Und weil es eben nicht nur das Schulgesetz betrifft, komme ich jetzt auch noch auf völker-, unions- und verfassungsrechtliche Grundlagen. In mehreren völkerrechtlichen Verträgen, die Deutschland auch ratifiziert hat, ist das ganz klar geregelt, dass das Recht von Kindern auf Bildung verankert ist. Zum einen ist nach Artikel 28 der UN-Kinderrechtskonvention der Besuch der Grundschule sogar Pflicht und weiterführende allgemein- und berufsbildende Schulen sollen für alle Kinder und Jugendlichen zu
gänglich sein. Auch nach Artikel 2 des ersten Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention darf niemandem – Frau Muhsal, niemandem – das Recht auf Bildung verwehrt werden.
(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Können Sie doch machen! Können Sie doch umset- zen, Frau Rothe-Beinlich!)
Der Genuss der in der Konvention anerkannten Rechte ist ohne Diskriminierung wegen der nationalen Herkunft zu gewährleisten. Über Ihre Defizite können wir ja ein andermal sprechen, Herr Brandner.
Artikel 13 der Europäischen Menschenrechtskonvention garantiert ebenfalls das Recht auf eine Individualbeschwerde. Es geht aber noch weiter. Das Unionsrecht legt in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union in Artikel 14 Abs. 1 und 2 fest, dass jede Person das Recht auf Bildung sowie auf Zugang zur beruflichen Aus- und Weiterbildung hat, wobei dieses Recht die Möglichkeit umfasst, unentgeltlich am Pflichtschulunterricht teilzunehmen. Jetzt hören Sie ganz genau zu: Nach Artikel 24 der Neufassung der EU-Aufnahmerichtlinie müssen die Mitgliedstaaten minderjährigen Asylsuchenden sowie deren minderjährigen Kindern in ähnlicher Weise wie den eigenen Staatsangehörigen den Zugang zum Bildungssystem gestatten. Die Mitgliedstaaten dürfen eine weiterführende Bildung nicht mit der alleinigen Begründung verweigern, dass die Volljährigkeit erreicht wurde, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Nun zum Antrag der CDU. Ich werde mich nicht in die Buddelkiste begeben und eine Werbesendung füllen, in der es nur heißt: Ich war der Erste oder ich war die Erste, darum geht es nämlich gar nicht. Sondern alle, die redlich über dieses Thema diskutieren, wissen, dass wir seit 2015 die DaZ-Lehrkräfte immer wieder auf die Tagesordnung heben, dass wir diese Frage immer wieder thematisiert haben, auch im Ausschuss.
Herr Wolf hat ausreichend – glaube ich – dargestellt, wo und wie sich das im Anträgenetz wiederfindet, wer sich wann für die DaZ-Lehrkräfte stark gemacht hat. Das Entscheidende ist aber jetzt, dass wir tatsächlich zusammenkommen. Wir haben im Moment 14.300 Schülerinnen und Schüler nicht deutscher Herkunftssprache und davon
viele mit Fluchthintergrund. Und ich möchte mich an dieser Stelle auch im Namen unserer Fraktion ganz herzlich bei allen Lehrerinnen und Lehrern, bei allen Erzieherinnen und Erziehern, bei allen in Schule Beschäftigten, bei den Eltern für ihr Engagement und für ihre wichtige Arbeit bedanken, die deutlich macht, dass Vielfalt und kulturelle Offenheit an unseren Schulen längst gelebte Praxis sind.
Ich bin nun auch Stadträtin in Erfurt und habe mir mal die Zahlen für Erfurt rausgesucht, wie viele Kinder und Jugendliche das eigentlich an welcher Schulart betrifft, die derzeit DaZ-Unterricht in Anspruch nehmen. Wir haben in Erfurt 39 zusätzliche Sprachklassen an den 60 staatlichen Schulen. Insgesamt sind es mit Stand November 2016 1.489 Kinder und Jugendliche im DaZ-Unterricht, in den Grundschulen nämlich 727, in den Erfurter Regelschulen 295, in den Erfurter Gemeinschaftsschulen 141, in den Gymnasien und Gesamtschulen insgesamt 146, in den Erfurter Förderzentren 21 und an den berufsbildenden Schulen 159 Kinder und Jugendliche. Ich glaube, diese Zahl macht eindrücklich deutlich, wie wichtig dieser Unterricht ist, weil es eine sehr hohe Quote der Inanspruchnahme gibt. Und es ist wohl vollkommen klar, dass der Bedarf auch entsprechend bleibt und dass wir bei weiterer Zuwanderung natürlich auch entsprechende Fachkräfte brauchen, die in diesem Bereich unterrichten.
Deshalb war es auch völlig richtig, dass wir in den vergangenen Jahren – und an dieser Stelle auch noch einmal ein Dank an das Ministerium für den umfangreichen Sofortbericht – mit dem Doppelhaushalt 2016/2017 zusätzliche Stellen für DaZ geschaffen haben. Ich sage, ein Wermutstropfen war dabei: Es sind leider nur befristete Stellen. Und jetzt gilt es – und es freut mich besonders, dass auch Finanzministerin Frau Taubert jetzt hier ist –, alles dafür zu tun, dass diese hoch motivierten, eingearbeiteten und dringend benötigten DaZ-Lehrkräfte in den kommenden Wochen und Monaten die Schulen nicht wieder verlassen müssen. Da sind wir uns völlig einig, Herr Tischner.
Ich will nur noch einmal einige Zahlen aus Ihrer Anfrage benennen, weil ich sie sehr eindrücklich finde: Es sind 126 Personen auf 95,5 dieser befristeten Vollzeitstellen, von denen etwa 65 Stellen bis zum 31.12.2017 auslaufen. Und da ist es zwar schön, liebe Frau Staatssekretärin, und auch gut zu wissen, dass zum Jahr 2018 die Stellen wieder ausgeschrieben werden. Fakt ist aber, dass wir die aktuell Beschäftigten im System behalten wollen und dafür Wege finden müssen. Lassen Sie es mich ganz deutlich sagen: Wir als Bündnis 90/Die Grünen erwarten selbstverständlich eine Weiterbeschäftigung dieser 150 DaZ-Lehrkräfte.
Erstens sind diese Lehrkräfte ganz aktuell unverzichtbar. Ich denke, da sind wir uns alle einig. Zweitens ist dieser Stellenmarkt – das ist hier auch schon diskutiert worden, Sachsen war vorhin im Gespräch, aber auch Niedersachsen, auch Hessen, auch Bayern bemühen sich um die bei uns Beschäftigten – in diesem Bereich so gut wie leer, auch weil es leider bislang noch zu wenig Weiterqualifizierungen in dem Bereich gibt. Und drittens – das wissen wir auch und jede und jeder weiß es noch besser, der oder die schon mal Einblick in eine Schule hatte – bringt es nur Unruhe an die Schulen im Land, wenn die bestens integrierten Beschäftigten nun die Schulen wieder verlassen müssten und neue Beschäftigte hinzukommen. Wir wissen, dass viele der befristet eingestellten DaZLehrkräfte nicht über die vollständige Lehrerausbildung verfügen. Auch das ist hier schon hinreichend dargestellt worden. Deshalb braucht es dringend Wege, die ihnen eine unbefristete Beschäftigung im Schuldienst ermöglichen. Wir begrüßen es ausdrücklich, dass das Bildungsministerium die berufsbegleitende pädagogisch-praktische Nachqualifizierung von Seiteneinsteigern durch eine Änderung der Thüringer Lehrkräftenachqualifizierungsverordnung auf alle Lehrämter erweitern will. Wir begrüßen weiterhin, dass durch eine Änderung der Verordnung für die entsprechenden Lehrämter mehr Seiteneinsteigerinnen mittels Erweiterungsstudium die Lehrbefähigung für ein weiteres Fach erwerben können. Wie bitte?
Ja, es dauert leider Manches manchmal länger, als wir alle wollen. Wir sehen ebenfalls die Notwendigkeit, mehr Qualifizierungsmöglichkeiten für Lehrkräfte in DaZ in Thüringen bereitzustellen. Mir ist selber ein Fall von einem Grundschullehrer bekannt, der in einem Ortsteil in Erfurt in einer Grundschule arbeitet und der sich darum bemüht hat, diese Qualifizierung wahrnehmen zu können. Ihm ist gesagt worden, er hätte noch keinen Anspruch auf diese Qualifikation, weil es an seiner Schule noch keine Kinder mit diesem Bedarf gibt. Ich sage mal: Da beißt sich natürlich die Katze ein bisschen in den Schwanz, weil er genau diese Schule darauf vorbereiten wollte, auch Kinder mit entsprechenden Förderbedarfen aufnehmen zu können. Ich glaube, da müssen wir noch mal genau hinschauen, dass passgenau vorgesorgt wird und dass das Angebot tatsächlich auch dem Bedarf entspricht.
Es laufen also im Moment eine ganze Menge Gespräche. Und da uns das gemeinsame Ziel mit der CDU eint, für die befristeten DaZ-Lehrkräfte verlässliche berufliche Perspektiven zu garantieren, würden wir das auch gern im Bildungsausschuss
Dankenswerterweise ist hier schon vieles ausgeführt worden, was wir im November in der Anhörung auch gehört haben, zumindest diejenigen, die anwesend waren. Das Mitglied der AfD war eben nicht anwesend bei dieser Anhörung, aber das müssen Sie vor sich selbst verantworten. Da hätten Sie vielleicht etwas gelernt, das wollen Sie offenkundig in diesem Bereich gar nicht.
Entscheidend ist aus unserer Sicht jedenfalls, dass wir verlässliche Perspektiven schaffen, dass wir Kontinuität gewährleisten und dass wir selbstverständlich auch allen Kindern, die diese Bedarfe haben, den Zugang zu DaZ ermöglichen und den Beschäftigten Sicherheit geben. Dafür lassen Sie uns gemeinsam arbeiten. Vielen herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst mein Dank an Frau Rothe-Beinlich, Frau Rosin und Frau Staatssekretärin, die doch bemüht waren – und das meine ich im positiven Sinne –, die bemüht waren, eine sachliche Rede zu unserem Antrag hier zu halten und eine sachliche Debatte zu führen. Bei den anderen beiden Rednern habe ich das leider gänzlich vermisst.
Meine Damen und Herren, zunächst okay – wenn die Koalitionsfraktionen eine Überweisung vorschlagen, werden wir uns dem nicht verweigern, wenngleich ich vorhin in meiner Rede ausgeführt habe, dass die Zeit für Entscheidungen drängt. Wir gehen den Weg noch einmal mit, aber versprechen den betroffenen DaZ-Lehrern, dass wir auch im Ausschuss darauf dringen werden, schnellstmöglich zu einer Entscheidung zu kommen.
Dann noch zwei Bemerkungen: Herr Wolf, Ihre Reden – das muss ich jetzt doch noch einmal zurückspiegeln – gleichen immer demselben Muster. Sie rühren ein bisschen in der Vergangenheit, sie machen fünf Minuten Bashing auf die CDU, Sie machen acht Minuten Bashing auf die AfD, hinterher wird noch ein bisschen rumgequasselt, irgendwas von Haushaltsberatungen, wo wir uns angeblich nicht eingebracht haben. Ich will Sie noch einmal daran erinnern, Herr Wolf: In den Ausschussberatungen zum Doppelhaushalt 2016/2017 war es meine Fraktion, die Sie im Ausschuss eindringlich davor gewarnt hat, die Referendarzahlen von 500 auf 400 zu reduzieren. Es war meine Fraktion, die Sie
in den Ausschussberatungen ausdrücklich davor gewarnt hat, die Gelder für die Klassenfahrten zu halbieren, und – um nur noch ein drittes Beispiel zu nennen – es war meine Fraktion, die Sie in den Ausschussberatungen eindringlich aufgefordert hat, die Gebühren für die Spezialgymnasien nicht um 33 Prozent zu erhöhen. Uns vorzuwerfen, wir hätten uns an den Haushaltsberatungen nicht beteiligt, ist unfair und unredlich.
Meine Damen und Herren, dann noch kurz zur AfD, weil das auch einmal hier eingeschätzt werden muss: Was die AfD und Frau Muhsal hier jedes Mal bei bildungspolitischen Themen treiben, das ist ein Musterbeispiel für die Kosten-Nutzen-Analyse, die die AfD-Fraktion hier im Hause jedes Mal betreibt. Sie wägen ab, was nutzt uns wie, und da sind Ihnen 150 DaZ-Lehrer eben völlig egal. Das haben Sie eindeutig gesagt. Die 150 Kolleginnen und Kollegen sind Ihnen völlig egal, was die leisten, weil es Ihnen viel mehr nutzt, hier irgendwie auf Facebook eine Rede aufzunehmen, die dann zusammengebastelt wird, zusammengeschnitten wird, um dann Tausende von Menschen zu verunsichern. Das ist auch unredlich und das gehört sich auch nicht.
Vielen Dank, Herr Präsident. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, ich muss da doch noch einmal etwas geraderücken, nachdem sich Frau Rothe-Beinlich hier so echauffiert hat. Wir haben ein Recht auf Bildung, aber das Recht auf Bildung bedeutet mit Sicherheit nicht, dass alle weltweit vorhandenen Kinder hier in Deutschland auf Staatskosten gebildet werden können. Sie, die das offenbar als Utopie gern vormalen, sollten sich mal überlegen, wem gegenüber Sie verantwortlich sind. Demokratie heißt – ich weiß nicht, ob Sie das im Kopf haben – Herrschaft des Volkes und das bedeutet, dass Sie hier den Deutschen, hier den Thüringern gegenüber verantwortlich sind und nicht der ganzen Welt, auch wenn es selbstverständlich so ist, dass alle Kinder etwas lernen sollten. Das, was ich zur Schulpflicht gesagt habe, das haben Sie offenbar immer noch nicht verstanden. Die Schulpflicht gilt hier in Deutschland nach drei Monaten. Ich weiß nicht – oder sagen wir so –, man weiß schon, was das Problem ist. Die Landesregierung kriegt es offenbar nicht hin, dass Asylverfahren zügig abgeschlossen werden und dass man eben dann nach drei Monaten auch die Kinder zur Schule schicken kann.
(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was hat denn die Landes- regierung mit Asylverfahren zu tun? Sie ha- ben keine Ahnung!)
Da können Sie sich einmal mit Herrn Lauinger über die Abschiebungen unterhalten, die er nicht so gern durchführen möchte.
So, und jetzt noch zum Abschluss zu Herrn Tischner. Ich sehe, das trägt nicht so ganz zur Beruhigung der Lage bei. Zu Herrn Tischner: Wir sprechen als AfD grundlegende Probleme an und das betrifft natürlich auch die grundlegenden Probleme, die die CDU zum großen Teil in den letzten Jahrzehnten hervorgerufen hat. Bei dem, was Sie hier über Facebook-Videos oder so sagen, die bei Ihnen vielleicht nicht so gut laufen mögen, da höre ich einfach nur den Neid heraus. Natürlich ist es so, dass wir als AfD viel Anklang finden. Das finde ich einfach nur gut.
Ein Letztes: Sie behaupten hier, wir würden uns nicht für die DaZ-Lehrer einsetzen. Auch das stimmt nicht. Wir sagen einfach nur, dass man eine Faktenbasis schaffen muss, um eine Lage zu bewerten. Wir haben sehr wohl einen Vorschlag für die DaZ-Lehrer gemacht, nämlich eine Sachgrundbefristung. Das ist eine Verbesserung für diese Lehrer. Natürlich ist es bei uns erwünscht, wenn diese Lehrer sich weiterbilden und dann auch in den regulären Schuldienst übernommen werden können. Vielen Dank.
Vielen Dank. Weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten liegen mir nicht vor und vonseiten der Regierung auch nicht, sodass ich die Aussprache schließe. Kann ich davon ausgehen, dass das Berichtsersuchen zu Nummer 1 des Antrags erfüllt wurde? Das ist der Fall. Die Beratung des Sofortberichts im Ausschuss ist nicht verlangt worden. Die Ausschussüberweisung zu den Nummern 2 und 3 ist auch nicht verlangt? Ich hatte irgendetwas anderes gehört, deswegen bin ich jetzt nicht ganz sicher.
Diese ist verlangt worden – an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport. Wir stimmen jetzt über die Überweisung der Punkte 2 und 3 des Antrags der CDU-Fraktion an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport ab. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Koalitionsfraktionen, der CDU-Fraktion, des Abgeordneten Gentele. Danke schön. Gegenstim
men? Aus der AfD-Fraktion. Damit ist die Sache mit Mehrheit an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport überwiesen.
Wir kommen dann noch zur Abstimmung über den Alternativantrag der Fraktion der AfD. Es ist keine Ausschussüberweisung beantragt worden, sodass wir direkt über den Antrag abstimmen. Wer für den Antrag ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der AfD-Fraktion. Gegenstimmen? Die Koalitionsfraktionen und die CDUFraktion. Damit ist er mit Mehrheit abgelehnt.