Protocol of the Session on February 23, 2017

(Beifall AfD)

Wehrhaft zu sein bedeutet nicht, dass man unfriedlich wäre oder Kriege führen möchte, sondern es bedeutet, dass man sich im Zweifel verteidigen kann, und das ist eine gute Sache.

Die Landesregierung möchte mal wieder eine Frauenquote festlegen, und zwar für die Berufungskommission und auch für den Hochschulrat. Auch das ist Unsinn, denn auch Frauen können und sollten aufgrund ihrer Leistungen in solche Gremien berufen werden.

(Beifall AfD)

Uns als AfD ist es natürlich auch ein Anliegen, etwas für die Familienfreundlichkeit an Thüringer Universitäten zu tun, denn dann werden sich auch mehr Frauen dafür entscheiden, den akademischen Weg weiter zu beschreiten.

Damit sind wir bei der Thematik „Gute Arbeit an Hochschulen“, die ja sowohl die CDU als auch die Landesregierung immer ganz gern ansprechen. Unserer Ansicht nach muss dabei ein besonderes Augenmerk auf die Familienfreundlichkeit der Stellen an der Hochschule gelegt werden. Befristungen, die oft nur wenige Monate andauern und den Beschäftigten jeweils mit unsicheren Perspektiven zurück

lassen, sind unserer Ansicht nach untragbar. Daneben haben wir auch bereits thematisiert, dass ein besonderes Augenmerk auf die Beschäftigungsbedingungen der freiberuflichen Lehrkräfte gelegt werden muss, die besonders unter den schlechten Arbeitsbedingungen leiden. Sie müssen sich selbst versichern, für die Semesterferienzeit vorsorgen und werden mit viel zu geringen Zahlungen abgespeist. Zu diesem Thema haben wir bereits 2015 einen Antrag eingebracht, der von allen anderen Fraktionen abgelehnt wurde. Falls Sie sich erinnern, mein Kollege Möller hat damals dazu gesprochen.

Vollkommen verfehlt sind auch die Vorschläge der Landesregierung zum Thema Diversität, die dem Unwesen um Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte einen weiteren Beauftragten, nämlich den Diversitätsbeauftragten, hinzufügen wollen. Aber so ist das wohl, wenn einem zur Familienpolitik nichts einfällt.

Was wollen wir als AfD? Im Mittelpunkt steht für uns die Freiheit der Forschung und der Lehre, die durch keinerlei Klauseln einzuschränken ist. Dazu gehört für uns eine Steigerung der finanziellen Mittel, die den Hochschulen zur Verfügung gestellt werden, im Vergleich zu den einzuwerbenden Drittmitteln. Denn nur so kann die Hochschule ihre Unabhängigkeiten auch gegenüber der Einflussnahme durch Drittmittelgeber bewahren.

Daneben steht für uns die Hochschulautonomie im Vordergrund. So müssen Hochschulen in die Lage versetzt werden, sich gegen die Vergabe von Bachelor- und Masterabschlüssen zu entscheiden und zu den altbewährten Abschlüssen „Diplom“ und „Magister“ sowie „Staatsexamen“ zurückzukehren. Eine Ideologisierung des Hochschulgesetzes, wie es Rot-Rot-Grün offenbar vorhat, ist mit uns nicht zu machen. Danke schön.

(Beifall AfD)

Vielen Dank. Weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten? Bitte, Herr Abgeordneter Schaft hat noch eine Wortmeldung.

Ich will es auch gar nicht lang machen. Ich will nur zwei Punkte kurz anmerken, die so einfach nicht stehen bleiben können. Ich meine, vonseiten der AfD hören wir das, was wir immer hören. Die AfD hat immer noch nicht begriffen, dass es eine gläserne Decke im Wissenschaftsbereich gibt. Wenn Sie sich die Zahlen des Bundesberichts in Bezug auf wissenschaftlichen Nachwuchs 2017 anschauen würden, hätten Sie gesehen, dass der Frauenanteil bei den Promotionsberechtigten noch bei 48 Prozent liegt, während er bei den Neuberufungen auf

(Abg. Muhsal)

die Professuren bei 28 Prozent liegt. Da kann man nicht davon sprechen, dass es nur an der Leistung läge, sondern dass es hier strukturelle Probleme gibt, die Sie gern ausblenden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Voigt, nur ganz kurz zu einem Punkt, weil er auch so nicht stehen bleiben kann: Wir wollen die Forschungs- und Praxissemester gar nicht streichen, das geht auch gar nicht aus der Ergebnisdokumentation hervor. Einzig und allein steht in dem Papier, dass zukünftig in der Lehrverpflichtungsverordnung geregelt werden soll, was diskutiert werden kann, also ob man die Streichung im ThürHG tatsächlich ganz rausnimmt und stattdessen vielleicht einfach den Verweis macht, um das Problem zu beheben. Aber wenn Sie die Ergebnisdokumentation durchgelesen hätten, hätten Sie auch gesehen, dass selbst der Hochschullehrerverband die Vorschläge, die hier seitens des Ministeriums gemacht wurden, begrüßt hat. Insofern sollten Sie vielleicht dann doch noch einmal ein paar mehr Personen befragen zu dem Thema als die, mit denen Sie bisher gesprochen haben.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Danke schön, Herr Schaft. Ich habe noch eine weitere Wortmeldung eines Abgeordneten. Herr Abgeordneter Krumpe, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, liebe Kollegen Abgeordnete, das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgebern der Länder in den letzten Jahren im Bereich des Hochschulrechts einen unübersehbaren Novellierungsbedarf mitgeteilt. Er wird insbesondere dadurch ausgelöst, dass eine stärkere Partizipation der Selbstverwaltungsorgane der Hochschulen an den Entscheidungen der Leitungsorgane verfassungsrechtlich dann geboten ist, wenn es um Belange der Wissenschaftsfreiheit geht. Beispielhaft stehen hierfür neben einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2014 auch das Urteil des Verfassungsgerichtshofs für das Land Baden-Württemberg, der am 14.11.2016 die bisherigen Regelungen des Hochschulgesetzes über Leitungsstrukturen an Hochschulen mit der Wissenschaftsfreiheit für unvereinbar erklärt hat. Die regierungstragenden Fraktionen des Thüringer Landtags – vielleicht ein bisschen mehr Ruhe, liebe Kollegen Abgeordnete – nehmen diese höchstrichterlich angestoßene Novellierung nun aber zum Anlass für eine Reform des Thüringer Hochschulrechts, die unter der Formel der Demokratisierung der Hochschulen steht.

Liebe Kollegen, ich darf um etwas mehr Aufmerksamkeit für den letzten Debattenredner bitten.

Der vom Bundesverfassungsgericht erteilte Auftrag, die Freiheit von Forschung und Lehre effektiver zu schützen, rangiert dabei – wenn überhaupt – an hinterer Stelle. Ich möchte mich nachfolgend auf drei Kerninhalte dieser sogenannten Reform beschränken.

Erstens: Als revolutionär ist der wieder einmal aus dem nordrhein-westfälischen Hochschulgesetz abgekupferte Plan zu bezeichnen, die bisherige generelle Sitz- und Stimmmehrheit für Hochschullehrende in Senat und Fachbereichsräten aufzuheben und stattdessen eine paritätische Mitbestimmung auch in dem künftigen Organ der Hochschulwahlversammlung einzuführen. Zukünftig sollen alle Gruppen in allen Gremien mit gleicher Anzahl vertreten sein und stimmberechtigt mitwirken. In den Werkstattgesprächen wurde immerhin fixiert, dass die verfassungsrechtlich geschützte Professorenmehrheit in Angelegenheiten von Forschung und Lehre durch einen speziellen Stimmschlüssel und Zuständigkeitskatalog gewahrt werden soll. Eine Professorenmehrheit soll aber künftig offenkundig den Ausnahmefall bilden. Hinsichtlich der Einführung einer paritätischen Mitbestimmung erhebe ich da gravierende Bedenken. Zum einen fällt hier die notwendige Einheit von Verantwortung und Entscheidung in eklatanter Weise auseinander,

(Beifall CDU)

denn die Studierenden gehören einer Hochschule nur für eine überschaubare Zeit an. Gleiches gilt für die wissenschaftlichen Mitarbeiter angesichts befristeter Beschäftigungsverhältnisse mit teilweise sehr kurzen Laufzeiten. Die von diesen Statusgruppen paritätisch initiierten und mitgetragenen Entscheidungen und Folgen tragen jene, die oftmals über Jahrzehnte hinweg in der Hochschule tätig sind. Trotz des angekündigten Zuständigkeitskatalogs ist absehbar, dass es wegen des Übergangs zur paritätischen Mitbestimmung zu häufigem Streit in den Gremien zwischen den Repräsentanten der Statusgruppen darüber kommen wird, ob ein Sachverhalt in Grenzfällen Auswirkungen auf Forschung und Lehre hat oder nicht, und daher nach dem Grundsatz der Professorenmehrheit zu beschließen ist. Schließlich ist es höchst zweifelhaft, ob die nicht wissenschaftlichen Mitarbeiter angesichts ihrer technisch-organisatorischen Aufgaben mit dem wissenschaftlich-didaktischen Auftrag der Hochschule in einem solchen Maße verbunden sind, dass hieraus politisch sachgerecht die paritätische Mitbestimmung auch dieser Statusgruppe bei sämtlichen Entscheidungen folgen muss. Auch können die

(Abg. Schaft)

Professoren bei dieser Konstellation schnell in die Minderheit gedrängt werden.

Zweitens: Unklar bleibt, ob dem akademischen Senat ein wirkliches Mitentscheidungsrecht in Fragen der für jede Hochschule zentralen Struktur- und Entwicklungsplanung sowie der sie konkretisierenden Ziel- und Leistungsvereinbarungen im künftigen Hochschulgesetz eingeräumt werden soll.

(Beifall CDU)

Überhaupt keine Aussage treffen die Eckpunkte der Werkstattgespräche zu der Frage, wer das letzte Wort hat, wenn kein Einvernehmen zwischen Senat und Hochschulrat bei der Beratung über die Struktur- und Entscheidungsplanung sowie die Ziel- und Leistungsvereinbarung möglich ist. Frage: Soll dann der Hochschulrat letztinstanzlich über die Vorgaben befinden, nach denen die Leitung einer Hochschule die Entwicklungsplanung sowie die Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit dem Wissenschaftsministerium aushandelt? Wenn ja, wäre dies wirklich eine mit dem Inhalt und Ziel der Rechtsprechung vereinbare Umsetzung der verfassungsrechtlichen Vorgaben? Das Bundesverfassungsgericht hat doch ganz klar aus Artikel 5 Abs. 3 des Grundgesetzes hergeleitet, dass die Mitwirkungsrechte der Wissenschaftler weder durch staatliche Befugnisse noch durch Befugnisse eines mehrheitlich extern besetzten Hochschulrats entwertet werden dürfen.

(Beifall CDU)

Drittens: Das Forschungsfreisemester sowie das Praxissemester sollen an Unis und Fachhochschulen abgeschafft werden. Stattdessen soll ausschließlich die Anwendung des entsprechenden Instruments der Lehrverpflichtungsverordnung darüber entscheiden, Professoren vorübergehend, ganz oder überwiegend mit Forschungsaufgaben zu betrauen. Damit wird der gegenwärtige Anspruch auf ein Forschungsfreisemester in das Ermessen der Hochschulleitung gestellt. Sie soll nach Maßgabe der Lehrverpflichtungsverordnung fallweise über die Stattgabe des Antrags entscheiden.

(Beifall CDU)

Dies ist ebenfalls ein tiefer Eingriff in die Garantie der Forschungsfreiheit nach Artikel 5 Abs. 3 Grundgesetz. Die Begründungen, die in den Eckpunkten der Werkstattgespräche hierfür gegeben werden, sind nebulös. Die Thüringer Hochschulen haben bei der Gewährung von solchen jetzt politisch beargwöhnten Freisemestern hingegen sehr gute Erfahrungen gemacht, insbesondere was die Erträge solcher Sabbaticals angeht. Wenn das Forschungsfreisemester und das Praxissemester abgeschafft werden, führt dies zu erheblichen hochschulpolitischen Standortnachteilen für die Thüringer Hochschulen, was sich in der Qualität der hier betriebe

nen Wissenschaften unmittelbar niederschlagen wird.

(Beifall CDU)

Im Ergebnis ist also festzuhalten:

1. Entscheidungen, die in den Selbstverwaltungsgremien der Hochschulen am Maßstab eines gefächerten und auf Ausgleich bedachten Sachverstands getroffen werden müssen, werden im hohen Maße politisiert. Der Sachverstand darf aber nicht in endlosen Beratungen und Verfahrensdebatten paritätisch besetzter Hochschulorgane erstickt werden.

2. Ich frage Sie: An welchen bedeutenden Universitäten dieser Welt wurde durch eine paritätische Mitbestimmung der Hochschulgruppen und die Einengung der Forschungsfreiräume der Hochschullehrer die Position einer Hochschule im internationalen Ranking gestärkt? Weder in Cambridge noch in Berkeley, Zürich oder in St. Gallen. Dort würden sich die zuständigen Gesetzgeber hüten, ihre Hochschulen durch Experimente, wie sie nun hier in Thüringen geplant sind, in ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit zu schwächen.

3. Das Bundesverfassungsgericht hat in der Entscheidung über die rechtliche Verfasstheit der Medizinischen Hochschule Hannover hervorgehoben, dass das organisatorische Gesamtgefüge einer Hochschule bei der Bewertung der unterschiedlichen Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten des Senats hinsichtlich der Hochschulleitung mit der Freiheit von Forschung und Lehre vereinbar sein müsse. Wenn der Thüringer Gesetzgeber die Eckpunkte der Werkstattgespräche in ein Gesetz gießen will, dann hat er die sich aus diesem Maßstab ergebende Gestaltungsaufgabe verfehlt. Es bleiben dann auch weiterhin Präsidien und Rektorate, die mit erheblichen Zuständigkeiten ausgestattet sind, ohne dass die akademischen Senate in wissenschaftsrelevanten Fragen ausreichende Mitgestaltungsrechte erlangen. Denn der Senat als die Repräsentanz der Mitglieder einer Hochschule wird auch weiterhin im Schatten eines allmächtigen Hochschulrats stehen. All dies kann für die Leistungsfähigkeit der Thüringer Hochschulen nicht förderlich sein. Der zu erwartende Gesetzentwurf zielt darauf ab, aus den Stätten der Bildung einen organisatorischen, administrativen Moloch zu machen, der akademische Freiräume künftig noch stärker reglementiert.

Dem Antrag der CDU kann ich nach alledem nur zustimmen.

(Beifall CDU)

Danke schön. Frau Abgeordnete Muhsal hat noch einmal um das Wort gebeten.

(Abg. Krumpe)

Vielen Dank, Herr Präsident. Eine kleine Bemerkung noch zu Herrn Schaft: Wenn Sie jetzt wieder aus der hohlen Hand mit diesem Schrott von der gläsernen Decke anfangen,

(Zwischenruf Abg. Schaft, DIE LINKE: Schauen Sie in den Bundesbericht!)

muss man ganz ehrlich sagen: Ich finde, es ist eine relativ menschenverachtende Sichtweise, eine Gruppe von Personen allein aufgrund ihres Geschlechts permanent als Opfer darzustellen. Mit einer Sache, die Sie gesagt haben, haben Sie recht, nämlich, dass es strukturelle Defizite gibt. Die strukturellen Defizite, und das habe ich versucht, Ihnen in meiner Rede klar zu machen,

(Zwischenruf Abg. Schaft, DIE LINKE: Das wollen Sie ja nicht wahrhaben!)

die liegen aber nicht primär in irgendwelchen Diskriminierungsgründen, die Sie offenbar in Ihrem Kopf mit sich herumtragen, die liegen vor allem in der fehlenden Vereinbarkeit von einer Uni-Karriere mit der Familie.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Es gibt Frauen, die keine Kin- der haben und trotzdem an die gläserne Decke stoßen! Wie erklären Sie sich das, Frau Muhsal?)

Sie sind ja noch sehr jung, ich glaube, Sie sind auch aus dem Studium direkt hier in den Landtag gekommen – vielleicht versuchen Sie es einmal nicht nur aus der Sicht eines Studenten zu sehen, sondern vielleicht auch aus der Sicht eines Akademikers, der an der Uni vorankommen möchten. Sie hangeln sich da von Arbeitsverträgen, die teilweise ein halbes Jahr betragen, zu Arbeitsvertrag. Wenn eines an der Uni sicher ist, dann das, dass sie permanent mit befristeten Verträgen über die Runden kommen müssen. Das ist sehr schwer und das ist vor allem schwer, wenn Sie davon ausgehen, dass standardmäßig Paare häufig auch noch einen vergleichbaren Bildungsabschluss haben. Das heißt, wenn sie eine Akademikerehe führen, beide also eine akademische Laufbahn einschlagen wollen und dann auch noch Kinder kriegen wollen, dann müssen sie ganz schön was leisten. Unter den derzeitigen Bedingungen ist das einfach sehr schwierig. Genau da, sagen wir als AfD, müssen wir ansetzen. Danke schön.