt.
Beispielsweise kennen wir die Finanzkraft einiger Kommunen, die nicht ausreicht, um den Eigenanteil zu stemmen. Wir kennen aber auch die Vielzahl von Aufgaben, die in den Kommunen stehen. Das
heißt, das Engagement für den Radwegebau wird nicht immer Priorität haben oder haben können. Die Reduzierung des Förderansatzes für touristischen Radwegebau von 90 Prozent auf 60 bzw. 75 Prozent ist auch ein Problem. Es gibt nach wie vor kaum Fördermittel für Instandhaltungsmaßnahmen. Außerdem sind Kommunen nicht immer in der Lage, einen Planungsvorlauf zu liefern. Die Förderung nur auf Antrag ist ebenfalls ein Problem. Hier hat das Land mit seiner Förderfibel sehr viel geleistet. Es bemüht sich, über die AG Radwege auch das Interesse der Kommunen zu stärken, sie zu informieren und das Problem der fehlenden Mitarbeiter in Kommunen für den Radwegebau aufzugreifen. Ich denke, gerade in diesem Zusammenhang sind die Überlegungen zur Optimierung der Landesförderung, die die Ministerin für Infrastruktur und Landwirtschaft angeschnitten hat, ganz besonders notwendig. Es gibt die Überlegung zur Reduzierung des Eigenanteils der Kommunen, die Prioritätensetzung bei der Förderung, die in diesem Antrag ebenfalls verankert ist, dass vorrangig Straßenbaumaßnahmen, die zur Verbesserung und Berücksichtigung des Radwegeverkehrs dienen, auch gefördert werden sollen. Ein Maßnahmenplan des Landes in Abstimmung mit den Kommunen wird in vielen Fällen schon vorbereitet – wir können dort auch beispielsweise von der Radstrategie von Baden-Württemberg lernen –, ein Sonderprogramm „Lückenschluss“ wäre eine interessante Version. Die vielfältigen Aktionstage oder Modellprojekte, die durch das Land Thüringen unterstützt werden, besonders durch das Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft, die erwähnten Beratungen: All sie bilden einen Komplex von Maßnahmen, der den Radverkehr wesentlich interessanter machen kann und auch fördert.
Ich will in dem Zusammenhang nur sagen, dass das nicht etwa eine abwegige grüne Forderung ist, sondern sich 82 Prozent der deutschen Bevölkerung dafür ausgesprochen haben, die Orientierung auf ÖPNV, Fuß- und Radwege, Bau und Verkehr zu stärken.
Auch das Bundesministerium hat bereits festgestellt, dass Radverkehr für breite Teile der Bevölkerung durchaus im Trend liegt. Allerdings sind die Förderbedingungen oder – sagen wir es mal so – die Förderung für Radverkehr im Vergleich zum Autobahnund Bundesfernstraßenbau noch sehr überholungsbedürftig. Deswegen plädieren wir auch mit diesem Antrag für eine Wende in der Radverkehrsplanung, die bundesweit notwendig ist und sich im Land schon sehr deutlich abzeichnet: viel mehr Werbung, viel mehr Sicherheit für Radfahrer, der Versuch einer Angebotsplanung, denn Kinder müssen auf Radwegen sicher fahren können. Es muss ebenfalls sehr darauf hingearbeitet werden, dass wir noch viel mehr im Dialog der Verkehrsteil
nehmer erreichen, damit die gegenseitigen Vorwürfe – ich will jetzt die Begriffe „Kampfradler“ und „Autorowdy“ nicht erwähnen – langsam keine Rolle mehr spielen und dass wir in den Städten und Gemeinden, aber auch im ländlichen Raum, mehr Möglichkeiten haben, den Radtourismus und auch die kommunalen Radwege zu optimieren.
Ich möchte an dieser Stelle den Appell der Ministerin unterstützen. Wir haben im Moment bei allen Vorhaben, die wir sowohl im Radwegebau, in der ÖPNV-Strukturförderung, aber auch im Straßenbau haben, eine Begrenzung bis 2019. Wir alle wissen, dass die Entflechtungsmittel des Bundes dann nicht mehr vorrangig und zielbewusst für die Förderung der Verkehrsinfrastruktur eingesetzt werden dürfen. Hier müssen wir auch im Land Vorkehrungen dafür treffen, dass sowohl der Radwegebau als auch der ÖPNV-Ausbau, beispielsweise Straßenbahnbau, aber auch der Bau von Straßen weiterhin möglich sind, dass wir uns durch Verpflichtungsermächtigungen konkret dafür einsetzen, dass die notwendigen Mittel zur Verfügung stehen.
Vielleicht in dem Zusammenhang noch ein Ausblick auf den bevorstehenden 5. Nationalen Radverkehrskongress 2017: Auch hier gibt es zahlreiche Anstrengungen, Radschnellwege zu entwickeln, den Radverkehr mehr in den Fokus zu nehmen, ihn im Tourismus fest zu verankern und gleichzeitig aber auch die Förderung für Radverkehrsanlagen zu optimieren. Ich denke, da können wir uns noch inspirieren lassen. Aber wir sind hier mit diesem Antrag und mit den von Ministerin Keller vorgetragenen Anstrengungen bereits auf einem sehr guten Weg und den sollten wir fortsetzen. Ich halte die von ihr vorgeschlagene eigene Richtlinie für den Radverkehr für eine sehr gute Maßnahme. Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Dr. Lukin. Als Nächster hat sich Abgeordneter Kobelt für die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen gemeldet.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, zunächst einmal finde ich es ein bisschen schade, dass die CDU-Fraktion mit Frau Liebetrau hier eine imposante Rede gehalten hat, aber jetzt unserer Debatte, unseren Argumenten nicht folgt und auch nicht anwesend ist. Das macht es ein bisschen schwierig, sachlich ins Gespräch zu kommen.
Deswegen habe ich gerade bei der Einbringung der CDU unsere fahrradfreundliche Hand ausgestreckt, die aber jetzt in einer Art Klassenkampfrhetorik von Frau Liebetrau vehement abgeschlagen wurde, denn es geht doch nicht darum, Autofahren und Radfahren gegeneinander auszuspielen, sondern es geht darum,
einfach bessere Bedingungen für Radfahrer zu schaffen – und das muss ja nicht zulasten des Autoverkehrs im ländlichen Raum geschehen, wenn es gut gemacht ist. Denn wir haben doch gemeinsam – und da war die CDU auch mit dabei und ich hoffe auch, dass es nicht nur Sonntagsreden waren, sondern auch ernst gemeint war –, wir haben doch gemeinsam beschlossen, dass wir uns fraktionsübergreifend dafür einsetzen, dass sich der Radverkehr bis 2025 von sechs Prozent auf zwölf Prozent erhöhen soll. Und wenn wir uns dazu einig sind, ist doch klar, dass es in der Folge danach nicht nur bei den Reden bleibt, sondern auch konkrete Maßnahmen folgen,
damit diese Ziele umgesetzt werden können. Und Frau Tasch, wenn Sie vorhin in Ihrem Zwischenruf gesagt haben, wir brauchen im ländlichen Raum in den Gemeinden keine Radwege in den Ortschaften, bei uns laufen die Leute noch auf der Straße, dann mag das vielleicht eine Realität sein, aber das ist doch kein Ziel, das wir unter guter Verkehrspolitik verstehen. Sie haben doch auch Familien, die ihre Kinder auf Fußwegen, auf Radwegen sicher in die Schule schicken wollen.
Dafür wollen wir uns doch nicht nur in den Städten Erfurt, Weimar, Jena stark machen, sondern in allen Kommunen in Thüringen. Ich hätte eigentlich gedacht, dass Sie als Volkspartei im ländlichen Raum solche Ansichten auch unterstützen.
leben. Andererseits ist natürlich deutlich geworden, wo vielleicht dann auch die wahren Positionen der CDU stehen. Aber lassen Sie mich bitte zur Sache kommen.
Der vorliegende Antrag hat die Zielsetzung, kommunale Straßen mit Radwegen vorrangig zu fördern. Für innerstädtische Verbindungen sollen dabei vorzugsweise Schutzstreifen auf der Fahrbahn oder Radfahrstreifen angelegt werden, die dann halt nicht in Kombination mit Fußwegen zu Verquickungen führen. Außerhalb der Ortschaften sagen wir natürlich klar: Dort ist es notwendig, soll ein Schwerpunkt sein, separate Radwege zu haben. Aber da finden wir es auch gut, dass – die Idee kam aus dem Infrastrukturministerium – die Kommunen gestärkt werden, dass auch kombinierte Rad- und Fußwege zwischen den Ortschaften angelegt werden können und die
Förderung so verändert wird, dass dort auch ein gemeinsames Handeln erfolgen kann. Das ist, glaube ich, im ländlichen Raum zwischen den Gemeinden auch ein sinnvolles Instrument und führt dazu, dass wir auch schneller zu individuellen Lösungen kommen. Die Kommunen sollen dann aber auch durch unseren Antrag und durch das Regierungshandeln durch die neuen Regelungen die Möglichkeit erhalten, Mittel des Landes aus dem Straßenbau gezielter für Radwege einzusetzen. Das ist richtig, aber das ist auch klar, wenn wir den Radwegeanteil erhöhen wollen.
Untersuchungen haben gezeigt, dass im Ort der Radverkehr am sichersten niveaugleich mit der Fahrbahn erfolgt. Es gibt natürlich auch Bedenken, die sagen, dass es gerade für Kinder vielleicht schwierig ist, sich so eng neben den Autos auf der Straße zu befinden. Aber wir haben jetzt durch die neue StVO die Möglichkeit, dass Familien mit Kindern neuerdings seit einem halben, Dreivierteljahr auch den Fußweg benutzen können. Auch wenn die Kommunen kein Geld hatten, einen Radweg zu bauen, dürfen die Eltern mit den Kindern auf dem Fußweg fahren. Deswegen ist es unserer Meinung nach richtig, dass neue Investitionen relativ preisgünstig in Sichtbarkeit des Autoverkehrs auch auf der Straße durch Schutzstreifen oder durch Radfahrstreifen angelegt werden. Das erhöht – das ist in Studien auch nachgewiesen – die Sicherheit, weil die meisten Unfälle beim Abbiegen erfolgen, wenn man als Radfahrer unübersichtlich die Kreuzung überschreitet. Das ist viel günstiger, wenn das im Sichtbereich der Autofahrer geschieht.
Das ist sehr gut. Es ist schade, dass bei Ihnen nur sechs oder sieben Abgeordnete da sind, sonst hät
(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bei uns sind drei da – die Hälfte der Fraktion!)
Für eine höhere Sicherheit in den Ortschaften wollen wir aber auch die Kommunen stärken, die sagen, wir wollen das Tempo reduzieren. Wir wollen das nicht vom Land vorgeben, aber wenn die Kommunen sagen, wir wollen Tempo-30-Zonen einrichten, dann sollen sie das unserer Meinung nach auch machen können. Das ist eine Geschwindigkeitsreduzierung sowohl für Fußgänger, für Kinder als auch für Radfahrer – ein wichtiger Punkt, um die Sicherheit zu erhöhen. Deswegen sagen wir, dass das auch möglich sein soll. In der Vergangenheit war es sehr schwierig oder ist es teilweise jetzt auch schwierig, das an Durchgangsstraßen durchzusetzen, also an Landes- und Bundesstraßen, die stark frequentiert sind und durch die Ortschaften gehen, dort Tempo 30 anzusetzen. Es gibt neue Möglichkeiten dazu und wir sagen eindeutig: Für die Sicherheit von Radfahrern und Fußgängern sollen auch an diesen Straßen, wenn es denn die Kommunen wollen, Möglichkeiten geschaffen werden, Tempo 30 einzurichten. Mit den von uns im letzten Haushalt beschlossenen zusätzlichen Haushaltsmitteln und Mitteln aus der Gemeindeinfrastruktur, die ja sonst verfallen sind – es ist gerade nicht so, wie es die CDU gesagt hat, dass die Mittel dann für große Straßenprojekte zur Verfügung gestellt werden, die hätten wir an den Bund zurückgeben müssen. Und deswegen ist es doch eine gute Entscheidung gewesen – der Vorschlag kam vom Infrastrukturministerium –, dieses Geld in die Hand zu nehmen und in den Gemeinden Straßen zu bauen, aber auch unserer Meinung nach Radwege,
damit wir sie gerade nicht zurückgeben müssen. Wenn wir jetzt auch in vielen Diskussionen über kommunale Investitionspakete diskutieren, sagen wir als Bündnis 90/Die Grünen auch klar: Wir wollen hiermit auch zusätzlich Radwege bauen und die Kommunen stärken, damit sie zum Beispiel ihren Eigenanteil, der oftmals aus Haushaltsmitteln nicht möglich ist, für Radwege verwenden können. Also keine Schwächung des ländlichen Raums, sondern